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12.1 Das BoA - Kraftwerk Niederaussem

 

Die Informationen zum BoA-Kraftwerk wurden teilweise wörtlich aus RWE- Broschüren zum Kraftwerk Niederaußem, übernommen.

 

Für die Verstromung des fossilen Energieträgers Braunkohle spielt bei RWE-Power im Hinblick auf das Thema Klima und CO2 der Vorsorgegedanke eine ganz wesentliche Rolle bei der Ausrichtung von Forschung und Entwicklung. Deshalb setzt man den größten Teil der personellen und finanziellen Möglichkeiten für eine Stromerzeugung durch zukunftsweisende Kraftwerkstechniken ein, mit dem Ziel, langfristig die beste zur Verfügung stehende Technik für eine wettbewerbsfähige und umweltschonende Braunkohleverstromung einsetzen zu können.

Die zurzeit bestmögliche Braunkohlenkraftwerks-Technik stellt ein sogenanntes Braunkohlenkraftwerk mit optimierter Anlagentechnik dar, kurz BoA genannt. Die RWE-Power AG hat diese zukunftweisende Technik in einem ersten Block am Standort Niederaußem im Jahr 2002 realisiert. Der 1.000 Magawatt-BoA-Block gilt derzeit als der weltweit modernste und größte Braunkohlenkraftwerksblock. Er ist das Ergebnis systematischer Verbesserungen des Dampfkraftwerksprozesses und all seiner Teile. Der elektrische Nettowirkungsgrad des BoA-Bloks liegt mit über 43 Prozent in einer neuen Dimension. Er liegt damit wesentlich über dem der vorherigen Braunkohlenkraftwerke, die 31 – 35 % erreichten. Bei der Weiterentwicklung der Braunkohlekraftwerkstechnik denkt man an ein BoA-Kraftwerk mit zusätzlich vorgeschalteter separater Kohletrocknung, kurz BoA-Plus genannt. Die Beschäftigung mit wirksamer und kraftwerkstauglicher Kohletrocknung wie der WTA-Technik hat außerdem zu der wesentlichen Erkenntnis geführt, daß die Braunkohlentrocknung mit Abwärmenutzung einen Beitrag von bis zu fünf Prozentpunkten zur Wirkungsgradsteigerung eines Kraftwerks leistet und auch mit einem BoA-Block zu BoA-Plus zusammengeschaltet werden kann. BoA-Plus eröffnet damit Wirkungsgrade für die Braunkohlenverstromung von 48 bis 50 Prozent. Man kann die BoA-Plus-Technik im Wesentlichen auf der BoA-Technik aufbauen. Dennoch ist BoA-Plus heute noch nicht realisiert, wird aber in den nächsten BoA-Bloks der RWE sicherlich eine bedeutende Verbesserung sein.

 

BoA und die Physik

 

Der Kraftwerksprozess beginnt mit der Verbrennung der Rohbraunkohle im Dampferzeuger (847 t/h Rohkohleverbrauch, 2.663 t/h Dampfleistung). Er hat eine Wärmeleistung von 2.306 Megawatt. Mit der frei werdenden Wärme wird Wasser unter hohem Druck verdampft und überhitzt. Dieser überhitzte Dampf durchströmt anschließend die auf einer Welle angeordneten Schaufelreihen der Turbine (1.027 MegawattBrutto). Die Energie des Dampfs versetzt die Turbinenwelle in Drehung. Der mit der Turbinenwelle verbundene Generatorläufer erzeugt im Generator Strom, der über das Verbundnetz zu den Verbrauchern gelangt.

 

Bei der Durchströmung der Turbinenschaufeln entspannt sich der Dampf: Das heißt, Druck und Temperatur nehmen ab, bis auf einen Unterdruck von 29 bzw. 35 Millibar. Anschließend wird der Dampf im Kondensator mit Hilfe von Wasser, das gekühlt vom Kühlturm bereitgestellt wird, zu Wasser kondensiert. Der Wasser-Dampf-Kreislauf beginnt von vorn.

 

Die bei der Verbrennung der Rohbraunkohle im Dampferzeuger entstehenden Rauchgase werden in mehreren Verfahrensschritten gereinigt, so dass die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte sicher eingehalten und in der Regel deutlich unterschritten werden. Die Verbrennung der Rohbraunkohle erfolgt unter gezielter Zufuhr der Verbrennungsluft. wodurch die Stickoxidbildung auf den zulässigen Wert begrenzt werden kann. Der mit den Rauchgasen aus dem Dampferzeuger ausgetragene Staub wird in Elektrofiltern zu über 99.9 Prozent abgeschieden.

 

Durch die Behandlung mit einer Kalksuspension entzieht die nachfolgende Rauchgasentschwefelungsanlage dem Rauchgas das mitgeführte Schwefeldioxid. Der dabei entstehende Gips findet unter anderem Verwendung in der Baustoffindustrie. Die gereinigten Rauchgase gelangen über den Kühlturm in die Atmosphäre.

 

BoA und der Fortschritt

 

Das BoA-Konzept verbindet die besten Technologien zur Braunkohlenverstromung. Ein wesentliches Element dieser Optimierung ist die Anhebung von Druck und Temperatur des überhitzten Dampfs auf ein mit 275 bar und 580 °C deutlich höheres Niveau als bei den bisherigen Braunkohlenblöcken. Zusätzliche Wärmetauscher gewinnen einen Teil der in den Rauchgasen noch enthaltenen Wärme zurück. Er dient zur Vorwärmung der Verbrennungsluft und des im Wasser-Dampf-Kreislauf umlaufenden Wassers. So wird der eingesetzte Brennstoff besser ausgenutzt, das hei[!t der Wirkungsgrad angehoben. Die Werkstoffentwicklungen in den Forschungsabteilungen der Lieferanten machten diesen Fortschritt erst möglich.

 

Alle Verfahrensschritte sind so aufeinander abgestimmt, dass Energieverluste im Kraftwerksprozess auf das technisch und wirtschaftlich mögliche Minimum reduziert werden. Auch der besonders hohe und damit leistungsstarke Kühlturm liefert einen bedeutenden Beitrag zur optimierten und umweltfreundlichen Stromerzeugung.

 

BoA und die Luftqualität

 

Mit der BoA-Technik ist ein weiterer wesentlicher Schritt zur Verbesserung des Umweltschutzes bei der Stromerzeugung realisiert. Im Jahresmittel liegt der elektrische Wirkungsgrad über 43 Prozent und damit wesentlich höher als bei den bestehenden Braunkohleblöcken. Dort erreicht man 31 bis 35 Prozent. Mit der besseren Ausnutzung der Braunkohle und dem damit verbundenen geringeren Brennstoffbedarf bei gleicher Stromerzeugung ergeben sich auch deutlich geringere brennstoffbedingte Emissionen. So wird zum Beispiel der C02-Aussto[! bei vergleichbarer Stromerzeugung um bis zu 3 Millionen Tonnen pro Jahr verringert. Die Staub-. Schwefeldioxid-(SO2) und Stickstoffdioxidemissionen (N0X) gehen um rund 30 Prozent zurück.

 

BoA und das Landschaftsbild

 

Mit den Abmessungen und der modernen architektonischen Gestaltung des BoA-Blocks erhält die Silhouette des Kraftwerkes Niederaußem eine neue Ausprägung. Weithin sichtbare Zeichen des modernsten Braunkohlenkraftwerksblocks Europas sind das rund 170 Meter hohe Kesselhaus und der 200 Meter hohe Kühlturm.

Von der Bundesstraße B 477 aus sieht man im Vordergrund das Schaltanlagengebäude. das Maschinenhaus und den Dampferzeuger. Dahinter sind die Elektrofilter, die Saugzuggebläse sowie die Rauchgasentschwefelungsanlage angeordnet. Die Kraftwerkssilhouette sch1ießt mit dem neuen Kühlturm ab.

 

BoA und die Nachbarschaft

 

Neben einem attraktiven Erscheinungsbild des Kraftwerks haben sich die Planer unter Beachtung der gesetzlichen Anforderungen das Ziel möglichst geringer Schall-, Staub- und Geruchsemissionen gesetzt. Dazu sind alle neuen Anlagenteile eingehaust und Gebäudeöffnungen mit Schalldämmkulissen versehen worden. Außerdem gelangt die Rohbraunkohle über eine neue, außerhalb des Standorts angeordnete Kohlenversorgungsanlage mit Kohlenbunker, Brecherei, Eisenausscheidung und einem Fernband zum geschlossenen Verteilbunker auf dem Kraftwerksgelände, der ebenfalls neu errichtet wurde. Von dort erfolgt die Verteilung zum BoA-Block ebenso wie zu den vorhandenen Kraftwerksblöcken.

Mit der Auslegung des BoA-Blocks und seinen infrastrukturellen Nebenanlagen wird die sichere Einhaltung aller gesetzlichen Emissionsgrenzwerte gewährleistet und eine Verbesserung der bisherigen Schall-, Staub- und Geruchsentwicklungen am Standort Niederaußem erreicht.

 

Begonnen wurde mit dem Bau des Boa-Bloks in Niederaußem Ende 1997.

Ende Dezember 1999 war es geschafft. Der höchste Kühlturm der Welt hatte seine Höhe von 200 Metern erreicht. In einer Bauzeit von 480 Tagen wurde dieses Bauwerk mit einem Basis-Durchmesser von 145 Metern und einem Mündungsdurchmesser (in 200 Metern Höhe) von 88 Metern errichtet.

Beim Betrieb des Kühlturmes werden stündlich 91.000 Kubikmeter Kühlwasser umgewälzt. Dies ist die Menge, die ein mittelgroßer Öltanker über die Weltmeere transportiert. Dieses Kühlwasser wird im Kühlturm dann von rund 25 Grad auf etwa 15 Grad Celsius abgekühlt und danach wieder zum Turbinen-Kondensator gepumpt. Dort wird es dann zur Kondensation des Turbinen-Abdampfes benötigt.

Der Kühlturm wurde von der Firma F. Heitkamp GmbH aus Herne zum Preis von und 50 Millionen Mark gebaut. Etwa 65 Mitarbeiter auf der Baustelle halfen dabei dieses „Guiness-Buch“ verdächtige Bauwerk zu erstellen.

Einer der vier größten Montagekrane der Welt, ein sogenannter Twin-Ring Kran, war an der Baustelle im Einsatz. Die Gesamtlänge des Kranes beim Aufbau beträgt 232 Meter. Je nach Auslage des Kranauslegers können Lasten von zum Beispiel 223 Tonnen bei 47 Metern Auslage oder 162 Tonnen bei 98 Metern Auslage gehoben werden. Für derartige Lasten muss natürlich der Kranhaken auch etwas aushalten und entsprechend massiv hergestellt sein. Er wiegt 27 Tonnen, das ist das Gewicht von 20 Mittelklasse-Personenwagen!

Die zum BoA-Block gehörende neue Elektrofilteranlage reinigt bei vollem Betrieb etwa 4 Mio. m³ Rauchgas von mehr als 99 % der enthaltenen Asche. Im zugehörigen Trockenaschesilo können bis zu 1500 m³ Trockenasche gespeichert werden. Das nebenanstehende Nassaschesilo kann 1100 m³ Nassasche aus dem Dampferzeuger aufnehmen. Beide Aschesorten werden über eine Bandanlage zur Aschedeponie im Tagebau transportiert.

Im Rauchgasentschwefelungsgebäude sind zwei Waschsysteme mit einem Durchleitungsvermögen von ca. 2 Mio. m³ pro Stunde pro Anlage installiert. Hier werden den Rauchgasen, nachdem sie über den E-Filter geführt wurden, mit Hilfe von Kalksteinmilch Schwefeldioxid soweit entzogen, dass der SO2-Grenzwert von 200 mg/m³ ohne Probleme eingehalten wird.

Als Maschinentransformator, hinter den 1000 MW-Turbosatz, wurden zwei parallel geschaltete 750-MVA-Trafos aus dem Kraftwerk Mülheim-Kärlich eingebaut.

Der Dampferzeugungskessel des Boa-Blocks wurde von den Firmen Alstom Power Boiler und Babcock Borsig Power gebaut. Im Dezember 2001 wurde unter Teilnahme des TÜV, der Herstellerfirmen, RWE-Rheinbraun und RWE Power die erfolgreiche Kesseldruckprobe durchgeführt. Für den Dampferzeuger wurden fast 60.000 t Material (27 t Stahl) verbaut. Das Kesselgebäude überragt mit 170 m Höhe den Kölner Dom. Im Block sollen täglich ca. 20.000 t Braunkohle zur Stromerzeugung verfeuert werden.

Die Inbetriebnahme des BoA-Kraftwerkes mit erster Stromeinspeisung ins Verbundnetz erfolgte im Herbst 2002. Der BoA-Block in Niederaußem stellt seitdem dem Verbundnetz eine elektrische Leistung von max. 978 Megawatt zur Verfügung und deckt damit den Strombedarf von rund sechs Mio. Menschen, wenn man einen Dreipersonenhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden zugrundelegt.

 

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