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Die Traditionsgastwirtschaft Poulheim

Die Federzeichnung von Willi Weiss zeigt die einstige Gaststätte Poulheim in der Büsdorfer Straße um das Jahr 1938

Rückblick auf die Gaststätte Poulheim-ÜberschärIn Oberaußem gab es schon in früher Zeit eine beachtliche Anzahl von Gaststätten. Um das Jahr 1900 waren das z.B.:

  • Das Gasthaus zur Linde
  • Die Gastwirtschaft von Edmund Wintz 
  • Die Gastwirtschaft von Michael Esser, Brennerei Esser
  • Die Restauration Rüntz 
  • Die Gaststätte Poulheim
  • Die Gaststätte Neukirchen,  Gastwirtschaft Neukirchen

 

72 Jahre Gaststätte Poulheim

von Hans Griese

 

Es handelte sich um eine der älteren Kneipen in Oberaußem, eine so genannte "Flurkneipe".

Der erste Gastwirt war Hermann Poulheim. Er hatte bereits lange vor dem Ersten Weltkrieg, also um 1900, vom damaligen deutschen Kaiser Wilhelm II. eine Schankerlaubnis für sein Lokal in der Büsdorfer Straße erhalten.

Nach Hermann Poulheim übernahmen seine Kinder, die Geschwister Poulheim, den Kleinbetrieb. Der Sohn, auch Hermann, im Volksmund "Pullems Hermännche" genannt, führte das Restaurant bis Anfang der 1960er Jahre. Katharina Überschär (Wisels Kathrin) pachtete das kleine Lokal dann von seinen Erben. Sie war die Tochter des Bäckers Wilhelm Schneider, der seine Bäckerei gegenüber dem Lokal hatte. Katharina Überschär war also als Kind eine Nachbarin der Familie Poulheim gewesen und kannte die Geschichte des Betriebes zum Teil aus eigener Erfahrung. Aus den Geschichten alter Oberaußemer, die ihr überliefert sind, weiß sie noch heute Bemerkenswertes über die Vergangenheit des Gasthauses. Kathrin erzählt wie folgt: "Die Schankstube bei Poulheims war jeden Tag früh geöffnet. Viele Bergleute, die in der Grube Fortuna arbeiteten, kamen schon vor Schichtbeginn, also vor 6 Uhr morgens, hierher, um sich vor der harten Arbeit einen "Büddelchen Korn" zu gönnen. Dass es sich bei dem in Poulheims servierten Korn um den "Ahlener Overoßemer" der örtlichen Kornbrennerei Esser handelte, war damals wohl selbstverständlich.

Nach dem nachmittäglichen Schichtwechsel im Braunkohlwerk war in der kleinen Kneipe meist viel los. Vor der Kneipe standen oft so viele Fahrräder der Bergleute, dass die Passanten der Büsdorfer Straße nicht zum „Pullems Hermann" kamen.

Im Laufe der Zeit haben sich die Trinkgewohnheiten jedoch erheblich verändert. Als Frau Überschär das Restaurant leitete, war das frühe „Büddelchen Korn" nicht mehr in Mode. Aber zu ihren Stammgästen gehörten noch etliche Mitarbeiter der Braunkohleunternehmen, die nach Feierabend zu ihr kamen und den Arbeitstag mit einem guten Bier ausklingen ließen.

In Überschärs Kneipe trafen sich auch viele junge Leute aus Oberaußem, die zusammen mit den alten Fossilien unserer Stadt, wie Luchtse Adam und seine Frau, Lokums Paul und andere, eine illustre Gästegemeinschaft bildeten. Es gab immer ein gutes Gesprächsniveau und oft hitzige Diskussionen, wobei der Ehemann von Katharina, Karl Rudolf Überschär (geboren 1919, gestorben 1992), oft eine herausragende und vorbildliche, lehrreiche Rolle für die jungen Leute spielte. Darüber hinaus servierte Überschärs auch das beste Bier der Region, wobei Andreaspils, das bei uns eigentlich nicht so oft ausgeschenkt wird, an der Spitze der Beliebtheitsskala stand. Alles in allem sind wir gerne zu Kathrin und Karl gegangen. Zum Leidwesen vieler älterer und jüngerer Stammgäste wurde die traditionelle Kneipe 1972 geschlossen. Der Besitzer wollte seine Räumlichkeiten für einen anderen Zweck nutzen.

Viele damalige junge Stammgäste haben das Lokal mit einer spektakulären Feier, am Abend des 14. August 1972, unter großer Anteilnahme symbolisch „zu Grabe getragen". Die örtliche Presse berichtete ausführlich über diese „Trauerfeier".

Das noch heute existierende Anwesen in der Büsdorferstraße beherbergt heute, nach einigen Umbauten, dem damaligen Trend folgend, eine Pizzeria.

 

 

 

 

Stolze Autobesitzer vor der Gaststätte Poulheim in den 1930ger Jahren
Wilhelm Schneider (Wisel), der Großvater von Kathrin Überschär vor dem Lokal von Hermann Poulheim.
So sieht das Gebäude der einstigen Flurkneipe heute am 24.02.2010 aus

Das Ende der Flurkneipe Poulheim -1972-

Personen v. links stehend: Gerd Hardt, Gerd Friedt, Hannelore ?, (unbek. Besuch aus Berlin), Katharina Überschär (Wisels Kathrin), Karl Überschär, Wolfgang Hoch, Margret Zilles, Rainer Wintz (v. Zuglampe verdeckt), Walter Weitz, Andy Außem, Uschi Seidel, Liesel Reimann, Ursula Hennemann, Personen kniend: Alfred (Ali) Polzer, Willi Haas, Gerd Zilles, Hans Griese

Der Tag ( Montag, 14.8.1972) war sehr heiß. Die Dunkelheit war angebrochen und ein Gewitter mit Regen brachte nur wenig Kühlung. Der Regens war noch nicht vorbei, als die Trauernden sich jammernd und klagend und mit viel Krach in Bewegung setzten. Vom Abtshof in der Fortunastraße, dem Wohnort von Rainer Wintz, zogen sie los, quer durch Oberaussem bis hin zur "Ahl Kneip" in der Büsdorfer Straße. Oberaussemer, die von all dem nichts wußten und zufällig Zeuge dieses Trauerzuges wurden, schüttelten nur noch den Kopf. An der Spitze des Zuges trugen Willi Haas und Hans Griese das Bierfaß. Hans Gerd Hardt (Harte Köbes) schlug die "dicke Trumm". Auf einem Bolderwagen befand sich ein etwas zu klein geratener Sarg, in dem Rainer Wintz anstelle der "Ahl Kneip" den Leichnam spielte.

Am Ziel angekommen, stellten sich die Teilnehmer und weitere Personen zu einem Erinnerungsfoto auf.

Personen v. links stehend: Gerd Hardt, Gerd Friedt, Hannelore ?, (unbek. Besuch aus Berlin), Katharina Überschär (Wisels Kathrin), Karl Überschär, Wolfgang Hoch, Margret Zilles, Rainer Wintz (v. Zuglampe verdeckt), Walter Weitz, Andy Außem, Uschi Seidel, Liesel Reimann, Ursula Hennemann

Personen kniend: Alfred (Ali) Polzer, Willi Haas, Gerd Zilles, Hans Griese

 

 

 

Auch die Lokalpresse widmete sich der ungewöhnlichen Trauerfeier.

Nachfolgend ein entsprechender Artikel in der Ausgabe der Kölnischen Rundschau vom August 1972!

 

Die Gäste der Trauerfeier

Viele junge Stammgäste von Karl und Katharina Überschär waren am Abend des 14. August 1972 gekommen, um sich in einer Trauerfeier gebührend von ihrer geliebten kleinen Flurschänke zu verabschieden.