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Oberaußem - Fortuna und die Braunkohle

 

11. Die Kraftwerke Fortuna


Vorworte:


Die Kraftwerke Fortuna mit allen verbundenen Fabriken und Tagebaubetrieben, waren für die Orte Oberaußem und Fortuna von einer solch großen Bedeutung, dass hierzu nachfolgend etwas umfangreicher informiert wird.

Sehr ausführliche und detaillierte Informationen zu dieser Thematik bietet u.a. das Buch: “Die Kraftwerke Fortuna“ von Detlef Witt.

Nachfolgen ein zusammengefasster Überblick zu den Kraftwerken Fortuna mit Originaltextpassagen aus Revier und Werk und aus einer RWE-Broschüre von 1966 sowie mit Ergänzungen.


Der Schwerpunkt der Stromerzeugung des RWE liegt auf der rheinischen Braunkohle im Kölner Revier. Der Abbau der Braunkohle erfolgt im Tagebau. Zur Stromerzeugung werden ca. 85 % der geförderten Rohbraunkohle benutzt. Die Gewinnung der Kohle im Tagebau und die Möglichkeit des Einsatzes großer mechanischer Abbaugeräte bei geringem Personalbedarf sichern der Braunkohle und damit dem Braunkohlenstrom einen nicht unerheblichen preislichen Vorsprung.

Im Rheinischen Revier lagern auf einer Fläche von 3.000 km² Kohlenvorkommen von wenigstens 60 Milliarden Tonnen.


Der Beginn der Braunkohlenverstromung:


Daß Licht und Wärme auch im Zeitalter der Maschinentechnik ursprünglich etwas mit der Sonne zu tun haben, behauptet noch der alte Bergmannsspruch.

„Was im Strahl der Sonn‘ erwuchs zu grüner Pracht und verschüttet ward ins starre Grab der Erde, ward heraufgeholt aus tausendjähr‘ger Nacht, damit es uns zu Licht und Wärme werde.“

In Paris hatte man 1848 anläßlich einer Opernaufführung von Meyerbeers „Der Prophet“ symbolisch diesen Zusammenhang noch nachvollziehen können. Mittels einer Kohlenlichtlampe, die Foucault erfunden hatte, wurde auf der Bühne ein Sonnenaufgang vorgestellt. Damals hatte die Anwendung der Elektrizität noch Liebhaberwert.

Das änderte sich mit der Erfindung der Kohlenfadenlampe durch Thomas A. Edison 1879 — aber es änderte sich erst allmählich. Immerhin waren mit der Edison-Glühlampe die Voraussetzungen für eine künstliche Lichtquelle mit hoher Lichtstärke und langer Brenndauer geschaffen und diese Lichtquelle konnte fabrikmäßig hergestellt werden!

Doch in den Anfängen blieb die Elektrizität ein Privileg kleiner Kreise. Strom war für den „kleinen Mann“ unbezahlbar. Jede Kilowattstunde hätte um 1885 den drei- bis vierfachen Stundenlohn eines Arbeiters aufgezehrt, ganz abgesehen von den unverhältnismäßig hohen Gebühren für Hausanschluß, Zähler, Schalter und für den Grundpreis. Die Göttin Fortuna, die gekommen war, den Menschen Licht zu bringen, hielt zunächst nur Einzug in die Stuben wohlhabender Bürger.

Dennoch war der Siegeszug des Lichts nicht mehr aufzuhalten. Elektrizität war für alle sichtbar geworden, und sei es zunächst nur in der zunehmenden Straßenbeleuchtung oder bei feierlichen öffentlichen Anlässen, wie während der „Kaisertage am Rhein“ 1884. Da konnte auch das Volk den Zauber des neuen Lichts bestaunen. Auf Schloß Augustusburg bei Brühl im rheinischen Braunkohlenrevier leuchteten zum „Großen Zapfenstreich“ drei Bogen- und 60 Glühlampen auf; ganz nebenbei gesagt war es eine Weltpremiere in Sachen Braunkohlenstrom. Etwa zur gleichen Zeit brannte in Berlin in dem berühmten Café Bauer elektrisches Licht aus Deutschlands erster „Blockstation“ ‚ einer Station, die mit einer Leistung von 100 kW Gleichstrom mit 100 Volt Spannung lieferte. Berlin, das waren zu dieser Zeit die berühmteste Lichterstadt und das Zentrum einer aufblühenden Elektroindustrie.

So wurde, was noch kurz zuvor als eine unerhörte Sensation gegolten hatte, bald Bestandteil des Alltagslebens. Auf Festbeleuchtung und städtische Reklamelichter folgten die ersten elektrischen Straßenbahnen. Elektrizität war bald Energiequelle für Industrie und Gewerbe, Antriebskraft für Verkehrsmittel, Helfer in Küche und Haushalt, Lebenselixier für Kino und Rundfunk, Fernsprechwesen und Telegrafie. Um 1900 machte der reine Lichtstrom nur noch 25 Prozent aller Stromerzeugung aus.

Licht und Kraft und ein wachsender Bedarf nach beidem, das bedeutete eine Herausforderung für den Maschinenbau. Gewaltige Dampfmaschinen mit 4.000 bis 6.000 PS verrichteten in den größeren Elektrizitätswerken ihren Dienst, bevor Dampfturbinen entwickelt wurden, die kompakter waren und rationeller arbeiteten. „Mehr Dampf!“ hieß die Devise. Dampfkessel- und Feuerungstechnik mußten mitwachsen. „Die Küche wird elektrisch“, verkündete nach 1900 die Presse mit Blick auf die Haushalte, und auch immer mehr Großabnehmer verlangten nach elektrischer Energie. Energie, die zuerst einmal erzeugt werden mußte. Für die Versorgungsunternehmen dieser frühen Jahre keine leichte Aufgabe. Die Versorgungsgebiete dehnten sich aus, auf die Vorstädte und auf das Umland und es stellte sich die Frage nach einer sicheren und preiswerten Rohstoffgrundlage. Städte, die diese Entwicklung frühzeitig erkannt hatten, sahen sich vor allem unter dem Eindruck erster Engpässe, nach geeigneten Lösungsmöglichkeiten um.

Darunter waren auch Köln und Düsseldorf. Hier am Rhein entwickelten sich städtische und zunehmend auch industrielle Ballungszentren von ganz beachtlichen Ausmaßen. Der Rhein als verkehrsmäßig bedeutsame Schlagader und der schon fortgeschrittene Eisenbahnbau waren in dieser Zeit beispielsweise für die Stadt Köln und ihr Umland bereits ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Eine Kernfrage wirtschaftlicher Entwicklung und Zukunft war selbstverständlich auch hier nach der Jahrhundertwende die Frage der Energieversorgung. Westlich von Köln, im Städtedreieck zwischen Aachen, Köln und Mönchengladbach, befand sich damals schon die erschlossene und weitgehend industrialisierte Rohstoffbasis, die für ein Ballungsgebiet wie den Kölner Raum zum Greifen nahe lag und liegt, „Das rheinische Braunkohlenrevier“.

Aufgrund immer stärker werdender Nachfrage und mit Blick auf wirtschaftliches Wachstum beschäftigten sich solche größeren Städte sehr intensiv vor allem mit den Fragen einer langfristigen und ausreichenden Energieversorgung. Köln, Düsseldorf, Neuss, Rheydt und Mönchengladbach beispielsweise stellten 1906 gemeinsame Überlegungen an, ein eigenes Elektrizitätswerk auf der reichhaltigen Braunkohlenbasis vor den Toren der Rheinmetropole zu errichten. Die Braunkohlengrube Fortuna bei Bergheim war, nach Lage und Vorkommen, bevorzugter Wunschpartner. Der Name „Fortuna“ konnte dabei nur ein gutes Omen sein.

Aber die anfänglichen Verhandlungen über ein solches Projekt kamen zu keinem Ergebnis. Die beteiligten Städte wollten das Kraftwerk stärker im Brennpunkt des Verbrauchsgebietes, etwa bei Dormagen am Rhein, sehen. Ihr Verhandlungspartner, die Fortuna Aktiengesellschaft für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation (Fortuna AG), damals mit Sitz in Horrem, später als „Rheinische Aktiengesellschaft‘ in Köln, vertrat dagegen die Ansicht, es sei unwirtschaftlich, ein Braunkohlenkraftwerk von seiner Kohlengrundlage zu trennen. Auch über das Verteilungsnetz gab es Meinungsverschiedenheiten, Freileitung oder Kabelnetz hieß die Alternative.

Die Fortuna AG war Anfang 1903 aus einer Bergheimer Vorläufergesellschaft hervorgegangen. Es war ein aufstrebendes Unternehmen, das seine Aktivitäten durch erste Fusionen und Ausweitung der Geschäftsfelder zunehmend von der ursprünglichen Bindung an die Grube löste. Seit dem Herbst 1903 war Paul Silverberg, Sohn des jüdischen Kaufmanns und Unternehmers Adolf Silverberg aus Bedburg, für die Geschicke von „Fortuna“ verantwortlich. Paul Silverberg, der heute als der bedeutendste Repräsentant des rheinischen Braunkohlenbergbaus in den drei Jahrzehnten vor dem Zweiten Weltkrieg gilt, war damals noch ein „unbeschriebenes Blatt“ in der Welt der Wirtschaft, der industriellen Verbände oder gar in politischen Kreisen. Aber seine Positionen, die sich in einer geschickten Verhandlungsführung ausdrückten, waren von Anfang an auch in den Diensten der jungen Fortuna AG schon fest umrissen. In den Jahren zwischen 1906 und 1910 führte Silverberg weitere Verhandlungen mit denkbaren künftigen Strompartnern. Diese konzentrierten sich mehr und mehr auf die Stadt Köln und auf das engere Umfeld der Fortuna AG, den Landkreis Bergheim. 1908 entstand aus der Fortuna AG die Rheinische Aktiengesellschaft für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation (RAG) mit Sitz in Köln, die Rechtsvorläuferin von Rheinbraun, damals bereits das größte Braunkohlenunternehmen des Reviers mit einer Kohlenförderung von viereinhalb Millionen Tonnen (Jahresförderung 1908/09), 3051 Beschäftigten und einer Brikettproduktion von knapp über einer Million Tonnen, eine sichere Basis für die Zukunft. Aber es gab auch eine Reihe von Problemen, saisonal bedingte Schwankungen im Brikettabsatz, das Problem einer Vollbeschäftigung und gleichmäßigen Auslastung der teuren Anlagen, eine harte Konkurrenzsituation für die Braunkohlenindustrie durch Ruhr-, Wurm-, Saar- und belgische Kohle, Transportkosten, die das Hauptprodukt, das Brikett, belasteten. Ein Kraftwerk am Standort der Rohstoffbasis, damit ein langfristig sicherer und gleichmäßiger Verbraucher, eine Umgehung des Transportproblems („Kohle über Kabel“) und nicht zuletzt eine Überwindung der saisonalen Absatzschwankungen, alles in allem also ein „zweites Bein“ für die RAG - war das nicht die „zündende Idee“ des Stromzeitalters aus der Sicht des Bergbautreibenden vor den Toren von Köln?

Köln, als einzige unter den größeren Städten, ließ sich schließlich bewegen. Die Stadt stand vor der Alternative, andernfalls ein bereits vorhandenes Elektrizitätswerk weiter ausbauen oder sogar ein gänzlich neues Werk im Norden der Stadt selbst errichten zu müssen. Silverberg kam der Stadt allerdings auch entgegen. Er ließ von seinem Konzept einer Freileitung ab. Ausschlaggebend für die Kölner Entscheidung zugunsten der RAG war auch die Erfüllung der Kölner Forderung, innerhalb der Stadt die Verteilung des Stroms selbst vornehmen zu können. Auch die zukünftige Entwicklung des Stadtgebietes und damit eine weitere Entwicklung des Strombedarfs, war von Anfang an Verhandlungsgegenstand. Die RAG sollte elektrische Energie für das gegenwärtige und für das zukünftige Stadtgebiet liefern - soweit der Bedarf nicht aus bereits vorhandenen Anlagen gedeckt wurde. In der Frage der Elektrizitätsversorgung der Stadt Köln war damit die RAG als Strompartner zum Zuge gekommen, die durchaus in dieser Eigenschaft nicht ohne Konkurrenz war.

Am 3. Juni 1910 war Vertragsabschluß. Mit dem Kreis Bergheim war ebenfalls ein Stromlieferungsvertrag zustande gekommen. Die Stadt Köln, um nur darauf näher einzugehen, verpflichtete sich, ihren gesamten Strombedarf - mit der genannten Einschränkung - vom 1. April 1912 an 30 Jahre lang von der RAG zu beziehen. Die RAG gründete daraufhin am 28. Juni 1910 als Trägergesellschaft für ihr zukünftiges Elektrizitätswerk das Tochterunternehmen „Rheinisches Elektrizitätswerk im Braunkohlenrevier AG“ (REW, im Unterschied zum RWE, dem großen Essener Elektrizitätsunternehmen und damaligen Konkurrenten, der später zur Muttergesellschaft auch der RAG wurde). Paul Silverberg und der damalige Kölner Oberbürgermeister Max Wallraf gehörten dem Aufsichtsrat der neugegründeten Gesellschaft an. Bereits im selben Sommer wurde mit der Kabelverlegung begonnen, die ein Spektakulum wurde und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung erfolgte. Über eine rund zwanzig Kilometer lange Strecke wurde die elektrische Nabelschnur zwischen der Braunkohlengrube Fortuna und dem Kölner Stadtgebiet verlegt; eine Übernahmestation auf dem Gelände des Köln-Ehrenfelder Gaswerkes sorgte für die innerstädtische Anbindung. Währenddessen erhielt die AEG in Berlin den Auftrag, als Generalunternehmer das Kraftwerk Fortuna zu errichten.

 

Und das waren die Anfänge:


Mit 25.000 Volt Spannung lieferte Fortuna ab dem 1. April 1912 Drehstrom nach Köln - mit steigendem Bedarf mehr und mehr. 1914, im Jahr des Kriegsbeginns, lieferte die RAG-Tochter REW etwa die Hälfte des in Köln benötigten Stroms. 72,7 Prozent des Bedarfs entfielen zu dieser Zeit auf Haushalte und Gewerbe, 25,7 Prozent auf die Umformwerke der städtischen Straßenbahn, und gut ein Prozent wurde für die öffentliche Beleuchtung verbraucht. Licht und Kraft waren längst kein Privileg Weniger mehr. Das einstige Luxusgut wohlhabender Bürger und großer Geschäftshäuser war zum Lebensnerv der Städte geworden.

Die erste Stromerzeugung im Kraftwerk Fortuna begann bereits 1912 mit einer Leistung von vier Megawatt. Das Kraftwerk in seiner letzten Form war das Ergebnis mehrerer Ausbaustufen. Zuletzt war es in den fünfziger Jahren um das Werk „lIl“ erweitert worden. 1965 erreichte die Anlage ihre höchste installierte Leistung von 1020 Megawatt.

 

Kraftwerkstechnik in Fortuna:


Die Kraftwerke Fortuna I, II und III hatten eine installierte Gesamtturbinenleistung von ca. 1.120 MW. Eigentümer war Rheinbraun. Die Werke waren jahrzehntelang, bis zu ihrer Stilllegung an das RWE verpachtet. Beim RWE gehörten sie wie das heutige Kraftwerk Niederaußem zur Betriebsverwaltung Fortuna.

Das Werk Fortuna I, wurde im Jahre 1910/11 erbaut und ging 1912 erstmalig zur Stromversorgung von Bergheim und Köln in Betrieb.

Das Werk II ging 1923 in Betrieb. Es bestand aus einer Vorschaltanlage mit zehn staubgefeuerten HD- Kesseln. Von der Wärmewarte aus, wo sich die Anzeigegeräte und Schreiber für die Kesselanlage und das Speisewasser- und Dampfnetz befanden, erfolgte die zentrale Steuerung der Kessel.

Das Werk III, in reiner Blockbauweise erstellt, ging mit Block 1 am 30. Dez. 1956 ans Netz. Die Blöcke 2 - 4 folgten 1957. Jedem der vier installierten Turbogeneratoren war ein Kessel zugeordnet. Die Überwachung der Blöcke erfolgte von den zu jedem Doppelblock gehörenden Leitständen aus.

Aufgrund aschereicher Rohbraunkohle waren alle Heizkessel in Fortuna für niedrigere Kohleheizwerte ausgelegt und zwar:

auf 2000 kcal/kg bei Werk 1

auf 1800 kcal/kg bzw. 1650 kcal/kg bei Werk II

auf1650 kcal/kg bei den Blöcken 3 und 4 und 1450 kcal/kg bei den Blöcken 1 und 2 in Werk III.

Als zentrale Meldestelle für die Werke I - III und als Schaltstelle für die Außenstationen diente die elektrische Schaltwarte in Fortuna II. Außerdem erfolgte von hier aus die Schaltung der Maschinen in Werk II.

 

Bekohlung und Entaschung:


Die Kohleversorgung der Kraftwerke Fortuna erfolgte bis Mitte der 1950ger Jahre aus der ehemaligen Grube Fortuna, ab 1960 vorwiegend aus dem Tieftagebau Fortuna-Garsdorf. Dort lagerten abbauwürdige Kohlevorräte von ca. 1.030 Millionen Tonnen. Weiterhin konnte über das Verbundsystem der Nord-Süd-Bahn mittels 100-cbm-Großraumwagen von fast allen Großtagebauen des Reviers, Kohle in ausreichender Menge für die Kraftwerke geliefert werden. Zur Kohlenbunkerung dienten ein Grabenbunker mit einem Fassungsvermögen von 12.000 t und ein Schlitzbunker für 14.500 t Rohbraunkohle. Die angelieferte Kohle wurde über Eimerkettenbagger bzw. Entleerungswagen den Bunkern entnommen und mittels Gummiförderbändern den Kesselbunkern zugeführt, die bei voller Füllung für einen Volllastkesselbetrieb von 8 bis 10 Stunden ausreichten. Auf dem Wege zu den Kesselbunkern wurde die Kohle mittels Eisensuchgeräten von ev. mitgeförderten Eisenteilen befreit und in Vor- und Nachbrechanlagen zerkleinert. Aus den Kesselbunkern wurde die Kohle über Zuteiler zu den Mühlen befördert, in denen sie gemahlen und durch angesaugte heiße Rauchgase getrocknet wurde; denn die Rohbraunkohle besteht zu ca. 60% aus Wasser. Da die Mühlen auch als Gebläse arbeiteten, förderten sie den Kohlenstaub gemeinsam mit den Rauchgasen zu den Brennern, die bei den Blöcken 1 und 2 in Werk III in der Kesseldecke saßen. Die übrigen Kessel der Kraftwerke Fortuna hatten Ecken- oder Frontfeuerung. Die unter den Feuerräumen und Nachschaltheizflächen anfallende Asche wurde in Naßkratzentaschern abgeschieden, über Kettenförderer und einen Zwischenbunker in Aschetransportwagen verladen und in den ausgekohlten Tagebau befördert. Die in den Elektrofiltern abgeschiedene Asche wurde pneumatisch über Rinnen und Rohre in einen zentralen Bunker geblasen. Nach 1966 wurde die gesamte Asche von den Zwischenbunkern aus über Transportbänder gleich in die Grube gefördert.

 

Fortunit:


In den 50ger Jahren wurde aus der Kraftwerksasche „Fortunit“ hergestellt. Dies war eine Art Zement der aus Braunkohlenasche unter Beimischung von Trass und basischer Hochofenschlacke bestand. Unter Beigabe von Wasser entstand daraus ein hochwirksamer Putz- und Bindemörtel. In einer Menge von 50 kg wurde Fortunit in Papiersäcken verpackt an die Bauwirtschaft geliefert. Mitte der 60ger Jahre wurde die Produktion von Fortunit aus wirtschaftlichen Gründen wieder eingestellt.

 

Verbrennungsluft und Rauchgas:


Die für die Verbrennung notwendige Luft wurde über Frischlüfter angesaugt, in Luftvorwärmern aufgewärmt und über die Brenner in den Kessel eingeblasen. Ein kleinerer Teil konnte zur Kühlung über die Mühlen gehen. Die bei der Verbrennung anfallenden Rauchgase, bestanden aus den gasförmigen Verbrennungsprodukten, einem Wasserdampfanteil und der überschüssigen Luft. Sie gaben ihre Wärme durch Strahlung und Berührung an das Rohrsystem des Kessels und an die Luftvorwärmer ab. Nach dem Durchströmen von Elektrofilteranlagen waren die Rauchgase fast frei von Ascheteilchen und wurden über Saugzüge und die Schornstein ins Freie gebracht.

 

Speisewasser- und Dampfkreislauf:


Im Rohrsystem des Kessels wurde das eingespeiste Wasser verdampft. Der hochgespannte Dampf gelangte durch Rohrleitungen in die dreigehäusige Turbine. Nach Durchströmen des HD-Teils (Hochdruck) der Turbine wurde der Dampf mit niedrigerem Druck und niedrigerer Temperatur in Rohrleitungen zurück in den Kessel geführt und dort bei gleichem Druck im Zwischenüberhitzer wieder auf seine Ausgangstemperatur gebracht. Er gelangte dann zum MD-Teil (Mitteldruck) und zum ND-Teil (Niedrigdruck) der Turbine und wurde im Kondensator mit Hilfe von Kühlwasser kondensiert. Die Turbine war mit einem H2-gekühlten Drehstromgenerator gekuppelt, der die Leistung über einen Trafo ins Hochspannungsnetz abgab. Das Kondensat wurde von Kondensatpumpen durch die ND-Vorwärmer zum Entgaser und Speisewasserbehälter gefördert. Aus dem Speisewasserbehälter lief das Kondensat den Speisepumpen zu, die es über HD-Vorwärmer in den Kessel drücken. In den ND- und MD-Vorwärmern wurde das Wasser mit Hilfe von Anzapfdampf aus der Turbine vorgewärmt. Die Verluste im Wasserdampfkreislauf wurden durch vollentsalztes Wasser gedeckt.

 

Kühlwasserkreislauf:


Zum Kondensieren des Dampfes in den Kondensatoren und zur Versorgung der zahlreichen Kühlstellen wird Kühlwasser benötigt. Da kaltes Wasser aus Wasserläufen nicht vorhanden war, mußte das erwärmte Wasser zurückgekühlt werden. Dies geschah durch Verrieseln in Kühltürmen, wobei ein Teil des Kühlwassers verdunstete und der Hauptmenge so viel Wärme entzog, daß diese wieder ihre Ausgangstemperatur erreichte. In den Kühltürmen waren Ventilatoren eingebaut, welche die für die Verdunstungskühlung notwendige Luftmenge lieferten.


Wasseraufbereitung:


Die Wasserversorgung von Fortuna I - III erfolgte aus Grundwasserabsenkungs-Brunnen des benachbarten Braunkohlenbergbaues über die Wasserwerke Kenten, Niederaußem und Bohlendorf. Dieses Wasser wurde, soweit erforderlich, in einer zentralen Anlage von Eisen und Mangan befreit und zugleich entsäuert.

Das Zusatzspeisewasser für die Kessel lieferte eine Verdampferanlage. Diese wurde mit Weichwasser gespeist, dass durch Entkarbonisierung mittels H-Austausch, Rieselung und nachgeschaltetem Neutralaustausch aufbereitet wurde. Zur Deckung eines besonders hohen Zusatzspeisewasserbedarfes, z. B. in Anfahrzeiten, stand eine aus vier Austauschern bestehende Vollentsalzungsanlage in Reserve. Dem Speisewasser für die Trommel-Kessel wurde Hydrazin und in kleinen Mengen Trinatriumphosphat zugesetzt; dem Speisewasser der Zwangsdurchlauf-Kessel dagegen nur Hydrazin.


Die beiden Blöcke mit Zwangsdurchlauf-Kesseln (Kessel 1 und 2, Fortuna III) waren mit blockgebundenen Kondensatentsalzungsanlagen ausgestattet, die je aus einem Kationenaustauscher und einem Mischbett bestanden. Die Kondensatentsalzung wurde nur betrieben, wenn der Kieselsäuregehalt im Speisewasser über den normalen Wert anstieg (Anfahren, Kondensatorundichtigkeiten). Die Rückkühlsysteme der Kraftwerke wurden mit einem Wasser nachgespeist, das in einer Schnellentkarbonisierungsanlage durch Behandlung mit Kalkmilch teilenthärtet wurde und einen Zusatz von Spezialphosphaten zur Verhinderung der Ausfällung von Calciumkarbonatstein erhielt.

 

Stromerzeugung und Ableitung:


Von der Turbine wurden der Generator und die Erregermaschine angetrieben. Im Induktor wurde mit Gleichstrom, der von der Erregermaschine erzeugt wurde, ein elektromagnetisches Feld aufgebaut. Durch die Drehung des Läufers wurde die Generatorständer-Wicklung von den Kraftlinien dieses Magnetfeldes geschnitten und dadurch Spannung induziert. Die Generatoren der Blöcke 1 und 2, Fortuna III, waren für eine Scheinleistung von je 214 MVA ausgelegt. Die erzeugte Leistung wurde über Alu-Schienen, die in Iuftgekühlten Kanälen verlegt waren, zum Maschinen-Transformator geleitet, der die Spannung von 10,5 kV auf 220 kV transformierte.

Der Anschluß für den Eigenbedarfstransformator war zwischen Generator und Maschinentransformator abgenommen. Der Eigenbedarfstransformator versorgte im normalen Betrieb sämtliche blockgebundenen Anlagen. Bei Störungen oder während des Anfahrens wurden die blockgebundenen E-Anlagen von fremdeingespeisten Anfahrtransformatoren versorgt.

Die Blöcke wurden weitgehend automatisch geregelt. Das Leitstandpersonal überwachte normalerweise nur die Instrumente, die für den Blockbetrieb erforderlich und auf den Blockleitständen zusammengefaßt waren.

Der wesentliche Anteil der Stromerzeugung wurde über 220-kV- u. 110-kV- Leitungen in das RWE-Netz geliefert. Weiterhin wurde die Stadt Köln über acht 25-kV-Kabel unmittelbar versorgt. 15-kV-, 25-kV- und 110-kV-Leitungen dienten der Strombelieferung der Kreiswerke Bergheim, der benachbarten Gruben und der Erftbeckenentwässerung.

 

Das Ende der Kraftwerke Fortuna:


Seit dem Vorliegen der Betriebsgenehmigung für den Tagebau Bergheim war bekannt, daß die Kraftwerke, da sie im Abbau- beziehungsweise Sicherheitsbereich dieses Tagebaus lagen, spätestens Anfang 1989 stillgelegt werden mußten.

Aufgrund der durch die damals in Kraft getretenen Großfeuerungsanlagenverordnung geforderten Emissionsgrenzwerte hätte das Kraftwerk bis maximal Anfang 1993 betrieben werden können, da für einen über diesen Zeitraum hinausgehenden Weiterbetrieb erhebliche Nachrüstungen erforderlich gewesen wären. Diese Nachrüstungen waren aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll.

Zu den eben genannten Stilllegungsterminen entschied sich das Unternehmen aus ökonomischen und ökologischen Gründen. Die Stromerzeugung der alten Anlagen wurde von neueren Braunkohlenkraftwerken übernommen, die mit modernen Umweltschutz-Anlagen nachgerüstet sind. Hierdurch ergibt sich eine wesentliche Verringerung der Schwefeldioxid-, Stickoxid- und Staubemissionen.

Ab den 70ger Jahren wurde nur noch wenig in die veraltete Technik der Kraftwerke-Fortuna investiert. Bereits seit 1987 wurde die Kraftwerksleistung stufenweise zurückgefahren und auch Kraftwerksteile stillgelegt.

Werk „1“, der älteste Teil der Kraftwerke, wurde bereits in den fünfziger Jahren abgerissen.

Ende 1988 wurde die traditionsreiche Kraftwerksanlage, die vor allem während der zunehmenden Industrialisierung und dem Wiederaufbau der Industrie nach den beiden Weltkriegen einen erheblichen Anteil zur Deckung des steigenden Strombedarfs beigetragen hat, nach mehr als 75-jähriger Stromerzeugung endgültig stillgelegt. Am 22. Dezember 1988 wurde, nach 76 Jahren Betrieb, die letzte Kraftwerks Turbine der Kraftwerke Fortuna abgeschaltet.

Dem folgte der vollständige Abriss. Aus der Stillegung ergaben sich keine Arbeitsplatzprobleme für die derzeit im Kraftwerk Fortuna beschäftigten rund 400 RWE-Mitarbeiter. Mehr als 75 Prozent der „Fortunesen“ konnten im Nachbarkraftwerk Niederaußem untergebracht werden. Ein weiterer Teil fand in den anderen Nachbarkraftwerken einen neuen Arbeitsplatz. Der Rest wurde pensioniert oder ging in den Vorruhestand. Im Gespräch mit einstigen „Fortunesen“ erkennt man stets eine gewisse Wehmut. Schließlich war man in Fortuna immer eine große Familie gewesen.

Vor dem Beginn der Abbrucharbeiten wurden die maschinellen Einrichtungen ausgebaut und zu einem großen Teil verkauft.

Ein Wahrzeichen der Kraftwerke, der alte Wasserturm (Baujahr: 1922) wurde am 5. September 1989 um 15.01 Uhr gesprengt. Insgesamt 60 Kilogramm Sprengstoff, verteilt auf 91 Bohrlöcher kamen zum Einsatz. Von dem einst 66 Meter hohen Turm (Mauerdicke im unteren Bereich: 155 Zentimeter) blieben nur noch 2.800 Kubikmeter Schuttmassen übrig. Mit dem alten Wasserturm, der noch bis zuletzt seinen Dienst als Reservoir für Feuerlösch-, Kühl- und Trinkwasser getan hatte, verschwand zugleich ein Wahrzeichen der früheren lndustriekulisse Fortuna.

Alles in allem waren nach Beendigung der Abbruch-Arbeiten rund eine halbe Million Kubikmeter Material (Eisen, Stahl, Bausubstanz, Fundamente) angefallen. Der nach dem Abriß nicht verwertbare, übriggebliebene Bauschutt wurde z.T. zwischen der angrenzenden Ostkippe und dem einstigen Vorratsgraben des Werkes abgelagert und mit Waldboden überdeckt. Aufgrund der Anpassung der Deponie an das vorhandene Gelände und der erfolgten Bepflanzung ist heute nicht mehr viel von diesen Maßnahmen erkennbar.


Mit dem Abriß war die Ära der Kraftwerke Fortuna entgültig zu Ende. Ein über viele Jahre weithin sichtbares Wahrzeichen und steter Garant für einen kleinen Wohlstand in unseren Heimatorten Oberaußem und Fortuna war verschwunden.