DIE EVANGELISCHE GEMEINDE FORTUNA
Allgemeines zur Gemeinde
In unserer Region war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts der überwiegende Teil der Bevölkerung katholisch. Die wenigen Evangelischen aus Oberaußem und ab 1900 auch aus Fortuna, gehörten zur Gemeinde Zieverich, wo es eine 1895 eingeweihte Kirche gab.
Aufgrund der gemischten Bevölkerungsstruktur in Fortuna hatte sich recht schnell eine eigene, kleine evangelische Gemeinde im Ort gebildet.
Zur Betreuung, insbesondere der evangelischen Arbeiterfamilien in Fortuna, hatte man einen Hilfsprediger, für dessen Gehalt die Rheinische A.G. für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation, ab dem 1.4.1925, monatlich 100,- RM beisteuerte. In Fortuna wohnten 1930 bereits mehr als 50 evangelische Kinder. Seit 1934 ist der Pfarrer Hugo Cramer für die Gemeinde Zieverich, damit also auch für die kleine Gemeinde Fortuna zuständig. Er betreute die Gemeinde bis 1965. Noch als amtierender Pfarrer verstarb er 1966 im Alter von 66 Jahren.
Die Gottesdienste der evangelischen Gemeinde Fortuna fanden über lange Zeit in einem unwürdigen Raum der ehemaligen Schule statt.
1936 erklärte sich die Betriebsleitung der RAG, auf Bitten und Drängen des Pfarrers Cramer dazu bereit, auf Firmenkosten eine der Gemeinde würdige Stätte zur Abhaltung der Gottesdienste zu schaffen.
Im freigewordenen Gebäude der einstigen Werkskantine der Grube-Fortuna (Altes Kasino) stellte man dann den evangelischen Christen Räumlichkeiten zur Verfügung. Sie richteten sich dort den so genannten „Betsaal“, mit Altar, Kanzel und Gestühl ein. Daneben gab es noch eine Sakristei und eine Garderobe. Diese Räumlichkeiten standen dann der Gemeinde zur alleinigen Verfügung. Eigentümerin blieb aber die RAG, die auch die anfallenden Kosten für Heizung und Instandhaltung übernahm.
Der Betsaal wurde am 10. Januar 1937 durch den Generalsuperintendent Stoltenhoff eingeweiht. Im Anschluss an die kirchliche Feier, traf die Gemeinde sich im großen Saal des neuen Kasinos Fortuna. Bei Kaffee und Kuchen feierte man dort unter Mitwirkung der Bergmannskapelle und dem eigenen Kirchenchor.
Ab diesem Zeitpunkt feierte man in Fortuna alle 14 Tage einen Sonntagsgottesdienst. Im Betsaal fanden dann auch Taufen, Konfirmationen und Trauungen statt. Nach der Zerstörung der Kirche in Zieverich im II. W.K, Anfang 1945, besuchten viele evangelische Christen der Gemeinde Zieverich die Gottesdienste im Betsaal Fortuna. Bis 1965 blieb die kleine Gemeinde Fortuna Bestandteil der Gemeinde Zieverich. Danach wurde Fortuna in die ab 1.7.1965 selbständige Gemeinde Quadrath – Ichendorf eingegliedert.
Nachdem klar war, daß die Siedlung Fortuna dem Braunkohlentagebau Bergheim weichen mußte, beschloss das Quadrather Presbyterium 1975, die Gottesdienste in Fortuna einzustellen. Am 14.12.1975 hielt dann der Zievericher Pfarrer Gerhard Melchior den letzten Gottesdienst im Betsaal Fortuna.
Die Gemeinde Fortuna war nicht mehr existent. Nach der Umsiedlung aus Fortuna, fanden viele ehemalige Gemeindemitglieder eine neue kirchliche Heimat in der seit dem 1.4.1957 selbständigen Evangelischen Kirchengemeinde Bedburg-Niederaußem. Ihr Gotteshaus ist die am 25. November 1956 eingeweihte, zwischen Nieder- und Oberaußem befindliche, evangelische heutige Erlöserkirche.
Der Kirchenchor
Die einstige evangelische Gemeinde Fortuna, die bis 1965 zum Pfarrbezirk Zieverich gehörte, hatte zusammen mit der evg. Gemeinde Bergheim einen damals recht bekannten Kirchenchor. Der Chor war bereits am 11. Februar 1906, unter der Leitung des Pfarrers Herzog und des Kanalinspektors Müller, er wurde auch erster Vorsitzender und Dirigent, im einstigen Bergheimer Lokal Cossmann gegründet worden. Durch den I. Weltkrieg war das Wirken des Chores für 5 Jahre unterbrochen worden. Aber bereits am 1. November 1919 fand man sich wieder zusammen. Der Chor erlebte 1924 einen Aufschwung, als die evangelische Vereinigung Fortuna gegründet wurde. Damals hatte der Chor 60 Mitglieder. Der Rechnungsführer Vogt (Fortuna) übernahm den Vorsitz, den er danach 28 Jahre lang inne hatte. Bis zu seinem Tod war er Ehrenvorsitzender. Sein Nachfolger wurde Erich Hainke. Nach einigen Höhen und Tiefen durch die Zeit des II. Weltkrieges, wurden im Oktober 1945 im Betsaal die Proben wieder aufgenommen. 1947 übernahm Karl Hübner die Leitung des Chores. Am 13. Mai 1956 feierte der Chor sein 50-jähriges Jubiläum. Bis das Anfang der 50ger Jahre auch in Zieverich ein Kirchenchor gegründet wurde, waren die Fortunesen der einzige kirchliche Chor der evangelischen Kirchengemeinde Zieverich. Ab dem Jahr 1968, bis zur Auflösung der Gemeinde Fortuna, wurde der Chor von dem Fortunesen Edgar Glaser als 1. Vorsitzenden geleitet.
Quellen:
- Revier und Werk
- Festschrift Rundum, 50 Jahre Erlöserkirche
- Archiv RWE-Power
- Privatfotos
- Layout, Text, Recherchen, U. Reimann - 2011