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Die Friedhöfe von Oberaußem.

Ausarbeitung von Ulrich Reimann, 2005, 2008, 2009, mit teilweiser Einbindung von Texten und Informationen aus Veröffentlichungen, siehe Quellenverzeichnis unten. 

 

 

Oberaußem, ein malerisch an den Ausläufern des Villerückens gelegener Ort, bietet von Westen aus gesehen einen eindruckvollen Anblick, der immer wieder in Zeichnungen, Gemälden und Fotografien von heimatverbundenen Ortsbewohnern gerne dokumentiert und festgehalten wurde und auch heute noch wird.

Dem Betrachter fällt neben der schönen Pfarrkirche mit ihrem hohen spitzen Turm, auch sofort der in den Ort hineinragende Ausläufer des Vorgebirges, der so genannte Tonnenberg, mit dem dort oben angelegten Friedhof und der mächtigen, traumhaft gewachsenen alten Kastanie ins Auge.

Als die schönsten Fleckchen von Oberaußem bezeichnen viele Leute im Ort selbst die alten Oberaußemer Friedhöfe. Es kommt nicht von un­gefähr, wenn namhafte Leute bei Besichtigungen immer wieder erklären, daß sie zu den schönsten Punkten des Erftlandes zu zählen sind. Die alten Oberaussemer Friedhöfe wurden durch ihre Lage und den sehr schönen mächtigen alten Baumbestand, schon öfter als die Krone des Dorfes bezeichnet. Sie wirken zu allen Jahreszeiten durch die meist liebevolle Pflege der Grabstellen und ihren prächtigen Blumenschmuck wohltuend auf die Besucher.

 

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Die einstige Pfarrkirche auf dem Tonnenberg

Nachfolgend nun ein Überblick zur Geschichte und zur Entwicklung der Oberaußemer Friedhöfe, zusammengestellt unter Verwendung von Auszügen aus bereits veröffentlichten Arbeiten zu diesem Thema, eigenen Erinnerungen und Recherchen des Verfassers.

 

Bis 1884 stand auf dem Tonnenberg, im Bereich des heutigen alten Friedhofes, in Nähe der großen Kastanie die alte kleine Pfarrkirche St. Vincentius von Oberaußem.

 

 

Von diesem, gegen über dem Erfttal erhöhten Bergrücken aus, Höhe ca. 110 m ü. N.N., hatte man, bevor die Abraumhalde „Sofienhöhe“ des Braunkohle-Tagebaues Hambach angelegt wurde, bei gutem Wetter eine traumhafte Fernsicht in Richtung Westen, bis hin zu den Bergzügen der Eifel und über Jülich hinweg in Richtung Aachen.

 

Diese schöne und auch strategisch ausgezeichnete Lage hatten wohl auch die Römer und die Franken schon erkannt und für ihre Zwecke genutzt. So nahm man eine Zeit lang an, daß der Kirchturm der alten kleinen Oberaußemer Kirche auf diesem Berge, ursprünglich ein ehemaliger römischer Wachturm gewesen sein könnte. Münzfunde aus römischer Zeit in Oberaußem, untermauerten diese Annahme auch. Inzwischen gibt es aber diesbezüglich neue Theorien, die auch recht plausibel erscheinen und aus geschichtlich belegten Daten und alten Dokumenten abgeleitet wurden. Hier sei insbesondere eine Veröffentlichung von Prof. Dr. H. G. Kirchhoff angeführt. Er stellt darin die Frage: „Warum befand sich die einstige alte Oberaußemer Pfarrkirche, hoch oben auf dem Oberaußemer Tonnenberg, heute Friedhof und nicht im Ort selbst?“ Seine Antwort lautet: Sie war älter als das Dorf. Als Kirche eines fränkischen Herrenhofes — wie St. Laurentius in Büsdorf — lässt sie sich in dieser einsamen Höhenlage kaum vorstellen, wohl aber als Burgkapelle. Die Burg auf dem Tonnenberg war sozusagen die Akropolis (wörtlich: Oberstadt) vom damaligen Außem. Nach Auflassung der Burg blieb ihr Turm erhalten und diente wahrscheinlich fortan als Kirchturm für die capella Oberaußem.

 

Diese Theorie kann ernst genommen werden, wenn man als Standort der Burg den Tonnenberg annimmt. Hier befand sich nachgewiesenermaßen die alte, 1884 abgebrochene Kirche St. Vincentius mit ihrem Kirchhof. Dieser Platz lag für eine Verteidigung, strategisch gesehen außerordentlich günstig.

 

Durch eine Senke zwischen Tonnenberg und Oberaußemer Busch führte ein alter römischer Fernweg (heute Reutergasse). Jacob Schneider schildert 1878 die dortige topographische Situation „als Hohlweg, neben welchem der Straßendamm, mit Gebüsch bewachsen, liegt. Der Ton­nenberg zeigt als „kegelförmig vorspringender Hügel, auf welchem die alte Kirche (nach der Volkssage der „Heidentempel“) steht, eine völlig geebnete obere Fläche mit ringsum regelmäßig abgeflachten Böschungen“.

 

Diese „obere Fläche“ ist der heutige Oberaußemer Friedhof; an seiner westlichen Spitze stand die „alte Kirche“, deren Abbruch 1878 begann, in ihrem Kirchhof. Diese Situation ist typisch für eine frühgeschichtliche Fliehburg, und es ist bemerkenswert, dass J. Schneider die „völlig geebnete Fläche“ schon 1878 vorfand, als der heutige Friedhof noch nicht angelegt war.

 

Dass sich an eine derartige Örtlichkeit alte Sa­gen knüpfen, ist eine vielerorts zu beobachtende Erscheinung. 1878 war es die außergewöhnliche Lage einer „Kirche auf dem Berg“, die sich nicht in das gewohnte Schema der „Kirche im Dorf“ einordnen und deshalb einen „Heidentempel“ als Vorgän­ger vermuten ließ — übrigens keine absurde Idee, weil die christliche Heidenmission derartige Umwidmungen geradezu anstreb­te.

 

Bei Josef Dürbaum gut dreißig Jahre später ist dann aus dem „Heidentempel ebenfalls der Sage nach, ein „römischer Wachturm“ geworden. Dazu hat offenbar der Augenschein beim Abbruch des Kirchturms 1884 den Anlass geliefert: Nach einer von Dürbaum zitierten Notiz in der Pfarrchronik wies der Turm in seinem unteren Teil ein Mauerwerk von 4 Fuß und 6 Zoll = 1,40 m Stärke auf.  Vielleicht hat Schneiders Erkundung der römischen Fernstraßen den Blick der Obe­raußemer auf diese Erklärungsmöglichkeit gelenkt.

 

In den teilweise chaotischen Zeiten des 3. und 4. Jahrhunderts, die durch häufig wiederkehrende germanische Überfälle und Plünderungszüge gekennzeichnet waren, erscheint eine Reaktivierung der Fliehburg auf dem Tonnenberg plausibel.

 

Vielleicht hat es einen römischen Wachtturm auf dem Tonnenberg gegeben. Aber die Bauweise des „kolossalen“ Turms deutet auf eine jüngere Entstehung. Denn vor dem Abbruch von Alt - St. Vincentius fertigte der Kommunal-Baumeister Müller aus Köln-Deutz 1868 eine Expertise über den schlechten Zustand des Kirchleins an, der er auch einen Grundriss beifügte. Daraus geht die erstaunliche Diskrepanz zwi­schen dem kleinen einschiffigen frühgotischen Kirchraum (ganze 67 m² für die Gläubigen) und dem mächtigen Turm hervor. Der Befund Müllers enthält ein bemer­kenswertes Detail. Er schreibt nämlich: „Die Umfassungen des Turmes bestehen aus Ziegel, Tuffstein und Basalt“. Leider gibt er keine genauere Beschreibung dieses Mauerwerks, aber die Verwendung von Basalt lässt aufhorchen. Denn die - in der Regel fünfeckigen - extrem harten Basaltsäulen widersetzen sich der Bearbeitung durch den Steinmetz und müssen deshalb kopfseitig in einen Mauerverband einge­fügt werden. Daraus erklärt sich die enorme Dicke der Turmmauern; sie waren dop­pelt so stark wie die der eigentlichen Kirche.

 

Ein bekanntes Beispiel für die frühe Verwendung eines Verbundmauerwerks aus Basalt, Trachyt, Tuff und Backstein bietet am Niederrhein die Barbarossapfalz in Düsseldorf-Kaiserswerth, die ab 1174 errichtet wurde. Dies lässt die Annahme zu, dass der Abt von Kornelimünster, der ja ein königsnaher Reichsfürst war, diese neuartige Befestigungstechnik für einen Burgturm auf dem Tonnenberg übernahm und damit ein deutliches Zeichen seiner Bergheimer Herrschaft setzte. Damit ist eine Bauzeit im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts anzunehmen. Zur Burg gehörte mit Sicherheit eine Burgkapelle, die auch die Funktion einer Gemeindekirche für die Siedlung am Fuße des Tonnenberges übernehmen konnte.

Grabplan Friedhof Oberaußem, 18. Jahrhundert

 

An diesen mächtigen, romanischen Turm wurden dann im Laufe der Jahrhunderte nach und nach Gebäudeteile einer kleinen Kapelle und später einer Kirche angebaut.

Um die kleine alte Kirche herum, dem sogenannten „Kirchhof“ auf dem Tonnenberg, befanden sich wohl seit frühester Zeit, die Begräbnisstätten der Verstorbenen von Oberaußem.

Geschichtlich nachweisbare Erwähnungen findet die Kirchengemeinde Oberaußem, mit einer kleinen Kapelle und einem Kirchhof auf dem Tonnenberg, ab 1306. Dementsprechend feierte die hiesige Gemeinde St. Vinzentius auch im Jahre 2006 ihr 700-jähriges Bestehen.

Über die Jahrhunderte hinweg gab es viele Änderungen im Bereich des Friedhofes auf dem Tonnenberg von Oberaußem.

In einem noch vorhandenen Grabplan aus dem 18. Jahrhundert ist die Belegung von etwa 120 Gräbern aufgeführt. Man findet dort Namen, wie Winand Jungverdorben, der nach einer anderen Schrift 1769 Schützenkönig in Oberaußem war, oder Ferdinand Kemmerling, der Hufschmied und in den Jahren 1771 und 1787 Bruderkönig der St. Vinzentius-Bruderschaft gewesen war.

 

 

Eine Anzahl Gräber wird mit “Abbshof“, “Katzenhoff“, Clarenhoff“ und “Loysons-Hoff“ aufgeführt. Andere Eintragungen lauten “Cüster-Hauß“, “Schilds-Hauß“ oder “Krüllsguth“. Eine Eintragung lautet: “Martin Reupsteck Zehnhoff“. Ebenso finden wir eine Eintragung mit “Wittib Asperschlag“. Aber auch die Familiennamen “Canis“ (heute Kanes) oder “Crans“ (Kranz) finden sich dort, wie der Name “Audenell“ wohl heute Odenell heißt. Aber auch der Name “J. Henr. Berns“, ein Vorfahr des immer in der Ober­aussemer Geschichte auftauchenden Namens Berens vom “Un­teren Hof“ oder auch “Haller Hof“ ist dort zu finden. Daß die Namen Schmitz, Schneider, Schumacher, Rüntz, Müdder, Wolff, Klein, Vetten, Wintz, Hilgers, Esser, Cremer und Schreyer dort zu finden sind, ist wohl ver­ständlich, da diese Namen alle heute noch im Ort ver­treten sind. Dagegen sind die Namen wie “Montag, Beck, Robertz, Wolter, Brucken, Forst, Ules, Dusterwald, Mullenholtz, Kölsch, Busterbach und Steinhawer“ heute in den Alt-Oberaussemer Familien nicht mehr zu finden. Damals gebräuchlichen Vornamen wie “Joannes, Gerard, Godefridus, Frans, Henricus, Michel und Stephen“ haben heute eine andere Schreibweise. Dagegen haben die Vor­namen Wilhelm, Peter, Adam, Clemens, Mathias, Hilger und Ferdinand keine Änderung erfahren und entsprechen der heutigen Schreibweise.

Der Grabplan selbst trägt keine Jahreszahl. Mit Hilfe von Unterlagen über die Verpachtung des Bruderschafts­landes aus dem Jahre 1776 ist es möglich, eine etwas exaktere Datierung zu finden. Einige Namen, die mit den Eintragungen im Grabplan übereinstimmen, sind hier zu finden, so auch der J. Henr. Berns, der als Brudermeister dieses Verpachtungsprotokoll unterschrieben hat und gleichzeitig auch Pächter eines halben Morgen Ackerlan­des im Hiepenfeld für weitere 12 Jahre war. Dies ist zweifellos noch kein Beweis für eine genaue Datierung, da ja allgemein bekannt ist, daß der Enkel in der Regel den Namen des Großvaters erhält. Doch kann durch Schrift­vergleich der beiden Dokumente mit ziemlicher Sicherheit gesagt werden, daß beide von dem Pfarrer J. Andr. Neuen (1762—95) gefertigt wurden. Nach dem Grabplan befanden sich rechts neben dem Kirch­turm die Grabstätten des Clarenhofes.

Noch heute findet man auf dem ältesten Teil des Friedhofes, in der Nähe des Hauptkreuzes und der Priestergruft, die Grabstätten einiger alteingesessener, für die Oberaußem Entwicklung bedeutender Familien wie z. B.: die Grabstätte der Familie Esser, Brennereibesitzer; der Familie Hinzen/Hamacher, Besitzer vom Fleurshof; der Familie Baumann/Rath, Erbauer der Oberaußemer Windmühle; Diese doch recht großen Grabstellen erkennt man gut, da sie mit ihren großen alten Monumenten die nebenanliegenden Gräber überragen.

 

Grabstätte Fam. Esser,-Brennerei-
Grabstätte Fam Hinzen - Hamacher, -Fleurshof-
Grabstätte Fam. Baumann - Rath, -Baumannshof-

 

Ebenfalls befinden sich auf dem alten Friedhof noch einige andere erwähnenswerte Grabstellen. So wurde der erste, im ersten Weltkrieg am 22.8.1914 gefallene Oberaußemer, Hubert Odenthal, nach Hause geholt und auf unserem Friedhof unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in einem so gen. Ehrengrab beigesetzt.

In weiteren Ehrengräbern, direkt neben der Priestergruft, ruhen die beim ersten Bombenangriff des 2. Weltkrieges, am 2. August 1940 in Oberaußem ums Leben gekommenen Frauen, Katharina Friedt und Barbara Friedt von der Fortunastraße. Sie waren von den damals in unserem Ort regierenden nationalsozialistischen Machthabern noch nach ihrem schrecklichen Tode, zu Propagandazwecken missbraucht und zu Kriegshelden erklärt worden. Nach einer großen, aufwendigen öffentlichen Aufbahrung, mit spektakulärer Trauerfeier auf der großen Treppe des damaligen Jugendheimes in der Büsdorferstraße, wurden sie hier auf dem Friedhof beerdigt. Direkt neben den beiden Frauen wurde später auch Adam Bock von der Bahnstraße bestattet. Er fand am zweiten Adventsonntag 1944, ebenfalls bei einem Bombenangriff auf Oberaußem, den Tod.

 

Die sterblichen Überreste, der beim Absturz eines schweren alliierten Halifax-Bombers, in der Nacht zum 21. Februar 1945, im Garten der Familie Brüggen an der Kirchstraße, ums Leben gekommenen drei alliierten Besatzungsmitglieder, wurden auf Bestreben des damaligen Pfarrers Johannes Oehm, auf unserem alten Friedhof an der Friedhofsmauer, rechts neben dem großen Haupttor ohne eine Zeremonie, in der einfachsten Form bestattet. Der Pfarrer selbst und andere Zivilpersonen durften an der Beerdigung aufgrund eines Verbotes der NS-Behörde nicht teilnehmen.

 

Die sterblichen Überreste der drei Männer, inzwischen weiß man das es zwei Kanadier und ein Engländer waren, wurden Ende der 40ger Jahre hier weggeholt und auf dem Soldatenfriedhof für Alliierte Luftwaffentote, in Reinberg beigesetzt.

 

Noch heute ruhen auf unserem alten Friedhof auch die Überreste von russischen Kriegsgefangenen, die in den Zeiten der beiden Weltkriege, in den damals in unserer Gemeinde befindlichen Gefangenenlagern untergebracht waren, hier gearbeitet haben und hier verstorben sind.

 

Die vorgenannten Ehrengräber und die Gräber der Russen, wurden nach einer längeren Zeit der Vergessenheit, aufgrund einer Initiative von angagierten Leuten des Stadtteil-Forums, Mitte 2005 durch Mitarbeiter unserer Stadt wieder in Ordnung gebracht, wobei insbesondere die Gräber der Russen von Privatleuten des Forums aufwendig gesäubert und neu gestaltet wurden. Die Inschriften auf den Grabsteinen der Russen, wurden auf Vermittlung von Gerd Friedt, ins Deutsche übersetzt.

 

Eine Inschrift wurde von Dr. Ljudmila Borrisenko, LM Universität München, übersetzt, sie lautet:

"Hier ruhen die zweifache Asche von unseren lieben Kameraden den russischen Kriegsgefangenen

Hatchadur Pogosov gest. Juli 1918

Timotei Karpuhin gest. Juli 1918

in der Grube Fortuna während des Weltkrieges 1914 - 1918

von ihren Kameraden

Die Inschrift des rechts außen stehenden Grabsteins wurde von Ashot Manutscharjan übersetzt und lautet:

"Hier ruht der Leichnam unseres lieben Genossend des russischen Kriegsgefangenen

Feodor Maschkowskij gest im Mai 1918

in der Grube Fortuna im

Weltkrieg 1914-1918.

Von seinen Freunden

 

 

An dieser Stelle möchte der Autor auch an die einstigen, hier auf unserem Friedhof beerdigten Lehrer erinnern, die in Oberaußem lange Zeiten an unserer Volksschule gearbeitet und somit auch zur positiven Entwicklung unseres Ortes beigetragen haben. So z.B. der Lehrer Franz Pieck, die Lehrerin Paula Giebel, Lehrer Gerhard Maybaum und der Rektor Theodor Bondü.

Ebenso fand der erste Rektor, der Ende der 1950ger Jahre gegründeten evangelischen Volsschule Oberaussem, der Pfarrer Hermann Stempel auf dem alten Teil des Friedhofes seine letzte Ruhestätte.

 

 

Aufgrund der im 19. Jahrhundert rasch größer werdenden Gemeinde und vor allem wegen der Baufälligkeit der kleinen Kirche, wurde in Oberaußem der Wunsch nach einer neuen Kirche immer größer.

Es gab ja nur das winzige Kirchlein, auf dem Tonnenberg. Aus einer Expertise des Kommunal-Baumei­sters Müller aus Köln-Deutz vom 16. November 1868 wissen wir, daß das Kirchenschiff bei einer Höhe von 16 1/2 Fuß, vom Turm bis zum Chor nur 31 Fuß lang und 20 Fuß breit war. Der preußische wie auch der rheinische Fuß maß damals etwa 0,314 Meter. Die Umrechnung ergibt, daß bei einer Länge von 9,67 m und einer Breite von 6,49 m im Kirchenschiff nur ca. 63 qm Raum zur Verfügung stand. Dazu kam noch der Raum unter dem Turm mit etwa 17 qm. Für die damaligen 630 Kommuni­kanten, bei 950 Einwohnern jedoch reichlich wenig, womit sich die Kirchenbesucher zu begnügen hatten. Und in jener Zeit waren alle Kommunikanten Kirchenbesucher, abgesehen von den Kranken oder Gebrechlichen, die den Aufgang über die sogenannte “Kalfheck“ zur Kirche nicht mehr schafften.

Die hinter dem Chorraum angebaute Sakristei maß auch nur 8 mal 11 Fuß, das waren ca. 8,6 qm. Ein Vorbau vor dem Turm hatte die Funktion eines Windfanges und diente als Eingang für die Gläubigen. Alles in allem hatte das Ge­bäude eine Gesamtlänge von knapp 28 Metern.

Erwähnenswert ist die kolossale Mächtigkeit des Turmes mit Mauerstärken von mehr als 1,40 m. Die Raumnot in der Kirche war so groß, daß 1863 noch eine Erweiterung der „Oberkirche“ unter Aufsicht des Kirchenmeisters Gottfried Hintzen zur Gewinnung von vier zusätzlichen Kirchenplätzen durchgeführt wurde. Damalige Pläne, die kleine Kirche zu sanieren bzw. zu vergrößern wurden überprüft, aber aus Gründen der Unwirtschaftlichkeit verworfen. Der Beschluß zum Bau einer neuen Kirche wurde von den Oberaußemern dann 1869 gefaßt. Bis zur Umsetzung des Kirchenneubaues vergingen aber noch etliche Jahre.

Unter dem damaligen Pfarrer Theodor Richartz wurde dann aber endlich, nach der Beseitigung vieler Schwierigkeiten, am 1. September 1878 der Grundstein für die heutige neue Pfarrkirche St. Vinzentius von Oberaußem gelegt. Eingeweiht wurde diese dann am 26. Mai 1881 durch den Dechant Erner. Die feierliche Konsekration der neuen Kirche erfolgte am 13. Oktober 1889 durch Weihbischof Dr. Anton Fischer aus Köln.

Aus der alten Kirche wurden die Weihwasserkessel ausgebrochen und in der neuen Kirche wieder eingemauert. Ebenso hat man zu “zwei Maurertagewerken a 2,50 Mark“ den Taufstein in der alten Kirche ausgebrochen und diesen als Wasserbecken in der neuen Sakristei eingemauert. Auch die Kirchturmuhr wurde aus der alten Kirche entnommen und nach einer Reparatur, die Ferdinand Rüntz durchführen ließ, im Turm der neuen Kirche wieder eingebaut.

Zum Thema Abbruch der alten Kirche, kam am 9. März 1886 ein Brief vom für Oberaußem zuständigen Bürgermeister zu Paffendorf an den katholischen Kirchenvorstand zu Oberaußem, zu Händen des Herrn Vorsitzenden Baumann mit folgendem Wortlaut:

Der dortige Gemeinderat hat den Antrag gestellt, es möge vor Ausführung der projektierten neuen Mauer um den dortigen Kirchhof der alte Thurm niedergelegt werden da derselbe derart baufällig sei, daß er einzustürzen drohe, auch könne das alte Material noch theilweise an der neuen Mauer mit verwandt werden. Ich persönlich habe schon früher die Ansicht ausgesprochen, daß nicht allein aus Zweckmäßigkeitsgründen, sondern auch aus Schönheits­rücksichten der alte, jedes Monumentalen entbehrende Thurm am besten beseitigt werden sollte. Daß nun auch jetzt vom Gemeinderath dieses anerkannt wird, freut mich und erlaube ich mir an den Wohllöblichen Kirchenvorstand hiermit die ergebene Anfrage zu richten, ob die Kirchen­gemeinde der Civilgemeinde den qu. Thurm auf den Abbruch unentgeltlich überlassen will. Eventl. bitte ich um Bei­fügung einer Abschrift der Verfügung Königlicher Re­gierung, wonach der Abbruch der alten Kirche mit Thurm genehmigt worden ist. Da ich wünschen möchte, daß im Laufe dieses Sommers die Mauer noch fertig würde, wäre mir eine baldmögliche Antwort sehr wünschenswerth.

Der Bürgermeister von Paffendorf

Commer

Der alte mächtige Turm wurde dann um 1886/87 “niedergelegt“. Im Auftrage der Gemeinde wurde er im Stundenlohn abgebrochen. Von der alten Kirche hat man ein Teil des Kellergewölbes einer Krypta erhalten und als Gruft für verstorbene Geistliche, die in unserer Gemeinde gewirkt haben eingerichtet.

Die nach dem Abbruch der alten Kirche noch verwertbaren Materialien wie Fenster, Chorbelag aus Mar­morplatten, brauchbares Holz und Brennholz wurden verkauft. Aus diesem Verkauf wurden etwas über 300 Mark erzielt.

Die verwertbaren Feldbrandsteine wurden für die Errichtung der Kirchhofsmauer wieder verwendet.

 

In dieser Zeit wurde in der Gemeinde auch mit der Planung zur Errichtung eines großen zentralen Kirchhofskreuzes begonnen. Es wurde aus Sandstein gefertigt und 1888, laut Überlieferung von damaligen Oberaußemern, ungefähr an der Stelle aufgestellt, an der früher der Hauptaltar des alten Kirchleins gestanden hatte. Die Kosten dafür betrugen 1.050 Mark.

Gemäß heutiger Erkentnisse (Stand April 2023), die auf den Arbeiten zur Standortbestimmung der einstigen kleinen Kirche mit heutiger Priestergruft beruhen (Projekt Reiner Mühle), kann das Hauptkreuz wohl nicht als Standort des Hauptaltares gesehen werden. Der tatsächliche Standort des Altars liegt gemäß den Vermessungen und Zeichnungen von Walter Weitz ca. 10 m nördlich in Richtung der Friedhofsmauer.

Zuvor war bereits ein neuer Aufgang zum Friedhof herge­stellt worden. Dieser war zunächst nur ein mit etwas Kies befestigter Weg an der Stelle, wo sich auch heute noch der Treppen-Aufgang befindet. In den 1950ger Jahren, wurden die heutige Aufgangstreppe und die Umfassungsmauern der Böschung aus Bruchsteinen neu gestaltet. Die Lindenbäume, die an diesem Auf­gang und an der Böschung vor der Friedhofsmauer stehen, sind Ende 1887 - Anfang 1888 dort gepflanzt worden. Nachdem der Abbruchschutt des alten Turmes vom Friedhofsge­lände geräumt und das zentrale große Kirchhofskreuz aufgestellt waren, erfolgte die noch heute erhaltene Baumbepflanzung auf dem alten Friedhof selbst.

Gleichzeitig wurde der Friedhof zum ersten Mal erweitert, und zwar bis zu dem vorderen Rundweg. Bis hierhin war zunächst auch die Friedhofsmauer aus Steinen der alten Kirche errichtet worden. Im Bereich des Friedhofzuganges, unter der großen Kastanie, wurde ein alter Grabstein des ehemaligen Oberaußemer Pfarrers Anton Hofschlag in die neue Mauer eingefügt.

Für die 364 qm große Erweiterungs-Fläche zahlte die Gemeinde damals 28 Mark Grundstückskaufpreis. Die Neuanlage des Fried­hofs, er wurde dabei durch einen Kreuzweg in vier Teile aufgegliedert, veranlaßte den Gemeinderat, künftig auch Privatbegräbnisstätten zu “verleihen“. Diese Verleihung war für die Dauer von fünfzig Jahren vorgesehen, konnte dann auch von den Angehörigen und den Rechtsnachfolgern gemäß Beschluß für eine weitere Zeit verlängert werden. Die Verleihung der Privatbegräbnisstätten erfolgte in der Reihenfolge der Beerdigungen. Der sofort bei der Gemeindekasse zu zahlende Preis von 25 Mark galt auch für eine zweite Stelle, die sofort mit übernommen werden konnte. Allerdings war vor­gesehen, daß bei Ablauf der Zeit, ohne eine erneute Übernahme der Begräbnisstätten, die Monumente in das Eigentum der Gemeinde übergehen. Dazu übernahm jeder Erwerber die Verpflichtung, diese Stätten in einem würdigen Zustand zu halten und ihm war angedroht, daß im Falle einer “Fruchtlos erfolgten Aufforderung das Erforderliche auf seine Kosten bewirkt werden würde“.

 

Der eng mit dem Bau der neuen Kirche und somit auch mit der alten Kirche und dem dazugehörenden Kirchhof verbundene, beliebte Oberaußemer Pfarrer Theodor Richartz, verstarb am 9. April 1900. Beigesetzt wurde er in der erhaltenen Krypta der alten kleinen Kirche auf unserem Friedhof, dort, wo schon früher und auch noch später Geistliche unseres Ortes ihre letzte Ruhestätte fanden.

Der letzte hier beigesetzte Oberaußemer Pfarrer war Johannes Oehm. Er wurde am 9. Ja­nuar 1971 in die Ewigkeit abberufen. Am 14. Januar 1971 fand er in der Oberaußemer Priestergruft die letzte Ruhe.

Eine unübersehbare Menschen­menge hatte ihn auf seinem letzten Wege begleitet und war während der Beisetzungsfeierlichkeiten zugegen. Alle Geistlichen des Dekanates und alle Kapläne, die in seiner Amtszeit in Oberaußem tätig gewesen waren, nahmen ebenfalls an dieser eindrucksvollen Bestattung teil.

Die Beisetzung hier in dieser Krypta hatte Pfarrer Oehm sich ge­wünscht. Nach der Beisetzung des 85 Jahre alt gewordenen Pfarrers Silvester Bacia aus dem Kloster Bethlehem am 15.1.1964 hatte Pfarrer Oehm mit dem Friedhofswärter eine Besichti­gung der Krypta vorgenommen und veranlaßt, daß die Särge der dort ruhenden Geistlichen so umgestellt werden sollten, daß für ihn noch ein Platz vorhanden war.

Ab 1909 mußte aufgrund der rapide zunehmenden Bevölkerungszahl, der Friedhof wiederum erweitert werden. Die hierzu erforderliche Grundstücks-Parzelle, vom vorderen Rundweg bis zur heute noch stehenden al­ten Leichenhalle, war Eigentum der Kirchengemeinde. Antragsgemäß wurde beraten und beschlossen, dieses Grundstück zur Friedhofserweiterung an die Gemeinde zu verkaufen. Der Gesamtkaufpreis von 904 Mark kam der Kirchengemeinde sehr gelegen. Mit dem Verkaufserlös konnte man den unbedingt erforderlichen Grundbesitz im Bereich der neuen Kirche hinzukaufen, um die anfangs, dort bei den Kirchenzugängen herrschende Enge zu beseitigen. An- und Verkauf wurde von der Aufsichtsbehörde genehmigt. Den Verkauf an die Gemeinde ließ man, wie damals üblich, notariell beurkunden. Der Pfarrer, so heißt es auch noch in diesem Vertrag mit der Gemeinde, erhält zehn Karren Sand für seine Gartenwege.

Die Erweiterung des Friedhofes brachte auch den Weiterbau der Friedhofsmauer mit sich. So entstand ein neuer Haupteingang mit einem großen schmiedeeisernen Tor an der oberen Kirchstraße.

Gegenüber des neuen Haupttores wurde später, die heute noch dort auf einem Sockel stehende schöne, bronzene Christusfigur mit großem Kreuz, aufgestellt.

Über die Herkunft dieser 2002 völlig renovierten Statue gibt es z.Zt. noch unterschiedliche Meinungen. Man vermutet aber stark, daß es sich um den Bestandteil eines alten Grabmonumentes der Familie Baumann/Rath gehandelt habe. Nach einer Erneuerung des Grabsteines auf ihrer Grabstelle, habe die Familie dann der Gemeinde die Christusfigur zur Aufstellung am Haupttor überlassen. 1952 sei die Figur dann vom Oberaußemer Maurermeister Willi Weger auf einem neuen Sockel, an ihrem heutigen Platz aufgesetzt worden.

Im Jahre 1937, als die ersten, fünfzig Jahre währenden Ruhefristen abgelaufen waren, wurden auf dem Friedhof umfangreiche Arbei­ten durchgeführt. Auch die Grabstätte von Pfarrer Richartz mußte neu gestaltet werden. Ebenso waren die Grabstätten der Pfarrer Schröder und Berg von der Umgestaltung des Friedhofs betroffen. Man überlegte, ob nicht der kleine Grabstein des Pfarrers Richartz in einen Grabstein für alle namentlich bekannten Pfarrer des Ortes einbezogen werden könnte. Hierzu erteil­te die Gemeindeverwaltung ihre Genehmigung.

Darauf wurde auf Vorschlag des Bildhauers Janning aus Erkelenz wurde die Figur des Guten Hirten aus dem alten Grabdenkmal des Pfarrers Richartz entnommen und in ein neues Priestergrabmal eingearbeitet. Zu Pfingsten 1938 war das neue Priestergrabmal aufge­stellt. Die Kosten hierfür wurden durch Spenden und eine Kollek­te am Pfingstmontag aufgebracht. Der übriggebliebene kleine Grabstein, mit der Gedenkplatte des für das Dorf so bedeu­tenden Pfarrers Richartz, fand dann an der neuen Kirche Aufstellung. Zuerst stand er unweit der Marienkapelle an der Böschung hinter dem Chor, an­gesichts des Gekreuzigten am alten Missionskreuz. Seit einigen Jahren steht der alte Sockel aber wieder für jedermann sichtbar, neben dem Fraueneingang der Kirche.

Heute erinnert zusätzlich ein Straßenname in Oberaußem an diesen beliebten, aus­gezeichneten Seelsorger und Pfarrherrn. Nach der kommunalen Neugliederung erhielt das frühere Kirchgäßchen, das sich zu einer ausgebauten und viel befahrenen Straße entwickelt hat, seinen Namen: „Richartzstraße“.

 

Priestergruft alter Friedhof Oberaußem

 

In den 20ger Jahren, der Zeit der großen Arbeitslosigkeit, verstand es die Gemeinde Oberaußem, trotz des knappen Geldes immer wieder, durch Vergabe von Arbeiten, Teilen unserer Bevölkerung Beschäftigung zu bieten. So wurde unter anderem 1925 auf dem alten Friedhof, in der Nähe des großen schmiedeeisernen Haupttores, die erste, heute noch stehende Leichenhalle gebaut. Sie diente u.a. jahrelang zur Unterstellung des sehr schönen alten Oberaußemer Leichenwagens. Dieser schwarz lackierte, hochrädrige Wagen wurde von zwei, mit bestickten schwarzen Trauertüchern bedeckten Pferden gezogen. Der Wagen war im gesamten schön verziert. Links und rechts neben dem Kutscherbock befanden sich Leuchten aus Messing. Der Raum zur Aufnahme des Sarges war rundum mit großen Glasscheiben ausgestattet, die auch mit schönen, würdevollen, dem Traueranlaß angepassten, eingeschliffenen Ornamenten verziert waren. Früher wurden die Verstorbenen meist zu Hause unter Mithilfe der Nachbarschaft vor ihrem Haus würdevoll aufgebahrt. Nach einer heimischen Trauerfeier wurden sie dann in Begleitung einer Trauerprozession, oft auch mit einer Musikkapelle, mit dem prachtvollen Leichenwagen von zu Hause aus zum Friedhof gefahren. Bei Beerdigungen im Winter, als die Kirchstraße des Öfteren noch mit Eis und Schnee bedeckt war, gab es meist Schwierigkeiten. Die Pferde rutschten aus, so daß man das große Friedhofshaupttor nicht immer mit dem Wagen erreichen konnte. Gezwungenermaßen hielt man dann den Wagen bereits am Zugang zu der großen Treppe an und trug den Sarg mit dem Verstorbenen über die Treppe zum Friedhof hinauf.  Erst Mitte der 50ger Jahre, mit der Fertigstellung einer zweiten, moderneren Leichenhalle, wurde der Leichentransport mit dem Pferdewagen eingestellt. Die Aufbahrung der Verstorbenen und die Trauerfeier erfolgten danach nicht mehr zu Hause sondern an der neuen Leichenhalle. Von dort aus wurde der Sarg  mit einem speziellen Handwagen von den Sargträgern zur letzten Ruhestätte gefahren. So ist es auch noch heute.

 

 

Durch das stetige und schnelle Anwachsen der Bevölkerungs­zahl in der Gemeinde nach dem 2. Weltkrieg, hatte der Gemeinderat Mitte der 50ger Jahre große Mühe, mit der angemessenen Bereitstellung öffentlicher Einrichtungen. Es war abzusehen, daß der erst vor einigen Jahren erweiterte Friedhof rasch belegt sein würde. In dieser Zeit beschloß man auch den Neubau einer größeren Leichenhalle an der Friedhofstraße, neben der ehemaligen Transformatorenstation, gegenüber vom alten Sportplatz. Von der Kirchengemeinde wurde das an den alten Friedhof anschließende Weideland für die Friedhofserweiterung gekauft. Der Ankauf dieser Fläche, in der Größe von 75 ar, erfolgte zum Preise von 0,70 DM je qm. Für die Friedhofsgestal­tung dieses abschüssigen Geländes lagen dem Rat mehrere Pläne vor. Man entschied sich für eine terrassenähnliche Anlage der Grabfelder, durchzogen von Baum- und Strauchgruppen und eine Abschlußmauer zur Friedhofstraße hin. Zwischen der dortigen alten Baumgruppe wurde das alte, seit langer Zeit dort oben stehende Wegekreuz in die Friedhofsmauer eingearbeitet. Es handelt sich dabei um ein Blausteinkreuz mit Corpus in Relief, 18. Jh., ein so genanntes Fischenicher Kreuz.

Auf dem neuen Sockel steht die Inschrift:

JESU DEM ERLÖSER ERRICHTET 1731, WIE­DER ERRICHTET 1960.

Nach dem letzten Kriege waren nur noch beschädigte Bruch­stücke des Wegekreuzes erhalten. Der Sockel trug ehemals eine lateinische Stifterinschrift (Petrus Schreyer und Magdalena Forster?) mit Chronogramm von 1731.

 

Kurz nach der Fertigstellung des Friedhofes fanden auf diesem, die beiden 1957 im alten Tagebau Fortuna, bei einer Böschungs-Rutschung tödlich verunglückten Bergleute, Meuter und Klütsch als erste die letzte Ruhe.

 

 

Bereits im Jahr 1970 mußte sich der Oberaußemer Rat wiederum mit einer notwendig gewordenen “Erweiterung des Friedhofes“ befassen. Es galt, ein geeignetes Gelände zu finden, da eine Erweiterung an der Friedhofstraße wegen der inzwischen dort erfolgten Errichtung des Schießstandes der St. Vinzentius-Schützenbruder­schaft nicht mehr möglich war. Nach Prüfung aller Möglich­keiten entschied man sich für das Gelände auf der kleinen Osthalde am Abtsbusch, dem überkippten, ehemaligen Rott. Dieser Bereich erschien als der geeig­netste für die Neuanlage eines Friedhofes. Nach seiner Fertigstellung erhielt er den Namen “Waldfriedhof“. 1975/76, wurde hier eine sehr schöne Friedhofshalle errichtet, die mo­dern ausgestattet ist und allen Anforderungen der heutigen Zeit gerecht wird.

 

Ein seit vielen Jahren immer wieder in der Bevölkerung formulierter Wunsch nach einem großen Hauptkreuz auf dem Waldfriedhof, konnte inzwischen in die Tat umgesetzt werden. Von unserem Pastor Brennecke noch einmal angestoßen, setzten sich die Mitwirkenden des Stadtteilforums für die Verwirklichung dieses Wunsches ein. So erfolgte im Frühsommer 2005, nach relativ kurzer Zeit, die Errichtung, eines von Bernhard Walter gezimmerten, großen Holzkreuzes im Eingangsbereich des Friedhofes. Finanziert und ermöglicht wurde dieses Projekt durch Privatspenden und engagierte, fleißige Oberaußemer Bürger, wobei hier einmal die besonders große Spenden- und Arbeitsbereitschaft unsers ortsansässigen Unternehmers, Bernhard Walter, bei vielen Projekten des Stadtteilforums und deren Verwirklichung, erwähnt werden soll. Allen anderen Beteiligten gebühren natürlich ein ebenso großer Dank und die Anerkennung für die inzwischen erbrachten eindrucksvollen Verschönerungen im Bereich aller Oberaußemer Friedhöfe.

 

Die Wege des alten Friedhofes wurden ab 1980, sehr sauber und ordentlich, von Bediensteten der Stadt, in eigener Regie erneuert und mit Verbundpflaster belegt.

 

Ende der 90ger Jahre wurden auf dem gesamten Friedhof die Wasserzapfstellen modernisiert und ergänzt.

 

Im Bereich der Abfallentsorgung wurde die früher neben dem Haupttor des alten Friedhofes angeordnete, große gemauerte Abfallgrube entfernt. Heute stehen an mehreren Stellen verschiedene Abfallbehältnisse, die einer geforderten und auch notwendigen Abfalltrennung und Entsorgung gerecht werden.

 

Natürlich wurden auch die Friedhofseinrichtungen im Laufe der Jahre ständig erneuert und modernisiert. So benutzt man heute moderne Arbeitsgeräte für die Durchführung von Bestattungen und zur Friedhofspflege allgemein, wie z. B. kleine Bagger, aufständerbare Erdaufnahmebehälter, Sargablasseinrichtungen usw. Wenn man bedenkt, daß früher alles von Hand gemacht wurde, ausheben und verschließen der Grube mit Spitzhacke und Schaufel, der Sarg wurde noch mittels Hanfseilen von den Trägern herabgelassen usw., bringen die neueren Hilfsgeräte dem Friedhofspersonal doch erhebliche Erleichterung bei der Ausführung ihrer Tätigkeiten auf unseren Friedhöfen.

 

Dem Trend der heutigen Zeit, mit der Zunahme der Toteneinäscherung folgend, wurde 2002 an der Stelle des ehemaligen Kinderfriedhofes, unter den hohen Bäumen auf dem alten Friedhof, eine Mauer aus einzelnen Grabkammerblöcken zur Aufnahme von Urnen erstellt. Der Anblick dieser modernen Bestattungsstätte  aus Beton, missfiel einigen, vorwiegend älteren Bürgern anfangs sehr, er war zugegebenermaßen auch sehr gewöhnungsbedürftig. Inzwischen ist diese wohl sinnvolle Einrichtung aber allgemein akzeptiert worden und es sind bereits so viele Urnenbeisetzungen dort erfolgt, dass eine Erweiterung der Urnenstätte erforderlich ist und auch erfolgen soll. Zusätzlich zu der Urnenmauer, sind sowohl auf dem alten Friedhof als auch auf dem Waldfriedhof besondere Gräberfelder, für die auch immer häufiger werdende Urnenbestattung in Kleinstgräbern angelegt worden.

 

Als neueste Errungenschaft der Friedhöfe unseres Ortes ist die 2006, vom Stadtteil-Forum an der Trauerhalle des Waldfriedhofes angebrachte Glocke zu nennen. Das Projekt „Glocke für den Waldfriedhof“ konnte Dank der großen Spendenfreudigkeit der Oberaussemer und Niederaussemer Bürger sowie RWE Power, Kraftwerk Niederaussem, in der sehr kurzen Zeit von 9 Monaten realisiert werden. Am Totensonntag, den 26. November 2006, um 11:30 Uhr, fand an der Trauerhalle auf dem Waldfriedhof die feierliche Übergabe und Einsegnung im Rahmen einer kleinen ökonomischen Feierstunde statt. Vor einer großen Menge von Bürgern aus Ober- und Niederaußem weihten Kreisdechant Achim Brenneke, Pfarrer Christoph Tebbe von der evangelischen Erlöserkirche, Vertreter des Stadtteilforums sowie die Bürgermeisterin Maria Pfordt die neue Glocke auf dem Waldfriedhof ein. Die Glocke besitzt ein elektrisches Antriebssystem, das überwiegend von Heinz Füser realisiert wurde. "Die Beschaffungskosten der Glocke betrugen rund 3.000 Euro. Die Glocke ist 54 Kilogramm schwer und hat einen Durchmesser von 447 Millimetern. Auf ihr sind die Jahreszahlen 1306 und 2006 eingraviert, die an die 700-jährige Tradition christlichen Glaubens in unserer Gemeinde erinnern sollen. Weiterhin ist sie mit der Inschrift "Im Kreuz ist Heil" und einem eingravierten Kreuz versehen. "Somit ist sie keine Toten- sondern eine Lebensglocke", betonte der Pfarrer Tebbe, "Sie ruft Hoffnung und Vertrauen auf die göttliche Ewigkeit in uns wach." "Diese Glocke ist für einen traurigen Anlass gedacht", so Horst Letsch von der Firma Mark in Brockscheid, wo die Glocke Anfang September gegossen wurde. Denn jedes Mal, wenn nun ein Bürger einer der beiden Orte stirbt, wird der Glockenschlag des Verstorbenen gedenken. "Sie soll von nun an den angehörigen Trost spenden und den Verstorbenen gut auf seiner letzten Reise begleiten."

 

Ebenfalls noch in 2006 erhielt der Haupteingang des alten Friedhofes eine beachtenswerte Verschönerung. Eine kostbare, aus Bronze gegossene Muttergottesfigur, konnte als besondere Attraktion und zur Verschönerung des Friedhofes, in einer zuvor restaurierten Fensternische neben dem großen Torbogen platziert werden. Bei der ca. 70 cm hohen Figur handelt es sich um eine Stiftung von Josef und Elisabeth Raths aus Oberaußem, Am Berg. Damit die Besucher des Friedhofes sich auch lange an der schönen Statue erfreuen können, wurden besondere Vorkehrungen zur Sicherung der Bronzefigur getroffen. Notorische Langfinger dürften somit kaum eine Chance auf eine Entwendung der Statue haben. Die Restaurierungsmaßnahmen an der Fensternische und dem Schutzgitter sowie der Einbau der Figur mit Sicherungsvorrichtung, wurden zum überwiegenden Teil von Peter Brüggen ausgeführt. Tatkräftige Unterstützung erhielt er dabei von seinen Nachbarn Uwe Klee und Thomas Winkler.

Peter Brüggen hatte aber noch eine große Sorge. Er befürchtete, dass mit den Jahren die schönen schmiedeeisernen Eingangstore des alten Oberaussemer Friedhofes dem Rost zum Opfer fallen würden. Also machte er dem Stadtteil-Forum im Sommer 2005 den Vorschlag, die Tore zu restaurieren. Die Stadt Bergheim sowie der Landeskonservator genehmigten das Vorhaben. Als erstes überarbeitete man das Tor im Bereich der Kastanie. Es war komplett demontiert worden und zur Restaurierung in eine Werkstatt gebracht worden. Nach aufwendigen Arbeiten, wie das Entfernen der alten Farbe, gründliche Entrostung, Aufbringen neuer Grundierung und neuem Schutzanstrich, montierten am Freitagnachmittag den 3.3.2006 Peter Brüggen, Uli Eich und Uwe Klee das Friedhofstor. Mit Hand angelegt haben Heinz und Jens Füser.

Die Spitzen des Tores haben eine goldene Farbe erhalten und verleihen dem Tor einen besonderen Glanz.

Die erforderlichen Farben stellte der Oberaußemer Malerbetrieb von Hans Peter Weiß zur Verfügung. Der Stadt Bergheim, entstanden keine Kosten. Diese wurden von den Akteuren wie Peter Brüggen teilweise selbst getragen.

Das große Eisentor des Haupteinganges soll in der gleichen Weise restauriert und damit vor dem Verfall geschützt werden, wobei bei diesem Projekt aber ein erheblich größerer Arbeits- und Kostenaufwand erforderlich sein wird.

 

Maßnahmen auf den Friedhöfen 2009

Im Jahr 2009 wurden im Bereich der Oberaussemer Friedhöfe einige Projekte erfolgreich abgeschlossen:

 

Die grundlegende Renovierung der ersten Oberaussemer Leichenhalle, Baujahr 1925, auf dem alten Friedhofsteil, ist komplett abgeschlossen. Inzwischen hat man das alte Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Ab Herbst 2008, ließ die Stadt das alte Bauwerk sanieren. Ein neuer Dachstuhl wurde eingebaut und das Dach wurde komplett mit Dachziegeln, die der alten, ursprünglichen Form angepaßt sind erneuert. Das komplette Außenmauerwerk wurde gereinigt und neu ausgefugt. Erneuerungen im Bereich Fenster und Türen. Auch die direkte Umgebung der Halle wurde verbessert (Gehweg, Rampe für Rollstuhlfahrer zur Erreichung der WC-Anlage). Durch diese aufwendigen Maßnahmen, hat man einen sinnvollen Beitrag zur Erhaltung von geschichtsträchtigen Einrichtungen unserer Gemeinde geleistet.

 

Die Renovierungsarbeiten an der Hauptzugangstreppe und die Erneuerung der unteren Stützmauer des alten Friedhofes, im Bereich der Friedhofstraße sind abgeschlossen.

 

Aufgrund der Bestattungssituation auf dem Waldfriedhof, es dürfen keine Erdbestattungen mehr in neuen Gräbern stattfinden, hat man dort, dem heutigen Trend folgend, zusätzliche Möglichkeiten für Urnenbestattungen eingerichtet. Es gibt nun auch eine Urnenwand, ein Areal für anonyme Urnenbestattungen und ein Feld zur Durchführung von Baumbestattungen. Im Lauf der nächsten Zeit soll noch im Bereich der Urnenwand, ein Urnenfeld für nicht pflegebedürftige Urnengräber eingerichtet werden.

 

 

 

 

 

Quellen:

  • Josef Dürbaum, Heimatkunde von Oberaußem von 1912, sowie die Neuauflage Oktober 2000 von Hans-Josef Weck, Hans-Joachim Mörs, Carsten Meyer
  • F. W. Noll, Heimatkunde des Kreises Bergheim von 1928
  • Christian Kämmerling, 100 Jahre Pfarrkirche St. Vinzentius in Oberaußem
  • Jahrbuch des Bergheimer Geschichtsvereins e.V. Band 16, 2007
  • Prof. Dr. Hans Georg Kirchhoff, Oberaußem im Mittelalter
  • Fotos, U. Reimann, Reiner Mühle
  • Layout, neue Texte und Textergänzungen, Ulrich Reimann