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Oberaußem - Fortuna und die Braunkohle

 

 

8. Der Tagebau Bergheim

 

Mit dem Aufschluß des Tagebaus Bergheim, kam der Braunkohlenabbau noch einmal in das direkte Ortsgebiet von Oberaußem und Fortuna zurück. Hierdurch ergaben sich für Oberaußem und vor allen Dingen für die einstige Bergarbeitersiedlung Fortuna sowie das ehemalige bei Fortuna angesiedelte Kloster Bethlehem gravierende Veränderungen. Der Ort Fortuna, das Kloster Bethlehem und die für unseren Heimatort so bedeutenden Kraftwerke Fortuna, mußten zum Leidwesen vieler hiesigen Bürger komplett dem Tgb. Bergheim weichen.

Es waren zahlreiche Baumaßnahmen erforderlich, um den Tagebau-Aufschluss vorzubereiten beziehungsweise überhaupt erst möglich zu machen.

  • Verlegung von 25 KV-, 110 KV- und 220 KV- Freileitungen, unterirdischer elektrischer Kabel sowie Rohrleitungen aus dem Vorgelände des Tagebaus Bergheim auf das neu erstellte Verkehrsband Fortuna, zwischen Bergheim und Niederaußem. Zu den Rohrleitungen zählt auch eine Trinkwasserleitung für die Versorgung der Städte Düsseldorf und Neuss.
  • Verlegung der Bundesstraße B 477 auf das neue Verkehrsband Fortuna.
  • Neubau einer Betriebsstraße als Ersatz für die Landstraße L 93 zwischen Oberaußem und Fortuna.
  • Herstellung eines Einschnittes zur Aufnahme der aus mehreren Förderwegen bestehenden Verbindungsbandanlage Tgb. Bergheim – Tgb. Fortuna-Garsdorf, mit Anschluß an die dortigen Vorratsgräben und die Innenkippe.
  • Neubau eines Mannschafts- und Sanitätsstützpunktes gegenüber der Ortschaft Oberaußem.

Der Aufschluß des Tagebaus Bergheim erfolgte mit dem Bagger 273. Dieser Schaufelradbagger wurde im Oktober 1983 vom Tagebau Frimmersdorf zum Tagebau Bergheim auf derselben Trasse transportiert, auf der auch der Bagger 261 vom Tagebau Frechen zum Tagebau Garzweiler fuhr.

Per Knopfdruck setzte der damalige Rheinbraun-Gruppendirektor Georg Schönfeld am 3. Februar 1984 den Schaufelradbagger 273 in Bewegung — damit war der neue Tagebau Bergheim eröffnet.

Die Abbaufläche des Tagebaus Bergheim betrug 675 ha. Davon entfielen 307 ha auf landwirtschaftliche Flächen, 216 ha auf forstwirtschaftliche Flächen und 151 ha auf Verkehrs-, Siedlungs- und sonstige Flächen. Die Begrenzungen des Tagebaus waren im Norden der Bergheimer Graben an der Dormagener Straße, im Westen die Ortschaft Bergheim, im Süden die Ortschaft Quadrath-Ichendorf und im Osten der alte Tagebau Fortuna mit der Kippe Abtsbusch (Ostkippe) und der Ortschaft Oberaußem.

Der Tagebau Bergheim hatte einen Kohleinhalt von 243 Millionen t. Die anfallende Abraummenge betrug 630 Millionen m³. Das Verhältnis von Abraum zu Kohle (A:K) betrug etwa 2,6:1. Das Flöz war ungeteilt und durchschnittlich 70 m mächtig. Im südlichen Abbaufeld erreicht das Flöz eine Mächtigkeit von bis zu 90 m. Im Tagebau Bergheim wurde zum letzten Mal ein solch mächtiges Kohleflöz im Rheinischen Revier abgebaut.

Die Kohle im Tagebau Bergheim war überwiegend aschearm und besaß eine gute Brikettierfähigkeit. Bei Rheinbraun nannte man den Tgb. Bergheim aufgrund der guten Kohle und der Flözmächtigkeit auch „Das Filetstück des Reviers“.

Der Tgb. Bergheim hatte nur ein Drittel der Fläche des Tgb. Fortuna-Garsdorf und bei einer Tiefe von 180 m ergaben sich Höchstschwierigkeiten für die Bergleute. Um die gesamte hochwertige Brikettierkohle überhaupt fördern zu können wurden steilere Böschungswinkel als bisher erforderlich.

Der Aufschluß des Tagebaus Bergheim erfolgte über einen Aufschlussgraben vom Tgb. Fortuna-Garsdorf aus. Mitte April 1984 erfolgte die Sperrung der alten Landstraße L93 zwischen Oberaußem und Fortuna. Mit dem Abbruch dieser alten Verbindungsstraße entfiel auch die Nutzung des Sportplatzes, der in den 50ger Jahren als Ersatz, für den ehemaligen Oberaußemer Fußballplatz auf dem Tonnenberg, gebaut worden war. Die Sperrung der Verbindungsstraße K49, zwischen Fortuna und Kenten erfolgte Ende 1984.

Ab 15. August 1984 lief der erste 100.000-er Bagger, der 259 aus Fortuna-Garsdorf, im Tgb. Bergheim. Dieses Gerät förderte am 21. September 1984 die erste Kohle. Die geförderte Kohle lag 45 m tief unter der Erdoberfläche in der Nähe von Oberaußem, am Ostrand des Tagebaus Bergheim.

Im Bereich des Grabenbunkers der ehemaligen Kraftwerke Fortuna, gingen 1984 zwei Zugbeladeanlagen in Betrieb. Sie dienten dem Abraumtransport von Bergheim aus über die Nord-Süd-Bahn, zur Verfüllung des Restloches des Tagebaus Frechen.

Ende 1984 ging der neue Bandsammelpunkt als Fördergutverteilungssystem in Bergheim in Betrieb. Damit war die direkte Verbindung aller Förderwege des Tgb. Bergheim mit den Abraumzugbeladeanlagen für den Abraumtransport nach Frechen und zu den Innenkippen sowie den Vorratsbunkern in Fortuna-Garsdorf vorhanden.

Im ersten Betriebsjahr förderte man bereits rund eine Million t Braunkohle. 1985 waren es ca. acht Mio. T. In den Jahren von 1992 bis 1994 lag die Jahres-Kohlenförderung in der Größenordnung von 30 bis 32 Mio. t.

Ende 1985 wurde der zweite 100.000er Bagger, der 260, von Fortuna-Garsdorf nach Bergheim überstellt. Ihm folgten 1986 der 60.000er Bagger 274 aus dem Tgb. Frimmersdorf und 1993 der 100.000er Bagger Nr. 262 aus Fortuna-Garsdorf. Zu Spitzenzeiten arbeiteten im Tgb. Bergheim fünf Schaufelradbagger und zwei große Schürfkübelgeräte (Draglines).

Ab1993 lieferte der Tgb. Bergheim ca. 70 % der Brikettierkohle des Gesamtreviers.

Da der Tagebau Bergheim sehr nah an einige Orte und Industrieanlagen (Martinswerk) heranreichte, gab es auch in der Abbauzeit erhebliche Probleme mit Bergschäden. So mußte 1991 der Abbau der tiefen Scholle im Bereich Bergheim wegen dort aufgetretenen zahlreichen Bergschäden unterbrochen werden. Erst ein Maßnahmenpaket mit Verzicht auf die Gewinnung von ca. 18 Mio. t Kohle und vorzeitiger Anlegung der Innenkippe als Stützmaßnahme für die recht steile Böschung in diesem Bereich, erlaubte die Wiederaufnahme des Förderbetriebes.

Auf der westlichen Seite des Tagebaus, gegenüber der Stadt Bergheim, und auf der östlichen Seite, gegenüber der Ortschaft Oberaußem, wurden Lärmschutzdämme errichtet und aufgeforstet.

Am 9. Juli 1993 wurde die 2,7 km lange, neue Verbindungsstraße L93n zwischen Oberaußem und Quadrath für den Verkehr feigegeben. Der Bau dieser, für den Tagebaufortschritt wichtigen Straße, wurde damals durch Schwierigkeiten mit der betroffenen Bevölkerung erheblich verzögert. Es gab viele Einsprüche und Gestaltungswünsche und sogar eine große Bürgerversammlung im Oberaußemer Bürgerhaus.

Erwähnenswert erscheint an dieser Stelle die Freilegung alter Grubenbauten der einstigen Grube Fortuna im Tgb. Bergheim. Hierzu schreibt Revier und Werk im August 1986:

Alte Grubenbaue aus dem 19. Jahrhundert legten kürzlich die Schaufelradbagger im Tagebau Bergheim frei.

Solche Schächte werden immer wieder entdeckt. Dieses Mal handelt es sich um im Ausbau noch sehr gut erhaltene, ausgemauerte Entwässerungsstrecken mit Türstockausbauten und um einen Schacht. Der sogenannte Adolfschacht der Grube Fortuna ging bis in eine Teufe von 91 Metern. Er wurde mit Sicherheit in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts abgeteuft, denn in alten Geschäftsberichten der „Gewerkschaft Fortuna“ von 1898 und 1899 wurde er erstmals erwähnt.

Das Besondere an diesem Fund ist nicht nur der noch funktionstüchtige Ausbau, sondern auch die im Pumpenraum noch aufgefundene sehr gut erhaltene Pumpe mit Typenschild. Außerdem fanden sich noch Hebe- und andere Werkzeuge.

Für die Schaufelradbagger bedeuten leider solche Funde immer eine Gefährdung. Werden sie nicht rechtzeitig entdeckt und mit Hilfsgeräten beräumt. können sie, einmal vom Schaufelrad erfaßt, zu erheblichen Schäden am Großgerät oder an den Bandanlagen führen.

Anfang 1988 wurden in Bergheim die Fundamente und Leitungen der alten Brikettfabrik Fortuna beräumt. Die einstige im Ortsbereich von Fortuna angeschüttete erste Abraumhalde der Grube Fortuna wurde ebenfalls ab Anfang 1988 abgetragen. Der Abbruch der Kraftwerke Fortuna erfolgte 1989.

Mit der Überstellung des ersten Absetzers, Nr. 738 von Fortuna-Garsdorf zum Tgb. Bergheim Anfang 1991, begann die Wiederverfüllung.

2000 war der Tagebau Bergheim ausgekohlt und wird etwa im Jahr 2008 wieder völlig verkippt sein.

Die restliche Verfüllung des Tagebaus Bergheim erfolgt derzeit mit Abraum, der über eine Fernbandanlage aus dem Tagebau Hambach geliefert wird.

Nach Abschluß der anschließenden Rekultivierungsmaßnahmen soll das einstige Tagebaugebiet zum größten Teil wieder forst- und landwirtschaftlich nutzbar sein. Im derzeitigen Rekultivierungskonzept ist die Erstellung einer ca. 100 Hektar großen Besiedlungsfläche, östlich von Bergheim vorgesehen. Die einstige Straßenverbindung zwischen Oberaußem und Kenten soll mit einer neuen Landstraße, der K 44, wieder hergestellt werden.

Mit Abschluß der Rekultivierung wird die letzte Lücke des ausgekohlten Villerückens wieder landschaftlich geschlossen sein.

Aus Oberaußemer Sicht sollte man über die Einrichtung von Stellen der Erinnerung an das einstige Kloster Bethlehem, die ehemalige Bergarbeitersiedlung Fortuna und die Kraftwerke- und Brikettfabriken Fortuna, im Rekultivierungsgebiet Tgb. Bergheim nachdenken.

 

Letzte Kohle aus Tgb-Bergheim

Im Sommer 2002 erfolgte der Abtransport der letzten Kohle aus dem Tagebau Bergheim. Betriebsdirektor Dr. Gärtner fuhr selbst den beladenen LKW zur Kippstelle.

Mehr dazu im nebenstehenden Artikel aus der Mitarbeiterzeitung team:rheinbraun

 

Verfüllung abgeschlossen

Die Verfüllung des Tagebaues mit Abraummaterial aus dem Tgb. Hambach wurde im April 2009 abgeschlossen. Die Gestalltung der Oberflächen mit Rekultivierung des Geländes soll bis Ende 2010 beendet sein.

Zeitungsartikel zum Abschluß der Verfüllung des Tgb. Bergheims und zur Umsetzung des letzten Großgerätes erschienen in den Lokalzeitungen.

Kopien siehe rechte Seitenspalte.