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Oberaußem - Fortuna und die Braunkohle


4. Die Grube Urwelt

 

Eine der ersten kleinen Gruben, in der bereits Anfang des 19. Jahrhunderts in der Nähe von Oberaußem gewerbsmäßig Braunkohle geförderte wurde, war die Grube Urwelt. Sie befand sich zwischen Oberaußem und Quadrath.

Hierzu nachfolgend ein Artikel des Kölner Stadtanzeigers – Nr. 126 / BG 14

 

„Kunde aus den frühen Tagen der Braunkohle, Gedenkstein weckt viele Erinnerungen“

 

Vor einiger Zeit wurde auf dem Gelände des ehemaligen Klosters Bethlehem bei Fortuna mitten im Wald ein Gedenkstein gefunden. Seine Inschrift lautet: „Zur größten Ehre Gottes. Zum Andenken an die Eröffnung dieses Weges errichtet im Jahre 1861 von der Gewerkschaft und dem Dorfe Urwelt.“ Darunter ist das Symbol des Bergbaus, Schlegel und Eisen in den Stein gemeißelt.

Rheinbraunmitarbeiter und Fortuna-Ortsvorsteher Max Bleifuß berichtet, daß dieser Stein früher etwa in der Höhe des Schirrhofs Fortuna, rund 100 m von der Mauer des Gestüts Schlenderhan entfernt, gestanden habe. Dort mußte er 1936 der damaligen Grube Fortuna weichen und sei im Garten des Klosters Bethlehem in der Nähe der Ortschaft Fortuna aufgestellt worden. Jetzt wurden auch der sich verjüngende Kopfstein zum Denkmal und Teile eines steinernen Kreuzes gefunden, das den Gedenkstein zierte. Ein Kreuzbalken trägt die Initialen „INRI“.

Urkunden aus dem Rheinbraun-Zentralarchiv und eine „Geschichte der Grube Fortuna“ des ehemaligen Rechnungsführers Heinrich Hürth geben auch Aufschluß über die alte Braunkohlengrube und das Dorf „Urwelt“.

Am 18. März 1823 wird im Amtsblatt Köln Nr. 11 bekannt gemacht, daß mit dem 19. Februar das Braunkohlenfeld „Urfeld I“ konzessioniert wurde. Und zwar an den Mühlenbesitzer Ludwig Colping aus Kenten, den Gastwirt Peter Nelles aus Bergheim und an Anna Catharina geb. Adams, Witwe nach Mathias Joseph Müller aus Oberaußem.

Jedoch schon früher wird vom Braunkohlenabbau in der Gegend von Quadrath berichtet.

Neben dem Tummelbau wurde in Urwelt auch der Kuhlenbau dort betrieben, wo die Kohle nur von zwei bis sechs Meter starkem Abraum überdeckt war. 1774 gab es bereits in der Nähe des Gutes Schlenderhan einen Stollen zur Ableitung der Grubenwässer des dort betriebenen Tunnelbaus der Grube „Schlenderhan“ zur Erft hin. Am 6. März 1822 wurde vom preußischen Staat das Feld „Schlenderhan“ an Raitz von Frenz mit der Verpflichtung verliehen, der anschließenden Grube „Urwelt“ die Verbindung eines Wasserstollens an den von Schlenderhan zu gestatten.

Die Entstehung des Namens „Urwelt“ ist nicht belegt. Es gibt eine Reihe von Vermutungen, die aber nicht stichhaltig sind. Im Volksmund wird erzählt, die Gegend sei so abseits gelegen und unwirtlich gewesen, daß man diesen Namen gewählt habe. Der bekannte Frechener Heimatforscher und frühere Rheinbraun-Mitarbeiter, Rechtsanwalt Fritz Wündisch, meint dazu: „Ludwig Colping“, einer der ersten Konzessionäre, der sein Feld „Urwelt“ nannte, war sich offenbar bewußt, daß die Braunkohle die er förderte, einer vor vielen Millionen von Jahren versunkenen Welt angehörte.

Der Urwelt-Konzessionär Colping war auch an der Braunkohlengrube Röttgen beteiligt. Sie lag bei Hemmersbach in der damaligen Gemeinde Horrem. Diese Grube hatte offenbar 1831 Mangel an Arbeitskräften, denn in der „Kölnischen Zeitung“ erschien am 29. Dezember folgende Anzeige:

„Junge Leute, die das Klüttenmachen verstehen und sich als Steiger zu qualifizieren wünschen, wollen sich bei dem Grubensteiger, Direktor des Steiger-Instituts auf dem Röttgen, Herrn Bachem, melden.“

Im Laufe der Jahre entstand in unmittelbarer Nähe der Grube „Urwelt“ eine kleine Siedlung. Sie lag rund eineinhalb Kilometer östlich vom Orte Quadrath entfernt. Diese Bergbausiedlung oberhalb von Schloß Schlenderhan soll aus sechs Häusern bestanden haben. 1861 hatte diese Ansiedlung 24 Einwohner, 1895 waren es 33.

Die Förderung aus dem Schacht I der Grube „Urwelt“ ist belegt. Sie betrug 1857 täglich 600 bis 800 Körbe zu je 55 Pfund Knabben und Feinkohle. Das waren umgerechnet 440 Zentner oder 22 Tonnen. Je vier Mann bildeten eine Kameradschaft. Die Soll-Leistung für eine Kameradschaft war auf 250 Körbe je Schicht festgesetzt. 1000 Klütten mußten je Schicht hergestellt werden. Für diese Arbeit betrug der Durchschnittslohn 5,15 Silbergroschen, das sind rund 0,50 DM. Auch die Preise sind bekannt:

Eine Tonne Knabbenkohle kostete 20 Silbergroschen; für eine Tonne Klütten, 1000 Stück, zahlte man 100 Silbergroschen. Vom 10. April 1854 an waren Grubenbesitzer und Belegschaft zur knappschaftlichen Beitragszahlung verpflichtet.

1861 wurde die Kreisstraße von Quadrath nach Oberaußem als befestigter Weg fertiggestellt. Möglicherweise veranlaßte die Einwohner des Dorfes „Urwelt“ die Fertigstellung dieser Straße zu der auf dem Gedenkstein bezeugten Dankbarkeit.

„Urwelt I“ wurde später um das benachbarte Feld Urwelt II“ vergrößert. Am 1. Oktober 1885 stellte der damalige Besitzer, Simon Freiherr von Oppenheim, den Betrieb der Grube „Urwelt“ ein. Am 13. Mai 1898 erwarben der Kommerzienrat Adolf Silverberg und Justizrat Balduin Trimborn die Felder „Urwelt“, „Schlenderhan“ und „Giersberg-Fortuna und gründeten am 23. Mai des gleichen Jahres die Gewerkschaft Fortuna als Stammzelle der späteren „Rheinische Aktiengesellschaft für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation, Köln“,

Im Jahre 1935 erreichte der Abraumbetrieb der Grube Fortuna die alten Tummelfelder der Grube „UrweIt“. Im Jahre 1937 wurde das letzte noch stehende Haus der Bergbausiedlung Urwelt abgebrochen.

Der alte Gedenkstein zur Grube Urwelt wurde inzwischen auf rekultiviertem Gebiet, zwischen Oberaußem und Quadrath, dort wo heute links neben der Landstraße L 93n die neuen Gehöfte liegen, im Bereich der einstigen kleinen Klütten-Grube neu aufgestellt.