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12/02/08

Kölnische Rundschau

 

Der Eisvogel-Ansiedler

 

Rolf Thiemann begann vor 30 Jahren, Bruthöhlen zu graben 

MANFRED FUNKEN

RHEIN-ERFT-KREIS. Dieser Mann ist schuld daran, dass die FDP-Kreistagsfraktion seit rund einem Jahr nicht müde wird, sich zum Kasper zu machen, und dass Bedburgs Bürgermeister Gunnar Koerdt um die Stadtentwicklung fürchtet: Rolf Thiemann hat vor mehr als 30 Jahren damit begonnen, den Eisvogel an der Erft wieder anzusiedeln. Mit Erfolg. Neun Paare brüten heute in einem 15 Kilometer langen Erft-Abschnitt.

Der 49 Jahre alte Thiemann ist passionierter Angler. Bei einem seiner frühmorgendlichen Geduldakte fiel ihm 1975 ein Vogel auf, kaum größer als ein Spatz, aber einzigartig farbenprächtig. "Ich kannte diese Art nicht", erzählt Thiemann, "aber ich war von Anfang an fasziniert." Angelfreunde klärten ihn auf: Alcedo atthis aus der Familie der Eisvögel und unter Anglern keineswegs beliebt. "Der Vogel ist in der Fischerei nicht gern gesehen, weil er bei der Aufzucht seiner Jungen täglich rund 100 Jung- und Kleinfische fängt", erläutert Thiemann. Doch der bunte Federball übertraf fortan seine Angelleidenschaft, zumal die Jagd des Eisvogels mühsam ist: "Nur jeder zehnte Versuch, einen Fisch zu fangen, ist erfolgreich."

 

Der Familienvater studierte das Leben des Tierchens, fand heraus, warum es an der Erft fast ausgestorben war: "Die Ufer waren begradigt und befestigt. Der Eisvogel konnte seine Bruthöhlen nicht bauen, weil Steine ihm die Uferböschungen versperrten."

 

Mit Schnabel und Fußkrallen gräbt der Winzling bis zu einem Meter lange Bruthöhlen ins Erdreich. Das Weibchen legt fünf bis sieben Eier ab. Jedes Paar versorgt zunächst circa fünf Jungvögel. Die natürliche Auslese allerdings ist hoch. Von rund 50 Jungen an der Erft werden heute nur etwa zehn erwachsen. Und weil sein Lieblingsvogel an der Erft eben nicht die besten Bedingungen vorfand, begann Thiemann, selbst Höhlen zu graben. In Absprache mit dem Erftverband und mit Uferbesitzern startete er 1975 seine eigenes Ansiedlungsprogramm. Die Arbeit sprach sich rasch rund. Nachbarkreise heuerten ihn an, um das Eisvogelvorkommen zu kartieren. Prinz Bernhard der Niederlande (1911 bis 2004) lud Thiemann zu einer Jagdversammlung ein, um mit ihm ein Ansiedlungsprogramm im Nachbarland zu besprechen. "Das ist dann leider im Sande verlaufen, weil Prinz Bernhard wenige Monate später gestorben ist", erinnert sich Thiemann.

 

Und was sagt der Eisvogelexperte und geprüfte Naturschutzberater zu dem Theater, dass jetzt im Rhein-Erft-Kreis um seinen Schützling gemacht wird? "Das Koerdt das Tierchen fürchtet, ist lachhaft." Und für die Paddlerlobby, die die FDP im Kreistag mit Unterstützung der CDU bilden, hat er wenig Verständnis. "In jedem anderen Land würde das Verhalten, das die Gelegenheitspaddler auf der Erft zum Teil an den Tag legen, unter Strafe gestellt. Es gibt organisierte Sauftouren mit Herumgegröle und Flaschenzerschlagen am Ufer." - Gegen echte Kanuten sei nichts einzuwenden: "Die kennen die Verhaltensregeln und genießen die Natur."

 

Zum Namen des Eisvogels hat Thiemann seine eigene Theorie: "Viele Leute meinen, er sei nach seinem stahlblauen Gefieder oder seiner Vorliebe für Sitzplätze am Wasser benannt. Ich denke, er hat sich einen Namen gemacht und seinen schlechten Ruf bei Anglern begründet, indem er sich bei zugefrorenen Gewässern, der Angellöcher im Eis bedient hat, um auch im Winter Nahrung erbeuten zu können."