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Die heutige Oberaußemer Pfarrkirche St. Vinzentius

Eine Zusammenstellung von Ulrich Reimann unter Verwendung von Originaltexten aus Veröffentlichungen der kath. Pfarrgemeinde St. Vinzentius Oberaußem, von Christian Kemmerling und Josef Dürbaum


 

1. Allgemeines zur Kirchengeschichte.

Textpassage aus: “Heimatkunde der Gemeinde Oberaußem“ (hrsg. von Josef Dürbaum, Oberaußem 1912)

 

[…] Das erste Gotteshaus von Oberaußem lag auf dem Vorsprung des Tonnenberges, auf dem sich heute der Kirchhof befindet. Der Turm war älter als das übrige Bauwerk. Man hielt ihn, wie schon früher bemerkt, für einen römischen Wachturm, an den später eine Kapelle angebaut wurde, wegen der Armut der Bewohner und der Patrone, nämlich der Aebte zu Corneliemünster, einfach und ärmlich ausfiel. Als Nebenkirche war sie der Pfarre Bergheim zugeteilt, doch so, daß ein besonderer Priester angestellt war. So heißt es in einer Urkunde aus dem Pfarrarchiv vom Jahre 1306 folgendermaßen: „Dem derzeitigen Rektor der zur Pfarre Bergheym gehörenden Kapelle Overousheim werden größere Rechte eingeräumt, sein Einkommen mit Zustimmung des Pfarrers der Mutterkirche durch 15 Malter Roggen für immer verbessert, damit er hier täglich das heilige Meßopfer darbringe, die hl. Sakramente dem Volke spende und die Toten begrabe. Zugleich wird der geehrte Herr Heinrich de Solre mit Zustimmung des Abtes, Decans und Convents von Corneliemünster und des Pfarrers von Bergheim, Conrad von Müllenmachen, als Administrator bestätigt.“ Christian von Sechten, bisher Rektor der Kirche von Oberaußem, verzichtete wegen vieler anderweitiger Geschäfte am 2. November 1373 auf diese Stelle. Merkwürdigerweise wird in einem Erkundigungsbuch aus dem Staatsarchiv in Düsseldorf die Kapelle in Oberaußem als der Mutterkirche zu Niederaußem zugehörig bezeichnet und als Pastor Johann van Mucheraidt angeführt, welcher die Kirche zu Wevelinghoven bediente. An die Stelle hat er einen mercenarium (gemieteten Vertreter) gesetzt. Herr Michel von Oberaußem sei wohl 31 Jahre da gewesen. Die vericotatores (Oberhirten) sind die Aebte von Corneliemünster. In dem Status omnium beneficorum - ducatus Juliacensisi de anno 1676 von J.P. Holthausen wird Oberaußem zum erstenmale als Kirßpel = Kirchspiel d.i. Pfarre bezeichnet. Gemäß einer Urkunde im Pfarrarchiv wurde die Oberaußemer Kirche im Jahre 1730 mit großen Kosten restauriert. Aus dieser Zeit rührte auch die Jahreszahl 1731 her, welche über dem Türsturz angebracht war. Es trugen zur Wiederherstellung der Kirche bei der Freiherr von Loyson, Besitzer des Neuenhofs, dessen Name noch auf einer alten Kirchenbank zu finden ist, der Abt von Corneliemünster, der Besitzer des Camperhofes, das Hospitz von Allerheiligen zu Cöln, der Vikar Klefisch und der Freiherr von Anstel, der in Oberaußem den Zehnten hatte.

In der Beschreibung der Christianität oder des Dekanates Bergheim vom Jahre 1755, heißt es, über die Pfarre Oberaußem: „Oberaußem, eine Pfarre mit dem Titel des hl. Vinzentius, gehört zum Herzogtum Jülich und zur Satrapie Bergheim. Zu dieser Pfarre präsentiert der Abt von Corneliemünster und investiert der Archidiakon oder Generalvikar. Es sind in der Kirche 3 Altäre: vom hl. Vinzentius, der Mutter Gottes und der hl. Anna. In der Pfarre sind 310 Communikanten und 2 Protestanten. Der zeitige Pfarrer heißt Michael Schiffer.“

Das neue Gotteshaus wurde in den Jahren 1878 - 81 errichtet. Das Nähere darüber lesen wir bei der Beschreibung des Ortes.

 

Nachfolgend der Text aus dem Buch "Kunstdenkmäler der Rheinprovinz" von 1899

Abschrift: Ulrich Reimann

 

OBERAUSSEM.

 

KATHOLISCHE  PFARRKIRCHE  (s. t. s. vincentii mart.). BINTERIM u. MOOREN, E. K. II, S. 158.

Handschriftl. Qu. Im Pfarrarchiv: Pfarrchronik vom Pfarrer TH. RICHARTZ aus dem J. 1893, darin Aussemer Waldordnung von 1569, Weisthum und Ooberaussemer Vrohn von 1719. - Urkunden von 1306 ab. – Kirchenrechnungen von 1710 an. - Catalogus pastorum von 1370 ab. - Vgl. TILLE, Übersicht S. 101.

Im Pfarrarchiv zu Elsen: ZEHENPFENNIG, Digressus historicus von 1751, Bl. 23.

Durch Urkunde von 1306, crastino Reminiscere (Abschrift des vorigen Jahrhunderts im Pfarrarchiv) verleiht der Kölner Archidiakon der ,,capellae in Ouerousheim - appendicium ecclesiae parochialis in Bergheym -" verschiedene - pfarramtliche Rechte und regelt ihr Verhältnis als Filiale zur Mutterkirche. Das Geistliche Erkundigungsbuch vom J. 1550 spricht von einer ,,Kapelle, der Moderkirchen zu Nederaussem zugehörig", während diejenigen vom J. 1559 und 1582 Oberaussem als unter Bergheimerdorf ge-hörend bezeichnen. Das Patronat besass die Abtei Kornelimünster bis zur Säkularisation. Im J. 1730 wurde die Kirche restauriert und nach Osten erweitert. Im J. 1878 wurde durch den Architekten Lange ein dreischiffiger gothischer Neubau an anderer Stelle begonnen, der 1881 eingeweiht ward; die alte Kirche wurde hierauf abgebrochen. Der alte Bau besass einen noch romanischen Turm von kolossaler Mauerstärke, ein einschiffiges Langhaus aus Backstein mit Tuffstein aus dem Anfang des 14. Jh., der Ostteil war 1730 angefügt; sie war nur 10 m lang und 6,70 m breit.

          Von der Ausstattung zu nennen: Kasel von neuem weißsseidenen Brokat mit alten Stäben vom Ende des 15.Jh. (1837 restauriert), darstellend auf dem Kreuz den Heiland zwischen den hh. Katharina und Barbara, am Fusse Johannes und Maria, auf der Vorderseite die Passionswerkzeuge, in Applikation aufgesetzt späteres Wappen (?) mit der Beischrift: H B 1622.

        Eigentum des Herrn Pfarrers Th. Richartz: Triptychon, von Holz, das Mittelbild 46 x 44 cm gross, Werk eines kölnischen Meisters aus der 2. H. des 15. Jh., in der Art des Meisters des Marienlebens, doch mit derberen Köpfen. In der Mitte der Gekreuzigte zwischen Maria und Johannes, links Beweinung Christi, rechts Grablegung, auf reichem landschaftlichen Hintergrund. Zu Füssen Christi der Donator knieend in schwarzer Klerikertracht. Auf den Aussenseiten Johannes der Täufer und der h. Hieronymus.

          Tafelbild, von Holz, 69 x 47 cm gross: Christus, in rotem Mantel mit der, Kreuzesfahne erscheint nach der Auferstehung seiner Mutter (?), die betend in einem hölzernen Gestühl sitzt. Weder niederrheinisch, noch  niederländisch, (vieileicht spanisch?).

[C.]


 

Es folgen Textpassagen aus der Chronik: “100 Jahre Pfarrkirche St. Vinzentius in Oberaußem“ (hrsg. von Christian Kämmerling, Oberaußem 1981)

 

Der erste Kleri­ker, der für ein Oberaußemer Gotteshaus in alten noch existierenden Dokumenten als zuständig erwähnt ist, heißt Heinrich von Solre (1306). Bei diesem Gotteshaus handelte es sich wohl um ein winziges Kirchlein auf dem Tonnenberg.

Das Patronat über diesem Gotteshaus lag in den Händen der Äbte von Kornelimünster, das zwi­schen 814 und 817 von Ludwig dem Frommen gegründet wurde.

Das alte Kirchlein war wie das heutige Oberaußemer Gotteshaus dem Märtyrer Vinzen­tius geweiht, der als Vinzentius von Saragossa während der Christenver­folgungen im Jahre 304 n.Chr. in Valencia (Spanien) sein Leben gelassen hat. Bedingt durch seine Verehrung im Frankenreich mag das kleine Oberaußemer Kirchlein oder Kapellchen von Kornelimünster aus seinen Namen erhalten haben. Vermutlich wird in Oberaußem aber schon weit vor dieser Zeit ein Gotteshaus gestanden haben.

Aufgrund der im 19. Jahrhundert rasch größer werdenden Gemeinde, reichte das winzige, Jahrhunderte alte Kirchlein auf dem Tonnenberg für die Bedürfnisse der Pfarrgemeinde einfach nicht mehr aus. Hinzu kam das Problem der Baufälligkeit der kleinen Kirche, so daß im Ort der Wunsch nach einer neuen Kirche immer größer wurde.

Oberaußem hatte nach der Volkszählung von 1861 zusammen mit dem Gut Asperschlag 977 Einwohner. Seit dem Beginn der preußischen Herrschaft im Jahre 1815 war die Zahl der Einwohner um ca. 300 gestiegen.

Die Raumnot in der Kirche war so groß, daß 1863 noch eine Erweiterung der „Oberkirche“ unter Aufsicht des Kirchenmeisters Gottfried Hintzen zur Gewinnung von vier zusätzlichen Kirchenplätzen durchgeführt wurde.

Damalige Pläne, die kleine Kirche zu sanieren bzw. zu vergrößern wurden überprüft, aber aus Gründen der Unwirtschaftlichkeit verworfen. Schon zur Zeit des Pastors Berg (1844-1863) waren Über­legungen zum Bau einer neuen Kirche angestellt worden.

Nach dem Tod des Pfarrers Berg, wurde am 14. April 1863 Theodor Richartz als dessen Nachfolger zum Pfarrer in Oberaußem, Bürgermeisterei Paffendorf, Kreis Bergheim, ernannt.

Als Theodor Richartz in das von Pfarrer Berg erbaute Pfarrhaus einzog und die Kirche “in Besitz nahm“, wurde ihm von den Gläubigen aufgetragen, eine neue Kirche zu bauen. Mit 44 Jahren war Pfarrer Richartz in dem richtigen Alter, um diese Mission zu erfüllen. Er hatte aber gewiß nicht daran gedacht, daß bis zur Erfüllung dieser Aufgabe fast 20 Jahre vergehen würden.

Um das Projekt schnellstmöglich in die Tat umzusetzen, spendete der neue Pfarrer 1864 die ersten hundert Taler für den Kirchenneubau.

1866 wurde eine Subskription auferlegt. Die Pfarrangehörigen versprachen durch Eintragung in eine Liste, daß sie 8.000 Taler zahlen würden. So konnte der Definitor, Pfarrer Gröbbels von Bergheim, den Eindruck gewinnen, daß es nur noch um den Standort der neuen Kirche gehe und der Bau bald be­ginnen könne.

Zu dem Standort der neuen Kirche hatte Gröbbels eine feste Meinung: “Der jetzige Platz, ein hoher, steiler, im Winter unzugänglicher Berg außerhalb des Dorfes darf zu dem Neubau nicht genommen werden“

Aus einer unter Pfarrer Richartz, am 16. November 1868 vom Kommunal-Baumeister Müller aus Köln-Deutz zur kleinen Oberaußemer Kirche erstellten Expertise geht hervor, daß das Kirchenschiff bei einer Höhe von 16 1/2 Fuß, vom Turm bis zum Chor nur 31 Fuß lang und 20 Fuß breit war. Der preußische wie auch der rheinische Fuß maß damals etwa 0,314 Meter. Die Umrechnung ergibt, daß bei einer Länge von 9,67 m und einer Breite von 6,49 m im Kirchenschiff nur ca. 63 qm Raum zur Verfügung standen. Dazu kam noch der Raum unter dem Turm mit etwa 17 qm.

Die hinter dem Chorraum angebaute Sakristei maß auch nur 8 mal 11 Fuß, das waren ca. 8,6 qm. Ein Vorbau vor dem Turm hatte die Funktion eines Windfanges und diente als Eingang für die Gläubigen. Alles in allem hatte das Gebäude eine Gesamtlänge von knapp 28 Metern.

Erwähnenswert ist die kolossale Mächtigkeit des Turmes mit Mauerstärken von mehr als 1,40 m.

Für die damaligen 630 Oberaußemer Kommunikanten, bei 977 Einwohnern, war dies jedoch reichlich wenig, womit sich die Kirchenbesucher zu begnügen hatten, zudem in jener Zeit alle Kommunikanten auch Kirchenbesucher waren, abgesehen von den Kranken oder Gebrechlichen, die den Aufgang über die sogenannte “Kalfheck“ zur Kirche nicht mehr schafften.

Der Beschluß zum Bau der neuen Kirche wurde von den Oberaußemern 1869 gefaßt. Danach dauerte es zum Leidwesen der Oberaußemer Pfarrgemeinde noch lange neun, teilweise recht schwierige Jahre bis zum Beginn der Planungsumsetzung in die Praxis.


 

2. Der Bau der neuen Kirche

Nachfolgend zum Thema Pfarrkirche einige Auszüge aus einer Broschüre, die von der Kath. Kirchengemeinde St.Vinzentius Oberaußem 1998 als Sonderdruck herausgegeben wurde.

 

 „[…] am 1. September 1878, wurde der Grundstein der heutigen Kirche gelegt. Der feierlichen Einsegnung des Steines durch Pfarrer Theodor Richartz (Pfarrer in Oberaußem von 1863-1900) wohnten neben dem Landrat Herwarth von Bittenfeld und dem Bürgermeister Commer aus Bergheim zahlreiche Vertreter von Kirchen- und Kommunalgemeinde bei. Pfarrer Richartz schreibt in seiner Chronik, daß dies ein Festtag für Oberaußem gewesen sei, nachdem man bereits 1869 den Entschluß gefaßt habe, anstelle der baufälligen alten Kirche auf dem Tonnenberg (Friedhof) ein neues, größeres Gotteshaus für Oberaus­sem zu errichten.

„[…] nach der Grundsteinlegung im sogenannten “Geuerschen Garten“ entstand nach Plänen und unter Aufsicht des Architekten August Carl Lange das heutige Gottes­haus, dessen Einweihung drei Jahre später am 26. Mai 1881 unter Verhin­derung des Bischofs (Kulturkampf) durch den Dechant Erner stattfand. Die feierliche Konsekration durch den damaligen Weihbischof Dr. Antonius Fischer folgte dann erst einige Jahre später am 13. Oktober 1889. […]“

Bei der neuen Kirche handelt es sich um eine dreischiffige Gewölbebasilika mit fünf Jochen, mit dreiseitigem Chorschluß und Westturm in neugotischen Formen.

Der Turm hat eine Höhe von 56 m. Die Kirche besitzt eine Länge von ca. 37 m und eine Breite von etwa 13,5 m.

Aus der alten Kirche, die ab 1884 niedergelegt wurde, findet man in der heu­tigen Kirche noch eine barocke Vinzentiusstatue, weiterhin ein barockes Weihwasserbecken gegenüber der Antoniusfigur. Vom Hochaltar, der auch schon dem Hl. Vinzentius geweiht war, ist noch eine Büste erhalten, die Gott Vater darstellt, heute über dem Ankleidetisch in der Sakristei.

Ebenso hatte man zu “zwei Maurertagewerken a 2,50 Mark“ den Taufstein in der alten Kirche ausgebrochen und diesen als Wasserbecken in der im Jahre 1939 angebauten neuen Sakristei eingemauert. Auch die Kirchturmuhr wurde aus der alten Kirche entnommen und nach einer Reparatur, die Ferdinand Rüntz durchführen ließ, im Turm der neuen Kirche wieder eingebaut.

Einige Register der alten Orgel, die sich im Westen auf der Empore befand, erklingen noch heute in der Kirche.

Von der beweglichen Einrichtung der alten Kirche sind noch eine Kasel vom Ende des 15. Jahrhunderts, ein Kelch, sowie einige Kreuze erhalten.

Beim Umzug in die neue Kirche übernommene Heiligenbilder (von Petronius, Antonius und Franz Xaver), Altarleuchter, Kapellen, liturgisches Gerät, Beichtstühle, Altäre, die Kommunionbänke, mittlerweile auch die Sitzbänke – wie vieles andere auch – sind inzwischen verschwunden.

 

3. Änderungen und Erweiterungen der Kirche

 

„[…] Das heutige Gotteshaus hat in den Jahrzehnten seines Bestehens mehrere Wandlungen erfahren.

Für die gegen Ende des 1. Weltkrieges eingeschmolzenen Glocken konnten 1925 in der Amtszeit von Pfarrer Dr. Viktor Landen (1924-1931) neue Glocken angeschafft und auch die Orgelempore erweitert werden.

Unter seinem Nachfolger Pfarrer Hermann Mülfarth (1933-1939) folgte der Anbau der heutigen Sakristei und die Öffnung der alten Sakristei­räume zur Kirche hin als Kapellenräume (Marien- und Annenaltar wurden zurückversetzt). 1936 läßt Pfarrer Mülfarth die auch noch heute hinter der Kirche stehende Marienkapelle errichten.

In die Amtszeit von Pfarrer Johannes Oehm (1939-1970) fällt der 2. Weltkrieg. Wieder werden die Glocken eingeschmolzen und nach dem Krieg neue angeschafft. Des wei­teren erhält in dieser Zeit der Turm eine neue Uhr (1941). Ende Februar 1945 wird die Kirche durch Artilleriebeschuß stark getroffen und ein mühsamer Neuanfang beginnt. Pfarrer Oehm und dem Ort Oberaußem gelingt der Wiederaufbau und die Restaurierung. Hinzu kommen in der Nachkriegszeit der Einbau der neuen Klais-Orgel (1956) und die neuen Glasfenster (60-er Jahre), die von dem Künstler Hermann Gottfried gestaltet sind.

Unter Pfar­rer Hendrik Sistermans (1973 -1980) erhält die Kirche den heutigen Hochaltar, eine neue Sakristeieinrichtung, eine neue Heizung samt neuem Fuß­boden und die neuen Krippenfiguren. Aus der alten Kanzel gestaltet man einen Zelebrationsaltar.

Das 100-jährige Bestehen der Pfarrkirche (1981) fand in der Amtszeit von Pfarrer Günther Johannes Bursy (1980-1991) statt, wobei die Kirche einen neuen Anstrich erhielt.

Einen gravierenden Einschnitt in der Geschichte der Kirche gab es ein halbes Jahr nach Amtsantritt von Pfarrer Achim Brennecke (13.10.1991), mit dem Erdbeben vom 13. April 1992, das unsere Heimat erschütterte und viele Gebäude stark beschädigte. Die Oberaußemer Kirche galt als akut einsturzgefährdet und mußte im Sommer 1992 geschlossen werden. Mit Unterstützung durch die Stadt Bergheim und die Fortunaschule konnten in der Folgezeit viele Gottesdienste in der Aula der Grundschule stattfinden. Gleichzeitig wurde die Kirche mit einer Gerüstkonstruktion versehen, die Gottesdienste auch in einer Bausituation ermöglichte. In Verhandlungen zwischen Kirchenvorstand und Erzbistum entschied man sich zu einer Grundsanierung aller Gebäudeteile und des Kirchvorplatzes. Ein Dank gilt hier auch dem Landschaftsverband für einen Zuschuß von DM 100.000,-- (Erdbebenopfer) und der Stadt Bergheim für ihre Zusammenarbeit bei der Kirchvorplatzgestaltung.

 

Die heutige Kirche

Wenn man das Gotteshaus durch das Hauptportal oder auch durch eines der Seitenportale betritt, öffnet sich dem Besucher ein lichter dreischiffiger In­nenraum, der von der Erhabenheit der Neugotik bestimmt ist.

Der erste Eindruck ist prägend: der dreischiffige, helle Innenraum ist farblich abge­setzt von sandsteingrauen Pfeilern und Bögen und sandsteinroten Säulen und Strebebögen. Kontrastreich dazu grünes Blattwerk auf weißem Kapitellhintergrund. Dieses Blattwerk mit vereinzeltem Weinlaub und Trauben darf in Verbindung ge­bracht werden mit dem Patronat des heiligen Vinzentius, der als Schutzpatron der Holzfäller und Winzer gilt

Die neugoti­sche Ausstattung wurde hauptsächlich im An­schluß an den Kirchenneubau in den 1880er Jahren ange­schafft, in den 1950er Jahren zum Teil aber ent­fernt. So verschwanden der erste (neugotische) Kreuzweg, der im Krieg zum Teil beschädigte Hochaltar und die Altaraufsätze der beiden Sei­tenaltäre. Verlorengegangen sind durch Kriegseinwirkungen auch die ersten Glasfenster der Kir­che, die in den Seitenschiffen einige Rosen­kranzgeheimnisse darstellten. Die Nachkriegsfen­ster wurden in den 1960er Jahren unter Pfarrer Johannes Oehm durch die heutigen Buntglas­fenster ersetzt, die von dem zeitgenössigen Künst­ler Hermann Gottfried stammen. Bei den zehn Fenstern in den beiden Seitenschiffen lag die Idee zugrunde, die ganze Schöpfung, angefangen vom Wasser über die Engel, über Sonne, Mond und Sterne bis zur Erschaffung des Menschen, gleichsam zum Lobpreis Gottes in das Kirchen­innere hereinzuholen. Dabei wurde nicht ver­säumt, die heimische Pflanzenwelt (Weizen, Trau­ben, Zuckerrüben) und auch die heimische Indu­strie (Schaufelrad eines Braunkohlenbaggers) in diese Darstellungen hineinzunehmen. 1956 erfolgte der Austausch der alten Orgel gegen eine neue, von der Bonner Orgelbaufirma Klais gefertigte, 23 Register-Schleifladenorgel mit elektrischer Steuerung und 1148 Pfeifen. Seit der letzten Kirchensanierung befindet sich an der Brüstung der Orgelempore ein Engel, der aus dem ersten, im II. WK. beschädigten Hochaltar der Kirche stammt.

Das heutige Geläut der Oberaußemer Pfarrkirche setzt sich aus vier Glocken zusammen, wobei die letzten beiden Glocken mit den Tönen “f“ und “c“ 1960 hinzukamen.

1978 erhielt die Kirche bei einer Umgestaltung des Altarraumes, anstelle des nach dem Kriege für den durch Artillerietreffer stark beschädigten Hochaltar eingebauten schlichten steinernen Altares, einen aus einer abge­rissenen Koblenzer Kirche stammenden, prächtigen neugotischen Hochaltar.

Das derzeitige Erscheinungsbild der Kirche ist bestimmt durch die letzte Grundsa­nierung in den Jahren von 1992 bis 1997. Aus­gelöst wurde die Sanierung durch die Erdbebenschäden vom 13. April 1992 und den danach fol­genden Untersuchungen, die eine Instabilität des Gewölbes durch Konstruktions- und Materialmän­gel ergaben. Einhergehend mit einer neuen Ge­wölbekonstruktion fand zunächst eine Innensanierung (neue Farbgebung, Beleuchtungsin­stallation, Restauration von Seitenaltären, Figuren und Kreuzweg) und anschließend die Außen­sanierung statt. Im Rahmen der Außensanierung er­hielt die Kirche einen vergoldeten Turmhahn (1994 von den Auszubildenden des RWE-Kraftwerkes Niederaußem geschaffen) und neue Zifferblätter für die Uhr.

Anfang der 2000der Jahre wurde der Altarraum mit einem neuen Zelebrationsaltar und einem Verkündigungspult, beide aus weißem Marmor gefertigt, bestückt.

Der kleine Vorraum mit dem Seiteneingang der einstigen Männerseite und dem Aufgang zur Orgelbühne, beherbergt seit der Erneuerung der Priestergrabstelle auf dem alten Teil des Oberaußemer Friedhofes, die restaurierte Steinfigur des Guten Hirten aus dem alten Grabmal von 1900.

 

Die auf dem Kirchenvorplatz von St. Vinzentius ste­hende Kirchturmspitze stammt von der 1982 niedergelegten Pfarrkirche St. Barbara Fortuna. Der früher als Fraueneingang der St. Vinzentiuskirche bezeichnete Seiteneingang ist heute als Barbarakapel­le dem Gedächtnis der Barbarakirche gewid­met. In dieser Kapelle findet man neben zwei aus der Fortunakirche stammenden Figuren, (große Barbarastatue und Gottvaterfigur, beide aus der 1. Hälfte des 18. Jh.), die Fahne der Schützenbruderschaft von Fortuna und ein Foto der Kirche St. Barbara beim letzten Got­tesdienst.


Der Grundriss der Kirche St. Vinzentius

Legende zum Grundriß der Kirche:

 

1) Altarraum mit Hochaltar, Zelebrationsaltar und Verkündigungspult. Der neugotische Hochaltar (seit 1978 in dieser Kirche) stammt aus einer abge­rissenen Koblenzer Kirche

2) Beichtkapelle

3) Sakristei (Ende der 1930er Jahre angebaut) mit Gottvaterbüste aus der alten Kirche

4) Marienaltar (Marienfigur von Bildhauer Pohl, Aachen, ca. 1880)

5) Vinzentiusstatue (aus der alten Kirche auf dem Tonnenberg / Mitte 18 Jh.)

6) Annenaltar (Annenfigur mit Maria von Bildhauer Pohl, Aachen, ca. 1880)

7) Taufstein (achteckiges Becken aus Sandstein mit Kupferdeckel / 1880)

8) Beichtstühle in neu gotischen Formen

9) HI. Antonius mit Jesuskind (aus dem Kloster Bethlehem / 1. Hälfte 18. Jh.)

10) HI. Franziskus von Assisi (aus dem Kloster Bethlehem / 1. Hälfte 18 Jh.)

11) Seiteneingang / Barbarakapelle mit Hl. Barbara (aus einstiger Kirche Fortuna)

12) Haupteingang / Turmkapelle mit Pieta von 1893 und großem Kreuz

13) Seiteneingang / Aufgang zur Orgelbühne / Steinfigur Guter Hirte (Priestergrab, alter Friedhof Oberaußem 1900)

14) Hl. Josef mit Jesuskind (Ende 19. Jh.)

15) Maria-Hilf-Altärchen

 

An der Brüstung der Orgelempore hängt ein Engel, der aus dem ersten, im II. WK. beschädigten Hochaltar der Kirche stammt.

 

Die Kirchenbänke, der Kreuzweg und das Maria-Hilf-­Altärchen sind in neu gotischen Formen gestaltet. Kreuzweg und Maria-Hilf-Altärchen erhielten ihre jetzige Gestalt bei der Kirchenrestaurierung 1995.

 

 

 

 

 

 

 

 

Die vorstehende Ausarbeitung enthält Originaltexte aus den Veröffentlichungen:

 

-        “100 Jahre Pfarrkirche St. Vinzentius in Oberaußem“ (hrsg. von Christian Kämmerling, Oberaußem 1981)

-        “Heimatkunde der Gemeinde Oberaußem“ (hrsg. von Josef Dürbaum, Oberaußem 1912)

-        “Broschüre 120 Jahre Grundsteinlegung und Abschluß der Sanierungsmaßnahmen – Ein Wegweiser durch die Festwochen (30. Mai – 13. Juni 1998“ (hrsg. von Kirchengemeinde St. Vinzentius, Bergheim-Oberaußem 1998)

-        “Kleiner Kirchenführer, ein Wegweiser durch die Pfarrkirche St. Vinzentius“ (hrsg. von der Pfarrgemeinde St. Vinzentius, Oberaußem, Mai 1997)

-        “Broschüre Heinz Braschoß,  Theodor Hubert Maria Richartz (1819-1900) und die Pfarre Oberaußem am Ende des 19. Jahrhunderts“ („Veröffentlichungen der kath. Pfarrgemeinde St. Vinzentius, Oberaußem“, Ausgabe I, Kath. Pfarramt St. Vinzentius, Oberaußem 2000)

-        Grundrissgrafik der Kirche von Norbert Schinkmann

-      Texte teilweise von Pfarrer Achim Brennecke

-       Textergänzungen U. Reimann, Oberaußem 2023

-       Layout: U. Reimann, Oberaußem 2023