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Die Schmiede Rauwald in Oberaußem

Ausarbeitung von Ulrich Reimann

 

Die Schmiede, des Huf- und Wagenschmiedes Johann Rauwald, neben dem Pferdefuhrwerk stehend, in der Büsdorferstraße, etwa um 1916. In der Tür des Wohnhauses steht seine Adoptivtochter Maria Rauwald.

 

In der Mitte des 19. Jahrhunderts, gab es in Oberaußem wahrscheinlich nur einen Huf- und Wagenschmied. Es handelte sich dabei um den aus Quadrath kommenden Christian Rauwald, geb. 1818 in Quadrath, gestorben am 01.10.1890 in Oberaußem. Am 27.05 1849 hatte er in der alten Oberaußemer Pfarrkirche auf dem Tonnenberg, die am 27.12.1824 in Oberaußem geborene und am 02.10.1873 in Oberaußem verstorbene, Anna Catharina Robertz geheiratet.

Wahrscheinlich betrieb Christian Rauwald einen Schmiedebetrieb, mit Wohnhaus und kleiner Landwirtschaft, in der Büsdorferstraße Nr. 2, (Haus 159).

Das Ehepaar bekam 5 Kinder.

- Johannes, geb. 05.04.1850 Oberaußem, gest. 04.03.1919 Oberaußem

- Matthias, geb. 30.11.1853 Oberaußem, gest. 02.12.1853 Oberaußem

- Gertrud, geb. 09.10.1855 Oberaußem, gest. 08.06.1883 Oberaußem

- Josef, geb. 13.01.1860 Oberaußem, gest. ?

- Hubert Jakob Ferdinand, geb. 18.12.1864 Oberaußem, gest. ?

 

Der älteste Sohn der Eheleute, Johann Rauwald, wurde wie sein Vater ebenfalls Huf- und Wagenschmied.

Man kann wohl davon ausgehen, daß er die kleine alte Dorfschmiede, nach dem Tod seines Vaters, 1890 übernommen hat.

Johann Rauwald führte dann zusammen mit seiner Ehefrau, den Schmiedebetrieb, mit einem im Wohnhaus eingerichteten kleinen Laden für Haushaltsartikel, bis zu seinem Tode 1919.

 

Bis etwa 1903, hatte der spätere Gründer einer eigenständigen Huf- und Wagenschmiede in der Bahnstrasse, Peter Decker, bei Johann Rauwald als Wander-Schmied gearbeitet. Dann machte dieser sich an der Bahnstraße selbständig.

Insgesamt gesehen, bestanden damals in Oberaußem gute Berufschancen für einen zusätzlichen Schmiedebetrieb.

 

Das Ehepaar Rauwald hatte keine leiblichen Kinder. Um das Jahr 1906, adoptierten sie, die am 16.07.1902 in Köln geborene Vollweise Maria Hubertine ?. Ihr leiblicher Vater war Standesbeamter in Köln. Beide Eltern starben 1906. Nach der Adoption, erhielt sie den amtlich eingetragenen Namen Maria Hubertine geborene Rauwald.

Nach dem frühzeitigen Tod von Johann Rauwald, fand sich kein Nachfolger für seinen Betrieb. Der Schmiedebetrieb Rauwald wurde dann gegen 1920, von Frau Rauwald und Tochter Maria eingestellt. Das kleine Geschäft führten sie noch über einige Jahre weiter.

1928 machte die Witwe Rauwald mit einem Inserat in der Festschrift des Männergesangvereins Erhohlung noch Werbung für ihr Geschäft.

Frau Rauwald lebte bis zu ihrem Tode, bei der Familie Langen.

Nach dem Tode der Eheleute Johann Rauwald, ging das gesamte Anwesen mit Wohnhaus und Betriebsgebäuden und Landbesitz, an deren Adoptivtochter Maria Hubertine Langen geb. Rauwald über.


Maria Rauwald mit ihrem leiblichen Vater 1905
Maria Rauwald, April 1904
Maria Rauwald links, mit Mutter und Schwester 1905

 

Am 30.07.1921 vermählte sich Maria Rauwald, in Oberaußem, mit Heinrich Langen, geboren am 06.09.1896 in Quadrath.

Er war Kriegsteilnehmer des 1. Weltkrieges. Als Musketier des 9. königlichen Infanterieregiments Nr. 389, der 15. Königlich Preussischen Infanterie Division, wurde er am 3.11.1917 mit dem EK II (Eisernes Kreuz zweiter Klasse) ausgezeichnet.

 

Ehepaar Heinrich und Maria Langen
Sohn Hans Langen
Sohn Heinz Langen

Reste Luftschutzbunker

Im Februar 1945, mußte das Ehepaar Langen auch schwere Kriegsschäden an ihrem Anwesen durch den Amerikanischen Artilleriebeschuß hinnehmen. Ein Geschoß war genau in ihrem Hof, hinter dem Haus eigeschlagen und dort detoniert. Es hatte zum Glück keinen Personenschaden dabei gegeben.

 

Wie viele Oberaußemer Bürger hatten die Langens, Mitte der 1930ger Jahre, auf Anraten von Parteifunktionären der Nazipartei, einen eigenen Luftschutzbunker unter dem Stall ihres Anwesens gebaut, der Ihnen während der gesamten Kriegszeit guten Schutz geboten hatte.

 

Der kleine Bunkerraum mit der Zugangstreppe und der Holztür besteht noch heute. Er wird teilweise noch als Abstellraum genutzt.


Zum Ende des II. Weltkrieges wurde Heinrich Langen noch zum Volkssturm in Oberaußem eingezogen.

Nachdem die Amerikaner am 3. März 1945 Oberaußem erobert hatten, mußten sich am 6. März alle männlichen Personen ab 12 Jahren, zur Registrierung bei der amerikanischen Orts-Kommandantur melden. Am 8. März wurden dann 120 dieser Oberaußemer Männer bis 65 Jahre, von den Amerikanern, mittels 2 Lastwagen in ein Lager nach Ichendorf transportiert. Heinrich Langen hatte dazu gehört. Erst Wochen später, war er, nach einer waren Odyssee, am 26. April 1945 wieder nach Hause zurückgekommen.

 

Johann Langen war über viele Jahre Mitglied im Kirchenvorstand und als Rendant der katholischen Kirchengemeinde Oberaußem tätig.


Das Ehepaar Johann und Maria Langen bekam zwei leibliche Söhne.

Hans Langen, geboren am 30.12.1922 in Oberaußem, gefallen im II. Weltkrieg, am 02.07.1942 in Olenin, im mittleren Osten (Russland).

Heinz Langen, geboren am 10.12.1923 in Oberaußem, gefallen im II. Weltkrieg, am 16.02.1944 bei Nettuno (Italien).

 

Den Verlust der beiden Söhne, haben die Eheleute Langen, zeit ihres Lebens nicht verkraftet.

Vom Feldgrab ihres Sohnes Hans, in Russland, hatten sie zwar einige, vom Oberaußemer Willi Weiler aufgenommene Fotos, was sie aber nicht so recht tröstete. Sie kannten zwar den Bestattungsort, konnten diesen aber nicht besuchen.

Die 1. Grabstätte ihres Sohnes Heinz, auf einem Helldenfriedhof bei Rom, haben sie Anfang der 50ger Jahre, noch beide zusammen besucht. Dort konnten sie endlich richtig um beide Söhne trauern.

Heute ruhen die sterblichen Überreste von Heinz Langen auf der Kriegsgräberstätte in Pomezia, nahe Rom. Endgrablage, Block F, Grab 77.

Auch einige Oberaußemer, haben im Laufe der Zeit, einen Rombesuch mit dem Besuch seines Grabes verknüpft.


Das Feldgrab von Hans Langen in Grichin, ca 12 km s.ö. von Olenin
Das Ehepaar Langen am 1. Grab ihres Sohnes Heinz, bei Rom, 10.06.1950
Heute ruht er auf der Kriegsgräberstätte Pomezia, ca 30 km s.w. von Rom
Herbert J.
Helmut Ellwanger

Etwas Trost fanden die Langens, als 1944 in Oberaußem Deutsche Soldaten einquartiert wurden, die in Italien an den Kämpfen beteiligt waren, bei denen ihr Sohn Heinz gefallen war. Zwei dieser jungen Soldaten fanden Aufnahme im Hause Langen. Von ihnen erhoffte das Ehepaar Informationen zum Tode ihres Sohnes zu bekommen.

Bei den beiden Soldaten handelte es sich um den aus dem Odenwald kommenden Helmut Ellwanger und den am 27.03.1923, in Kriwan in Pommern geborenen Herbert J.

Da die beiden jungen Soldaten sehr sympathisch waren und das Ehepaar Langen an ihre beiden gefallenen Söhne erinnerte, entwickelte sich rasch gegenseitige Freundschaft und vor allem zu Herbert J. auch tiefe Zuneigung.

Als die Soldaten Oberaußem wieder verlassen mußten, hatte Familie Langen Herbert J. angeboten, wenn er nach dem Kriege nicht nach Hause zurückkehren könne, sollte er nach Oberaußem zu ihnen kommen.

So kam es dann auch. Nach dem Kriegsende und der Entlassung aus der Kriegs- Gefangenschaft, in einem großen Lager bei Bad Kreuznach, kam Herbert J. nach Oberaußem zur Familie Langen, die ihn freudig und herzlichst aufnahm. Im Laufe der Zeit galt er dann überall als Pflegesohn der Familie Langen.

Als Heinrich Langen am 12.12.1953 verstarb, wurde Herbert J. offiziell als sein trauernder Pflegesohn im Totengedenkzettel aufgeführt.


 

 

Herbert J.

Herbert J. heiratete in Niederaußem die von dort kommende Maria B. Das Ehepaar erwarb dann von Frau Langen, das zwischen der einstigen Brennerei Esser und der einstigen Dorfschmiede Rauwald befindliche Grundstück. Dort errichteten sie in den 1960ger Jahren ein modernes Wohn- und Geschäftshaus.

Bis zum Tode, am 02.11.1987, lebte Maria Hubertine Langen dann bei der Familie J. in dem neuen Haus.

Nach ihrem Tod, ging aufgrund einer testamentarischen Verfügung, das alte Anwesen „Schmiede Rauwald“, an das Ehepaar J. über.

Im Laufe der Jahre, wurde das alte Wohnhaus und die dazu gehörenden Gebäude von ihnen mehrfach renoviert und modernisiert.

Einige Oberaußemer Familien wohnten dort zur Miete.

Herbert J. verstarb am 28.02.2002 im Krankenhaus in Frechen. Auf dem alten Oberaußemer Friedhof fand er seine letzte Ruhestätte.

 

Wohnhaus des einstigen Anwesens Schmiede Rauwald, am 12.02.2019

Das alte Wohnhaus und Nebengebäude, des einstigen Anwesens Schmiede Rauwald, sind noch heute, im Jahre 2019, bewohnbar erhalten.

Derzeitige Besitzerin ist Frau Maria J.

 

 

 

 

Quellen:

 

Alte Dokumente der Familien Rauwald und Langen

Privatfotos Familien Rauwald, Langen und Frau J.

Volksbund, Broschüre Krieggsgräberstätten in Italien

Archiv der Stadt Bergheim

Recherchen, Texte, Fotos, Layout: Ulrich Reimann 2019