Rückblick auf die Gaststätte Poulheim-ÜberschärIn Oberaußem gab es schon in früher Zeit eine beachtliche Anzahl von Gaststätten. Um das Jahr 1900 waren das z.B.:
- Das Gasthaus zur Linde
- Die Gastwirtschaft von Edmund Wintz
- Die Gastwirtschaft von Michael Esser, Brennerei Esser
- Die Restauration Rüntz
- Die Gaststätte Poulheim
- Die Gaststätte Neukirchen, Gastwirtschaft Neukirchen
72 Jahre Gaststätte Poulheim
von Hans Griese
Es handelte sich um eine der älteren Kneipen in Oberaußem, eine so genannte "Flurkneipe".
Der erste Gastwirt war Hermann Poulheim. Er hatte bereits lange vor dem Ersten Weltkrieg, also um 1900, vom damaligen deutschen Kaiser Wilhelm II. eine Schankerlaubnis für sein Lokal in der Büsdorfer Straße erhalten.
Nach Hermann Poulheim übernahmen seine Kinder, die Geschwister Poulheim, den Kleinbetrieb. Der Sohn, auch Hermann, im Volksmund "Pullems Hermännche" genannt, führte das Restaurant bis Anfang der 1960er Jahre. Katharina Überschär (Wisels Kathrin) pachtete das kleine Lokal dann von seinen Erben. Sie war die Tochter des Bäckers Wilhelm Schneider, der seine Bäckerei gegenüber dem Lokal hatte. Katharina Überschär war also als Kind eine Nachbarin der Familie Poulheim gewesen und kannte die Geschichte des Betriebes zum Teil aus eigener Erfahrung. Aus den Geschichten alter Oberaußemer, die ihr überliefert sind, weiß sie noch heute Bemerkenswertes über die Vergangenheit des Gasthauses. Kathrin erzählt wie folgt: "Die Schankstube bei Poulheims war jeden Tag früh geöffnet. Viele Bergleute, die in der Grube Fortuna arbeiteten, kamen schon vor Schichtbeginn, also vor 6 Uhr morgens, hierher, um sich vor der harten Arbeit einen "Büddelchen Korn" zu gönnen. Dass es sich bei dem in Poulheims servierten Korn um den "Ahlener Overoßemer" der örtlichen Kornbrennerei Esser handelte, war damals wohl selbstverständlich.
Nach dem nachmittäglichen Schichtwechsel im Braunkohlwerk war in der kleinen Kneipe meist viel los. Vor der Kneipe standen oft so viele Fahrräder der Bergleute, dass die Passanten der Büsdorfer Straße nicht zum „Pullems Hermann" kamen.
Im Laufe der Zeit haben sich die Trinkgewohnheiten jedoch erheblich verändert. Als Frau Überschär das Restaurant leitete, war das frühe „Büddelchen Korn" nicht mehr in Mode. Aber zu ihren Stammgästen gehörten noch etliche Mitarbeiter der Braunkohleunternehmen, die nach Feierabend zu ihr kamen und den Arbeitstag mit einem guten Bier ausklingen ließen.
In Überschärs Kneipe trafen sich auch viele junge Leute aus Oberaußem, die zusammen mit den alten Fossilien unserer Stadt, wie Luchtse Adam und seine Frau, Lokums Paul und andere, eine illustre Gästegemeinschaft bildeten. Es gab immer ein gutes Gesprächsniveau und oft hitzige Diskussionen, wobei der Ehemann von Katharina, Karl Rudolf Überschär (geboren 1919, gestorben 1992), oft eine herausragende und vorbildliche, lehrreiche Rolle für die jungen Leute spielte. Darüber hinaus servierte Überschärs auch das beste Bier der Region, wobei Andreaspils, das bei uns eigentlich nicht so oft ausgeschenkt wird, an der Spitze der Beliebtheitsskala stand. Alles in allem sind wir gerne zu Kathrin und Karl gegangen. Zum Leidwesen vieler älterer und jüngerer Stammgäste wurde die traditionelle Kneipe 1972 geschlossen. Der Besitzer wollte seine Räumlichkeiten für einen anderen Zweck nutzen.
Viele damalige junge Stammgäste haben das Lokal mit einer spektakulären Feier, am Abend des 14. August 1972, unter großer Anteilnahme symbolisch „zu Grabe getragen". Die örtliche Presse berichtete ausführlich über diese „Trauerfeier".
Das noch heute existierende Anwesen in der Büsdorferstraße beherbergt heute, nach einigen Umbauten, dem damaligen Trend folgend, eine Pizzeria.