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Juden in Bergheim und Oberaußem

 

 

Eine Dokumentation von Gerd Friedt („Der Grön“) aus Oberaußem, jetzt München.

Vorwort von U. Reimann, mit Textpassagen von Gert Friedt

 

Wie vielerorts im Rheinland, gab es auch in Oberaußem einst eine kleine jüdische Ansiedlung. Samuel Falk aus Bergheim und seine Gattin Gella Kaufmann aus Linnich hatten sie 1823 begründet. 15 Jahre später ließ sich Michael/Andreas Brünell, er kam aus Bliesheim, mit seiner Gattin Adelheid Katz, die aus  Frimmersdorf stammte, ebenfalls hier nieder. Die ersten Familien Falk und Brünell, prägten selbst und auch mit ihren direkten Nachkommen sowie deren eingeheirateten Partnern bis etwa Mitte der 1940ger Jahre das jüdische Leben  in Oberaußem. Ihre jüdische Kultur lebten sie in der größeren jüdischen Gemeinde in Bergheim. Samuel Falk sowie sein Sohn Salomon waren sogar Vorsteher der Jüdischen Gemeinde in Bergheim gewesen. Die in Oberaußem verstorbenen Familienmitglieder fanden auf dem jüdischen Friedhof in Bergheim ihre letzte Ruhestätte. Einige dort heute noch vorhandene Grabsteine, erinnern mit ihren Inschriften ein wenig an die Verstorbenen und deren Leben. Das die Oberaußemer Juden, bis zum Beginn der NS-Gewaltherrschaft, in die Dorfgemeinschaft integriert und anerkannt waren, dokumentiert u.a. die Beerdigung der Karoline Brünell. Sie starb 1929 in Oberaußem. Unter großer Anteilnahme der Oberaußemer Bevölkerung, es war wohl halb Oberaußem bei der Beerdigung anwesend, wurde sie auf dem Judenfriedhof in Bergheim beerdigt.

Einige von ihnen waren in der Öffentlichkeit präsent und auch in Ortsvereinen aktiv. Ihre Kinder besuchten den Kindergarten und gingen hier zur Schule. Ältere noch lebende Zeitzeugen unserer Gemeinde erinnern sich gut daran, daß sie als Kinder zusammen mit den jüdischen Kindern gespielt, gelacht und geweint haben. Noch heute kennt und benutzt man Namen wie „Jüdde Kalin, Jüdde Emma, Jüdde Max u.a.“ in unserem Ort. Der Verfasser erinnert sich noch gut daran, was seine Großmutter –Kaufleute Schmitz- zu ihrem Umgang mit den jüdischen Oberaußemern der Berg- und Kirchstraße erzählt hat. Sie pflegte mit ihnen gute private und geschäftliche Beziehungen und man fuhr zusammen nach Köln und kaufte bei der Großhandelsfirma Brüggelmann, die Waren fürs eigene Geschäft ein.

Wie überall in Deutschland, hatten die Juden dann ab 1933 unter der Verfolgung und der Willkür des totalitären NS-Regimes auch in unserer Gemeinde zu leiden. Älter Oberaußemer Weggefährten der letzten jüdischen Mitbürger, können bis heute nicht recht begreifen, warum auch in unserem Ort den jüdischen Menschen soviel Leid und Unrecht angetan wurde. Auf die Frage warum, erntet man meisten ein bedrücktes oder verlegenes Schweigen. Wie allerorten gab es damals auch in Oberaußem Täter, Menschen die nichts gemacht haben, aber auch welche, die sich persönlich für ihre jüdischen Mitbürger, wenn auch nicht öffentlich, eingesetzt und gehandelt haben. In diesem Zusammenhang ist hier ein ehemaliger, damals allgemein geachteter und beliebter Geschäftsmann unsers Ortes besonders zu erwähnen. Er hatte versucht die gesetzlichen Auflagen bei der Zuteilung von Fleischrationen an die Juden etwas humaner auszulegen. Er wurde bei der Behörde angezeigt und gerichtlich für seine Menschlichkeit bestraft. So mußte er ins Gefängnis und hat etliche Monate in NS-Haft in Koblenz verbracht.

Nachfolgend soll die Geschichte der Oberaußemer Juden etwas näher beleuchtet und in Einzelheiten dokumentiert aufgezeigt werden.

Der aus Oberaußem stammende Historiker Gerd Friedt hat seine Forschungsarbeit auf die Aufarbeitung der jüdischen Geschichte im Altkreis Bergheim fokussiert. Mit seinen akribisch ausgearbeiteten und in erheblichem Umfang bereits veröffentlichten Publikationen zu diesem Thema, hat er, man kann schon sagen „weltweite“ Anerkennung gefunden.

Er hat auch das Leben der Oberaußemer Juden erforscht und dokumentiert. Seine Erkenntnisse hat er dem Stadtteilforum-Oberaußem zur Veröffentlichung in Schriftform zur Verfügung gestellt.

 

Seit 1945 leben in Oberaußem keine Juden mehr. Trotz allem Geschehenen zeigen die Recherchen von Gert Friedt aber auch  Positives. Heute leben etliche Juden aus Oberaußemer Abstammung weltweit in Übersee und auch im Staate Israel.

 

Im Jahr 1983 veröffentlichte der "Verein der Heimatfreunde von Niederaussem und Auenheim e.V." das 1. Werk von Gerd Friedt.

Von Gerd Friedt

 

Vorwort zum Buch Juden in Bergheim

Dieses Buch berichtet über die jüdische Gemeinde ,Bergheim. Zu ihr gehörten die Orte Kenten, Quadrath, Ichendorf, Zieverich, Paffendorf, Glesch, Oberaussem, Niederaussem, Büsdorf, Fliesteden, Glessen und Bergheimerdorf. In allen Orten ist jüdisches Leben bereits im 18. Jahrhundert und früher bekannt. Die meisten Juden lebten in der Stadt Bergheim. Daher ist das Hauptaugenmerk auf diese Spezial-Gemeinde gerichtet. Es sei auch erwähnt, daß in den Orten Quadrath, Büßdorf, Niederaussem und Fliesteden Gebetsräume oder Synagogen bestanden. Die Juden der Amtsgemeinde Hüchelhoven waren vor 1847 nach Stommeln orientiert. Sie werden nach 1847 als Mitglieder der Kreissynagogengemeinde Frechen (Köln-Land) erwähnt, kamen aber dann zur Gemeinde Bergheim zurück.

Den Anstoß zu diesem Buch gaben mir die Bewohner der heutigen Stadt Bergheim. Wenn ich von meinen Reisen nach Israel heimkehrte, wurde ich immer gefragt, ob ich nicht wußte, was aus den ehemaligen jüdischen Mitbürgern geworden wäre. Nachdem also ein gewisses Interesse vorhanden war, besprach ich dies 1978 mit dem Vorsitzenden des Vereins der Heimatfreunde von Niederaußem und Auenheim, Herrn Nobert Esser. Wir kamen beide zu dem Entschluß, uns der Geschichte der Juden der Stadt Bergheim anzunehmen und sie zu erforschen, insbesondere; weil in der einschlägigen Literatur unserer Heimat die Juden mehr oder weniger vergessen worden sind. Zum anderen war es höchste Zeit, unsere Mitbürger nach ihrem Wissen über die Juden zu befragen, da von Jahr zu Jahr die Nachforschung schwieriger wird. Der erste Schritt war nun zum Einwohnermeldeamt. Wir stellten aus vorhandenen Listen die Namen der vor dem 2. Weltkrieg im Stadtbereich lebenden Juden fest. Die Angaben über ihre Schicksale waren sehr ungenau und führten bei der Suche nach Überlebenden zu großen Schwierigkeiten. Die einzige überlebende einer großen jüdischen Familie in Bergheim; Frau Rosa Rick, gab uns die ersten Hinweise, für die wir uns besonders herzlich bedanken. Weitere Hinweise gab uns das Buch "Dokumentation zur Geschichte der Juden am linken Niederrhein" von Klaus Schulte. Obwohl dieses Werk etliche Irrtümer aufweist, die sicherlich auf fehlende Unterlagen zurückzuführen sind, besitzt es doch ein ausgezeichnetes Quellenverzeichnis. Herrn Klaus Schulte sei herzlich gedankt für seine Hilfe, die er mir trotz Zeitmangel hat angedeihen lassen. Mit dem wenigen Material, das mir zur Verfügung stand, ging ich dann nach Israel, um dort für einige Jahre zu bleiben. Wo kann man besser über Juden und ihre Geschichte schreiben als in diesem Lande? Von hieraus bestehen Verbindungen zu Juden in alle Welt. Ich begann mit der Suche nach Bergheimer Juden. Die Universitätsbibliotheken in Jerusalem und Tel Aviv gaben mir eine Fülle von Unterlagen zu meinem Thema. Gleichzeitig setze ich mich weltweit mit Archiven und Instituten in Verbindung. Nennen möchte ich: LBI-London, New York und Jerusalem, Wiener Library in London, das Hauptstaatsarchiv Düsseldorf. Ich lernte hier interessante Leute kennen, die mir eine grosse Hilfe bei meinen Nachforschungen waren. Es seien hier besonders erwähnt.

Herr Dr. Josef Walk vom LBI Jerusalem. Dr. Daniel Cohen, Uni Jerusalem. Josef Kaufmann Tel Aviv. Natürlich gab es ausser den offiziellen Stellen noch eine grosse Anzahl privater Personen, ohne die dieses Buch nie vollendet worden wäre. Auch ihnen bin ich sehr zu Dank verpflichtet. An erster Stelle sei die Familie Mary und Zwi Weisskopf genannt, die meine Gastgeber in Kfar Jedidiya, Israel waren. Ferner Mirjam und Ruwen Marx in Bne Brak, ehemals Bedburg und Hochneukirchen Juden. Herrn Ernst Oron und Dahlia Algur, beide aus Kfar Jedidiya für Ihre Hilfe bei komplizierten Übersetzungen. Rita Ross / Levy, Kfar Jedidiya, der Tochter des Bonner Rabbiners Alfred Levy, Avi Esri Wolf, Jerusalem, Sohn des Kölner Rabbiners und Landrabbiners Bendict Wolf und Otto Schnitzler, Kiriat Bialik, der aus Kentener Familie abstammt. Ihnen allen gilt mein besonders herzlicher Dank nach Israel.

Von meinen Freunden und Helfern in Bergheim und Umgebung seien genannt: Herr Karl Ueberschär - Fotografien Herr Helmut Zander - Ermittlungen in Pfarrarchiven und der Universität Köln, Herrn Hans Klaus Schüller - Zeichnungen, Frau Beate Weitz - Übersetzungen, Herr Norbert Esser -Ermittlungen und Organisation, Herrn Helmut Schrön - Amtsleiter, Herr Heinz Brentano - Katasteramt, Frau Marianne Heller - Grundbuchamt, Herr Walter Drouve -Techn. Beigeordneter, Herr Hans Gerd Wolff - Amtsleiter. Ebenso schließe ich in meinen Dank ein: Herrn Helmut Falk - Brüssel, Herrn Dr. Fritz Falk -London, Frau Selma Falk, Sao Paulo, Herrn H. Schnog – Aruba +, Herrn Ludwig Schnog +, USA, Frau Hermine Weber –Löwenstein + - USA, sowie Herrn Ernst Hausmann, USA +. Es hat natürlich auch Rückschläge gegeben. Einige Personen, Juden wie auch Christen, waren nicht willens, mir Fragen zu beantworten. Alte Genossen der NSDAP waren, obwohl Ihnen Anonymität zugesichert wurde, nicht zu einer Aussage bereit. Ebenso blieb uns das Archiv einer alten Bergheimer Zeitung verschlossen. Ich hoffe, daß der Nachwelt durch dieses Werk ein kleiner Teil unserer Heitmatgeschichte nähergebracht wird.

Dem jungen Leser darf ich gerade in der heutigen Zeit den Rat geben, seid wachsam, seid kritisch aber seid vor allem tolerant gegenüber den Minderheiten die heute unter uns leben damit sich von deutschem Boden niemals mehr wiederhole, was wir heute als Holocaust bezeichnen. Es war keine Endlösung, insbesondere nicht für uns Deutsche. Das Ende einer Nationalscham, das wir und künftige Generationen als Erbe zu tragen haben, ist noch nicht abzusehen. Auschwitz wird in der Generation unserer Urenkel noch lebendig sein. Wir können nicht auf Goethe, Schiller und Lessing, auf deutsche Kunst, Wissenschaft und Technik stolz sein, wenn wir das Minus unseres nationalen Erbes "Auschwitz" verdrängen wollen.

Als der braune Mob in Sinzenich zwei jüdische Mädchen am 10. November 1938 in eindeutiger Weise bedrängte, stellt sich der Bauer Heukens mit der Mistgabel den Braunhemden entgegen. "Wenn ihr die Mädchen haben wollt, dann müßt ihr mich zuerst totschlagen" rief er ihnen zu. Sollte es je wieder soweit kommen, schreibt Dieter Arntz, Oberstudienrat aus Euskirchen, ich wollte Gott gäbe mir die Gnade, ein Bauer Heukens zu werden. Diese Gnade sollten wir alle erhoffen, damit wir nie gefragt werden "Kain was tatest du, als man deinen Bruder demütigte oder erschlug". Dieses Buch ist gewidmet dem Andenken an die jüdische Gemeinde Bergheim und den Opfern des Faschismus.

Bergheim/Oberaussem/München, den 19. Januar 1983 Heinz Gerd Friedt

 

Lokale Presse

Kölnische Rundschau, Mittwoch, 7. März 1984 Nummer 57 - Jahrgang 39.,  schrieb:

Zum Dank in Israel Baum gepflanzt

Die Nachkommen der Bergheimer Juden sind an der umfassenden Dokumentation interessiert

VON INGRID VON PAVEL

 

Niederaußem/Bergheim 19 Familien sind in dem Buch „Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Bergheim" erwähnt. Von ihnen leben Nachkommen in aller Welt. Norbert Esser, der Vorsitzende des Heimatvereins Niederaußem/Auenheim, hat ihnen im Auftrag der Stadt Bergheim dieses Buch geschickt. „Sie haben mit viel Mühe und Liebe diese Dokumentation über das Leben und Wirken der jüdischen Familien in Bergheim für uns Nachkommen verfaßt", bedankte sich Ilana Brünell. Ihre Familie lebte in Oberaußem, sie heute in Tel Aviv.

Jahre In Israel. Verfasser dieser Dokumentation sind Heinz Gerd Friedt und Norbert Esser. Ersterer weilte und arbeitete vier Jahre in Israel. Er war von Oberaußemer Bürgern immer wieder nach dem Schicksal der einst im Bergheimer Raum lebenden Juden gefragt worden. Und Friedt selbst wurde zudem bewußt, daß er nicht mehr lange die nach Israel ausgewanderten Juden aufgrund ihres Alters für Quellenmaterial persönlich Befragung kann. In seiner Freizeit studierte er die Archive der Universitäten in Jerusalem und Haifa. Norbert Esser sichtete zu Hause in Niederaußem die Unterlagen und übernahm die redaktionelle Bearbeitung. Im August 1983 kam das Buch mit einer Auflage von 500 Stück heraus. 200 Bücher sind bereits verkauft, die meisten an die im Ausland lebenden Juden. 50 Stück wurden verschenkt. Norbert Esser hat inzwischen einen dicken Aktenordner mit zahlreichen Dankesbriefen, die zugleich weitere Informationen über das Schicksal der ehemals hier ansässigen Juden mitliefern. So berichtete Ilana Brünell aus Tel Aviv, daß ihr Vater 1981 gestorben sei und die meisten seiner Angehörigen während der Verfolgungsjahre auf grausame und unwürdige Weise ums Leben kamen. Die beiden Bergheimer Brüder Leo Schnog - heute Autovertreter - und Alfred leben auf den holländischen Karibik Inseln Curacao und Aruba. Sie bestellten nach dem, Lesen des Bergheimer Buches gleich einige nach für weitere Verwandte. Die älteste Nachbestellerin ist die 99jährige Hermine Weber-Löwenstein. Sie wurde in Kenten geboren und lebt jetzt in Minesota im USA Sussex. Sie legte ihrem in deutsch geschriebenn Brief gleich einen 10-Dollar-Schein für weitere Bücher und Porto bei. Außerdem lud sie Norbert Esser und Heinz Gerd Friedt nach Amerika ein. Esser: „Sie hat schon drei- bis viermal geschrieben."

Gräber umgebettet. 1981 war Werner Blum aus Virginia nach Niederaußein gekommen. Er suchte den jüdischen Friedhof, weil dort die Großeltern seiner Frau beerdigt waren. Die Gräber sind inzwischen von Rheinbraun auf den jüdischen Friedhof nach Bocklemünd umgebettet worden. Polizeibeamter Walter Balscheit brachte den Besucher aus Virginia, Werner Blum, schließlich mit Norbert Esser vom Heimatverein zusammen: „So konnten wir in unserem Buch die vollständige Ahnentafel seiner Familie abdrucken:'

Auch deutsche und jüdische Historiker haben sich für das Buch des Heimatvereins interessiert. Mister G. Salinger in New York war auf seiner Suche nach jüdischem Schrifttum auf die Nachforschungen von Studienrat Arndt (Euskirchen) über die Juden der Voreifel gestoßen. Arndt verwies Mr. Salinger auch an Norbert Esser in Niederaußem und dieser machte den Amerikaner auch noch auf die Veröffentlichungen der jüdischen Gemeinde in Stommeln aufmerksam, die inzwischen ihre Synagoge wieder hergerichtet hat. Da ist noch der Historiker und Kulturhistoriker G. Bamberger in Jerusalem, der nach seinem Dankesbrief das Buch von der jüdischen Gemeinde in Bergheim mit „großem Sachverstand" gelesen hat. Der Pensionär Dr. Kurt Wallach, der die Bibliothek der Knesset aufbaute, weilte inzwischen in Mönchengladbach. Er lobte die „besonders gründlichen Recherchen".

Große Verdienste. „Mit dieser umfassenden Dokumentation haben Sie sich große Verdienste erworben", meldeten sich auch der Historiker Dr. Günter Erkens (Mönchengladbach) und der Historische Verein für den Niederrhein (Bonn). Die beiden Verfasser, Norbert Esser und Heinz Gerd Friedt, könnten schon anhand dieser Antwortbriefe aus aller Welt eine Fortsetzung ihrer Dokumentation schreiben, und zwar über das Schicksal der Nachkommen von den 19 im Buch erwähnten Familien. Darin würde dann auch erwähnt, daß die in Tel Aviv lebende Ilana Brünell zum Dank für das Buch aus Bergheim einen Baum für den Heimatverein Niederaußem / Auenheim im Wald von Jerusalem pflanzt hat. Mitverfasser Heinz Gerd Friedt hat - wie im Buch erwähnt wird - dort zum Andenken an die jüdische Gemeinde in Bergheim zehn Bäume gepflanzt. Über eines hat sich der Heimatvereinsvorsitzende Norbert Esser anfangs gewundert. Die jüdische Gemeinde. in Köln hat zwar ein Buch bestellt, aber sich mit keiner Silbe dazu geäußert. „Friedt hat mich aber inzwischen aufgeklärt. In Köln und Umgebung leben heute vor allem Juden aus dem osteuropäischen Raum. Sie haben verständlicherweise kein Verhältnis zu dem Brauchtum des rheinischen Judentums. Die Juden, die hier lebten und den Grausamkeiten des Dritten Reichts entkommen konnten, sind nach Amerika und Israel ausgewandert!'

 

 

Die Kölnische Rundschau, Samstag 11. Juni 1983, schrieb.

Nicht alle Quellen öffneten sich für die Geschichte der Juden

 

Dokumentation über jüdische Gemeinde in Bergheim ist aufschlußreich

 

Im Bergheim. Das über 200 Seiten fassende, reich illustrierte Buch umfaßt die Bergheimer jüdische Geschichte von 1239 bis 1945, einen Zeitraum also von mehr als 700 Jahren. Es beginnt mit den „Ersten Juden in Bergheim von 1239-1330" und einen ausführlichen Überblick über die Jüdiche Gemeinde von 1632-1945, ihr leben, ihre Gebräuche und gesetztlichen Einschränkungen, denen die jüdische Minderheit in der Gemeinde und im Lande unterworfen war. Ausführlich sind auch die Kapitel, die die neue Synagoge in der Bergheimer Klosterstraße, ihre Baubeschreibung und ihr Ende betreffen. Das jüdische Schulwesen in Bergheim" wird erwähnt, und auch den „Juden in Niederaußem" ist ein besonderer Abschnitt gewidmet. Die jüdischen Friedhöfe in Bergheim (Bethlehemer Straße), Niederaußem, Fliesteden, Paffendorf und Glessen werden genannt, wobei die Grabsteine des Bergheimer Judenfriedhofs abschriftlich festgehalten sind. Amt und Wirkungsbereich des „Rabbiners" werden beschrieben, Vorgänger und Vorstände aufgezeichnet, die Kreissynagogengemeinde dargestellt und das Statut dargelegt. Der Antisemitismus findet seine besondere Berücksichtigung und der aus ihm schließlich resultierende Untergang der Bergheimer jüdischen Gemeinde. Was aus den jüdischen Familien geworden ist, ist in dem Kapitel „Die Schicksale der einzelnen Familien und ihrer Mitglieder" festgehalten. Eine Biographie des Bernhard Selmar Falk, Familientafeln, eine Quellenangabe und die Erklärung hebräischer Wörter vervollständigen den Inhalt dieses lesenswerten Buches, das man jedem geschichtlich und heimatkundlich interessierten Bürger nur empfehlen kann.

Vom 4. Juli an wird vom Heimatverein Niederaußem-Auenheim über den Bergheimer und Bedburger Buchhandel eine Dokumentation verkauft, die dazu beiträgt eine wesentliche heimatkundliche Lücke zu schließen. Der Titel des Buches heißt: „Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Bergheim". Anstoß zu dieser Dokumentation gaben mehrere Israel Reisen des Oberaußemer Bürgers Heinz Gerd Friedt. Bei seiner Rückkehr wurde er jeweils von Bergheimern gefragt, ob er nicht wisse, was aus den ehemaligen jüdischen Mitbürgern geworden sei. Da ein gewisses Interesse vorauszusetzen war, setzte sich Friedt mit dem Vorsitzenden des Heimatvereins Niederaußem-Auenheim, Norbert Esser, zusammen, um mit ihm gemeinsam die Geschichte der Juden der Stadt Bergheim zu erforschen und sie in einem Buch zu veröffentlichen. Das erste Gespräch wurde 1978 geführt. Zur jüdischen Gemeinde bergheim gehörten die Orte. Kenten, Quadrath, Ichendorf, Zieverich, Paffendorf Glesch, Oberaußem, Niederaußem, Büsdorf, Fliesteden, Glessen, Bergheim-Stadt und Bergheimerdorf. Die Juden der Amtsgemeinde Hüchelhoven waren vor 1847 nach Stommeln orientiert, kamen dann aber nach Bergheim. Die Recherchen der beiden Heimatforscher Friedt und Esser beschränkten sich nicht auf den Bergheimer und rheinischen Raum, sondern nahmen bald globalen Umfang an. Quellen waren zum Beispiel die Universitätsbibliotheken in Jerusalem und Tel Aviv, das Leo-Baeck-Institut London, New York und Jerusalem sowie viele Privatpersonen in Europa und in den USA. Rückschläge gab es i diesen Umfragen natürlic n auch. So verweigerten ehemalige Genossen der NSDAP trotz zugesicherter Anonymität die Auskunft, und das Archiv einer alten Bergheimer Zeitung blieb ebenfalls verschlossen.

 

Kölner Stadt-Anzeiger , Samstag/Sonntag,18./19. Februar 1984 schrieb:

Das Buch über die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Bergheim ging in alle Welt. Aus vielen Ländern kamen Antwort Briefe.

Historiker loben Gründlichkeit der Arbeit

von Gerd Kühlborn

Bergheim - Ein Buch aus Bergheim hat Menschen, die heute verstreut in aller Welt leben, an die Heimat ihrer Familie erinnert. „Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in BergF heim" heißt das Buch, Norbert Esser und Heinz Gerd Friedt ; haben es geschrieben, herausgegeben geben hat es der Verein der Heimat-freunde von Niederaußem und Auenheim. Esser und Friedt dokumentieren darindas Schicksal der Bergheimer Juden bis ins Jahr 1945. Und sie fanden, heraus, wo die überlebenden Nachfahren hingezogen waren. Die meisten hatten sich in die Vereinigten Staaten gerettet, einige waren nach Israel übergesiedelt, andere nach Holland und Belgien oder in die Karibik. Ihnen schickten die Stadt Bergheim ein Exemplar des Buches. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. „Mit dem Buch haben Sie sich ein großes Verdienst erworben in den Augen der Nachkommen jener in der Dokumentation genannter Familien", schrieb Ilana Brünell aus Tel Aviv. Hermine Weber-Löwenstein aus Sussex in Minnessota, 98 Jahre alt und in Kenten geboren, war ganz begeistert, und Dr. Frank E. Falk aus London, dessen Familie ebenfalls aus Bergheim stammt, antwortete: „Das Buch ist mit Liebe und Hingebung geschrieben." Einzelheiten gesammelt" Lob und Anerkennung gab es auch von Historikern. „Sie haben eine ungeheure Menge an Einzelheiten gesammelt und hineingebracht , stellte Dr. Daniel J. Cohen, Direktor eines Institutes der Universität Jerusalem fest. (Ebenso begeistert war Otto Schnitzler , der übrigens aus einer Kentener Familie kommt). „Sie haben sich mit dieser umfassenden Arbeit ein großes Verdienst um die Erhaltung des Andenkens der jüdischen Gemeinden dieses Gegend erworben", meinten die beiden deutschen Historiker Dr. Günter Erckens und Dr. Kurt Wallach. Professor Dr. Josef Walk, Leiter des Leo-Baeck-Institutes in Jerusalem, hob die besonders gründlich recherchierte Dokumentation hervor, und Nigbar Giora Bamberger, Historiker und Kulturkritiker aus Jerusalem, setzte hinzu: „Sie haben eine ausgezeichnete Forschungsarbeit geleistet. Das Buch gehört zu den besten dieser Art von den vielen, die ich kenne." „Den Anstoß zu diesem Buch gaben mir die Bewohner der heutigen Stadt Bergheim", schreibt Friedt, der heute in München lebt, im Vorwort. „Wenn ich von meinen Reisen nach Israel heimkehrte, wurde Ich immer gefragt, ob ich nicht wüßte, was aus den ehemaligen jüdischen Mitbürgern geworden wäre." Gemeinsam mit Norbert Esser, dem Vorsitzenden des Vereins der Heimatfreunde, machte sich Friedt auf die Suche nach den fast schon vergessenen Juden aus Bergheim. In alten Archiven in der Bundesrepublik, aber auch in New York, Jerusalem und London verfolgten sie die Spur der jüdischen Gemeinde in Bergheim bis ins Mittelalter zurück. Anhand vieler Dokumente gibt das Buch Einblick in das religiöse und gesellschaftliche Leben des Judentums und beschreibt die Beziehungen der Juden zu ihren christlichen Nachbarn. Bedeutsamer und in der Recherche aufweniger aber ist der Teil, in dem die Autoren das Schicksal 'der Bergheimer luden in den Jahren 1933 bis 1995 darstellen, Name für Name.

Ein Auszug: Simons Emma, geborene Brünell, geboren 1880, geschieden. Sie verzog 1941 nach Köln und wurde am 8. Juli 1941 Ins Getto Riga gebracht, Hier ist sie umgekommen. Gottschalk Karl, geboren 1878, wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert und dort umgebracht. Schnog Moritz, geboren 1890, Grubenarbeiter. Er war verheiratet mit Martha Jülich, geboren 1891. Mit ihren beiden Töchtern Helga und Lieselotte verzogen sie 1938 nach Köln. Alle sind umgekommen. Der Ort und der Tag sind nicht bekannt. Falk Isidor, geboren 1882, Metzger und Viehhändler zu Bergheim. Er war der letzte Vorsteher der jüdischen Gemeinde. Er eimigrierte 1938 nach Brüssel. Hier wurde er 1940 verhaftet und in das Lager Gurs und später nach St. Cyprien gebracht. Von da aus wurde er über Drancy nach Ausschwitz deportiert. Hier wurde er ermordet. Die Liste der Toten zählt 41 Namen, die der Überlebenden elf, hinter vier Namen steht „Schicksal unbekannt".

 

 

Fotos zu den Oberaußemer Juden

Zu den einstigen jüdischen Mitbürgern von Oberaußem gibt es z.Zt. sehr wenig Fotomaterial.

Nachfolgend einige Fotos zu den Familien Falk und Brünell.

 

Die beiden nachstehenden Fotos wurden 1931 bei einer Hochzeit der Familie Brünell / Simons in Köln Portz / Zündorf aufgenommen. 

Die Namen der abgebildeten Personen der Hochzeitsgesellschaft stehen z. Zt. nicht fest.

Die bekannten Personen der Hochzeitsgesellschaft sind:

Nr. 1: Karoline Brünell (Jüdde Kalin), Oberaußem Kirchstraße

Nr. 2: Emma Simons, geb. Brünell, (Jüdde Emma) Oberaußem Bergstraße

Nr. 3: Rosa Simons, Tochter von Emma Simons

Nr. 4: Ella Simons, angenommenes Kind von Karoline Brünell

Nr. 5: Josef Simons, Sohn von Emma Simons

 

 

Hochzeit von Sally Simons und Wilhelmina Geist 1927

v.l.: Emma Simons geb. Brünell und Max Simons aus Oberaußem, Karoline Eckstein geb. Simons, Hermann Eckstein, links hinter der Braut, Ida Simons, rechts sitzend neben Bräutigam, Amalie Simons geb. Cahn, Kinder in der hinteren Reihe v.l.: Rosa und Josef Simons aus Oberaußem, Manfred Eckstein, Rosa und Herta Eckstein.

 

 

Max Simons, genannt -Jüdde Max- und Tochter Rosa Simons

 

 

Das Foto zeigt Mitglieder des kameradschaftlichen Theaterverbandes Oberaußem, nach einer Theateraufführung am 2. Weihnachtstag 1920 im Restaurant Neukirchen. Die männliche Person, die mit dem weißen Pfeil markiert ist, soll Max Simons, genannt "Jüdde Max"sein.
Das Foto zeigt Rosa Simons (X), die Tochter von Max und Emma Sinons, mit ihrer Schulklasse im Jahr 1921gemeinsam mit der Klassenlehrerin Frau Wilhelmine Lorre, die auf der rechten Seite zu sehen ist. Das Foto entstand auf dem Schulhof der alten Schule auf der Kirchstraße.

 

 

Gedenktafel erinnert

 

Im heutigen Oberaußem gibt es seit dem 6. Oktober 2021 sogenannte Stolpersteine als Hinweise, die an ehemalige jüdische Mitbürger, deren Leben im Ort und deren Schicksal erinnern.



Auf dem Friedhof in Bergheim-Quadrath steht ein Kriegerdenkmal mit großen Gedenktafeln, auf denen die Namen der im 2. Weltkrieg Gefallenen Soldaten aus Quadrath Ichendorf aufgebracht sind. Sally Simons regte seinerzeit an, die Namen der Familie Simons dort mit aufzuführen. Der Bitte ist man nachgekommen.

Es ist dort zu lesen:


1945

Simons Emma 2.5.1880

Simons Albert 26.2.1902

Simons Josef 21.3.1913

Simons Max 20.6.1887

Simons Philipp 13.1.1934

Simons Rosa 20.10.1895

Simons Roslind 2.2.1915

Simons Samuel 17.2.1935


Die beiden nachfolgenden Fotos zeigen das Kriegerdenkmal in Bergheim-Quadrath. Die auf der rechten Seite angebracht Erinnerungstafel enthält die Namen der Familie Simons.