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Das Schulwesen in Oberaussem

Ausarbeitung von Ulrich Reimann 2010

 

Nachfolgend soll das Schulwesen in Oberaußem vom Beginn an bis heute hier etwas näher beleuchtet und zusammenhängend beschrieben werden.

 

Bereits in seinem Buch „Heimatkunde von Oberaußem“, widmete sich der Hauptlehrer Josef Dürbaum diesem interessanten Thema. Ebenfalls in der Chronik zum 100-jährigen Bestehen der Oberaußemer Pfarrkirche St. Vinzentius, von Christian Kemmerling wird das Oberaußemer Schulwesen mehrfach recht detailliert angesprochen.

Diese zahlreichen, bereits in schriftlicher Form vorliegenden Informationen wurden in die nachstehende Ausarbeitung auszugsweise, z.T. wörtlich, mit eingearbeitet.

Des Weiteren beinhaltet dieser Artikel persönliche Erfahrungen von Oberaußemer Bürgern und vom Autor selbst.

 

Allgemeines zur Geschichte

 

Begonnen werden soll diese Ausarbeitung mit der Zeit um das Jahr 1800. Im Rheinland herrschten die Franzosen mit ihrem Kaiser Napoleon I.

Mit dem Einmarsch der Franzosen, am 3. Oktober 1794 zogen sie in Bergheim ein,  begann für das gesamte linke Rheinland, neben den oft unerträglichen Belastungen, aber auch ein bedeutsamer Strukturwandel. Es wurde eine neue Verwaltung eingeführt. Durch die Einführung des neuen französischen Rechts kam es zu einer Trennung von Staat und Kirche. Privilegien und Sonderrechte für einzelne Stände entfielen. Ab 1799 wurden auf Anordnung der Franzosen erste allgemeine Volkszählungen in unserem Heimatgebiet durchgeführt. In der Zeit der französischen Besatzung gehörte unser Ort zum französischen Departement Roer und damit zum Kaiserreich Frankreich.

 

Recherchen des Chronisten Gerd Friedt brachten eine Einwohnerliste von Oberaußem aus der Franzosenzeit von 1799 zutage. Friedt schreibt dazu: Die Liste von 1799 zeigt neben den Familiennamen auch noch die Berufe der Haushaltungsvorstände an. 1799 lebten in Oberaussem einschließlich Asperschlag 347 Seelen in ca. neunzig Häusern, kleineren Höfen und einigen größeren bäuerlichen Hofanlagen. Das Leben der Bevölkerung wurde noch von der Landwirtschaft dominiert.

An Berufen der Einwohner werden aufgelistet: 44 Tagelöhner, 28 Ackerer, 2 Schmiede/Hufschmiede, 1 Förster, 4 Schuster / Schumacher, 1 Kaufmann/Händler, 4 Leinweber, 5 Landwirtschaftspächter, 3 Lumpensammler, 1 Zimmermann, 2 Schneider, 1 Tischler / Schreiner, 1 Böttcher / Fassmacher, 1 Waagemeister, 1 Pfarrer, 1 Haushaltsvorstand und zwar Georg Langen ist blind und übt keinen Beruf aus.

Von den 14 wichtigsten Berufen, die für die Autarkie einer Pfarrei definiert wurden, waren in der Pfarrei Oberaussem nur 9 Berufe vorhanden: Böttcher, Kaufmann, Leinweber, Pfarrer, Schneider, Schuhmacher, Schmied, Schreiner und Zimmermann.

Es gab in der Pfarrei Oberaußem keinen Bäcker, Fleischer / Metzger, Gastwirt, Müller und Stellmacher. Die Pfarre Oberaußem konnte aus diesem Grund nicht als autark bezeichnet werden.

 

Es gab also 1799 auch noch keinen offiziellen Lehrer in unserem Ort. Familien die es sich leisten konnten, ließen ihre Kinder von privaten Lehrern, es waren meist Geistliche Herren, unterrichten.

 

Aufgrund der verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig (16. – 19. Oktober 1813) und der endgültigen Niederlage des Korsen am 18. Juni 1815 bei Waterloo, zerbrach das französische Kaiserreich. Nach der Niederlage Frankreichs, wurde auf dem folgenden Wiener Kongreß eine Neuordnung Europas festgelegt.

Die rheinischen Landesteile fielen 1815 an Preußen. Die Ortschaft Oberaussem gehörte zur Bürgermeisterei Paffendorf. Die Bürgermeisterei war Teil des Kreises Bergheim, der 1816 durch einen Erlaß des Oberpräsidenten in Köln gebildet wurde. Königlicher Landrat war Graf von Beissel, Bürgermeister war Herr Bernards aus Paffendorf.

 

Bis zum Jahre 1815 war der Schulbesuch in unserer Gegend noch freiwillig. Erst unter Preußens Regierung wurde dann auch hier der allgemeine Schulzwang eingeführt. Aber erst 1794 hat man in Preußen den allgemeinen Schulunterricht zu den Aufgaben des Staates erklärt und dies auch in der preußischen Verfassung verankert.

Bei der hiesigen Landbevölkerung stieß die Schulpflicht anfangs aber wohl auf Widerstand. In den überwiegend kleinbäuerlichen Betrieben unseres Ortes galt die Arbeitskraft und damit die Mithilfe der Kinder als viel wichtiger als deren Schulbildung. So kam es damals auch vielerorts im Rheinland zu Protesten gegen die Schulpflicht der Kinder.

 

Das erste Schulhaus in Oberaussem auf der Kalfheck

Bei den dann im Kreisgebiet eingerichteten Schulen, handelte es sich ausschließlich um Elementarschulen, in denen Jungen und Mädchen bis zum 12. Lebensjahr in Religion (Katechismus und Bibelkunde), in Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet wurden. Zusätzlich wurden den Schülern dort gemeinnützliche Kenntnisse in Geschichte, Erdkunde und Naturkunde vermittelt. In Oberaußem gab es zu dieser Zeit nur ein kleines, einklassiges Schulgebäude in Lehmbauweise, das auf der sogen. Kalfheck stand (die einstige Grünanlage unterhalb des Friedhofes, wo heute noch der Gemeindekindergarten Kaleidoskop steht).

Dürbaum schreibt 1912 dazu: „Ein Gebäude an der Kalbhecke, an der Südwestterrasse des Kirchhofberges, wo jetzt kleine Pflanzgärtchen angelegt sind, diente zu Schulzwecken. Dasselbe soll in früherer Zeit mehr das Aussehen eines Stalles, denn eines Schulhauses gehabt haben. Es zeigte in seinem äußeren Aufbau rohe Lehmwände, der Fußboden des Klassenzimmers war lange ungedielt, und zurzeit war aus einer Wand ein Lehmfach herausgefallen, durch das die Kinder vielfach ein- und ausschlüpften. Schulbänke gab es noch nicht, die Schüler saßen auf Schemeln oder Bänken ohne Lehne und hielten die Tafel, die nur aus einem Stück Schieferlei ohne Rahmen bestand, mit der linken Hand umschlungen. Wenn man bedenkt, daß zu jener Zeit vielfach Handwerker das Schulhalten nur so nebenher betrieben, also es einen eigentlichen Lehrerstand noch gar nicht gab, so wird man sich derartige Zustände schon erklären können. Erst unter dem Lehrer Burbach, der im Jahre 1825 nach Oberaußem kam, wurden die Verhältnisse besser. Der Schulbesuch blieb jedoch lange Zeit äußerst unregelmäßig, und was gelernt wurde, war deshalb natürlich wenig.

Gerade aber in Oberaußem müssen nach den Berichten der Schulchronik in dieser Beziehung recht unerquickliche Verhältnisse obgewaltet haben. So sprach der derzeitige Schulpfleger Steven, der in den vierziger Jahren die Schulen inspizierte, von dem mangelhaften Schulbesuch als dem „Erbübel“ von Oberaußem. Ja, sogar der damalige Pfarrer Berg scheint sich mit dem strammen Regiment des regelmäßigen Pflichtschulbesuches schlecht haben versöhnen zu können, denn die Schulchronik sagt, daß die Behörde mit strengen Maßregeln auftreten mußte, weil er öffentlich in der Kirche den Schulkindern an zweien Nachmittagen, Dientags und Freitags, Versäumnis der Schule gestattete, um in der Umgegend betteln zu gehen. Auch von dem gemütlichen Schulbetrieb damaliger Zeiten erzählt man sich heute noch manch lustiges Stückchen u. a. folgendes: „An einem Morgen war eine Gruppe Kinder, auf Schemeln sitzend, mit Schreiben auf ein Stück Schieferlei beschäftigt. Ein Knabe indes, dem die Schreiberei augensichtlich kein Vergnügen bereitete, trieb Naturbetrachtungen zum Fenster hinaus. Da schien plötzlich etwas seine Aufmerksamkeit gebannt zu haben, noch ein kurzer prüfender Blick durch die Schmutzigen Fensterscheiben des Schulzimmers und er fliegt mit einem Satze durch die durch das Hinausfallen des Lehmfaches entstandene Oeffnung, indem er einem Mitschülern zurief: „Do es ä Kneng!“ Die Knaben merken auf, werfen wie auf Kommando ihr Schreibzeug neben sich auf den Lehmboden und verschwinden sämtlich durch dieselbe Öffnung, um die Jagd auf das erspähte Kaninchen  zu eröffnen. Vergeblich wartete der Lehrer auf die Wiederkehr der Meute, die Jagd dauerte fort bis gegen Mittag und der Unterricht durfte für heute Morgen mal wiederum als für beendet angesehen werden.“

Leider finden sich nirgendwo Aufzeichnungen über das Oberaußemer Schulwesen, die weiter als bis zum Jahre 1825 zurückreichten. Doch lesen wir in einer Aufstellung über Begräbniskosten von der Familie Rolshoven, daß beim Tode des Wilhelm Rolshoven im Jahre 1822 der Lehrer Brandenbürger mit den Kindern die Leiche abholte und dafür 12 Stüben (a` 4 Pfg.) erhielt. Vor Brandenbürger sollen der Lehrer Pütz und Roe tätig gewesen sein. Von 1825 bis 1844 wirkte Lehrer Ferdinand Burbach, geboren 1805 in Holzheim, in Oberaußem. Von 1844 ab unterrichtete Jakob Statz aus Hemmersbach. Er trat von hier in das Seminar in Kempen ein. Neben ihm war Wilhelm Hilgers als zweiter Lehrer und Küster tätig.“

 

Das zweite Schulhaus in Oberaussem an der Kirchstraße

Mit der ab Mitte des 19. Jahrhunderts überall im Lande stark aufkommenden Industrialisierung und mit der sich in unserer Gegend rasch entwickelnden Gewinnung und Verwertung der hiesigen Braunkohle, änderten sich auch in Oberaußem sehr schnell das Ortsbild und die Struktur der Ortsbevölkerung.

Die Bevölkerungszahl und damit auch die Zahl der schulpflichtigen Kinder wuchsen rasch an. 1847 zählende die Gemeinde Oberaussem bereits 915 Seelen.

Demzufolge reichte das kleine Gebäude auf der Kalfheck nicht mehr aus, die Gemeinde mußte ein größeres Schulhaus zur Verfügung stellen.

Aus einem Brief des Oberaußemer Gemeinderates an den Bürgermeister in Paffendorf, vom 17. Januar 1846 geht hervor, daß die Gemeinde Oberaußem damals eine sehr schwierige Haushaltslage verzeichnete.

So drückten nicht nur die Verpflichtung auf Rückzahlung von Darlehen und Anleihen für den Schulhaus-Neubau, auch unvorhergesehene Aus­gaben für die Beschaffung von Getreide und Kartoffeln für die Not leidende Bevölkerung belasteten auf den Gemeindehaushalt. In den Jahren 1845, 1846 und 1847 gab es so große Mißernten, dass die Königliche Regierung Roggen und Kartoffel für die arme Bevölkerung anliefern ließ.

Christian Kämmerling schreibt dazu in seiner Chronik:

„Oben war die Rede von der Rückzahlung eines Darlehens für den Schulhaus-Neubau. Hier sei kurz dazu berichtet:

Am 4. Juni 1842 hatte der Gemeinderat darüber beraten, daß unter “Berücksichtigung des so dringenden Bedürfnisses eines zu beschaffenden geeigneten Schullokals“ sie mit dem Lehrer Burbach zu Oberaussem mündlich verhandelten, unter ausdrücklichem Vorbehalt der Genehmigung höheren Ortes, und daß die Oberaussemer Gemeinderäte von Lehrer Burbach das Angebot erhalten haben, das von ihm in Stein gebaute Haus nebst Garten für 2100 rThl. zu erwerben und daß Lehrer Burbach sich weiter verpflichtet habe, “daselbst noch in diesem Jahre zwei zweckmäßig hinreichend geräumige Schul­säle in Stein anzubauen und fertig zu stellen.“ Die Ge­meinde hatte selbst 900 rThl. in der Kasse und so wurde beschlossen, 1200 rThl. “lehnweise zu beschaffen“ und in 4 Jahren, von 1843 bis 1846, je 300 rThl. zu tilgen. Diese jährliche Tilgungssumme sollte durch eine Umlage eingenom­men werden. Man stellte aber gleichzeitig fest, daß diese geforderte Umlage “für die Gemeinde sehr drückend“ sei.

Die Gemeinde selbst habe außer der jährlichen Pachtein­nahme von 48 rThl. und 20 Silbergroschen vom Gemeinde ­Heideland anders nichts einzunehmen. Zur Zwischenfinan­zierung wurde die Königliche Regierung “geneigtest“ er­sucht, die erforderliche Summe gegen 2 1/2 %‚ höchstens 3 % Zinsen “herzulehnen“, falls Burbach sich nicht selbst zu Terminzahlungen gegen mäßige Zinsen anschicken wolle.

Der Kaufvertrag zwischen dem Lehrer Burbach und der Gemeinde wurde geschlossen.

Im Jahre 1831 wird dann noch eine “Cultusumlage“ von 89 rThl. und ab 1833 eine Einnahme aus Schulgeldern von jährlich 120 rThl. aufgeführt.

Zu den wenigen Ausgabe-Positionen des jährlichen Gemeindeetats gehörten die Kosten für Schulbedürfnisse zwischen 81 rThl. im Jahre 1825 und 228 rThl. im Jahre 1839.

 

Dürbaum schreibt: „Im Jahre 1842 kaufte die Gemeinde von dem Lehrer Burbach die heutige Hauptlehrerwohnung nebst dem noch zu errichtenden Gebäude, das heute die Unterklasse und die Lehrerinnenwohnung umfaßt, zum Gesamtpreise von 6.660 Mark.

Die Schulunterhaltung in Oberaußem erforderte: 

im Jahre   1842:            762            Mk.

„               1854:            1100            „

„               1866:             2019           „

„               1878:             3346           „

„               1884:             2745           „

„               1888:             3950           „

„               1893:             3850           „

„               1895:             4340           „

„               1906:             9300           „

„               1907:             9500           „

„               1911:             9500           „

 

Burbach ließ die vertraglich zugesicherten Erweiterungsgebäude an sein ehemaliges Wohnhaus anbauen. Im Jahre 1869 hatte die Gemeinde Oberaußem dann ein fertiges, neues Schulhaus. Es lag an der Kirchstraße, neben der am 26. Mai 1881 eingeweihten neuen Pfarrkirche St. Vinzentius. Das Gebäude umfasste drei Klassenräume und zwei Wohnungen, darunter auch die Wohnung des Hauptlehrers, welche etwas abgesondert lag. An der Schule unterrichteten zwei hauptamtliche Lehrer. Die Schulinspektion unterlag der kath. Kirche, also dem damaligen Ortspfarrer Theodor Richartz, dem Erbauer der neuen Pfarrkirche, der 1893 sein 50-jähriges Priesterjubiläum feierte.

 

Zum Schulhaus schreibt Dürbaum:

„Das Schulhaus der Gemeinde liegt ebenfalls an der Kirchstraße. Es umfaßt drei Klassenräume und zwei Wohnungen, darunter die Wohnung des Hauptlehrers, welche abgesondert liegt. Das Gebäude der ersten und zweiten Schulklasse ist im Jahre 1869errichtet worden. Es ist ein guter solider Bau und entspricht auch inbezug auf seine Einrichtung wie Ausdehnungen, Belichtung u.a. noch ziemlich den Forderungen der neuesten Zeit. Die Nebengebäude wie Stallungen etc. sind 1903 aufgeführt worden. Die Klassen sind z. Zt. überfüllt, indem die Frequenz in jeder rund 80 Kinder beträgt. Der Unterricht in der Volksschule wird auf Grund der „allgemeinen Bestimmungen“ betreffend das Volksschul-Präparanden- und Seminarwesen vom 15. Oktober 1872, welche Minister Dr. Falk ausarbeiten ließ, erteilt. Er erstreckt sich auf Religion, Deutsch, Rechnen, Raumlehre, Geschichte, Geographie, Naturgeschichte, Naturlehre, Schreiben, Zeichnen, Turnen und Handarbeit. Die Wohnung des Hauptlehrers ist im Jahre 1847 vom früheren Lehrer Burbach erbaut, und später an die Gemeinde verkauft worden. Auch an diesem Wohnhause ist das denkbar schlechteste Material verwendet worden, so daß umfangreiche Arbeiten bis in die letzte Zeit nötig waren, das Haus bewohnbar zu erhalten. Der neben dieser Wohnung angebrachte Teil der Schule, jetzt die alte Schule genannt, welche oben den Schulsaal der 3. Klasse und unten die Lehrerinnenwohnung umfaßt, hatte früher zwei Schulsäle, den einen im Erdgeschoß, den anderen im ersten Stockwerke. Auch dieses Gebäude hat sich zurzeit in einem äußerst mangelhaften baulichen Zustande befunden, was aus mancher Anekdote, die uns die älteren Leute noch heute mitzuteilen wissen, hervorgeht. So erzählt ein Augenzeuge aus jener guten alten Zeit auch folgendes Geschichtchen: „Wir größeren Kinder saßen in dem oberen Saale, während die kleinen das Schulzimmer zur ebenen Erde inne hatten. Die Decke und der Fußboden, die die beiden Säle von einander trennten, waren sehr schlecht und an verschiedenen Stellen waren Löcher, so groß, daß man die unten sitzenden vom oberen Schulsaale aus beobachten konnte. Die Aufsicht durch die Lehrer war zu jener Zeit bei weitem nicht so strenge, als das heute der Fall ist, und drum konnten wir uns damals allerlei Streiche erlauben, die bei dem heutigen Ernst der Schularbeit nicht mehr möglich sind. So ließ denn mehrmals ein schelmischer Bursche unter uns während des Schreibens ein Püppchen, das er sich aus Wachs geformt hatte, an einer langen Kordel durch ein Loch im Fußboden herab in den unteren Schulsaal. Als das Püppchen bis zur Mannshöhe vom Fußboden unten angekommen war, wurde es von den Kleinen entdeckt, und in demselben Augenblicke hörten wir einen furchtbaren Lärm einsetzen, aus dem die Worte: ä Kählsche, ä Pöppche, ä Männche, do kütt et äraff! hervorklangen. Der Lehrer der unteren Klasse hatte nun natürlich nichts Eiligeres zu tun, als mit Blitzesschnelle die Treppe hinaufzuspringen, um dort oben den ungezogenen Burschen abzufangen. Der aber hatte mittlerweile sein Männchen wieder hochgezogen, die Kordel flink aufgerollt und das Ganze an einen intimen Freund weitergegeben, unter dessen Sitz der Fußboden noch ganz war, und der somit nicht in den Verdacht stehen konnte, die üble Tat vollbracht zu haben. Der Lehrer mußte unverrichteter Sache wieder abziehen, und unser Held freute sich, daß ihm sein Werk, ohne Keile zu erhalten, geglückt war.

Am 15. Nov. 1849 trat Josef Paar, geboren 1822 in Elsdorf, gestorben 14. Oktober 1875 in Oberaußem, sein Amt als Lehrer zu Oberaußem an. Anton Horst, geboren in Bliesheim, vorgebildet im Seminar zu Brühl, verwaltete die Lehrerstelle als erster Lehrer und dann als Hauptlehrer von April 1876 bis zum 1. April 1907. Er war der erste Dirigent des Männergesangvereins „Erholung“.

Laut überlieferten Augenzeugenberichten, war Anton Horst als großer Prügelpädagoge bekannt und gefürchtet. Je nach Laune prügelte er nach dem Betreten seiner Klasse die Kinder einer Bank, ob Mädchen oder Jungen, mit dem Stock durch. Auch seine Ausdrucksweise entsprach oft nicht dem üblichen Rahmen. So soll er seine Klasse häufig mit folgenden Worten angebrüllt haben: “Ihr Oberaußemer Säu, ich werde euch schon helfen!“

Neben ihm wirkten vom 28. Juli 1883 ab der Schulamtskandidat Sains aus Heisterbacherott vertretungsweise, Johann Wirtgen, vorgebildet im Seminar zu Siegburg, vom 19. Oktober 1884 bis 1892, Peter Kröll, vorgebildet im Seminar zu Siegburg, vom 12. Mai 1892 bis 31. Dezember 1896, Joseph Dürbaum, geboren am 25. Mai 1875 zu Derkum, Kreis Euskirchen, vorgebildet im Seminar zu Siegburg, vom 1. Januar 1897 bis zum 1. April 1907; letzterer übernahm am 1. April 1907 die Hauptlehrerstelle und Lehrer Cornelius Pesch, geboren 1882 zu Weilerswist, vorgebildet im Seminar zu Brühl, bisher als Lehrer in Kendenich tätig, die Mittelklasse.

Als Lehrerinnen waren an der Schule beschäftigt: Wilhelmine Küppers, Isabella Zilles aus Bonn, Elisabeth Phillipart aus Bonn, Anna Klinkhammer aus Brühl, Maria Kelzenberg aus Weldorf bis Juli 1876, Ursula Krischer, Elisabeth Bongard aus Balve bei Arnsberg bis zum 1. Februar 1883, Anna Moll aus Platten vom 26. November 1883 ab. Anna Hilgers aus Glesch, Klara Hoch aus Bergheim vom 1. Februar 1883 bis 28. Juni 1883, Cäcilia Birnich aus Caster vom 5. Juni 1884 bis 22. Dezember 1892, Sibilla Dorp aus Paffendorf von 2. Januar 1893 bis 1899, Johanna Hengersbach aus Münster bis 1900, Maria Keysler bis 1903, Weber aus Cöln vertretungsweise, Gertrud Wolz aus Walberberg, vorgebildet im Seminar zu Münstereifel, bis 1904, Maria Müllenmeister aus Lipp, vorgebildet im Seminar zu Münstereifel, vertretungsweise.

1905 kam die am 27.03.1882 in Münstereifel geborene Lehrerin Wilhelmine Lorre` an die Schule nach Oberaußem. Im Mai 1922 wurde sie für drei Jahre vom Schuldienst beurlaubt. Sie arbeitete dann als Hauslehrerin in Swakopmont im einstigen Deutsch-Südwest-Afrika. Ab dem 06.04.1925, nach ihrer Rückkehr aus Afrika, arbeitete sie wieder an der Volksschule in Oberaußem. Wilhelmine Lorre` starb am 10.07.1937 während eines Kuraufenthaltes in Frankfurt. Sie wurde auf dem Friedhof in Koblenz-Ehrenbreitstein beerdigt.

Im Jahr 1897 war ein “hoher Gedenktag“. In der Schule beging man die “Feier aus Anlaß des 100-jähri­gen Geburtstages Seiner Majestät des hochseligen Kaisers Wilhelm I.“ Die Gemeindevertretung war eigens eingeladen, zu beraten, ob den Schulkindern aus diesem Anlaß Geld für einen Ausflug aus der Gemeindekasse bewilligt werden sollte. Einstimmig wurde ein Betrag von 45 Mark als Zuschuss genehmigt. Es liegt nahe, daß der Ausflug mit dem Zug ge­macht wurde, vielleicht zum Kölner Zoo? Es war leider nicht in Erfahrung zu bringen. Andererseits wurden in dieser Zeit rund 18o Schulkinder unterrichtet, so daß für jedes Kind 25 Pfennige zur Auszahlung gekommen sein müs­sen.

 

Schulleiter (Hauptlehrer) an der Kirchstraße waren:

 

Paar, Josef, von 1849 - 1875

Horst, Anton, von 1875 - 1907

Dürbaum, Josef, von 1907 - 1928

 

Mit der Zunahme der Bevölkerung in Oberaußem ging auch die Entwicklung der Volksschule neben her. Mit Beginn des Wintersemesters 1876/77 wurde aus der zweiklassigen Schule mit drei Lehrkräften eine dreiklassige mit zwei Lehrkräften gebildet, jedoch am 3. Dezember 1880 von der Königlichen Regierung in eine zweiklassige umgewandelt. Ostern 1884 wurde dann wieder eine dreiklassige mit drei Lehrkräften eingerichtet.

Bis zum Ende des Jahre 1903 besuchten auch die schulpflichtigen Kinder der zur Gemeinde Oberaußem gehörenden Bergarbeitersiedlung Fortuna die Schule in unserm Ort. Im Jahre 1903 war deren Zahl so weit angestiegen, daß die Klassen in Oberaußem hoffnungslos überfüllt waren. Die “Braunkohlen Aktien­gesellschaft Fortuna“ errichtete dann in Fortuna ein Schulgebäude, eine Lehrerwohnung und einen angemessenen Spielplatz und schenkten diese Einrichtungen der Gemeinde. Am 5. Dezember 1904 wurde die neue Schule in Fortuna bezogen. Die Kosten der Reinigung und Heizung des Schulgebäudes übernahm die Braunkohlen-Gesellschaft ebenfalls, dagegen übernahm die Gemeinde Oberaußem die Besoldung des Lehrers.

Einzelheiten siehe Ausarbeitung „Die Volksschule Fortuna“

Kurz bevor Josef Dürbaum Hauptlehrer wurde, sah es an der Schule in Oberaußem wie folgt aus. Nur drei Jahre nach dem Abgang der Kinder aus Fortuna, waren 1906 drei Klassen eingerichtet. In der Unterklasse waren 7o Kinder eingeschult, in der Mittelklasse 82 und in der Oberklasse 72 Kinder. Eine Erweiterung der Schule wurde jedoch zurückgestellt, da die Maximalzahl z.Zt. nur um 14 überschritten war und man durch vielfachen Wohnungswechsel der Arbeiter ein Sinken der Schülerzahl nicht ausschloss.

 

Bis 1919 bestand ein Schulvorstand. Dieser setzte sich aus gewählten Ortseingesessenen zusammen. Als Vorsitzender amtierte meistens der jeweilige Pfarrer, er war auch Lokalschulinspektor.

 

Am 01.11.1915 kam die allseits beliebte Lehrerin, Frau Klara Britz an die Schule nach Oberaußem und war dann 44 Jahre lang an der hiesigen Volksschule tätig. Sie war sehr religiös und liebte den Handarbeits- und Heimatkundeunterricht. 1959 ging sie gemeinsam mit ihrem langjährigen Kollegen, dem Rektor Heinrich Steinhauer, in den Ruhestand. Sie zog zurück in ihren Heimatort Kall in der Eifel.

 

Das Schulgebäude an der früheren Kirchstraße diente bis 1923 schulischen Zwecken und wurde danach im Volksmund als “Aal Schull“ bezeichnet.

Nach dem Umzug der Schule in das neue Gebäude an der Bergheimerstraße, wurden im alten Schulgebäude an der Kirche, ab 1925 ein überwiegend von Schwestern des Klosters Bethlehem geführter, katholischen Kindergarten sowie einige Privatwohnungen eingerichtet. So blieb es bis Mitte der 1950ger Jahre.

1952 genügte der Raum in der alten Schule an der Kirchstraße in keiner Wei­se mehr den Anforderungen eines geordneten Kindergartenbetriebes. Die Gemeinde, die diesen Raum unentgeltlich zur Verfügung stellte, konnte und wollte auch nichts mehr in dieses alte Gebäude investieren, das wohl seine Ge­burtsstunde in der Zeit um 1845 hatte und 1951 noch einmal instand gesetzt worden war.

So entschloß sich der Gemeinderat bereits im September 1952, einen vom Amtsbauamt ausgearbeiteten Plan zum Neubau eines Kindergartens zur Ausführung zu bringen. Das Bau­gelände auf der früher so genannten “Kalfheck“, unterhalb des Friedhofes (hier hatte auch das erste Schulhaus gestanden), war vorhanden. Das Bauobjekt sollte nach dem Willen des Gemeinderates zügig ausgeführt werden, da­mit der Kindergarten bald, wenn auch vorerst nur notdürf­tig, in das neue Gebäude verlegt werden könne. Denn es bestanden im Schulbereich erhebliche Raumnöte. Die land­wirtschaftliche Mädchen - Berufsschule, die in der Schule an der Bergheimer Straße untergebracht war, mußte unbedingt dort räumen, damit Platz wurde für die Volksschulkinder. Diese Mädchen-Berufsschule sollte dann in den freigewordenen Kindergartenraum umziehen, falls bis dahin keine ande­re Unterbringungsmöglichkeit für diese Mädchen gefunden war.

1955 wurde dann die „Ahl Schull“ kindergartenfrei. Es folgte noch eine Nutzung des großen Raumes im Erdgeschoß durch den Radfahrverein Oberaußem, der hier eine Zeit lang, unter Wilhelm Weiss sen., seine wöchentlichen Trainingseinheiten absolvierte.

 

Erst 1965, nachdem auch alle Mieterfamilien ihre Wohnungen geräumt hatten, wurden alle Gebäude der alten Schule von Oberaußem abgerissen. Das Grundstück fiel an die Kirchengemeinde. Heute befinden sich an dieser Stelle die Wohnhäuser des Pfarrers, des Küsters (Kaplanei), das Pfarrbüro und das Pfarrsälchen.

 

Die ländliche Fortbildungsschule, Haushaltungsschule

Dürbaum schreibt dazu: „Oberaußem besitzt seit dem Jahre 1902 auch eine ländliche Fortbildungsschule, deren Einrichtung von Hauptlehrer Dürbaum veranlaßt wurde und welche von ihm auch geleitet wird. Seine Ausbildung als Fortbildungsschullehrer erlangt dieser auf der Landwirtschaftsschule in Weilburg. Der Unterricht findet in der Zeit vom 15. Oktober bis 15. März statt und erstreckt sich gemäß der ministeriellen Anordnungen vom 10. Oktober 1910 auf angewandte Naturkunde, Bürgerkunde, sowie Uebungen im Deutschen, Rechnen und Buchführung. Die Höhe des Schulgeldes wird durch das Ortskuratorium festgesetzt und beträgt gewöhnlich 5 Mk. pro Schüler. Minder Bemittelten kann auf Antrag das Schulgeld ganz erlassen werden. Der Besuch ist noch freiwillig und entspricht bisher nicht der Größe der Einwohnerzahl und der Wichtigkeit der Schuleinrichtung. Die Unterhaltung der Schule geschieht durch die Gemeinde.

 

Im Jahre 1911 veranlaßte Bürgermeister Kirch die Einrichtung einer Haushaltungsschule für die Bürgermeisterei Paffendorf. Die Haushaltungslehrerin Frl. Roll aus Elsdorf wurde als Lehrerin für diese Schule gewonnen. Noch in demselben Jahre fanden in Oberaußem zwei Kurse für heranwachsende Mädchen statt, die beide gut besucht wurden. Die Einrichtung und die Unterrichtsergebnisse fanden ungeteilten Beifall. ---„

 

In den Jahren der NS-Herrschaft hatte die Einrichtung die Bezeichnung Berufsschule Oberaußem. Als langzeitige Lehrerin war Frau Kohl aus Elsdorf an der Haushaltsschule tätig.

 

Die Haushaltsschule hatte noch bis Anfang der 1950ger Jahre Bestand in den Räumen der Schule an der Bergheimer Straße.

 

Einrichtung der Schulzahnpflege

„Auch auf Veranlassung des Bürgermeisters Kirch, wurde im Jahre 1912 eine allgemeine Schulzahnpflege eingeführt. Die Kosten der Behandlung der Schulkinder hat die Bürgermeisterkasse übernommen. Die Zahl der zahnkranken Kinder betrug in unserer Gemeinde im Jahre 1912 nicht weniger als 90 bis 92% aller Schulkinder. Die Einrichtung der Schulzahnpflege hat bei der Ortsbevölkerung im Gegensatz zu anderen Ortschaften schnell Verständnis gefunden, und etwa 70% der Eltern, deren Kinder schadhafte Zähne aufwiesen, haben sich sofort für die Behandlung ihrer Kinder durch den Schulzahnarzt bereit erklärt.“

 

1926 wurde die Schulzahnpflege der zahnärztlichen Klinik in Bergheim, zu einem Pauschalsatz von 1,50 Mark pro Kind übertragen.

 

Das dritte Volksschulhaus in Oberaussem an der Bergheimer Straße

Durch die weiter schnell wachsende Einwohnerzahl unseres Ortes, eine am 01.12.1910 erfolgte Volkszählung ergab für Oberaußem1279 und für Fortuna 465 Bewohner, ergaben sich wiederum erhebliche Raumprobleme in beiden Ortsschulen.

Hierzu schreibt Dürbaum: „Ab 1911 waren sowohl die Schule in Fortuna, als auch die Klassen in Oberaußem überfüllt. Es wurden deshalb Neubauten erforderlich.

Mit Bezug auf das alte Schulgebäude in Oberaußem hat die Gemeinde beschlossen, dasselbe für den Preis von 20.000 M. an den Orden der Elisabetherinnen, welche zu Kloster Bethlehem eine Niederlassung haben zu verkaufen. Diese beabsichtigen, hier ein Schwesternhaus zwecks ambulanter Krankenpflege, sowie eine Kinderverwahrschule und Handarbeitsschule einzurichten. Ein neuer Schulbau, der sechs Klassen und eine Anzahl Dienstwohnungen für die Lehrpersonen umfaßt, soll an der Bergheimerstraße, nahe dem Eisenbahnübergange, ausgeführt werden. Ein Baugrundstück wurde vom Grafen zu Beissel zum Preise von 4200 Mk. pro 25 ar käuflich erworben.

Christian Kemmerling schreibt dazu in seiner Chronik:

„Vordringlich war jedoch, die überbelegten Klassen in der Schule abzubauen und den Neubau einer Schule zu planen. Am 4.3.1910 beschloß der Gemeinderat den Neubau eines Schulhauses in Oberaussem.

Dazu sollte das Gelände des Grafen Beissel an der Berghei­mer Straße mit einer Größe von 83,60 ar käuflich erworben werden. Der Kaufpreis von 14.000 Mark sollte vorerst aus vorhandenen Wirtschaftsgeldern genommen werden und später aus einer für den Schulhaus-Neubau aufzunehmenden Anleihe zurückgeführt werden. Bürgermeister und Gemeindevorsteher sollten den Kaufvertrag beurkunden lassen und die Auf­lassung im Grundbuch herbeiführen.

Am 30.1.1912 konnte einem vom Kreisbaumeister aufgestell­ten Vorentwurf zugestimmt werden. Jedoch wollte der Ge­meinderat eine Zentralheizung eingebaut wissen, da nach seiner Ansicht diese einer Ofenheizung vorzuziehen sei. Ebenfalls sollten eine Badeeinrichtung für die Kinder vor­gesehen werden und eine Küche für Haushaltsunterricht der Mädchen der Oberklasse. Auch die vom Kreisarzt gegebene Anregung, an der Westseite des Gebäudes Fenster mit Doppelverglasung anzubringen, fand den Beifall des Gemeinderates Endlich sollte die Regierung ersucht werden, das anzuschaffende Mobiliar als Baulast anzuerkennen und zu bezuschussen. Auch war man übereingekommen, Dienstwohngebäude mit 4 Wohnungen für die Lehrkräfte zu errichten. Jedoch zog sich alles sehr lange hin, man wurde mit der Königlichen Regierung nicht einig. Zusätzlich war nun nicht nur in Oberaussem, sondern auch in Fortuna die Raumnot im Schul­bereich sehr groß, sie war sicher unerträglich geworden. Vergeblich versuchte man, andere Räume für den Schulunterricht zu finden. So entschloß man sich im November 1913, gegen die Königliche Regierung beim zuständigen Minister Beschwerde zu führen mit dem Ziel auf Zahlung von Unter­stützung aus Staatsmitteln, um zu einer durchgreifenden Regelung der Schulverhältnisse zu kommen.

Das Jahr 1914 brachte zwar den Beschluß des Gemeinderates über die Errichtung von drei weiteren Lehrstellen, zwei in Oberaussem, eine in Fortuna, jedoch lehnte es die Re­gierung ab, auf diesen Beschluß einzugehen. Abermals wur­de der Minister in dieser Angelegenheit bemüht, doch die Stellen konnten noch nicht besetzt werden.

Es sollte sich herausstellen, daß mit dem Neubau noch lange nicht zu rechnen war. Mit diesem Bauvorhaben hatte die Gemeinde ähnliche Schwierigkeiten wie die Kirche vor mehreren Jahrzehnten mit dem Bau der neuen Kirche.

Den Lehrpersonen zahlte die Gemeinde für die durch die Überfüllung der Klassen bedingte außerordentliche Inan­spruchnahme jährlich einmalige Zuwendungen.

1919 wurden in Fortuna bereits 150 Schulkinder gezählt, und die zweite Lehrerstelle mußte nun besetzt werden. Ein Aufschub konnte nicht mehr in Frage kommen. Gleiches war 1920 in Oberaussem zu beschließen. Die vierte Leh­rerstelle wurde eingerichtet. Jedoch die Schulräume waren immer noch nicht vorhanden.

Im gleichen Jahr 1920 trat der neue Bürgermeister Wilhelm Simon sein Amt in der Bürgermeisterei Bergheim und Paf­fendorf an, der nun die Schulbauangelegenheit energisch anpackte. In Verhandlungen mit der Regierung erreichte er die Überprüfung des bisher dort vertretenen Standpunktes. Insbesondere konnte die Frage der Finanzierung der Bauobjekte und der staatlichen Zuschüsse zum Abschluß gebracht werden, nachdem nun auch für Fortuna nur der Bau eines neuen Schulgebäudes infrage kommen konnte und dank Direktor Ermert auch der Bauplatz hierfür gefunden war. Mit dem Beschluß über einen Neubau verzichtete man auf die Erweiterung des bestehenden Schulgebäudes in Fortuna, wovon bisher die Rede gewesen war. Diese Erweiterung hät­te auch nicht gereicht, denn im März 1921 waren dort mehr als 200 Schulkinder gezählt worden, so daß die Er­richtung einer dritten Lehrerstelle nicht mehr aufschieb­bar war.

Diese Umplanung brachte zwangsläufig eine Verzögerung mit sich, denn die Neubaupläne mußten durch das staatliche Hochbauamt in Köln geprüft werden. Durch einen Besuch des Bürgermeisters und eines Gemeinderats-Mitgliedes beim Kultus- und Wohlfahrtsministerium kam nun die Angelegen­heit soweit voran, daß im Jahre 1921 in Oberaussem mit dem Neubau begonnen werden konnte. Kurze Zeit später wurde auch in Fortuna der “erste Spatenstich“ getan.

Doch bald kam die Geldentwertung, und die Handwerker, die den Zuschlag zu den einzelnen Angeboten erhalten hatten, mußten immer wieder mit Nachforderungen an die Gemeinde herantreten, um die Löhne und die Materialpreise zahlen zu können. Um die ganze finanzielle Misere zu steuern, wurde die Schulhaus-Baukommission, bestehend aus vier Mitglie­dern des Gemeinderates, bevollmächtigt, Entscheidungen zu treffen.

Im Februar 1922 wurden bei der Beratung des Haushaltspla­nes die Zuschläge zur Grundsteuer mit 3.500%, zur Gebäude­steuer mit 3.000 % und der Gewerbesteuer mit 4.500 % fest­gesetzt. Die Aufnahme einer weiteren Anleihe von 2,5 Mill. Mark zu 13 % Zinsen und Tilgung war erforderlich, um die Arbeiten an den beiden Schulbauprojekten weiterzuführen.

Für die Lehrerhäuser in Oberaussem wurden gar 4 Mill. Mark Anleihe aufgenommen. Dagegen nimmt sich der Staatszuschuss von 17.500 Mark für die beiden in den Schulen einzurichtenden Badeanlagen recht bescheiden aus. Hierfür nahm die Gemeinde auch noch die Verpflichtung auf sich, der schulentlassenen Jugend die Benutzung der Badeanla­gen an 2 Tagen in der Woche zu gestatten. Im September 1924 beschloß dann der Gemeinderat, daß die gesamte Be­völkerung hier an bestimmten Tagen Brausebäder für zehn Pfennige nehmen kann.

Im Jahre 1922 zählte die Schule in Oberaussem etwa 300, die Schule in Fortuna 230 Schulkinder. In Oberaussem waren vier, in Fortuna drei Lehrpersonen tätig. Um die­se große Zahl Schulkinder ordnungsgemäß unterrichten zu können, wurden in Oberaussem eine fünfte, in Fortuna eine vierte Lehrerstelle eingerichtet.

Bereits im Oktober 1922 waren die Millionen verbraucht und es wurden weitere Anleihen in Millionenhöhe benö­tigt, um die begonnenen Neubauten zu Ende zu bringen. Um dieses Ziel, in dieser im finanziellen Bereich unüberschaubaren Zeit, zu erreichen, erhielt nunmehr der Bürgermei­ster die Vollmacht, alles zu unternehmen, was irgendwie machbar erschien. In einem Nachtrags-Haushaltsplan wur­den dann die Gemeindesteuern kräftig angehoben. Die Pro­zente der vorerwähnten Zuschläge zu den Gemeindesteuern wurden auf 13 500 %‚ der Gebäudesteuer auf 5 000 % und der Gewerbesteuer auf 14 500 % festgesetzt. Ehe je­doch die Steuer neu berechnet und die Steuerzettel er­stellt und zugestellt waren, war die Inflation diesen Verhältnissen davongeeilt.

Im März 1923 hatte Fortuna bereits 275 Schulkinder und eine fünfte Lehrerstelle mußte eingerichtet werden. Die Haushaltsberatung brachte eine erneute Anhebung der Pro­zente als Zuschläge zu den einzelnen Gemeindesteuern, so auf Grundsteuer 43 500 %‚ Gebäudesteuer 10 000 %‚ Ge­werbesteuer 29 500 %. An Hundesteuer wurden erhoben 4000 Mark für den ersten und 10 000 Mark für den zweiten und jeden weiteren Hund. 11 Mill. Mark Kredit waren erneut erforderlich, um die Arbeiten an den Neubauten fortzusetzen, nachdem bereits 30 Mill. Mark verbaut waren. (Die Mau­rerarbeiten wurden abgerechnet mit 2,7 Mill. Mark für die Schule in Fortuna und mit 3,1 Mill. Mark für die Schule in Oberaussem.)

Fertiggestellt und bezogen wurde die neue Schule in Oberaussem, mit den Nebengebäuden und den Lehrerwohnungen, im Jahre 1924, also ein Jahr nach der Währungsreform.

Der erste Hausherr an der neuen Oberaußemer Schule war der damalige Hauptlehrer Josef Dürbaum. Er ist älteren Oberaußemern noch in guter Erinnerung.

Neben seiner strengen disziplinierten, äußerlich auch praktizierten Wesensart, hatte Josef Dürbaum auch eine sehr musische Seite. Als Freund der schönen Künste war er Zeit seines Lebens darum bemüht, auch bei der allgemeinen Bevölkerung Verständnis für die Meisterwerke der Musik zu wecken. Als hoch musikalischer Mensch spielte er selbst mehrere Musikinstrumente wie Klavier, Harmonium, Orgel und Geige. Demzufolge war er auch zwangsläufig mit dem Männergesangverein des Ortes, dem „MGV Erholung“ stark verknüpft. In der Zeit von 1899 – 1905 war er sogar dessen Dirigent.

Einigen, teilweise heute noch lebenden Oberaußemern, erteilte er damals Unterricht zur Erlernung eines Musikinstrumentes.

So erzählt die 1909 in Oberaußem geborene, Maria Tillmann geb. Hinzen, aus Großkönigsdorf gerne über ihre hiesige Kinderzeit. Sie war damals die Freundin der beiden ältesten Dürbaumtöchter. Von 1915 bis 1921 besuchte sie die von Josef Dürbaum bereits geleitete alte Volksschule in Oberaußem an der Kirchstrasse und war auch zeitweise von ihm selbst unterrichtet worden. Gemäß ihrer persönlichen Erinnerungen war er ein sehr strenger, stets auf Ordnung und Disziplin bedachter Lehrer. Laut Frau Tillmann folgte der Missetat eines Schülers stets eine sofortige Bestrafung, die wohl oft in Form einer körperlichen Züchtigung geschah. Hauptlehrer Dürbaum wurde von allen Schülern respektvoll gefürchtet und galt nicht gerade als zimperlich. Manchmal muß er sogar den schnellen direkten Weg, mittels eines Sprunges über die Schulbänke gewählt haben, um den zu züchtigenden Schüler zu erreichen. Der in der damaligen Zeit noch von vielen Lehrern verwendete Rohrstock, tanzte wohl rasch und auch oft in den Klassen des Josef Dürbaum. Selbst bei der Erziehung seiner eigenen Kinder war er überaus streng. So erinnert sich sein Schwiegersohn Heinz Konkol, noch gut an diesbezügliche Schilderungen seiner Frau. Ein Spruch des Hauptlehrers war von allen Schülern und auch von seinen Töchtern sehr gefürchtet. Wenn er anordnete: „Hohl mir das Lineal“, wußte jeder von ihnen was ihn erwartete.

 

In der Kriegszeit des I. WK., wurden grundsätzlich auch Lehrer zum Kriegsdienst einberufen. Dies traf dann auch den seit kurzem in Oberaußem tätigen Lehrer Franz Pieck und einige Lehrerkollegen aus Fortuna und Niederaußem. Da neben Lehrer Pieck derzeit nur der Hauptlehrer Dürbaum, die Lehrerinnen, Frl. Wilhelmine Lorre` und Frl. Klara Britz an der hiesigen Schule tätig waren, konnte der Unterrichtsbetrieb danach auch hier nur lückenhaft durchgeführt werden. Aus dieser Not heraus, wurde damals der Hauptlehrer Josef Dürbaum mit der gleichzeitigen Verwaltung der Oberklassen in Oberaußem, Fortuna und Niederaußem betraut. Nur Dank der, wie es damals hieß, opferfreudigen Gesinnung, der in den Orten zurückgebliebenen Lehrenden, konnte der Lehrbetrieb hier einigermaßen zufriedenstellend aufrechterhalten werden.

Gleich nach dem Ende des 1. Weltkriegs faßte Hauptlehrer Dürbaum den Plan, den Gefallenen der Gemeinde zum Gedächtnis und den Hinter­bliebenen zur steten Erinnerung und Mahnung eine würdige Ehrengalerie zu errichten. Der von ihm gefertigte Entwurf wurde dann 1920 vom fotografischen Institut, Willi Niedenhoff in Köln, entsprechend umgesetzt. Am 31. Oktober 1920 gab es im damaligen Saale Wintz (heute Blumenhaus Wintz) eine große Enthüllung- und Einweihungsfeier, bei der Hauptlehrer Dürbaum eine von ihm verfasste, patriotische Kriegergedächtnisrede hielt. Diese Ehrengalerie, mit Einzelbildern aller Oberaußemer Gefallenen, hatte danach über vierzig Jahre lang im Flur der alten Oberaußemer Volksschule an der Bergheimerstraße einen Ehrenplatz. Sie wurde erst abgenommen nachdem der Schulbetrieb Ende der 90-ziger Jahre dort eingestellt wurde. Die Beschaffung der zur Verwirklichung der Galerie nötigen Gelder, erwirkte Josef Dürbaum durch Konzertveranstaltungen in der Gemeinde im Zusammenwirken mit dem Männergesangverein M.G.V. Erholung.

Dem ehemaligen Hausmeister der einstigen Volksschule an der Bergheimerstraße, Wilhelm Kremer, ist es zu verdanken, das die Fotografien der Ehrengalerie, vor der Vernichtung bewahrt werden konnten. Anlässlich von Renovierungsarbeiten in der Schule, hatten verantwortliche Herren des Gemeinderates leider einer Vernichtung dieses bedeutenden Zeitzeugnisses unverständlicherweise zugestimmt. Man wußte zu dieser Zeit nichts rechtes damit anzufangen und hatte keinen neuen Platz gefunden. Wilhelm Kremer holte die alten Fotos im letzten Augenblick von einer Müllhalde, reinigte sie, kennzeichnete sie und übergab sie später dem Bergheimer Stadtarchivar als Zeitzeugnis zur Aufbewahrung.

 

Im Dezember 1918 kam dann der 21-jährige, in Kerpen geborene, Lehrer Franz Pieck aus dem Krieg zurück, an die Schule in Oberaußem. Franz Pieck war auch im allgemeinen Ortsleben von Oberaußem sehr engagiert. Von 1922 – 1950 war er Dirigent des Männergesangvereins „Erholung“. In den Jahren 1949 – 1953 war er als Rendant der hiesigen Kirchengemeinde tätig.

 

Die positive Entwicklung unseres Ortes setzte sich nach dem ersten Weltkrieg rasant fort. 1925 hatte die Gemeinde Oberaußem schon 3.142 Einwohner.

 

Ende 1927 verließ Hauptlehrer Dürbaum die Schule, er wechselte als Hauptlehrer an die Volksschule in Königsdorf. Josef Hubert Dürbaum verstarb am 13.11.1939. Er wurde auf dem Friedhof von Groß-Königsdorf unter Anteilnahme der Bevölkerung beerdigt, wobei auch viele Oberaußemer ihm die letzte Ehre nicht versagten und ihn auf seinem letzten Wege begleitet haben.

 

Lehrer Franz Pieck hatte dann nach Dürbaum, bis zum 30.04.1929 die kommissarische Leitung der Volksschule Oberaussem inne.

 

Am 01.05.1929 übernahm der am 15.01.1895 in Krefeld-Oppum geborene, Heinrich Steinhauer, als Hauptlehrer die Schulleitung. Heinrich Steinhauer war zuvor vom 01.04. bis 01.06.1928 als Lehrer und bis zum 30.04.1929 als Hauptlehrer in Fortuna tätig gewesen. Er war dann ab 1951 der 1. Rektor in Oberaußem. 1958 trat er in den Ruhestand und zog nach Bad Godesberg, wo er am 09.01.1962 verstarb. Begraben liegt er auf dem Friedhof in Plittersdorf. Heinrich Steinhauer ist sicherlich noch vielen Oberaußemern in Erinnerung. Er war ein sehr strenger Lehrer. Viele Schüler haben einst auch mit seinem Rohrstock Bekanntschaft gemacht, den er häufig und eigentlich viel zu schnell als Erziehungsmittel einsetzte. Er betrieb hinter der Schule einen Garten, in dem die älteren Schüler mitarbeiten mußten und dabei von ihm auch die Gartenarbeit erlernten. Sein Hobby war dabei die Veredlung von Gehölzen. Auch in der Kirche hatte er stets ein wachsames Auge auf die Schulkinder. Er hatte dort seinen festen Platz in der ersten Kirchenbank, direkt hinter den Kinderbänken. Schlechtes und störendes Benehmen in der Kirche, registrierte er und bestrafte die Sünder anschließend in der Schule. In den 1950ger Jahren gab es in Oberaußem auch Spatzenplagen. Für jeden toten Spatzenvogel den man bei Rektor Steinhauer ablieferte gab es eine Geldprämie von fünf Pfennigen.

 

 

Nachfolgend die Abschrift eines Zeitungsartikel`s vom

Samstag, 24. März 1951

 

"Menschen unter uns: „Ein verdienter Lehrer“

 

0 b e r a u ß e m

 

Dieser aufgeschlossene Herr wird von Schulkindern und Eltern in Oberaußem seit langer Zeit sehr geschätzt. Herr Steinhauer, der bisher Hauptlehrer an der Volksschule war, ist jetzt Rektor geworden. Das es gerade er war, dem damit die Betreuung einer großen Schule übertragen wurde, scheint von seiner besonderen Befähigung auf dem Gebiete des Schulwesens zu zeugen. Und in der Tat: Als er 1915 während des ersten Weltkrieges in Euskirchen seine erste Lehrerprüfung bestand und dann viele Jahre in Mühlheim - Wichterich an einer Schule unterrichtete, wuchs er bereits mit Leib und Seele in seinen Beruf, der gerade in der heutigen Zeit besondere Anforderungen stellt. Über 12 Jahre blieb der damalige Lehrer Steinhauer in Wichterich. Seit dem 1. Juni 1928 gehört er dem Lehrerkollegium der Schule in Oberaußem an. Damals bestand die Schute nur aus fünf Klassen. Im Zuge der industriellen Entwicklung des Ortes war die Schule bald zu klein. So gehen heute in die Schule in Oberaußem ungefähr 300 Kinder. Es war notwendig geworden; die Schule zu vergrößern und weitere zwei Klassen. einzurichten; und damit kam für den verdienten Hauptlehrer die Beförderung zum Rektor. Als tüchtiger Erzieher und stets hilfsbereiter Lehrer kennen die Bewohner von Oberaußem ihn, den jetzigen Rektor Steinhauer. Er war es, der sich nach dem letzten Krieg tatkräftig für die Beseitigung der Kriegsschäden an der Schule einsetzte und es nicht scheute, selbst Hand anzulegen. Auch für die Volksbildung opferte er manche Stunde seiner Freizeit. Er legte besonderen Wert auf die Einrichtung einer Volksbücherei. Manche Einwohner fragen ihn um Rat, wenn sie in der Obstbaumpflege nicht zurechtkommen. So ist er nicht nur Lehrer und Erzieher, sondern auch den Einwohnern von 0beraußem Berater und Helfer. Wir gratulieren Rektor Steinhauer und wünschen, daß er noch lange in Oberaußem segensreich wirken darf."

 

Nach dem Tode der Lehrerin Wilhelmine Lorre` Anfang 1937 erwarb die Gemeinde für 17.000 RM deren Haus­grundstück in der Mittelstraße, mit Übernahme der auf dem Grundbesitz lastenden Schulden. Dieses Haus diente ‘viele Jahre als “Gemeindehaus“, es  steht noch heute am Zachhäusplatz und wird als Wohnhaus genutzt.

Anstelle von Frau Lorre` kam am 01.10.1937 Frau Paula Giebel von der Schule in Glessen nach Oberaußem. Frau Giebel war sehr streng und auch wegen ihres Rohrstockes gefürchtet. Der Stock lag währen des Unterrichts ständig neben ihren Büchern und ihrer Schultasche auf dem Lehrerpult. Wenn sie ihn zur Schülerbestrafung benutzte, schlug sie damit immer auf die ausgestreckten Hände, was sehr schmerzvoll war. Sie starb 1958 als aktive Lehrerin. Begraben wurde sie auf dem damals neuen Friedhof in Oberaußem, neben dem heutigen Schießgelände der Schützenbruderschaft.

 

Am 27.10.1927 kam der beliebte Lehrer Theodor Stemmler aus Zülpich an die Schule. 1939 wurde er nach Bad Godesberg versetzt.

 

Am 26.08.1939 wurden der Lehrer Pieck und der Rektor Steinhauer gleichzeitig zum Militärdienst eingezogen. Als Ersatz für die Beiden kam der Lehrer Herbert Kalinowski nach Oberaußem. Er blieb bis er 1942 ebenfalls zum Kriegsdienst einberufen wurde. Rektor Steinhauer kam bereits im Januar 1940 wieder zurück. Von 1942 bis zum Kriegsende im Mai 1945, waren dann nur noch drei Lehrpersonen an der Schule tätig, Rektor Steinhauer, Frau Britz und Frau Giebel. In den letzen Kriegsjahren war ein geordneter Schulbetrieb nicht mehr möglich.

 

An die Schule in der Kriegszeit, vor allem aber an die letzten Kriegsmonate erinnert sich die Oberaußemerin Sofie Kamp geb. Wintz recht gut, sie berichtet:

Eingeschult wurde ich 1941, mitten im Krieg, in die katholische Volksschule von Oberaußem an der Bergheimerstraße. Ein geregelter Schulbetrieb war nicht mehr möglich. Die Klassenräume der Schule wurden mit alten Kanonenöfen beheizt. Die Öfen standen zum Teil mitten in den Räumen. Befeuert wurden die Öfen mit Briketts, die die Schüler von zu Hause mitbrachten. Oft hatten diese Öfen dermaßen gequalmt, daß kein Unterricht möglich war. Manchmal war es den Schülern sogar gelungen, vorangekündigte Diktate und Klassenarbeiten, durch heimliche Einfüllung von übel riechenden Flüssigkeiten in die an den Öfen angebrachten Luftbefeuchtungsblechdosen, noch zu verhindern. Auch durch die allgemeinen Kriegswirren war so manche Unterrichtsstunde ausgefallen. Aus diesen Gründen musste Sofies Schulklasse als erste Oberaußemer Abschlussklasse nach dem Krieg, ein neuntes Schuljahr absolvieren und wurde erst 1950 aus der Schule entlassen.

 

In der NS-Zeit hatte man im Keller der Schule auch eine Arrestzelle eingerichtet, die vom damaligen Dorfpolizisten Esser verwaltet wurde.

 

Der Lehrer Pieck kam nach dem Krieg zurück an die Schule. 1953 wurde er nach Neu-Bottenbroich versetzt. Seine Tochter, Frau Hildegard Zander, war ebenfalls eine Zeit lang als Lehrerin an der Schule in Oberaußem tätig. Frau Zander, ist vielen auch durch ihre Bildervorträge über das alte Oberaußem bekannt. Franz Pieck starb am 09.10.1973. Er wurde auf unserem Friedhof beerdigt.

 

Kurz nach dem Krieg kamen die aus Königsberg kommende Lehrerin Frau Margarete Steffens und der Lehrer Kluge an unsere Schule. Frau Steffens war eine geradlinige, strenge aber auch gerechte Lehrerin. Sie wohnte gemeinsam mit ihrer Schwester, lange Zeit im Wohnhaus der einstigen Motormühle (heute Hotel Zur Mühle) gegenüber der Schule. Lehrer Kluge hatte eine markante Narbe aus seiner Studentenzeit im Gesicht (Studentenschmiss). Da er die damalige Zigarettenmarke Colli rauchte, hatte er bei den Schülern den Spitznahmen „Colli“.

 

Am 01.05.1954 kam der 1910 geborene Theodor Bondü als Konrektor nach Oberaußem. Er kam von der Schule in Fortuna wo er seit 01.10.1948 als Lehrer gearbeitet hatte. Bondü war auch in Oberaußem durch sein großes Arrangement im Vereinsleben von Fortuna bereits bekannt. Er hatte bereits Anfang der 50ger Jahre mit seinen älteren Schülern aus Fortuna, eine spektakuläre Fahrradtour nach Oberammergau durchgeführt.

 

Stellvertretend für alle anderen, seien hier noch die Lehrer Heinrich Gerbracht, Ludwig Theisen, Jakob Bürtel, Gerhard Maibaum sowie die Lehrerinnen Frau Jakobs, Frau Verdin, Frau Zons und Frau Axer aufgeführt. Nachfolgend einige Details zu diesen Lehrern, die heute im nachhinein wohl teilweise einiges Schmunzeln hervorrufen werden.

 

Heinrich Gerbracht liebte klare Verhältnisse und strenge Ordnung. In seinem Unterricht herrschte Disziplin insbesondere in dem von ihm geliebten Sportunterricht. Lehrer Gerbracht erwartete von seinen Schülern eine stetige Leistungsbereitschaft. Manchmal griff er auch zu außergewöhnlichen erzieherischen Maßnamen um seine hochstehenden Unterrichtsziele zu erreichen. So hatte er einmal seiner kompletten Klasse im Herbstzeugnis eine 5, also mangelhaft, im Nebenfach Erdkunde eingetragen, was zu einiger Aufregung bei den Schülern und auch bei den Eltern geführt hatte. Er wehrte jede Kritik ab und meinte, diese Benotung solle als erzieherische Maßnahme und Leistungsansporn dienen. Übrigens im folgenden Klassenabschlusszeugnis, zu Ostern 1956, hatten fast alle betroffenen Schüler eine 2 (gut) im Fach Erdkunde erhalten. Seine Maßnahme hatte also gewirkt!?

 

Ludwig Theisen ist dem Autor selbst als sehr geradliniger, gerechter und deshalb auch sehr beliebter Lehrer in Erinnerung. Auch er war sportbegeistert. Er kam des öffteren mit dem Fahrrad von Bedburg, wo er wohnte, zum Dienst nach Oberaußem an die Schule.

 

Jakob Bürtel kam 1955 nach Oberaußem. Er wohnte in Niederaußem und kam als einziger Lehrer damals mit einem eigenen Auto, einem VW-Käfer, zum Dienst. Er war sehr musikalisch. Er gründete rasch einen Schulkinderchor, der auch öffentliche Auftritte im Saal Braun und in der Pfarrkirche hatte. Auch hatte er eine kleine Musikgruppe zusammengestellt. Schlaginstrumente wie Xylophon, Triangel und Tamburin hatte er über die Schule besorgt. Da er auch Blockflötenunterricht erteilte hatte er die Flötenspieler in die Musikgruppe integriert. Lehrer Bürtel hatte als erster Lehrer ein Tonbandgerät als Hilfsmittel für seinen Unterricht an der Schule eingesetzt.

 

Der auch Mitte der 1950ger Jahre an die Schule in Oberaußem gekommene Lehrer Gerhard Maibaum (geb. 23.9.1932, gest. 10.6.2004) war als junger Lehrer schnell aus der Fassung zu bringen. Er konnte sich über Kleinigkeiten schnell aufregen und emotional überreagieren. Meist im Sportunterricht auf dem Sportplatz zwischen Oberaußem und Fortuna oder in der ehemaligen Turnhalle an der Abts-Acker-Straße, verstanden es einige damalige Schüler, Herrn Maibaum auf die berühmte Palme zu bringen. Er reagierte oft mit einem Wutausbruch und brach den Sportunterricht einfach ab. Die Klasse mußte zurück zur Schule und Strafarbeiten schreiben. Herr Maibaum blieb an der Oberaußemer Schule. 2004 ist er hier verstorben. Er wurde auf dem Waldfriedhof beerdigt.

 

Nach der Pensionierung des Rektors Heinrich Steinhauer übernahm ab 1957 der Rektor Jakob Zingsheim, er kam aus Kerpen, die Leitung der Katholischen Volksschule in Oberaußem. Er war ein sehr autoritärer, manchmal arrogant wirkender Lehrer. Auch er hatte noch einen Rohrstock als Hilfsmittel zur Schülererziehung im Schrank des Lehrerzimmers. Der Stock kam bei ihm aber selten zum Einsatz. Wenn er körperliche Strafen ausübte, benutzte er meist seine flache rechte Hand, die aber nachhaltige Eindrücke auf den Wangen der Leidtragenden hinterließ. Er hatte die Wohnung des Vorgängers Steinhauer übernommen. Auch er ließ die älteren Schüler in seinem Garten mitarbeiten. Auch die Grünanlagen rund um die Schule wurden in die Gartenarbeit der Schüler einbezogen. Mit dem Amtsantritt von Jakob Zingsheim wurde auch die Unterrichtsgestaltung angepasst. So war er der erste, der mit seiner Abschlussklasse informative Exkursionen durchführte, wie Besuche der Kraftwerke Fortuna, des Kölner Stadtanzeigers, der Kreissparkasse  und der Hauptpost in Köln. Auch führte er größere Klassenfahrten ein. Die erste größere Fahrt ging im Juli 1958 mit dem Reisebußunternehmen, Schmidt-Reisen aus Kerpen, nach Rüdesheim zum Niederwalddenkmal. Im März 1959 fuhr die Jungenabschlußklasse unter der Leitung von Rektor Zingsheim, mit Steinhoffreisen nach Amsterdam.

Seit seinem Amtsantritt erhielten die Entlassschüler bei ihrer Verabschiedung ein Sparbuch der Kreissparkasse mit einem Startguthaben von jeweils 5 DM.

Den meisten einstigen Schülern unserer Volksschule, bleiben sicherlich auch, die mit ihren Lehrern zusammen, auf dem Jugendhof „Finkenhof“ in Blankenheim verbrachten Schulendtage in guter Erinnerung.

Ab April 1959 übernahm Rektor Jakob Zingsheim dann die Leitung der neuen Friedensschule auf dem Tonnenberg.

Im November 1965 verließ Jakob Zingsheim, nach fast neunjähriger Tätigkeit als Rektor in Oberaußem die Friedensschule und ging in den Ruhestand. Er zog nach Dernau an der Ahr. Sein Nachfolger als Schulleiter und Rektor an der Friedensschule wurde der Konrektor Theodor Bondü. Die Lehrerin Frau Maria Axer geb. Jakubek wurde Konrektorin. Frau Axer (geb. 26.04.1917 in Frechen, gest. 22.08.1975 in Frechen) wurde später noch zur Rektorin an der Hauptschule Auf dem Tonnenberg befördert.

 

Es soll hier auch erwähnt werden, dass über die gesamte Zeit des Schulwesens in den katholischen Volksschulen von Oberaußem, die katholischen Pfarrherren von Oberaußem an der Schule mit unterrichteten und maßgeblichen Anteil auf die Gestaltung und die Entwicklung der Schulen gehabt haben, wofür man an dieser Stelle auch ein großes Dankeschön aussprechen muß.

 

In der fast 80-jährigen Schulgeschichte arbeiteten die Herren Schultes, Cremer und Borgmann als Hausmeister an der Schule. Herr und Frau Schultes, sie hatten im Keller des Schulgebäudes eine Wohnung, sind vielen einstigen Schülern sicherlich noch besonders gut in Erinnerung. Er führte ein strenges Regime an der Schule während sie die damals übliche Schulspeisung bekochte und organisierte. Wenn Heizkohlen für die Schulheizung angeliefert wurde, freute sich Herr Schultes stets über tatkräftige Hilfe durch ältere Schüler, beim Einbringen der Kohle in den Kohlenkeller.

 

Nach dem Umzug der ev. Kinder, 1965 in die neue Schule am Bohnenbach (Katzenbungert) und der Einrichtung der Hauptschule Auf dem Tonnenberg 1968, wurde das alte Schulgebäude an der Bergheimer Straße noch einige Jahre, unter der Leitung des Hauptlehrers Teodor Oster, als Grundschule genutzt. U.a. arbeiteten in dieser Zeit die Lehrerinnen Frau Hammer, Frau Astone, Frau Ellinger, Frau Spenrath, Frau Körner und Frau Zander an dieser Grundschule.

Frau Zander war die Tochter des einstigen Lehrers Franz Pieck. Sie war mit dem Oberaußemer Theo Zander verheiratet. Frau Zander war vielen Oberaußemern auch durch ihre Dia-Vorträge über die Oberaußemer Ortsgeschichte bekannt.

 

Aufgrund von Schulreformen und Schulneubauten in unserer Gemeinde, wurde Ende der 1990ger Jahre der Schulbetrieb an der alten katholischen Volksschule an der Bergheimer Straße endgültig eingestellt.

Danach diente das Gebäude, nach einer Renovierung und einigen Umbauten, eine Zeit lang als städtische Unterkunft für Asylbewerber.

Inzwischen sind die einstigen Nebengebäude (Toiletten) abgerissen. Das alte traditionsreiche Schulgebäude ist heute leer und ungenutzt. Es wird von der Stadt zum Kauf angeboten. Inzwischen wird das Schulhaus bedauerlicherweise auch zu politischen Zankereien benutzt. Man kann sich einfach nicht auf eine sinnvolle Weiterverwendung einigen, was natürlich durch die angespannte Haushaltslage der Stadt Bergheim erheblich erschwert wird.

Viele Schülergenerationen aus Oberaußem haben sicherlich gute Erinnerungen an die alte Volksschule und hier sei der Hinweis erlaubt, dass es sicherlich im Sinne der einstigen Schüler und auch traditions- und geschichtsbewussten Menschen läge, wenn das Gebäude erhalten und einer sinnvollen Verwendung zugeführt würde.

 

Auch nach dem zweiten Weltkrieg gingen die Einwohnerzahlen in der Gemeinde weiter nach oben. Der Gemeinderat beschloß nach dem Krieg die Umbenennung der Gemeinde. Sie hieß danach Gemeinde Oberaußem-Fortuna. Aufgrund der hier nach 1945 zugezogenen Heimatvertriebenen, Flüchtlingen und nicht zu vergessen der in den 60ger Jahren zugewanderten Gastarbeiterfamilien, entwickelte und vergrößerte sich der Ort Oberaußem rasch. Fortuna behielt bis zur Aufgabe des Ortes in etwa konstant eine Einwohnerzahl von ca. 1450. Auch die Abwanderung der Braunkohlengruben vom Süd-Revier um Brühl, nach Westen und Norden (Auskohlung der Tagebaue um Brühl – Neuaufschlüsse Tagebau Fortuna-Garsdorf usw.) brachte in den 50ger Jahren eine große Anzahl von Umsiedlern nach Oberaußem.

 

Weil ab 1954 die kommenden Raumprobleme an der Schule Bergheimer Straße unübersehbar wurden, erbaute die Gemeinde eine neue Schule auf dem Tonnenberg. Die Schule wurde ab Mitte der 1950ger Jahre errichtet. Zuerst trug sie den Namen Friedensschule. Aufgrund der damals stark ansteigenden Bevölkerungszahl in Oberaußem und der sich ankündigenden Auflösung des Ortes Fortuna, wurde die Volksschule an der Bergheimerstraße zu klein. Zudem kam es 1957 noch zur religionszugehörigen Trennung der Schüler. In der neuen Friedensschule  wurde dann  neben Klassen der katholischen Volksschule, auch eine eigenständige evangelische Volksschule unter der Leitung von Hauptlehrer Stempel und Frau Verdin eingerichtet.

 

Mit dem neuen Schuljahr 1959 / 60 zogen alle Klassen der katholischen Volksschule von der Bergheimer Straße in die neue Friedensschule auf dem Tonnenberg. Die evangelischen Schüler zogen gleichzeitig wieder in das freigewordene alte Schulgebäude und blieben dort bis zur Einweihung der ev. Schule im Katzenbungert 1965.

 

Ab 1970 wurde die Friedensschule mehrfach erweitert. 1972 baute man eine eigene Turnhalle auf das Schulgelände Am Driesch.

Die zum Hauptgebäude gehörende Aula und eine Hausmeisterwohnung waren bereits mit dem 1. Bauabschnitt fertiggestellt worden. Hausmeister an der Schule wurde Fritz Ronge, er wohnte mit seiner Familie lange in der schuleigenen Hausmeisterwohnung hinter der Aula.

 

Zur Erinnerung an den einstigen Ort Fortuna, der dem Braunkohlentagebau Bergheim weichen mußte, trägt die Schule heute den Namen Fortunaschule. Einige Jahre war die Schule auch als mehrzügige Hauptschule in Benutzung. Deren Schulleitung erfolgte durch die Rektoren Theodor Bondü und Konrektorin Maria Axer, die zuvor an der Volksschule an der Bergheimer Straße gearbeitet hatten.

 

Während den Renovierungsarbeiten an der durch ein Erdbeben stark beschädigten Oberaußemer Pfarrkirche, diente die Schulaula in der Fortunaschule, der katholischen Pfarrgemeinde auch zur Feier der Gottesdienste.

 

In die Amtszeit des Rektors Theodor Bondü fiel die Einführung eines neuen Schulsystems in Nordrhein-Westfalen. Am 01.08.1968 erfolgte eine allgemeine Trennung in Grund- und Hauptschule. Die Friedensschule / Fortunaschule war ab diesem Datum eine Gemeinschaftshauptschule. Theodor Bondü trat im Juli 1973 in den Ruhestand. Er blieb aber auch als Pensionist im Oberaußemer Kulturleben engagiert. Er starb 1981. Beerdigt wurde er auf dem alten Friedhof in Oberaußem.

 

Heute ist die Fortunaschule eine Gemeinschaftsgrundschule. Derzeitige Schulleiterin ist die aus Oberaußem stammende Rektorin Eltrude Cichon.

 

Christian Kämmerling schreibt: „1954 war die Zahl der Schulkinder, die in der Schule an der Bergheimer Straße unterrichtet wurden, so groß, daß Schulleiter Steinhauer beim Gemeinderat um Abhilfe bat. Der Rat be­schloß, das erste Schuljahr mit den Klassen la und 1b in die Räume des neuen Kindergartens auf der „Kalfheck“ zu verlegen. Der neu gebildete Schulausschuß hat sich in Verbindung mit dem Bau-und Wegeausschuß des Problems der Schulraumnot insgesamt angenommen. Sie stellten in einer Vorlage an den Rat der Gemeinde fest, daß in den nächsten Jahren die Zahl der schulpflichtigen Kinder von 378 auf 523 Kinder ansteigen werde. Dem Rat schlugen sie vor, einen Schulhaus-Neubau zu errichten, zumal sie noch erfahren hatten, daß in aller­nächster Zeit etwa 50 Familien aus dem Raume Gruhlwerk nach Oberaussem umgesiedelt würden und daher nochmals ca. 50 Kinder eingeschult werden müßten. Alles in allem würden in Kürze nochmals drei Schulräume benötigt, so daß es unbe­dingt notwendig sei, sofort mit einem Neubau zu beginnen. Dieser Meinung der Ausschüsse schloß sich der Gemeinderat an und beauftragte die Verwaltung, umgehend mit den Planungsarbeiten zu beginnen und mit den Eigentümern der vorgesehenen Grundstücke in Kaufverhandlung zu treten. Kurze Zeit später, im September 1954, konnte das Gelände “Am Tonnenberg“ für den Schulhaus-Neubau erworben werden. Der vom Amtsbauamt erarbeitete Plan sah eine Bebauung in mehreren Bauabschnitten vor. Der Rat beschloß in seiner Sitzung vom 22.10.1954 einstimmig, den ersten Bauabschnitt zur Ausführung zu bringen, der zunächst drei Klassenräume umfaßte. Jedoch am 19.10.1956 war aufgrund der Schülerzahl bereits der Bau von weiteren drei Klassen notwendig und daher beschlossen worden.

Kämmerling schreibt weiter: „Einige Monate später, im Juni 1957, stellte sich heraus, daß der verfügbare Schulraum in Oberaußem noch nicht ausreichend war. Eine “Bestandsaufnahme“ des Schul- und Hauptausschusses gab Auskunft über die Situation im Schulbereich. Dort hieß es:

“Bei einer Schulkinderzahl von zur Zeit 441 an der kath. und 91 an der evang. Volksschule bestehen 17 Schülerklassen. Mit einem weiteren starken Ansteigen der Schülerzahl ist zu rechnen. Um den Schulraumbedarf für die nächsten Jahre sicherzustellen, ist es notwendig, das Bauvor­haben auf dem Tonnenberg auf sechs Klassenräume mit den dazugehörigen Nebenräu­men und einer Toilettenanlage zu erweitern.“

Aufgrund dieser Feststellung der Ausschüsse beschloß der Rat entsprechend und bewilligte die Bauausführung nach dem Finanzierungsplan, der Baukosten in Höhe von 528.000,-- DM vorsah. Diese sollten aufgebracht werden durch Eigenmittel, Landesmittel und Beihilfe aus der Kreisschulbaurücklage.

 

Natürlich mußte nun auch für die Lehrpersonen Wohnraum ge­schaffen werden. Als Bauträger kam hierfür die “Erftland“ Wohnungsbaugesellschaft in Frage, die zur Errichtung eines Doppelhauses mit 4 Wohnungen von der Gemeinde das Grund­stück “Am alten Maar“ und ein zinsloses Darlehen erhielt.

 

Ausbau der Fortunaschule auf dem Tonnenberg

Hierzu schreibt Christian Kämmerling: „Durch die rege Bautätigkeit in unserer Gemeinde in den 1960ger Jahren und das damit verbundene weitere An­steigen der Schülerzahlen, wurde im Jahre 1968 anläßlich der Schulbaubereisung durch Vertreter der Bezirksre­gierung Köln, die schulische Notwendigkeit des Ausbaues der zweizügigen Gemeinschaftshauptschule auf dem Tonnenberg in eine dreizü­gige erkennbar. Dies bedeutete, daß in das Bauprogramm der Neu- bzw. Erweiterungsbau von vier Klassenräumen, Kursräumen und Räumen für den naturwissenschaftlichen Unterricht einzubeziehen war. Die Baukostenermittlung ergab eine vorläufige Bausumme von 1,3 Mill. DM. Hinzu kam die Planung einer Turnhalle mit einem vorläufig ermittelten Kostenbetrag von 530.000,-- DM.

Für den notwendigen Schulerweiterungsbau war „Am Tonnenberg / Ecke Auf dem Driesch“, auf dem vorhandenen Schulgelände der Bau­platz vorhanden, dagegen mußte für die Errichtung der unterhalb der Schule geplanten Turnhalle, die Baustelle an der Dürbaumstraße noch er­worben werden.

Zur Finanzierung hatte die Bezirksregierung das Bauvor­haben in das Schulbauprogramm des Landes aufgenommen und eine Landesbeihilfe von 50 % der zuschussfähigen Kosten in Aussicht gestellt.

Die Baulandbeschaffung, Ausschreibung der Gewerke usw. waren im April 1971 soweit fortgeschritten, daß der Auf­trag zur Herstellung der Fertigteile für die Turnhalle vergeben werden konnte. Doch der eigentliche Baubeginn er­folgte erst Ende Juli 1972.

Mit den Arbeiten am Schulerweiterungsbau wurde Ende No­vember 1970 begonnen. Man rechnete fest mit der Fertig­stellung im Januar 1973, doch die Arbeiten nahmen nicht den gewünschten Verlauf. Termine wurden überschritten, es war eben Hochkonjunktur. Auch mit dem vorauskalkulierten Geld war nicht auszukommen, die Aufnahme eines Kommunaldarlehens von 535.000,- DM war erforderlich geworden.

Ungeduldig warteten der Rat und die Schulverwaltung auf die Fertigstellung, die dann endlich für den 1.8.1973 angekündigt wurde.

Bei Abrechnung des Objektes stellte sich eine Verteuerung um rd. 320.000,-- DM heraus. Jedoch waren hierin auch die Kosten für die Erneuerung der Schulhoffläche und die An­legung von Parkplätzen enthalten. Danach wurde die eigent­liche Gesamtkostenüberschreitung mit rd. 10 % ermittelt, die durchaus in einer Zeit der Hochkonjunktur als vertret­bar und angemessen angesehen werden konnte.“

 

Die evangelischen Volksschulen in Oberaussem

 

Die erste evangelische Schule in Oberaußem.

 

Mitte der 1950ger Jahre wurde aufgrund der ständig wachsenden Anzahl evangelischer Schulkinder in der katholisch dominierten Volksschule von Oberaußem, der Wunsch der evangelischen Kirchengemeinde nach einer selbständigen evangelischen Schule immer unüberhörbarer. Dementsprechend erfolgte am 01.04.1957 die Einrichtung einer evangelischen Volksschule in Oberaußem. Schulleiter wurde der Hauptlehrer Stempel. Die ev. Kinder verließen die Schule an der Bergheimer Straße und zogen in das neue Schulgebäude auf dem Tonnenberg. In zwei Schulräumen unterrichteten Herr Stempel und Frau Verdin, jeweils vier zusammengefasste Jahrgänge in einer Klasse. 1959 zogen die evangelischen Schüler wieder in das freigewordene alte Schulgebäude an der Bergheimer Straße. 1965 zog man dann in eine neu erbaute ev. Schule im Katzenbungert um.

 

Die evangelische Volksschule in Oberaußem im Katzenbungert.

 

Christian Kämmerling schreibt dazu: „Nur wenige Jahre währte die Ruhe an der Oberaußemer “Schulklassen-Front“. Im Oktober 1962 war es wieder einmal soweit. Der Schulausschuß hatte erneut Bestandsaufnahme gemacht und festgestellt, daß in der Friedensschule, wie die Schule “Am Tonnenberg“ nach einem Beschluß vorn Juli 1960 offi­ziell genannt wurde, 521 Schulkinder mit 13 Unterrichtsklassen in 10 Klassenräumen unterrichtet wurden. Schät­zungen und Ermittlungen ergaben für die kommenden Jahre ein erneutes Ansteigen der Schülerzahl bis 1968 auf ca. 608 Schüler. Dies bedeutete, daß nach Meinung des Schul­ausschusses ein neues Schulgebäude errichtet werden müs­se. Dieser Meinung schloß sich der Rat in seiner Sitzung am 31. Oktober 1962 an und beschloß den Neubau einer Schule mit sechs Klassen und den erforderlichen Nebenräumen einschließlich eines Pausenhofes. Vorgesehen war der Neu­bau “In den Benden“, jedoch mußte zunächst das Grundstück erworben werden. Dies war bereits im Februar 1963 ge­schehen und der Rat konnte zu dem vom Amtsbauamt vor­gelegten Plan sein Jawort geben. Im Spätsommer 1963 wur­de der erste Spatenstich getan. Im Laufe der Bauzeit wurden Überlegungen angestellt, diese Schule für die evangelischen Kinder aus Oberaussem und Niederaussem einzurichten. Die Lage war günstig, unzumutbare weite Schulwege gab es für die Kinder beider Gemeinden nicht. Die Zahl der ev. Kinder wurde für das Jahr 1965 mit 200 und vorausschauend bis 1969 mit 224 für beide Gemeinden ermittelt, so daß die im Bau befindlichen 6 Klassen aus­reichten. Da bereits beide Gemeinderäte auf anderem Ge­biet (Hallen- und Freibad) eng zusammenarbeiteten, war eine Einigung schnell herbeigeführt. So entschloß man sich zur Einrichtung des Schulverbandes “Evangelische Volksschule für die Gemeinden Oberaußem-Fortuna und Niederaussem in Oberaussem“. Auch die Anteile an diesem Schulverband wurden festgelegt: Oberaussem-Fortuna 2/3 und Niederaussem 1/3, entsprechend der Zahl der Kinder aus den beiden Gemeinden. Auch die Baukosten von rd. 1,1 Million DM wurden anteilmäßig von den beiden Gemein­den aufgebracht, ebenso die Folgekosten, wie Unterhal­tung, Reinigung, Heizung usw.

Der Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen gab am 19.3.1965 seine Zustimmung zur Auflösung der bisherigen evangelischen Schulen in den beiden Gemeinden und die Errichtung einer mehrklassigen evangelischen Schule in Oberaussem für den Schulverband Oberaussem-Fortuna und Niederaussem und zum Beginn des Schulbetriebes ab 1.4.1965.

Mit dem 1. April 1965 wurden dann die bestehenden evangelischen Schulen in den beiden Gemeinden aufgelöst und die neue Schule vom Schul­verband in Dienst gestellt.

Erster Schulleiter und Rektor an der neuen ev. Volksschule wurde der Lehrer Christoph Stempel. Der am 11.07.1925 im Osten Deutschlands geborene Rektor Christoph Stempel wohnte nach seiner Pensionierung mit seiner Frau in Horrem. Er ist am 16. Dezember 2009 verstorben. Beerdigt wurde er kurz vor Weihnachten auf dem alten Oberaußemer Friedhof, direkt gegenüber von seinem einstigen Kollegen Theodor Bondü.

 

Heute wird das Gebäude am Bohnenbach nur noch teilweise als Schulgebäude genutzt. Einige Klassen der Albert-Einstein-Realschule sind hier untergebracht. Außerdem ist die öffentliche Bücherei in dem Gebäude untergebracht. Das Jugendzentrum der Oberaußemer Jugend hat ebenfalls ihre Räumlichkeiten in der einstigen ev. Volksschule.

 

Die Zusammenarbeit der Gemeinderäte im “Außemer Raum“ war in den 1960 Jahren als vorbildlich zu bezeichnen. Man gründete einen Schulverband der Gemeinden Oberaussem-Fortuna, Niederaussem und Hüchelhoven für den Bau einer Realschule für Jungen und Mädchen der Gemeinden. Über die Bildung dieses Schulverbandes bestand sofort in allen Räten Übereinstimmung, die Satzung des neuen Schulverbandes wur­de einstimmig verabschiedet.

Am 19.02.1963 beschloß dann der Gemeinderat von Oberaußem, zusammen mit der Gemeinde Niederaußem eine Realschule für Jungen und Mädchen des Raumes Oberaußem, Niederaußem und Hüchelhoven zu errichten.

Die neue Schule erhielt den Namen „Albert Einstein Realschule“

Man richtete zuerst zwei Unterrichtsklassen im Gebäude der Fortuna-Schule auf dem Tonnenberg in Oberaußem ein.

Der Unterricht begann dort am 22.04.1965. Erster Schulleiter war Herr Lopacinsky. Zusammen mit Frau Oßwald unterrichtete er anfangs 89 Jungen und Mädchen.

Baubeginn für das neue Realschulgebäude in der Brieystraße zwischen Oberaußem und Niederaußem, war im Winter 1965/66.

Im Sommer 1967 wurde der Neubau erstmals bezogen.

Die Schule hatte damals bereits sieben Klassen mit 228 Schülern. Es begann eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Schule. Im Schuljahr 2007/08 gibt es inzwischen 21 Unterrichtsklassen.

Schulleiter ist derzeit Ekkehard Engels

 

 

Hiermit soll diese Chronik über das Schulwesen in der Gemeinde Oberaußem vorerst enden.

 

Abschließend noch ein Dankeschön an alle, die bei der Erstellung dieser Ausarbeitung zum Thema „Schulwesen in Oberaußem“, oft mit persönlichem Rat und Tat sowie mit Informationsmaterial und etlichen diesbezüglichen Fotos weitergeholfen haben.

 

 

Quellenverzeichnis:

  • Heimatkunde der Gemeinde Oberaußem, von Hauptlehrer Dürbaum
  • Chronik 100 Jahre Pfarrkirche St. Vinzentius, von Christian Kämmerling
  • Persönliche Chronik zu Oberaußem, von Martin Schneider
  • Aufzeichnungen über den 1. Weltkrieg in der Gemeinde Oberaußem, Hrsg. Helmut Schrön
  • Die Familiennamen zu Oberaussem im Wandel der Zeit, Gerd Friedt 2007
  • Dr. Heinz Braschoß, Revision der Verwaltung im 19. Jahrhundert.
  • Fotos: Privatbesitz Oberaußemer Bürger, U. Reimann
  • Layout, Recherchen und neue Texte, U. Reimann, Oberaußem, 2010