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VOLKSSCHULE UND KINDERGARTEN FORTUNA

Ausarbeitung von Ulrich Reimann, November 2007

Vorworte:

Nachfolgend sollen hier die Geschichte der Volksschule / Grundschule und des Kindergartens im einstigen Bergarbeiterort Fortuna etwas näher beleuchtet werden. Damit ist beabsichtigt, einstigen Fortunesen und anderen an diesem Thema interessierten, eine Möglichkeit zu bieten, sich an die kurze Geschichte der beiden Einrichtungen, zu erinnern oder diese kennen zu lernen.

Es wurden ganz bewußt bereits an anderen Stellen publizierte Informationen, teils wortgetreu, hier eingearbeitet, deren Herkunft im abschließenden Quellenverzeichnis hinterlegt wurde. Natürlich besteht die Möglichkeit diese Ausarbeitung bei Erfordernis, jederzeit zu korrigieren und natürlich auch, sie zu ergänzen. Zusatzinformationen bzw. auch Kritik sind erwünscht und werden vom Autor auch gerne entgegengenommen.

Die Volks- / Grundschule


Bis zum Jahre 1904 besuchten die Kinder aus Fortuna die alte Schule in Oberaußem auf der Kirchstraße. Im Jahre 1904 waren die Klassen in Oberaußem aber derart überfüllt, dass Fortuna eine eigene kleine Volksschule erhielt. Man erbaute 1904 mit Hilfe der Fortunagrube ein Schulgebäude mit zwei Schulsälen, um den Kin­dern den beschwerlichen Weg nach Oberaussem zu ersparen. Dieses Gebäude wurde am 5. Dezember 1904 bezogen. Die Gewerkschaft Fortuna hatte das Schulgebäude nebst Lehrerwohnung auf ihre Kosten errichtet und der Gemeinde geschenkt. Die Reinigung und Beheizung der Schule übernahm das Werk, die Gemeinde besoldete die Lehrer. 1906 wurde das Schulgebäude der Gemeinde übereignet.

Als Lehrer waren an der kleinen Schule tätig:

Albert Höver aus Lommersum, vorgebildet im Seminar zu Brühl, bis 1905,

Josef Calmund aus Linz, vorgebildet im Seminar zu Siegburg, ab 1905.

Hinzu kam am 29.02.1912 der Lehrer Kolf, geb. 20.04.1892 in Ramersdorf, Ldkrs. Bonn, der sein ganzes Berufsleben hier verbrachte. 1923 wurde er erster Rektor in Fortuna. Gest. am 28.04.1976 in Fortuna. Er wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Oberaußemer Friedhof beigesetzt. Verheiratet war er seit 18.11.1919 mit Anna-Franziska Nicolin, (geb. 04.02.1896 Oberaussem, gest. 17.06.1980 Geilenkirchen), einer Tochter des damaligen Gemeindevorstehers von Oberaußem-Fortuna.


Ab 1911 waren sowohl die Schule in Fortuna, als auch die Klassen in Oberaußem überfüllt. Es wurden deshalb Neubauten erforderlich. Der Neubau einer größeren Schule in Fortuna erfolgte aber erst 1922.


Ein Auszug aus einem noch vorhandenen Schulbuch aus der Kleinschule von Fortuna, vom 25. April 1911, gibt einige statistische und sonstige Daten wieder. Verfasser der Statistik war der Lehrer Josef Calmund. Er notierte neben Angaben zu seiner Person u.a. die Stärke der Schulklasse für die Jahre 1905 – 1911 und zwar:


1905 - 56 Schüler

1906 - 71 Schüler

1907 - 76 Schüler

1908 - 82 Schüler

1909 - 87 Schüler

1910 - 81 Schüler

1911 - 73 Schüler


Den Mädchenanteil bei den Schülern bezifferte er mit 40 %. 1911 waren es 43 Jungen und 30 Mädchen. 63 dieser Schüler waren katholisch und 10 waren evangelisch.


Ortsschulinspektor war 1911 der Pfarrer Werner Leuchter aus Oberaußem, Kreisschulinspektor der Schulrat Krause aus Bergheim


Johann Nikolin aus Oberaußem war Gemeindevorsteher und der Bürgermeister der  zuständigen Bürgermeisterei Paffendorf, hieß Kirch.


Das Jahresgehalt von Lehrer Calmund betrug im Jahre 1911, 1.400 Mark nebst freier Wohnung.


In der Zeit des I. Weltkrieges, wurden grundsätzlich auch Lehrer zum Kriegsdienst einberufen. Dies traf auch das Lehrerkollegium in Fortuna.

Mit Kriegsbeginn wurde Lehrer Kolf eingezogen, er wurde 1915 schwer verwundet. Der damals an der Schule in Fortuna tätige Schulamtsanwärter Bz… sowie der Lehrer Br… fielen im Krieg an der Westfront.

Lehrer Hubert Baum (1896 - 1968), er war im 1. WK. 1916 bei Verdun in französische Kriegsgefangenschaft geraten, unterichtete ebenfalls in Fortuna.

Der Unterrichtsbetrieb konnte danach nur lückenhaft durchgeführt werden. Aus der Not heraus, wurde damals der Oberaußemer Hauptlehrer Josef Dürbaum mit der gleichzeitigen Verwaltung der Oberklassen in Oberaußem, Fortuna und Niederaußem betraut. Nur Dank der, wie es damals hieß, opferfreudigen Gesinnung, der in den Orten zurückgebliebenen Lehrenden, konnte der Lehrbetrieb einigermaßen zufrieden stellend aufrechterhalten werden.


Zu Ehren der im I. Weltkrieg gefallenen Männer aus Oberaußem und Fortuna, errichtete Hauptlehrer Dürbaum, eine Ehrengalerie mit den Fotos aller Gefallenen. Am 31.10.1920 wurde sie im Oberaußemer Saal Wintz feierlich eingeweiht, wobei Hauptlehrer Dürbaum eine von ihm verfasste, patriotische Kriegergedächtnisrede hielt. Am Sonntag darauf hielt dann Lehrer Kolf zur Einweihung der Ehrengalerie ebenfalls eine entsprechende Gedächtnisrede in Fortuna.

Nach der Einweihung der neuen Volksschule in Oberaußem fand die Galerie in deren Flur über lange Jahre hinweg einen Ehrenplatz. Leider wurde die Bildertafel nach Aufgabe des Schulbetriebes, anläßlich einer Gebäuderenovierung in den 90ger Jahren entfernt und zerstört. Die alten Originalfotos wurden aber glücklicherweise vom damaligen Hausmeister der Schule, Wilhelm Krämer, gerettet und an das Stadtarchiv Bergheim übergeben.


Nach dem ersten Weltkrieg, wuchs in Fortuna die Schülerzahl beständig an wodurch auch das Lehrerkollegium vergrößert werden mußte. Die Kolonie hat 1921 bereits etwa 200 Schulkin­der. 1921 war von der Gemeinde Oberaußem ein neues, mehrklassiges größeres Schulgebäude errichtet worden. Die Volksschule Fortuna hatte über die meiste Zeit nach 1921 ein eigenständiges Rektorat. Erster und auch langjähriger Leiter der neuen Schule war der Rektor Kolf gewesen. Besonders erwähnenswert erscheint an dieser Stelle die langjährige Lehrerin Maria Klostermann. Sie wohnte im Kloster Bethlehem und hat die Ereignisse der letzten Kriegstage im Kloster, schriftlich festgehalten.

Einer der wohl bekanntesten Lehrer von Fortuna war der später in Oberaußem als Rektor wirkende Theodor Bondü, der sich auch durch sein mitwirken im Vereinswesen des kleinen Ortes, vor allem im Schützenverein, besonderer Beliebtheit erfreute. Auch hatte er mit Jugendlichen (St. Georggruppe) aus Fortuna bereits am 29. Juli 1950, also wenige Jahre nach dem Kriege, eine damals spektakuläre Radtour nach Oberammergau durchgeführt. Auch andere einstige Lehrpersonen an der Volksschule, wie Frl. Mennige dürften noch bei einigen ehemaligen Schülern in Erinnerung sein.


Die Geschichte der katholischen Volksschule von Fortuna endete mit dem Ende des Schuljahres 1970/71.


Der letzte Schulleiter war der Volksschullehrer Franz Helmut Pelster.

Nachfolgend einige seiner letzten Eintragungen im Klassenbuch vom 16.8.1971.


Im Schuljahr 1970/71 gab es in der Volksschule Fortuna noch drei Klassen:

Kl. I      1. Jg.        37 Kinder           Lehrperson: Frau Ellinger

Kl. II     2. Jg.       26 Kinder            Lehrpersonen: Frau Ellinger und Herr Pelster

Kl. III    3./4.Jg.    41 Kinder            Lehrperson: Herr Pelster


Die Kinder des künftigen ersten Schuljahres werden als Schüler der kath. Grundschule zunächst im Schulgebäude Fortuna unterrichtet, die Schüler des 3. und 4. Schuljahres besuchen die Schule in Oberaußem.

Die Schulchronik der katholischen Volksschule / Grundschule Fortuna ist damit geschlossen.


 

Kindergarten

 

Ebenfalls mit Unterstützung der RAG wurde in Fortuna 1920, im Gebäude der einstigen Werkskantine ein Kindergarten eröffnet. Die Leitung des Kindergartens wurde von Schwestern des Klosters Bethlehem übernommen. Nach 19 Jahren, in denen jährlich bis zu 80 Kinder dort in vorbildlicher Weise betreut worden waren, wurde der Kindergarten 1939 von den Nationalsozialisten geschlossen. Die damalige Kreisleitung der NSDAP hatte nach einem Besuch des Kindergartens erklärt, man erkenne zwar die gute Leistung der Kindergärtnerin an, aber es sei unmöglich, daß katholische Schwestern einen Kindergarten im Sinne des Nationalsozialismus führen können. Erst nach dem Ende des Krieges übernahmen die Schwestern wieder die Kindergartenleitung in Fortuna. Man kann sagen, daß mit Ausnahme im Zeitraum 1939 – 1945, fast die gesamte Fortunajugend durch den Kindergarten gegangen ist und von den vom Kloster Bethlehem vorgegebenen Betreuungs- und damit auch Erziehungsrichtlinien betroffen war, was wohl im nachhinein gesehen auch keinem so richtig geschadet hat.

 

 

Quellen:

  • Josef Dürbaum, Heimatkunde von Oberaußem von 1912, sowie die Neuauflage Oktober 2000 von Hans-Josef Weck, Hans-Joachim Mörs, Carsten Meyer
  • F. W. Noll, Heimatkunde des Kreises Bergheim von 1928
  • Artikel aus Revier und Werk
  • Kölnische Rundschau
  • Kölner Stadtanzeiger
  • Werbepost
  • Kraftwerke Fortuna von Detlev Witt
  • In Gedanken durch Fortuna gehen von Hans Joachim Mörs
  • Privatunterlagen
  • Fotos privat
  • Helmut Schrön
  • Eigene Recherchen, neue Texte und Textergänzungen, Ulrich Reimann 2007