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Übersetzung Zeitungsartikel in Taber Times

 

Nachfolgend die Übersetzung eines Interviews mit dem Kanadier Thomas Evanson, das als großer Artikel in der örtlichen Tageszeitung von Taber in Alberta, Kanada, zum „REMEMBRANCE DAY“ am 11. November 2007, auf der ersten Zeitungsseite erschienen ist.

Der „REMEMBRANCE DAY“ ist in Kanada der Tag, an dem im gesamten Land allen kanadischen Kriegstoten der beiden Weltkriege gedacht wird. Es ist immer der 11. November.

Thom Evanson hatte seiner Heimatzeitung nach der Rückkehr aus Deutschland, wo er anläßlich der Einweihungsfeier für die Gedenktafel zum Absturz eines Halifaxbombers in Oberaußem gewesen war, dieses Interview gegeben.

Übersetzung des Artikels vom Englischen ins Deutsche, von Ulrich Reimann, Dezember 2007

 

Der Artikel hatte folgende Schlagzeile:

Von Garrett Simmons
Taber Times

 

“Remembrance Day – Taber man`s research leads him to Germany”

 

“Man visits uncle`s final resting place”

 

“Erinnerungstag – Die Recherchen eines Mannes aus Taber führten ihn nach Deutschland“ 

 

"Ein Mann besuchte die letzte Ruhestätte seines Onkels"

 

Am 20. Februar 1945, um 22 Uhr 13 starteten Wells Gibb Mendenhall und seine Crew mit ihrem Halifax – Bomber VII RG – 455.

Mendenhall war Bordschütze in dieser Halifax, sie gehörten zur 432. Schwadron.

Er war in einem der 112 Halifax-Bomber, die den Auftrag hatten, die Ölraffinerien von Monheim anzugreifen. Bei diesem Einsatz kamen Mendenhall und noch zwei andere Crewmitglieder ums Leben. Vier weitere Besatzungsangehörige gerieten in deutsche Kriegsgefangenschaft.

Infolge dieses verhängnisvollen Abends, mußte Thom Evanson aus Taber ohne seinen Onkel Gibb aufwachsen, weil Evanson erst 5 Jahre nach dem Abschuß der Maschine seines Onkels geboren wurde.

 

Es begann nicht erst als er erwachsen war, Evanson wurde im Lauf der Zeit immer neugieriger darauf etwas über seinen Onkel zu erfahren. Dann wollte er genau wissen, was ihm passiert war.

„Wahrscheinlich nachdem ich geheiratet hatte, befragte ich die Leute danach, was mit ihm geschehen sei, aber niemand wußte es genau. Die wußten gerade mal, daß er über Deutschland abgeschossen wurde, das war aber auch schon alles.“

Evanson wollte aber mehr über seinen Onkel erfahren. Er begann mit einem Recherche-Projekt, in dem ein 142-seitiges Buch entstand,  in dem er all die von ihm gefundenen Informationen aufgezeichnet hat.

 

Er schrieb an die Kanadische Regierung, um die Kriegsaufzeichnungen seines Onkels zu erhalten. Er verfolgte sogar die Spuren von Mendenhalls Crewkameraden bei der „Royal Canadian Air Force“ zurück. Schließlich wurde Burke McIntosh, der ein Crewmitglied von Mendenhall in der abgeschossenen Maschine war, von Evanson ausfindig gemacht.

„Er hatte das Pilotenlogbuch mit den persönlichen Aufzeichnungen meines Onkels.“

„Burke und mein Onkel waren wirklich gute Freunde,“ sagte Evanson und fügte hinzu, daß McIntosh ihm Einblicke darüber gab, welcher Art von Mensch Evansons Onkel war. „Er (Mendenhall) war geradezu ein einfacher solider  Kerl, der sich nicht schnell aufregte und ein sehr guter Schütze war.

Mit Hilfe der Informationen von McIntosh und den Aufzeichnungen aus dem Logbuch, wandte sich Evanson dem Internet zu. Hierüber wollte er seine Informationen abgleichen und genau herausfinden, in welchem Flugzeug sein Onkel in dieser Nacht flog, welche Bomben sie verwendeten und was für ein Ziel sie hatten.

 

Im letzten Jahr nahm Evanson dann Kontakt zu Frank Daley, einem weiteren, lebenden Crewmitglied, auf. „Laut ihm sei das Flugzeug von einem Nachtjäger angegriffen worden, der das Feuer auf die Maschine eröffnet hatte,“ sagte Evanson und fügte hinzu, daß er fast sicher sei, daß sein Onkel dadurch bereits im Flugzeug erschossen wurde.

 

Dann fand Evanson heraus, wo genau das Flugzeug seines Onkels abgestürzt ist. Es schlug im Garten, hinter dem Wohnhaus von Elisabeth Brüggen, in Oberaußem in Deutschland auf.

 

Elisabeth Brüggen hatte damals zu dem Absturz Aufzeichnungen in einem Tagebuch festgehalten, auf das später ein deutscher Mann namens Hans Griese gestoßen war. Griese bekam Interesse an der Geschichte des Absturzes und begann mit einer eigenen Untersuchung, um weitere Informationen zum Flugzeug und zu dessen Besatzung heraus zu finden.

 

Ein dritter Mann namens John Anton, aus Saskatoon, recherchierte zur gleichen zeit über den Absturz einer Halifax. Dabei stieß er auf eine Webseite, die Griese und seine Gruppe in Oberaußem erstellt hatten. Anton und Griese fanden über E-Mailkontakte zusammen.

 

Dann kontaktierte Anton ein Mitglied der Familie Mendenhall, welches daraufhin den Kontakt zu Evanson herstellte. Schließlich kam es dann am 10. Februar diesen Jahres (2007) zum ersten E-Mailkontakt zwischen Evanson und Griese. Evanson war erstaunt über den Umfang von dem, was in Deutschland gemacht worden war, um mehr über die abgestürzte Halifax zu erfahren.

 

Fortsetzung des Artikels von Seite 1 der Taber Times.

Die Überschrift lautete:

 

„Deutsche Perspektive auf der Reise kennengelernt"

 

 

Die deutsche Gruppe hatte Fragmente des Flugzeuges im Garten ausgegraben und Fotos davon, per E-Mail an Evanson geschickt. Bald danach hatte Griese dann Evanson nach Deutschland eingeladen. Dort hatte man beschlossen, am 23. Oktober, dem Geburtstag von Mendenhall, eine Gedenkfeier für die gefallenen Crewmitglieder abzuhalten.

 

Zusammen mit anderen Familienmitgliedern reiste Evanson in den kleinen deutschen Ort, um an dieser Feier teilzunehmen.

Ein katholischer Priester und ein evangelischer Pfarrer sprachen bei dieser Feier, wobei im Garten an der Absturzstelle eine Gedenktafel zu Ehren der dort gefallenen Kanadier enthüllt wurde. Dies war für Evanson ein ergreifender Augenblick.

„Hans sprach darüber wie alles abgelaufen ist und wie sehr sie sich wünschen, daß eine friedvolle Freundschaft zwischen unseren beiden Ländern entsteht.

Ich sprach auch und sagte: Ich würdige die Arbeit die sie getan haben. Was Hans getan hat ist wie über den Ozean zu reichen und damit die bestehende Lücke zu überbrücken.

 

Ein lokaler Radiosender und zwei Tageszeitungen berichteten über die Feier, eine wie Evanson meint für die Gemeinschaft und Verständigung der Menschen sehr bedeutsamen Veranstaltung.

 

„In der einen Woche, in der wir in Deutschland waren, behandelten sie uns dort geradezu wie königliche Personen,“ sagte Evanson, der während dieser Zeit im Hause der Brüggens wohnte. „Ich sagte: „es fühle sich an wie ein Traum, aber ich weiß das es kein Traum ist, weil ich genau dort stehe wo er abgestürzt ist.“

 

Evanson besuchte auch das Grab seines Onkels auf dem Soldatenfriedhof in Rheinberg. Damit wollte er die Reise abschließen, die ihm geholfen hat, einiges seiner bisherigen Meinung über die Deutschen zu revidieren.

 

„In der Zeit als ich aufwuchs hatte ich eine Vision wie die Deutschen währen. Ich wußte wie mein Vater über sie dachte und das ich dort hingehen würde, um die Dinge dort selbst zu sehen. Dort merkte ich, daß sie sich genauso vor dem Krieg fürchteten wie wir das auch taten. Sie waren ein Teil des Krieges, ohne selbst dazu eine eigene Wahl zu haben.“

 

Evanson erfuhr auch eine Menge über den Krieg aus der Sicht der Deutschen. Er machte mit ihnen eine Tour in die City von Köln, das durch die Bombardierungen im II. Weltkrieg zu 80 % zerstört worden war. „Dabei waren real Menschen getötet worden, geradeso wie mein Onkel. Der Besuch in Köln gab mir eine völlig neue Sichtweise – er zeigte mir die andere Seite der Geschichte.“

 

Alle die während der Reise gemachten Erfahrungen waren für Evanson sehr wertvoll. Nun war er, letztendlich dank seiner neuen Freunde in Deutschland dazu in der Lage, das Geschichtsbuch über seinen Onkel abzuschließen.

 

Das komplette Geschichtsbuch wurde inzwischen an hunderte Familienmitglieder weitergegeben.

Für Evanson ist das Buch eine dauerhafte Erinnerung für seine ganze Familie daran, welches Opfer sein Onkel für sie gebracht hat.

„Das ist einer der Gründe, weshalb ich dieses Buch gemacht habe. Ich wollte das sie wissen was mein Onkel durchgemacht hat und das sie diese Geschichte lebendig halten, damit wir nicht mehr durch etwas gleiches gehen müssen und das sie anerkennen was mein Onkel tat. Durch ihn lebe ich in Freiheit. Es war mir möglich zu heiraten und eine Familie zu haben.

 

Er hatte dazu nie die Gelegenheit.“