Startseite  Oberaussem   Vereine  KRIEGERVEREIN OBERAUSSEM

Kriegerverein Oberaußem

Ausarbeitung von Ulrich Reimann, Aug. 2023

 

1786 starb Friedrich der Große, König der Preußen.

40 seiner ehemaligen Füselier-Soldaten, gründeten danach in Wangering, eine Kleinstadt in Pommern, einen militärisch organisierten Schützenbund (Kriegerbund). Dieser war die Urzelle der Ende des 19. Jahrhunderts vermehrt auftauchenden, Kameradschaftlichen Kriegervereine in Deutschland.


Am 14. Juli 1889 gründeten dann auch Oberaußemer Kriegsveteranen, die 1871 am Krieg gegen Frankreich teilgenommen hatten, dem landesweiten Trend folgend, einen eigenen Kriegerverein in Oberaußem. Der neue Verein bestand aus zwei Gruppierungen und nannte sich:


"Kameradschaftlicher Krieger und Gesangverein in Oberaußem"

 

Die beiden Gruppierungen hatten einen Gesamtvorstand, mit gemeinsam geltenden  Statuten und einer Vereinsfahne. Die Mitgliederzahl betrug 60, wovon 9 Männer noch echte Kriegsveteranen waren.

Der damalige Hauptlehrer der Oberaußemer Volksschule, Josef Dürbaum, schreibt in seinem Buch "Heimatkunde von Oberaußem" dazu:

„[…]“ Man gönnt mit Recht dem Kriegerverein den ersten Platz in der Gemeinde. Hier finden sich jene deutschen Männer zusammen, die ihren Arm gestärkt und ihren Mut gekühlt haben zum Schutz und zur Erhaltung unseres lieben Vaterlandes, hier lernen wir die naturnotwendige Staatsgewalt achten, ehren und erhalten, hier drücken sich heute noch jene Braven die Hände, die heldenmütig ihr Gut und Blut einsetzten für uns auf den Feldern des Todes.[…]

 

Kriegervereine waren ursprünglich aus Gründen der Geselligkeit gegründet worden. Sie waren weitestgehend neutral und parteipolitisch unabhängig. Regierung und Armee begannen mit der verstärkten Organisation der Arbeiterbewegung die Vereine zunehmend zur Bekämpfung der Sozialdemokratie aufzubauen. Seit den 1880er Jahren bemühte sich die Regierung, den Ausschluss sämtlicher Sozialdemokraten und Gewerkschaftsmitglieder aus den Vereinen voranzutreiben. Nachdem vermehrt Sozialdemokraten ausgeschlossen wurden, forderten Vertreter der Partei ihre Mitglieder auf, freiwillig die Kriegervereine zu verlassen bzw. nicht einzutreten. Die Kriegervereine wurden zu einem wichtigen Instrument zur Bekämpfung der Sozialdemokratie im Deutschen Reich. Insbesondere zu den Reichstagswahlen 1907, den sogenannten „Hottentottenwahlen“ waren sie ein bedeutender Teil der Wahlkampfstrategie des Bülowblocks.

Streitigkeiten unter den zahlreichen Kriegerveinen führten zur Aufsplitterung und gelegentlich auch zum Untergang von einzelnen Verbänden. Anfang des 20. Jahrhunderts waren sämtliche Landeskriegerverbände des Deutschen Reiches in dem im September 1900 gegründeten Kyffhäuserbund der deutschen Landeskriegerverbände vertreten, der 27 Landesverbände mit 22.000 Vereinen vereinte. Im Oktober 1913 verfügte der Kyffhäuserbund über 2.837.944 Mitglieder. Die Mitgliedschaft bestand vor allem aus Teilen der Mittel- und Unterschicht.

Der Oberaußemer Krieger-Verein sollte die militärische Erziehung wach halten. Jeder vom Militär in Ehren Entlassene konnte und sollte Mitglied werden. Nach dem ersten Weltkrieg wurde der Krieger-Verein von seiten der englischen Besatzung verboten. Nach Abzug der Besatzung flammte das hiesige Vereinswesen wieder auf und ab 1933 wurden die mili­tärischen Vereine von den NS-Machthabern gestützt.

Der Oberaußemer Verein war dann bis Anfang 1943 aktiv gewesen. Nach der Niederlage der deutschen Wehrmacht in Stalingrad, hatte Adolf Hitler alle dem Kyffhäuser-Bund angeschlossenen deutschen Kriegervereine verboten. Nach Kriegsende 1945 trat der Oberaußemer Krieger-Verein nicht mehr in Erscheinung.

 

Die Fahne des Vereins galt danach als verschollen. Es wurde vermutet, daß der einstige, 1952 verstorbene Oberaußemer Schreinermeister Wilhelm Paus, die Fahne nach 1943 in seinem Haus an der Bergheimer-Str. 46 versteckt hatte und über die Kriegswirren gerettet hatte. Bei Umbauarbeiten am Anwesen Paus fand dann Fritz Klein die gut verpackte Fahne auf dem Dachboden.

Er übergab die wieder gefundene Fahne an seinen Feuerwehrkameraden Paul Heinz Lipp. Gemeinsam fertigten die beiden dann einen hölzernen Fahnenschaukasten. Heute befindet sich der Schaukasten mit der wertvollen Fahne im Gebäude der freiwilligen Feuerwehr Oberaußem.


 

1897 feierte Oberaußem das Kreiskriegerverbandsfest unter Beteiligung zahlreicher auswärtiger Vereine.

Zu diesem, in damaliger Zeit höchst ehrenvollen Fest, veröffentlichte die Zeitung "Der Erftbote" nachfolgenden Artikel:

Abschrift Ulrich Reimann 2023

 

Der Artikel und vor allem die vom Vorsitzenden des Kreis-Krieger-Verbandes, Hauptmann Vasen, gehaltene Pathetische Ansprache, zeigen recht deutlich die damals in der deutschlen Bevölkerung herrschende Gesinnung, wobei der Fokus klar auf den Säulen Kaiser, Volk Vaterland und Militär lag. Eine solche Rede wäre wohl im heutigen, demokratischen Deutschland kaum noch möglich.


):(  VII. Verbandsfest

des

Bergheimer Kreis=Kriegerverbandes zu Oberaußem am 11. Juli 1897.

 

            Das Los, die Vorbereitungen zur festlichen Begehung des VII. Verbandsfest des Bergheimer Kreis=Kriegerverbandes zu treffen, war dem Verein Oberaußem zugefallen. Und wahrlich, selbiger hat diese Aufgabe in schönster Weise gelöst. Emsig hat der Verein in Gemeinschaft mit den übrigen Einwohnern gearbeitet und den Ort in ein so schmuckes Festkleid gehüllt, wie wir es dort bis jetzt noch nicht gesehen haben. Sahen wir doch kein Haus, welches nicht mit Fahnen oder Kränzen geziert war; an verschiedenen Häusern waren sogar drei und mehr Fahnen ausgesteckt. Ganz besondern Schmuck aber wies die Feststraße auf. Hier reite sich Triumphbogen an Triumphbogen, wir zählten ihrer 23, und diese mit den Bildnissen unserer Kaiser und mit Lampions reich geschmückt; so waren auf der Kirchstraße allein außer den vielen Fahnen fünf prachtvolle Triumphbogen errichtet. Auch der Festplatz war der Feier entsprechend mit Fahnen und Guirlanden würdig ausgestattet und winkte schon von fern dem Besucher ein Willkommen zu. Beim Anblick all des Schmuckes merkte man, daß Oberaußem keine Mühe und Kosten gescheut hat, die alten Krieger und Kameraden würdig zu empfangen.

Das Fest selbst wurde am Vorabend durch Kanonendonner und Zapfenstreich und am Festtage durch Reveille eingeleitet und versetzte so die Bewohner des Ortes in die rechte Feststimmung. Gegen 2 Uhr trafen die auswärtigen Vereine ein und wurden nach einer kurzen Begrüßung von Mitgliedern des festgebenden Vereins in die Quartiere geleitet. Inzwischen waren auch schon von allen Seiten zahlreiche Gäste erschienen und es entstand ein starkes Gedränge als sich gegen 3 Uhr der Festzug gruppierte, an welchem alle Vereine des Verbandes teilnahmen, nämlich: Oberaußem, Buir, Kirdorf=Blerichen, Bergheim, Quadrath=Ichendorf, Glessen, Glesch, Mödrath, Sindorf, Blatzheim, Königshoven, Elsdorf, Berrendorf, Esch, Büsdorf, Lipp, Auenheim, Hemmersbach, Horrem, Kirchherten, Kerpen, Bottenbroich, Bedburg, Hüchelhoven=Rheidt.

            Nach der Aufstellung setzte sich der fast endlose Zug unter den Klängen dreier Musikkapellen und mehrerer Trommlerkorps in Bewegung und marschierte in militärisch festem Schritt und in strammer Haltung durch die so prächtig geschmückten Straßen des Dorfes, an der Spitze die Ehrengäste, unter welchen sich auch der Herr Landrat Graf Beissel befand, und der Verbandsvorstand zu Wagen. Den Hauptglanzpunkt dieser festlichen Veranstaltung bildete die Parade, welche vom Vorsitzenden des Verbandes Hauptmann Vasen, umgeben von 4 Offizieren in Uniform, den Ehrengästen und dem Verbandsvorstande, abgenommen und in schneidiger Weise ausgeführt wurde. Hierbei mußten wir besonders die mit den Kriegsdenkmünzen von 1864, 1866 und 1870/71 geschmückten Veteranen bewundern; ihre stramme Haltung ließ erkennen, daß sie im Kriegsfeuer erprobt und gestärkt sind. Nach der Parade bewegte sich der großartige Zug zur Festwiese und sammelte sich dort um die in der Mitte errichtete Tribüne, auf welcher der Verbandsvorstand und die Ehrengäste Platz nahmen. Unter letzteren bemerkten wir u. a. den Herrn Pfarrer Richartz von Oberaußem, geschmückt mit dem Roten Adlerorden. Der Herr Bürgermeister Commer von Bergheim begrüßte namens der Gemeinde die Krieger mit warmen Worten und hieß sie herzlich willkommen. Redner bat die Krieger jederzeit festzuhalten an Kaiser und Reich, dabei aber der häuslichen Pflichten nicht vergessend. Zum Schluß forderte er die Oberaußemer Bürger auf zu einem Hoch auf die auswärtigen Krieger. Nachdem das Hoch ausgeklungen, nahm der Herr Verbandsvorsitzende das Wort. Zunächst dankte er dem Herrn Bürgermeister für die freundlichen Worte und dem Herrn Landrat sowie den übrigen Ehrengästen für ihr Erscheinen und hielt dann folgende Festrede:


Hochverehrte Festgenossen! Teure Kameraden!

 

Wenn wir an der Hand der Geschichte das Emporsteigen des Hauses der Hohenzollern betrachten, wenn wir zuschauen wie ihre Macht gleich dem kleinen Samenkorne zu einer riesenhaften Eiche emporgewachsen ist, in deren weitem Schatten Millionen von Menschen in Sicherheit arbeiten und in Frieden die Frucht ihrer Arbeit genießen, so drängt sich uns die unbestreitbare Thatsache auf, daß diese wunderbare Entwicklung nicht der augenblicklichen Kraft und Größe eines einzigen Mannes, nicht dem zufälligen Zusammentreten einer Reihe von glücklichen Ereignissen zu verdanken ist, sondern dem Jahrhunderte langen Schaffen charaktervoller Fürsten im Verein mit der opferwilligen Hingabe ihres Volkes. – Genau vor einem Jahrhundert zwar erhob sich bei unseren westlichen Nachbarn ein Mann, der vom jungen Artillerieoffizier in Riesenschritten zum Kaiserthron emporstieg, der das morsche, durch die Stürme der Revolution erschütterte Europa mit eiserner Hand zu einem Reiche zusammenzuschmieden unternahm – aber ihn selbst noch, nicht etwa einen Nachkommen, erteilte ein rächendes Geschick, und Jahre lang mußte er den Zusammensturz seiner ungeheuren Schöpfung überleben. Napoleon fiel von seiner Höhe aus zwei Gründen, von denen der eine in seinen Untertanen, der andere in ihm selber lag. Seinem umfassenden Geiste fehlte fast nur eine Eigenschaft, die Fähigkeit, jedem das Seine zu geben und zu lassen. – Er wollte alles, alles für sich besitzen, alles unter seinen Willen beugen. – Da war es natürlich, daß auf den Höhen und in den Tiefen der Menschlichkeit de einen mit loderndem Hasse, die anderen mit dumpfer Verzweiflung zu ihm aufschauten, daß am Tage seines Sturzes Flüche und Verwünschungen einer Sündflut gleich sich über ihn ergossen. Gerade aber weil sein Leitstern nicht das suum cuique der preußischen Herrscher war, darum lebte auch in seinen geknechteten Untertanen nicht das hohe Gefühl, welches seinen Ausdruck findet in dem alten preußischen Wahlspruch: Mit Gott für König und Vaterland!

            Für König und Vaterland! Aber mit Gott! Jahr für Jahr, teure Festgenossen, sehen wir den jungen Rekruten, wie er, mit Blumen und Bändern geschmückt, singend und übermütig durch die Straßen zieht – weil er für stark und würdig befunden, bald die Waffen zu tragen. – Er ahnt noch nicht, welcher Unsumme von körperlicher und geistiger Arbeit er entgegengeht, welche Selbstüberwindung und Selbstzucht er erlernen, welche Entbehrungen er ertagen muß, um ein nie versagender Teil der großen Maschine zu werden, die man ein schlagfertiges und kriegstüchtiges Heer der Jetztzeit nennt. – Er ahnt aber noch weniger, daß die Stärke eines solchen Heeres nicht einmal so sehr auf der Waffenfertigkeit des Einzelnen  und dem Ineinandergreifen des Ganzen beruht, als auf dem Gefühle der Kameradschaft und der Pflicht, auf der Überzeugung, daß man mit jeder Fähigkeit des Geistes, mit jeder Faser des Herzens Soldat sein muß – denn des Soldaten Bestimmung ist es, mit Verachtung und Aufopferung aller persönlichen Interessen die höchsten irdischen Güter zu verteidigen. Diese Güter verkörpern sich im Vaterlande, dem Inbegriff alles dessen, was uns im bürgerlichen Leben, in der Heimat, der Familie angenehm, notwendig und teuer ist, und im Fürsten, der auf hoher Wacht mit Klugheit und Stärke diese Güter zu schützen berufen ist. Und von wem haben die Könige der Erde ihren Beruf? Von Gott und seiner Gnade – so bekennen sie es und so glauben wir es, wir alle die wir hier versammelt sind. Somit wird und kann sich der junge Soldat nur dann im höchsten Maße zu seinem hohen Berufe heranbilden lassen, wenn er neben der Waffenfreudigkeit sich in die Überzeugung hineinlebt, daß er in letzter Instanz eine hohe heilige Pflicht zu erfüllen hat, daß er einen guten Teil seiner Geistes- und Körperkraft der von der Gottheit selbst eingesetzten Person seines Fürsten und in ihr dem Vaterlande zum Opfer bringen muß.


Für König und Vaterland; Aber mit Gott! Der Mann , der den Rock seines Kaisers nicht mehr trägt, der zurückgekehrt ist in den Kreis des bürgerlichen Lebens, weiß schon  aus harter Erfahrung, daß das Leben überhaupt kein Spiel ist, keine Erholung; er weiß, daß, wie der Soldat, so auch der Bürger im Banne einer Disziplin lebt, nicht mehr der Kriegsartikel, wohl aber des Gesetzes und der Sittlichkeit, und was er als Soldat aus Zwang thun mußte, nämlich gehorchen und sich beherrschen, daß vermag er jetzt aus Einsicht und Überzeugung. Denn hat er nicht, um nur ein Beispiel anzuführen , als Kanonier gelernt, daß eine Batterie nur dann im Feuer wirksam auftreten kann, wenn jeder Mann im richtigen Moment und mit Schnelligkeit zu seinem Dienste eingreift? Das aber ist für ihn ein kleines Abbild des großen Getriebes in Handel und Wandel, im bürgerlichen und staatlichen Leben, wo nur dann etwas Rechtschaffenes entsteht, wo nur dann Fürst und Vaterland ihre hohen Aufgaben zu erfüllen vermögen, wenn jeder, auch er geringste Mann, mit ernstem Willen und hohem Pflichtgefühl seine Lebensstellung auszufüllen sucht. – An den alten Soldaten aber, der eine eigene Familie gegründet hat, tritt eine weitere Pflicht heran: er muß dem Herzen seines Sohnes schon in früher Jugend neben anderen Tugenden die Liebe zu Fürst und Vaterland einpflanzen, damit auch sein Sohn in kommender Zeit jene Stütze und Grundlage alles irdischen Wohlergehens hochhält und verteidigt. – Und wer nun giebt dem Mann und Vater diese Kraft zu treuer Pflichterfüllung? Wiederum Gott, der ihm die Pfade zeigt und ebnet, auf denen er zu wandeln hat, um ein brauchbares Glied der auf ewigen Gesetzen beruhenden Weltordnung zu werden. - Mit Gott für König und Vaterland! So steht es geschrieben , auf der Fahne, die über den Reihen der Krieger flattert, wenn sie ihren höchsten Bestimmung entgegengehen, Haus und Herd, Fürsten und Vaterland zu verteidigen. Und was ich nun vorher als Pflicht hervorhob für den Jüngling im Friedesheere, für den Mann im Bürgerleben  – das kann ich mit hohem Stolze als Wirklichkeit am deutschen Heere im Kampfe rühmen. – Es ist ein unbeschreibliches, ein geradezu eisiges Gefühl, im Angesicht der Schlacht sich sagen zu müssen: Du dem jetzt noch die Welt noch so freudig und hoffnungsreich entgegenlacht, du, der du auf der Höhe deiner Geistes- und Körperkraft – nach kurzen Stunden vielleicht liegst du als blutige, zerrissene Masse auf der weiten Ebene hülflos, in unendlichen Schmerzen und wankst für den Rest eines langen Lebens als armer Krüppel daher, - oder aber zum letzten Male leuchtet die goldene Sonne für dich und wenn heut Abend der Mond sein stilles Antlitz über dem Waldrand dort emporhebt, dann trifft sein Strahl schon das frische Grab, in welches Deine Kameraden dich gebettet haben. – Und doch, wie sang, ahnungsvoll, der jugendliche Dichter der Freiheitskriege:

 

Vater, Du führe mich!

Führ` mich zum Siege, führ` mich zum Tode –

Herr, ich erkenne Deine Gebote –

Wenn mich die Donner des Todes begrüßen,

Wenn meine Adern geöffnet fließen,

Dir mein Gott, Dir ergeb` ich mich!

Vater ich rufe Dich!

 

Wie er sang, so ist er gefallen – und vor ihm und nach ihm haben sich viele, unzählig viele Preußen und Deutsche durch diesen letzten, schweren Augenblick mannhaft hindurchgerungen; sind zahllose wackere Männer mit einem letzten Hoch auf König und Vaterland an den feuerspeienden Höhen hinauf zum Tode entgegengestiegen oder ins tiefe Weltmeer hinabgesunken – mit Gott meine Lieben! Denn wenn der Augenblick herannebt, wo die Seele in kurzem oder langem Kampfe sich vom Körper losringt, wenn, wie in einen Nebel hinein das irdische Land vor dem brechenden Auge dahinsinkt, dann sucht das Unsterbliche in uns kraft seiner Natur den Aufflug nach oben, - und je ernster und pflichtmäßiger ein Mann durchs Leben ging, um so leichter wird ihm der Abschied von Familie und Vaterland – denn er ist überzeugt, daß er hinieden seinem irdischen Fürsten iren gedient, darum ihn der Fürst der Ewigkeit aufnehmen wird in die himmlische Heimat. –

            Sie wollen es mir, teure Festgenossen und Kameraden, nicht verübeln, wenn ich heute, an einem Tage, der eher der Freude gewidmet zu sein scheint, von Pflichten zu Ihnen rede. Freude und Pflicht sind eben die beiden Pole des Lebens. Zu jenem neigt die Jugend; aber ich und alle meine Kriegskameraden, wir sind über die Sonnenhöhe des Lebens schon weit hinaus: die Freuden sinken, die Pflicht steigt höher und höher empor. Daher ist es für uns alle, die wir es mit unserem Volk und unserem Lande redlich meinen, ein tief beruhigendes Bewußtsein, auf dem Kaiserthrone Deutschlands einen Mann zu erblicken, der unter den Augen seines erhabenen Großvaters eine ernste Schule durchgemacht , und ihn sich von Jugend auf als ein hehres Vorbild jeder Fürstenpflicht und jeder Fürstentugend erkoren hat. Möge deshalb Gottes Segen auf ihm ruhen immerdar; möge er, wenn nicht als ruhmgekrönter Sieger, so als Friedensfürst und Mehrer des Reiches an geistigen und sittlichen Gütern für alle Zeiten fortleben in der Geschichte! Diesen Wunsch entbieten wir , daß getreue Volk und die alten Krieger, heute unserem allerhöchsten Herrn, über das weite Nordlandmeer hin, indem wir uns vereinigen in dem dreifachen begeisterten Ruf: Se. Majestät der Kaiser und König unser allerhöchster Kriegsherr, er soll leben


Hoch! Hoch! Hoch!


In dieses Hoch stimmten alle Festteilnehmer begeistert ein und sangen gleich nachher die Nationalhymne. Noch waren die letzten Töne nicht verklungen, da begann auch schon in dem großen Zelte die Musik zum Tanz zu spielen und im Nu hatte sich der geräumige Bau gefüllt, sodaß auch kaum mehr ein Stehplätzchen zu erhaschen war. Während man hie lustig das Tanzbein schwang, freute sich die Jugend auf dem Festplatz. Den hier war reichlich für die Unterhaltung gesorgt, Karousell, Schaukel, Buden aller Art waren hier errichtet und wurden auch recht gut in Anspruch genommen.

Für die Krieger begann gegen 5 Uhr das Schießen , wobei das Hauptziel die Preisvögel bildeten. Aber auch an dem Sternen- und Scheibenschießen beteiligten sich die Schützen lebhaft. Der Ehrenpreis bei dem Vereinsschießen fiel dem Verein Mödrath zu. Nachdem das Schießen eingestellt und die meißten auswärtigen Vereine sich zur Heimkehr gewendet, begann bei eintretender Dunkelheit auf dem Festplatz das Abbrennen eines überaus schönen Feuerwerks und im Anschluß hieran die Aufstellung der lebenden Bilder, von dem Gesangverein „Erholung“ in freundlicher Weise gestellt, waren alle durchaus gelungen. Besonders war das erste Bild, „Kriegers Abschied“ in jeder Beziehung musterhaft. Hiernach folgte eine allegorische Figur „Krieg“, und als drittes Bild gelangte zur Vorstellung „Napoleons Gefangennahme bei Sedan“. Bei dem letzten Bild erhob sich ein allgemeiner Beifallssturm zum Zeichen des guten Gelingens dieses erhabenen Schauspiels.

            Als dieser schöne Akt beendigt, begann in dem prachtvoll dekorirten Zelte der Festball, welcher bis spät in die Nacht hinein dauerte und mit welchem der erste Tag seinen Abschluß fand, ungetrübt von jeder Missstimmung und begünstigt vom prächtigen Sommerwetter.

            Wie der erste Tag geendet, so begann der zweite Tag bei bester Feststimmung und schönstem Wetter. Nachdem um 9 Uhr ein feierliches Hochamt für die verstorbenen Kameraden gehalten, marschirte  der Verein in schön geordnetem Zuge zum Festplatz, zum Frühschoppen. Nachmittags ½ 4 Uhr versammelte sich der Verein zum Abholen des Präsidenten und des Vereinskönigs und zog dann geschlossen durch den Ort zum Festplatze, woselbst Königs- und Preisvogelschießen stattfand, während in dem schönen Zelte Tanzmusik abgehalten wurde. Bei dem Königsvogelschießen errang Herr Peter Kanis die Königswürde. Gegen Abend wurde noch ein hübsches Feuerwerk abgebrannt und gleich hiernach begann der Festball, welcher gut besucht war und die Teilnehmer bis zum anderen Morgen zusammenhielt.

            Mit dem Ablauf dieses Tages war das VII. Verbandsfest beendet. Oberaußem kann mit Stolz auf diese Tage zurückblicken, denn wir sind überzeugt, daß dieses Fest sich würdig den vorangegangenen anschließen kann.

            Zum Schluß unseres Berichtes müssen wir noch hervorheben, daß sowohl auf dem Festplatze, wie in Oberaußem selbst die Wirte für vorzügliche Getränke und Speisen aufs beste gesorgt hatten und somit auch in dieser Beziehung alles aufgeboten hatten, den Besuchern den Aufenthalt möglichst angenehm zu machen. Nur ein Mangel hat sich auf dem Festplatze erwiesen, und zwar fehlte es dort an Sitzplätzen. Dieser Uebelstand hat sich allerdings auch schon bei früheren Festen herausgestellt, wir wollen aber hoffen, daß bei Gelegenheit des nächstjährigen Festes in Mödrath diesem Uebelstand abgeholfen wird. […]


 

 

Quellen:

  • Zeitung "ERFTBOTE"
  • Buch von Josef Dürbaum "Heimatkunde von Oberaußem
  • Originaldokumente Kriegerverein, Paul Heinz Lipp-Feuerwehr Oberaußem
  • Fotos: U. Reimann
  • Recherchen, Layout u. Text U. Reimann