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Absturz eines canadischen Halifax VII-Bombers auf Oberaussem

 

Am 21. Februar 1945, zwischen 02:00 und 03:00 Uhr, stürzte ein viermotoriger englischer Halifax-Bomber über Oberaußem ab. Die schwere Maschine zertrümmerte brennend im Garten der Familie Mathias Brüggen, Kirchstraße Nr. 1. 47, heute Friedhofstraße Nr. 14.

Bei dem Absturz starben drei Besatzungsmitglieder.

Zwei Wochen später eroberten die Amerikaner den Ort und der Krieg war für die Oberaussemer vorbei. Elisabeth Brüggen, die inzwischen gestorben ist, hatte dieses schreckliche Ereignis erlebt und ihre persönlichen Eindrücke schriftlich festgehalten. Ihr Enkel Peter Brüggen und seine Frau Gaby Brüggen fanden dieses Dokument mehr als 6o Jahre später wieder und stellten es freundlicherweise dem Forum als Hilfe zur Aufklärung der Geschichte zur Verfügung.

Der Absturz war im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten. Es gab widersprüchliche Meinungen und Berichte über dieses Ereignis von lebenden Zeugen oder von Menschen, die diese Geschichte aus Geschichten kannten. Einige Leute sagten, dass der Bomber von einem in Königsdorf stationierten Flak getroffen wurde und dann nach Oberaußem abflog. Andere Zeugen gaben an, dass die Maschine von einem schweren Flakgeschütz abgeschossen worden sei, dass im Schlungweg am Ausgang des Friedhofsbunkers in Oberaußem stand. Es gab also keine einheitliche Meinung an Ort und Stelle und vieles war nebulös und unklar.

Um endlich Klarheit über den Absturz, das Flugzeug und vor allem über das Schicksal der Flugzeugbesatzung zu schaffen, begannen Hans Griese und andere Helfer 2005 mit einer bis ins kleinste Detail reichenden Erkundungsarbeit.

Heute kann man sagen, dass die Anstrengungen erfolgreich und interessant waren. Das Ergebnis eliminierte einige Irritationen und half einigen Menschen, ihre persönliche Geschichte zu beenden und eine neue Sicht der Dinge zu bekommen.

Den vorläufigen Abschluss der Erkundungsarbeiten bildete eine würdige Gedenkfeier im Oktober 2007 an der Absturzstelle im Garten der Familie Brüggen, an der Angehörige des verstorbenen Kanadiers W. G. Mendenhall zur Freude aller teilgenommen hatten.

Peter Brüggen hat inzwischen eine vom Stadtteilforum Oberaußem gestiftete Gedenktafel zum Gedenken an den Bombenabsturz an seinem Haus in der Friedhofsstraße 14 angebracht, die jeden Interessierten über das schreckliche Ereignis dieser Zeit informiert.

 

 

 

Hans Griese, im Dezember 2008

 

 

Oberaussem, 18.03.1945

Erinnerungen

In der Nacht vom 19. zum 20. Februar des Jahres 1945 wurden wir durch ein fürchterliches Getöse wach. Es war zwischen 1 und 2 Uhr nachts. Ein Aufleuchten, ein Klirren, ein fürchterlicher Krach, ein Brennen im Nachbarhof und in unserem Hof. Ein Brennen überall, soweit man sehen konnte, nichts als Brand. Unser Vater hatte Nachtschicht.

Des mittags hatten wir 2 Soldaten als Einquartierung erhalten. Ich weckte diese, da wurde dem Feuer zu Leibe gerückt; wir drei löschten, was das Zeug hielt, bis der eine Soldat sagte, es ist ein Flugzeug niedergegangen. Es war brennend in den Garten gestürzt. Wie durch ein Wunder sind wir am Leben geblieben. Man konnte noch nicht hinauf, da dauernd die Munition abging. Unser Gartentor war aufs Dach geschleudert, hatte dort Schaden angerichtet und lag dann vor dem Hoftor. Das Flugzeug war in tausend kleine Fetzen auseinandergeflogen; jedes kleine Stücke brannte. Ich dachte du verbrennst am eigenen Leibe. Es war eine Halifax. 2 Tote wurden festgestellt, einer war abgesprungen, der später gefangen(genommen) wurde. Aus dem Schicksal der übrigen ist nichts bekannt geworden.

Aber unser Garten war hin.

 

An dem Tage waren wir die meistbegehrten Leute. So eine Völkerwanderung hatte Oberaussem noch nicht gesehen. :

Kennwort "Flatterhemd" Uffz. Verhoeven, Karl Hohnscheid aus Remscheid.

Besatzung durch Amerikaner in der Nacht vom 2. zum 3. März 1945. Bange Nächte durchlebt.

13. April 1945, Besetzung Kraftwerk Fortuna.

Am 21. März wieder Wasser bekommen; vom 19. Februar bis 21. März ohne Wasser gewesen. Mussten Wasser am Kraftwerk holen.

(?-----?)Wasser an Geurts-Stück geholt, ein ewiges Laufen nach Wasser.

 

Man hörte noch Kanonendonner.

 

21. April 1945 Verdunklung aufgehoben. 

10. Mai Licht erhalten; seit 25. Februar ohne Licht. 

Gez. Elisabeth Brüggen

 

Quellen:

Die Originalaufzeichnungen wurden von Peter Brüggen zur Verfügung gestellt.

 

 

Der Augenzeuge Heinrich Wintz

Heinrich Wintz

Der Oberaußemer Heinrich Wintz beobachtete in der Nacht des Halifax-Absturzes von seinem Arbeitsplatz aus, wie sich ein Fallschirm zu Boden senkte.

Dazu ein Auszug aus den "Erinnerungen an die Zeit des II. Welt-Krieges in Oberaußem", von Sofie Kamp.

Aufgeschrieben von Ulrich Reimann im August 2006.

 

..... "Ein für Sofie ebenfalls unvergessliches Erlebnis aus dieser, für die notleidende Bevölkerung schwierigen Zeit, ist im Zusammenhang mit dem Absturz eines alliierten Bombers in der Nacht vom 19. auf den 20. Februar 1945 zu sehen. Ein wahrscheinlich von der deutschen Flugabwehr abgeschossener britischer, viermotoriger Bomber, war in dieser Nacht mit ohrenbetäubendem Getöse in den Garten der Familie Brüggen von der Kirchstrasse abgestürzt. Offenbar hatte es aber einer der Besatzungsmitglieder des wohl aus Richtung Köln kommenden Flugzeuges geschafft, rechtzeitig mit dem Fallschirm abzuspringen und sich zu retten. Er war auf dem Gelände der zur Fortunagrube gehörenden Ostkippe gelandet. Heinrich Wintz, der Vater von Sofie Kamp, der in dieser Nacht auf der Kippe als Weichensteller arbeitete, hatte den Absprung und die Landung des Soldaten mitbekommen und beobachtet, wo dieser seinen Fallschirm und seine Schwimmweste versteckte, bevor er davongeschlichen war. Erst nach einer gewissen Zeit hatte sich Heinrich Wintz an das Versteck herangetraut. Der Soldat war verschwunden. Den Fallschirm und die Weste hat Sofies Vater dann seinerseits in einem sicheren, neuen Versteck untergebracht. Erst am nächsten Tag hat er dann die Sachen aus diesem Versteck geholt und mit nach Hause genommen. In dieser Zeit der materiellen Not, entstanden dann aus der strapazierfähigen Fallschirmseide selbstgenähte Bekleidungsstücke für die ganze Familie Wintz. Sofie selbst erhielt davon eine Bluse, die von ihr noch nach Kriegsende getragen wurden und die schier unverschleißbar war. Zum Schicksal des abgesprungenen alliierten Soldaten weis Sofie nur zu berichten, daß dieser in der Nähe des Gutes Asperschlag gefangengenommen worden war. Vom damaligen hiesigen Dorfpolizisten Esser war er in der Gefängniszelle, im Keller der alten Oberaußemer Volksschule an der Bergheimerstraße, eine Nacht verwahrt worden. Am nächsten Tag war er dann von der Gestapo abgeholt worden. Man hat nichts mehr über sein weiteres Schicksal im Ort erfahren."

 

Die ganze Geschichte von Sofie Kamp:

 

 

 Am Anfang des Projektes standen die Fragen:

 

..."was ist in jener Nacht passierte, als ein Bomber brennend auf das Grundstueck der Familie Brueggen aufschlug?

Was war das fuer ein Flugzeug?

Wo kam es her und was geschah mit der Besatzung?

Ist es moeglich, auch nach 60 Jahren noch Antworten auf diese Fragen zu bekommen?


Ja, es ist moeglich, auch nach 60 Jahren noch Antworten auf die Fragen zu bekommen!

 

Wie ist das moeglich?

 

Weil die Elisabeth Brüggen ihre Eindrücke von dem schrecklichen Ereignis von damals ca. 3 Wochen später niedergeschrieben hat, kennen wir die Einzelheiten und wissen, dass ein englischer Halifax-Bomber brennend in den Garten stürzte. Zwei Engländer fanden dabei den Tod. Ein Besatzungsmitglied konnte sich mit dem Fallschirm retten. Er wurde vom Bedienungspersonal einer Flugabwehrkanone, die auf der anderen Seite von Gut Asperschlag in Stellung gebracht worden war, im Laufe des Tages festgenommen und abgeführt.

 

Auch wenn in den 50er Jahren das Wrack ausgegraben und die Alu-Teile verschrottet wurden, finden sich heute immer noch kleinste Wrackteile im Erdreich. Anhand dieser Teile lässt sich der Nachweis führen, ob es sich tatsächlich um einen Halifax-Bomber gehandelt hat oder nicht.

 

Das englische Militär hat in den letzten Jahren viele Daten aus dem 2. Weltkrieg freigegeben. Über entsprechende Internetseiten ist es möglich, in diesen Informationen zu recherchieren. So kann man sehr schnell die Anzahl der Flugzeugabstürze und der Flugzeugtypen für den 20.Februar 1945 erfahren. In vielen Fällen ist bekannt, wo diese Flugzeuge abgestürzt sind und was den Besatzungsmitgliedern geschehen ist. Von daher reduziert sich die Anzahl der infrage kommenden Flugzeuge auf ganz wenige.

Nach bisherigen Erkenntnissen könnte die nachfolgend beschriebene Halifax III in Oberaussem abgestürzt sein. Hierzu bedarf es allerdings noch weitere Ermittlungen.

 

 

20./ 21.02.45: Squadron 427, Halifax III mit dem Code NP942 ZL-T 2147 stationiert in Leeming, Einsatzgebiet am 20.02.1945 Monheim.

 

 

FLt J M Murphy RCAF POW

Sgt G B Tate POW

FO G F Mann RCAF POW

FO E Essenburg RCAF KIA

WO2 E A Perdue RCAF POW

FO A J Breault RCAF POW

PO J M Wallace RCAF KIA

 

Am 10.10.2005 fand Peter Brüggen bei einer kleineren Erdarbeit diverse Wrackteile sowie zwei Patronen, die er zur Seite legte und aufhob.

 

 

Der Pfeil zeigt die Absturzstelle
P. Brüggen in den 1950ger Jahren bei der Ausgrabung des Wracks
Am 10.10.2005 fand Peter Brüggen noch kleinste Teile des Flugzeugwracks im Boden

 

 

Wie soll man vorgehen?

 

Warum das Rad neu erfinden. Seite Jahren gibt es Menschen, die Flugzeugabstürze akribisch untersuchen und sich erst dann zufrieden geben, wenn eine Identifizierung 100% erfolgt ist.

Seit Anfang 2006 arbeitet das Stadtteilforum mit der Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte eng zusammen. Im März 2006 suchten Hans Günther Ploes und Jürgen Bock an der Absturzstelle nach kleinsten Teilchen ab.

v.l.: Josef Wagner, Hans Griese und Hans Günther Ploes schauen gespannt zu, was soeben zum Vorschein kommt.
Jetzt will es J. Wagner auch einmal probieren. Jürgen Bock schaut derweil entspannt zu.
Ein starkes Signal der Metallsonde deutet auf ein großes Metallstück hin. V.l. S. Griese, P. Brüggen und H-P. Ploes rätseln, was das wohl sein könnte?
Ein erstes Stück Metall der Bordverkleidung kommt zu Vorschein.
H.-P. Ploes aus Aachen hat mehr als 300 abgestürzte Flugzeuge identifiziert.
Das kleine Stück Metall mit der eingestanzten Baugruppennummer liefert den ersten Beweis, dass es sich bei den Wrackteilen um den abgestürzten Halifax-Bomber V II RG 455 handeln könnte.

Suche mit der Metallsonde

 

Warum das Rad neu erfinden? Seit Jahren gibt es Menschen, die Flugzeugabstürze akribisch untersuchen und erst dann zufrieden sind, wenn sie zu 100% identifiziert wurden.
Seit Anfang 2006 arbeitet das Stadtteilforum eng mit der Arbeitsgruppe Luftkriegsgeschichte zusammen. Im März 2006 suchten Hans Günther Ploes und Jürgen Bock an der Crashstelle nach kleinsten Partikeln.
 
Am Sonntag, den 26. März 2006, war es soweit. Die Experten Hans Ploes und Jürgen Bock von der Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte Rhein/Mosel suchten ihren Metallsonden das Grundstück ab. 

An der Suchaktion beteiligten sich:

Hans-Günther Ploes, Jügen Bock, Peter Brüggen, Josef Wagner, Hans und Sven Griese.

 

 

Das Ergebnis

Auf dem Hülsenboden der Patronen sind Markierungen sichtbar, die eindeutig sind und keinen Zweifel zulassen, dass es sich um Munition aus dem 2. Weltkrieg handelt, die sich an Bord von Halfiax-Bombern befanden.

Die Identifizierung

 

Die Identifizierung steht seit Januar 2007 fest. Demnach handelt es sich mit 100% Sicherheit bei dem abgestürzten Flugzeug um eine Halifax V II RG 455 mit dem Code QO-X. Dieser Bomber wurde am 20.2.1945 eingesetzt bei einem großangelegten Angriff gegen die Rhenania Ossag Oil in Monheim.

Der Halifaxbomber wurde in England gebaut. Im vorliegenden Fall bestand die Besatzung ausschließlich aus Angehörigen der RCAF.

 

An dieser Stelle des alten Oberaußemer Friedhofes wurden die sterbl. Überreste beigesetzt.

Schicksal der Besatzung

 

Mit zunehmender Identifizierung des Flugzeuges stellt sich immer konkreter die Frage nach dem Schicksal der Besatzung. Die Besatzung eines Halifax-Bomber bestand aus insgesamt 7 Personen. Von Zeitzeugen wissen wir, dass sich ein Besatzungsmitglied mit einem Falschirm gerettet hat. Die Leichen bzw. Leichenteile von zwei Mitgliedern der Besatzung fanden Dorfbewohner in den Trümmern. Die Überreste wurden auf dem Friedhof in Oberaussem beigesetzt. Von der übrigen Besatzung ist nichts bekannt.

 

 

Die Nachforschung in Stadt- und Kreisverwaltung über die Grabstelle der Alliierten auf dem Friedhof in Oberaussem führte zu folgendem Ergebnis.

 

 

Archivauskunft

 

Oberaussem, April 2006

Vermerk über eine engl. Grabstelle in Oberaussem

Nach Zeugenaussagen sind nach dem Absturz die Leichenteile von zwei Besatzungsmitgliedern gefunden worden. Von Bürgern wurden diese auf dem Friedhof in Oberaussem beigesetzt.

Es ist bekannt, dass die Besatzungsmächte unmittelbar nach Kriegsende die deutschen Behörden aufforderten, alle Grabstellen von alliierter Soldaten in ihrem Verwaltungsbereich zu benennen.

Mit Hilfe von Herr Schrön, Geschichtsverein Bergheim e.V., konnte der nachfolgende Vermerk im Stadtarchiv von Bergheim ausfindig gemacht werden.

 

In der Friedhofsverwaltung sind keinerlei Aufzeichnungen über diesen Vorgang mehr vorhanden.

Im Rhein-Erft Kreisarchiv findet sich in der Akte Nr. 101/A 657 folgendes: „Die Amtsverwaltung der Stadt Bergheim teilt am 4. März 1948 dem Oberkreisdirektor/Kriegsfürsorgestelle mit, dass es auf ihrem Gebiet keine Gräber englischer oder amerikanischer Soldaten gibt.“

Demnach ist die Grabstelle in der Zeit davor von den Alliierten gesäubert und umgebettet worden.

 

Hans Griese

 

BRITISH WAR MEMORIAL

 

Angehörige der Commonwealth War Graves Commission haben die sterblichen Überreste der drei Flieger nach dem Krieg zum alliierten Soldatenfriedhof in Rheinberg umgebettet.

British War Memorial Rheinberg

 

Pilot Offficer (Air Gnr.) Wells Gibb Mendenhall, 22 Jahre

 

David Holmes, Neffe von Gibb Mendenhall, hat die Fotos freundlicher Weise zur Verfügung gestellt. Sie entstanden vor 20 Jahren und zeigen die Grabstätte von Wells Gibb Mendenhall auf dem Soldatenfriedhof in Rheinberg.

 

Report zu W. G. Mendenhall

Wells Gibb Mendenhall is the 3rd son of Thomas & Hannah Mendenhall. My name is Thomas E Evanson, named after my grandfather Thomas T. Mendenhall. I am the son of John and Rae Mendenhall Evanson, Rae being an older sister to Gibb.

englisch          deutsch

 

 

Die Geschichte der Crew

Die Aufarbeitung der Geschichte der Crew ist ein weiterer Schritt auf dem Weg der Dokumentation der Ereignisse in jener Zeit und damit ein Beitrag zur Versöhnung und des gegenseitigen Verstehens.

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Dokumentation ( engl. & deutsch)

Die Geschichte der Crew des Halifax-Bombers, Fakten zu einer Vielzahl von Luftangriffe, die von der Besatzung geflogen wurden und noch vieles mehr, hat Tom Evenanson, Neffe des in Oberaußem abgestürzten Gibb Mendenhall in der Dokumentation zusammengetragen

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