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Das Schicksal von Hans Brüggen

Ausarbeitung von Ulrich Reimann, Juni 2008

 

Hier soll beispielhaft, für viele vermisste Soldaten, aufgezeigt werden, wie von einer Familie unseres Ortes versucht wurde, das Schicksal eines als vermißt geltenden Familiemitgliedes, nach dem Krieg aufzuklären.

 

 

Brüggen Johann Josef, geb. am 23.10.1925 in Oberaußem, Sohn der Eheleute Matthias und Elisabeth Brüggen, Kirchstraße 47. Er wurde 1943, im jungen Alter von 18 Jahren, aus der damaligen staatlichen Jugendorganisation, übergangslos zum Kriegsdienst eingezogen.  Nach einer kurzen Zeit der Grundausbildung wurde er dem 89. (mot.) Panzer-Artillerie-Regiment in der 24. Panzer-Division zugeteilt. Stationiert war er bis Anfang des Jahres 1945 bei der 6. Batterie der II. Abteilung, einer leichten Feldhaubitzen-Batterie, in Ungarn. Dort wurde er sehr schnell (er war ja gerade 19 Jahre alt) zum Unteroffizier und damit verbunden zum Geschützführer ernannt. Von Ungarn ging es beim allgemeinen Rückzug der 24. Panzerdivision in die Slowakei, wo u.a. auch die 6. Batterie aufgelöst wurde.

Seine Familie hat seit dem 1.1.1945 nichts mehr von ihm gehört.

Nach Ende des Krieges versuchte dann seine Mutter über Nachfragen bei einstigen Kriegskameraden etwas über sein Schicksal zu erfahren. Sie erhielt eine Briefantwort von Ernst Köllen. Er konnte ihr aber nur bis zum Zeitraum der Auflösung der 5. Batterie in Tschechien, Anfang 1945, Auskunft geben und machte ihr wenig Hoffnung auf ein Überleben ihres Sohnes.

 

Dann versuchte es die Familie Brüggen über den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes in München.

Laut Recherchen des Suchdienstes, wurden die Reste der 24. Panzerdivision, ab der Auflösung in der Slowakei, im Januar 1945, der 4. Armee zugeteilt, die in Ostpreußen eingesetzt war.  Beim Einsatz der 24. Panzerdivison in Ostpreußen war vom 24.2. - 8.5.1945 Major Rudolf von Knebel-Döberitz der letzte Divisionskommandant. Letzter Regimentskomandeur des 89. Panzer-Artillerie-Regiments war bis zu dessen Kapitulation im Mai 1945, der Major Hubert Platz. Man fand heraus, dass Hans Brüggen bis zu seinem sehr wahrscheinlichen Tode, in Ostpreußen im Raum Heiligenbeil, Königsberg, Frisches Haff, Pillau eingesetzt war und seit April 1945 dort als vermißt galt.

Im Abschlussgutachten des DRK steht u.a., dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit, bei den dortigen schweren Kämpfen gefallen ist.

Im Jahre 1961 wurde er nach Vorlage des DRK-Gutachtens, auf Antrag seiner Familie, von Amts wegen für tot erklärt. Als Todesdatum wurde dabei der 31.12.1945 festgesetzt.

 

Seine letzte Ruhestätte ist bis heute unbekannt. Viele deutsche Soldaten, die in diesem Gebiet in Ostpreußen, Anfang 1945 gefallen sind, fanden auf dem Soldatenfriedhof in Sosnovka – Rußland ihre letzte Ruhestätte. Vielleicht gehörte Hans Brüggen ja dazu.

 

Sein Name fehlt leider, wie auch einige andere, auf einer der Stelen des Oberaußemer Kriegerdenkmales.

Es sollte überlegt werden, ob hier nicht eine Ergänzung erfolgen kann.

 

Abschließend noch eine Anmerkung zu seinem Zuhause in Oberaußem: Im Garten seiner Eltern stürzte am 21.02 1945, ein alliierter Halifax-Bomber ab.

 

 

Nachfolgend die zwei letzten Briefe, die Matthias und Elisabeth Brüggen von ihrem Sohn erhalten haben. Sie stammen aus seiner Dienstzeit in Ungarn und spiegeln sein jugentliches Alter, seine Sehnsucht nach zu Hause und eigentlich auch den Wunsch auf ein Ende des schrecklichen Krieges wieder.

Nach dem Erhalt des Briefes vom 1.1.1945 hat die Familie Brüggen nie mehr etwas von ihrem Sohn gehört

Beim Lesen dieser rein privaten Briefe, merkt man auch, daß die Briefe der Soldaten in die Heimat etwas patriotisch geschrieben werden mußten, um sie an der Zensur des NS-Regimes vorbeizubringen. Man wußte ja, daß eine negative Kriegsdarstellung, damals für den Schreiber und den Empfänger schwerwiegende Folgen haben konnten.

Da die Briefe in einer nicht für jeden lesbaren Schrift geschrieben wurden, befindet sich eine Übersetzung unter die jewelige Kopie.

 

 

Brief des Oberaußemers Hans Brüggen an seine Eltern

Briefabschrift: U. Reimann, 29.05.2008

 

19. Dez. 1944

 

Liebe Eltern!

 

Ein recht frohen Gruß sendet Euch Hans. Habe Eure lieben Briefe mit Dank erhalten. Sie waren vom 2. und 9.11., also schon eine geraume Zeit her. Halt, vom 2.12. habe ich ja schon einen bekommen, da werden doch bestimmt noch welche zwischen geschrieben sein. Sehe das es Euch noch gut geht u. hoffe auch dasselbe von den beiden von nebenan. Mir selbst geht’s auch noch gut, lediglich das man mich zum Uffz. befördert hat. Wir wurden gerade raus gezogen und da wir platt hatten unterwegs kamen wir erst im dunkel an, und da sagte mir ein Fahrer, komm her ich muß dich gratulieren, ich gab ihm als Antwort wofür, etwa für den abgeschossenen Panzer „ nein meinte er aber du bist Kappo geworden. Da könnt Ihr meine Überraschung denken. So sind die Überraschungen des Lebens denn ich habe nicht damit gerechnet so schnell dazu zu kommen.

Liebe Eltern, wie ich hörte soll vor einigen Tagen ein Großangriff gewesen sein, genaues weiß ich nicht aber ich hoffe das es nicht mehr so dunkel ist in der Nähe von Oberaußem. Ich werde nachher mal die Nachrichten hören denn heute abend habe ich dazu Gelegenheit, die ich auch nicht alle Tage habe. Aber sonst geht’s mir noch gut. Und wie geht’s unserem Peter? Und was macht Maria? Die läßt auch nie in ihrem Leben mal etwas von sich hören. Könnt sie ja mal zu recht stoßen, freue mich genau so wie Ihr wenn ich mal etwas von Euch höre und Peter seine Adr. möchte ich gerne haben. Was gibt’s sonst noch Neues in Oberaußem? Hoffe ja das Ihr das Weihnachtsfest schön reichhaltig u. froh begehen könnt, d.h. habt. Vielleicht kommt dieser Brief als Silvestergruß an. Und dazu sage ich noch das Ihr gut ins andre Jahr könnt bzw. kommt. Das Ihr es anständig begrüßen könnt glaube ich wohl kaum, denn der Wein wird noch nicht soweit sein, dafür haben aber auch die Sachen, ich denke mal dabei an Euch. Auch sonst leben wir nicht schlecht.

Und so soll für heute Schluß sein in der Hoffnung das wir die Feiertage gut rumkriegen                                               

Grüßt Euch Euer Sohn Hans

 

Der Brief kam als Feldpost an:

Familie

Matthias Brüggen

22  Oberaußem üb. Köln

Kirchstraße 47

Feldpoststempel 22.12.44

Abs. Uffz. H. Brüggen,

F.P.N. (Feldpostnummer) 32232  D

Diese FP-Nr. gehörte zur 6. Batterie, II. Abteilung der 24. Panzerdivision

 

 

 

Brief des Oberaußemers Hans Brüggen an seine Eltern

Briefabschrift: U. Reimann, 29.05.2008

 

1. Jan. 1945

 

Liebe Eltern!

 

Ein recht frohen Gruß im neuen Jahr sendet Euch Hans. Will hoffen das Ihr gut hineingerutscht seid, und vor allen Dingen mit dem nötigen Alkohol. Bei mir hier war es weniger damit bestellt. Aber trotzdem bin ich gut rübergekommen, nämlich ich habe von 11 Uhr abends angefangen zu schlafen und um 3 Uhr war ich wieder wach, damit war ich dann im neuen Jahr ganz einfach was.

            Liebe Eltern will hoffen das es Euch noch gut geht und kann das selbe auch von mir sagen. Will ebenso hoffen das es Euch jetzt nachdem dem Angriff im Westen etwas wohler zu Mute ist, ich kann mir gut vorstellen was das für eine Freude bei Euch ausgelöst hat, hoffentlich wird das ein Anfang sein von der Entscheidungsstunde für die Zukunft sein. Drücken wir die Daumen das in diesem Jahr der furchtbare Krieg sein Ende nimmt. Wir wollen dazutun was uns die Möglichkeit gibt den Sieg schneller in unsere Taschen stecken zu können.

            Habe von Euch das letzte mal etwas gehört von Euch am 2.12.1944 und seit dieser Zeit nichts mehr. Das ist ja eigentlich etwas lange her seitdem ihr das letzte mal geschrieben habt. Ich denke doch das ich in den nächsten Tagen etwas erhalte sonst wird sie wohl irgendwie verschütt sein, kann alles vorkommen. Wie habt Ihr den Weihnachten verlebt? Doch hoffentlich gut. Zu Weihnachten hatten wir ganz schön zu trinken aber da wurde einer nach dem anderen runtergekippt, aber da gings rund. Das war allerdings im vorigen Jahr.

            Und so will ich schließen in der Hoffnung bald wieder etwas von Euch zu hören so grüße ich Euch recht herzlich                       

Hans

 

 Der Brief kam als Feldpost an:

 

Familie

Matthias Brüggen

22  Oberaußem üb. / Köln

Kirchstraße 47

Feldpoststempel 04.1.45

Abs. Uffz. H. Brüggen, F.P.N. (Feldpostnummer) 32232  D

 

 

 

Nachfolgend das Schreiben von Ernst Köllen an Frau Elisabeth Brüggen zum Schicksal ihres Sones Hans. Auch hier ist eine Übersetzung des Briefes beigefügt.

 

 

 

Brief an Frau Elisabeth Brüggen, von Ernst Köllen, zum Schicksal ihres vermißten Sohnes Hans Brüggen.

Briefabschrift: U. Reimann, 29.05.2008

 

Lasbek d. 2.1.49

 

Werte Frau Brüggen!

 

Will das Schreiben von Ihnen beantworten und Auskunft geben soweit es mir möglich ist. Wie ich das Bild von Ihrem Sohn gesehen habe, kommt er mir in Erinnerung, es sind bereits 4 Jahre darüber verflossen wo ich in dieser Zeit viel durch gemacht habe. Soweit ich mir erinnern kann kam Ihr Sohn und noch ein junger Mensch im selben Alter wie Ihr Sohn war im Herbst 1944 zur 5. Batterie wo ich war, Feldpostnummer 32232 C. Es war in Ungarn, es dauerte nicht lange da wurden die beide Uffz. Als Uffz. war er dann Geschützführer und war in die Feuerstellung, ich war Kraftfahrer und fuhr nur Munition zur Feuerstellung da kenne ich Ihren Sohn nicht so persönlich weil man nicht dauernd zusammen war. Einer von den beiden Uffz. ist in Ungarn gefallen, wie Sie mir schreiben haben Sie noch Nachricht aus der Tschechei im Januar 1945 von Ihrem Sohn erhalten so ist das der andere Uffz. gewesen der gefallen ist. Der Rückzug ging von Ungarn nach der Tschechei, in der Tschechei wurde die 5. Batterie aufgelöst und wurden den anderen Batterien zugeteilt, nur weiß ich nicht bei welcher Batterie ihr Sohn hinkam zur 4. 6. oder Stabsbatterie die auch zur II Abteilung gehörten, ich kam zur 6. Batterie. So ungefähr halben Januar 1945wurden wir von der Tschechei verladen und kamen nach Ostpreußen und kamen gleich in Einsatz es war Ende Januar 1945. In Ostpreußen ging es nur zurück bis zum frischen Haff, da wurden die Einheiten zusammengeschlagen wo sehr viele noch ihr Leben lassen mußten. Ich bin am 26. März 1945 in russische Gefangenschaft geraten und bin am 24. August 1947 zu meiner Familie zurückgekehrt. Ich bin aus Ostpreußen und konnte aus Rußland keine Postverbindung mit meiner Familie aufnehmen weil ich nicht wußte wo die Angehörigen sind. Sollte Ihr Sohn in Gefangenschaft geraten sein und er am Leben wäre so hätten Sie bestimmt von ihm Nachricht weil die meisten Kameraden die aus dem Westen waren mit ihren Angehörigen in Postverbindung standen. Jeden Monat gab es eine Karte zum schreiben. Viel zu hoffen ist da nicht.

 

Es grüßt Sie Ihr Ernst Köllen!

 

 

Als Abschluß dieser Dokumentation, nachfolgend das Schreiben des DRK-Suchdienstes mit zugehörigem Gutachten und die amtliche Todeserklärung.

 

Schreiben DRK an Maria Schönewald (Schwester von Hans Brüggen)
Suchdienst-Gutachten Seite 1
Suchdienstgutachten Seite 2
Beschluß Amtsgericht, Todeserklärung

 

 

 

 

Quellen:

  • Briefe und Fotos von Peter Brüggen
  • Texte und Layout, Ulrich Reimann