Der einstige Leuchtturm auf dem Oberaußemer Driesch
Hierbei handelte es sich um einen Stahlgittermast von ca. 21 m Gesamthöhe, der mit einer elektrisch betriebenen Scheinwerfereinrichtung ausgestattet war. Sinn und Zweck des Turmes bestand darin, als Streckenleuchtfeuer, den auf der festen Nachtflugstrecke Flugstrecke Köln – Brüssel verkehrenden Flugzeugen eine zusätzliche, sichere Orientierungshilfe zu geben. Man kann die Aufgaben des Turmes in etwa mit denen der wohl allgemein besser bekannten festen Leuchttürme an den Meeresküsten, zur Orientierung der Schifffahrt vergleichen.
Zwischen den Flughäfen Köln-Butzweilerhof und Brüssel waren zehn dieser Streckenfeuer fest installiert. Vier davon befanden sich auf deutschem Gebiet. Das Leuchtfeuer direkt am Flughafen Köln, das in Oberaußem, eins bei Mersch (Jülich) und eins in Neuteveren bei Geilenkirchen, kurz vor der Holländischen Grenze. Die weiteren Leuchttürme der Strecke befanden sich alle in Belgien. Das Leuchtfeuer Boorsheim, stand kurz hinter der Grenze Holland Belgien. Es gab also keines direkt auf Holländischem Gebiet. Holland wurde von den Lichtkegeln aus Belgien und Deutschland überstrahlt und somit auch überflogen. Bis Brüssel folgten noch die Leuchtfeuer Hasselt, Cortenacker, Wilsele, Everberg und das Leuchtfeuer Flughafen Brüssel. Die einzelnen Leuchttürme standen jeweils etwa 20-25 km voneinander entfernt.
Generell betrachtet, ermöglichten die Leuchtfeuer, im Zusammenwirken mit den anderen, damals bekannten Navigierungseinrichtungen, der Luftfahrt einen recht sicheren Flugbetrieb bei Nacht.
In der Fernmeldebetriebsordnung für die Verkehrsflugsicherung von 1939, Anhang VIII. waren u.a. die Standorte der Leuchtfeuer eingetragen. Die damals für die Strecke Köln Brüssel angegebenen Standort-Koordinaten waren wohl teilweise nicht ganz richtig.
Die Abweichung erklärt sich wohl damit, daß die Leuchtfeuer den Piloten nur zur "visuellen" Navigation dienten, und nicht wie moderne Funknavigationsanlagen elektronisch angepeilt wurden. Es war daher offenbar nicht notwendig, in der FBO die Koordinaten auf eine Zehntel- oder sogar Hundertstel-Sekunde genau anzugeben.
Name Leitfeuer | Standort „E“ | Standort „N“ | Entfernung von Köln in km |
Köln FH (DDK) | 6°, 54` | 50°, 59` | 0 |
Oberaussem | 6°, 41`, 23`` | 50°, 58`, 28`` | 14,8 |
Mersch | 6°, 22`, 30`` | 50°, 58`, 28`` | 36,8 |
Neuteveren | 6°, 02`, 47`` | 50°, 57`, 00`` | 59,8 |
Boorsheim | 5°, 43`, 24`` | 50°, 56`, 39`` | 82,5 |
Hasselt | 5°, 21`, 13`` | 50°, 56`, 02`` | 108,5 |
Cortenacker | 5°, 03`, 35`` | 50°, 54`, 38`` | 129,2 |
Wilsele | 4°, 42`, 35`` | 50°, 54`, 10`` | 153,9 |
Everberg | 4°, 33`, 35`` | 50°, 52`, 49`` | 164,8 |
Brüssel FH | 4°, 25` | 50°, 53` | 175 |
3. Persönliche Erinnerungen an den Leuchtturm von Ulrich Reimann
Der etwas abseits vom damaligen Oberaußem stehende stählerne Gitterturm, bot zusammen mit der direkt nebenan stehenden alten Windmühle für uns Kinder, ein wie wir damals glaubten ideales Abenteuerrevier. Zu dieser Zeit waren nur noch der Gittermast mit oberer Plattform und Scheinwerferbehältnis sowie Reste vom ehemaligen Elektroschaltschrank im unteren Mastteil erhalten. Wir fanden es einfach toll, auch dieses Relikt vergangener Zeit in unsere Spielmöglichkeiten einzubeziehen und zu erobern. Die Besteigung des Leuchtturmes, der wie wir damals schon wußten, aus der Pionierzeit der Fliegerei stammte, war ja nicht ganz einfach und es erforderte schon eine gehörige Portion Mut, heute würde man sagen jugendlichen Leichtsinn.
Um die oberste Plattform des Turmes mit dem Scheinwerfersystem zu erreichen war oft eine waghalsige Kletterpartie erforderlich. Zuerst galt es ja ohne Leiter den Anfang der ersten im Turm fest montierten Stahlleiter zu erreichen. Hierzu wurde der untere Teil der Gitterkonstruktion als Aufstiegshilfe benutzt. Nach einiger Mühe gelangte man auf eine innere Plattform und somit an den Fuß der Stahlleiter, die recht steil nach oben führte. Nach Bewältigung der ca. 15 Leiterstufen wurde eine weitere Zwischenplattform erreicht. Von hier ging es dann fast senkrecht über die ca. 35 Leiterstufen der zweiten Stahlleiter im Turm nach oben. Ich erinnere mich noch gut an das Angstgefühl, dass mir beim Aufstieg meist auf halber Höhe in die Glieder kroch. Wenn ich beim besteigen dieser Leiter nach oben zum Himmel schaute, dachte ich meist der ganze Turm würde mit mir rückwärts umkippen. Es kostete dann eine enorme Selbstüberwindung um weiterzusteigen. Der schwierigste Teil der Kletterpartie folgte aber erst nachdem die Einstiegsluke erreicht war.
Die schwere Abdeckklappe aus Stahlblech war meistens heruntergeklappt. Aufgrund des Gewichtes war es für uns Jungen ja fast unmöglich diese nach oben hin zu öffnen. Das mußte mit einem Arm durchgeführt werden, da man sich ja gleichzeitig an der steilen Leiter festhalten mußte. Als außergewöhnliche Mutprobe galt aber die Besteigung der oberen Plattform bei verschlossener Bodenklappe. Den in diesem Falle erforderlichen halsbrecherischen Kletterakt vom Ende der Leiter, außen am Turm entlang über das Plattformgeländer bis auf die Scheinwerferplattform zu gelangen wagten nur wenige. Es ist für mich persönlich heute einfach unverständlich, daß wir damals als Kinder so leichtsinnig waren und einen Absturz aus großer Höhe mit wahrscheinlich schlimmen Folgen einfach in Kauf genommen haben. Zum Glück hat es meines Wissens nach damals keinen schweren Unfall am Leuchtturm gegeben. Natürlich war es für uns Kinder ein schon ein berauschendes, abenteuerliches Gefühl ganz oben auf dem Leuchtturm zu stehen. Es machte uns stolz den weniger Mutigen gegenüber damit prahlen zu können, dass man sogar bei der schönen Fernsicht von oben aus den Kölner Dom fabelhaft sehen konnte. Die Besteigung des Turmes brachte im Freundeskreis ja auch eine gewisse Bewunderung und Anerkennung mit sich.
Ich habe noch gut in Erinnerung, dass ich im Alter von 13 Jahren einmal einen ganzen Nachmittag bei schönem Sommerwetter alleine dort oben in luftiger Höhe verbracht habe und dabei die alte gegenüberliegende Windmühle gezeichnet habe.
Quellen:
- Bemerkungen zu einem Streckenfeuer für die Zivilluftfahrt in Oberaußem um 1930-1940 von Josef Krings, Kerpen
- SW-Fotos: Privatfoto Oberaußemer Bürger, Gert Friedt
- Foto Bodenplatte Leuchtfeuer Aschau, Henrik Baartz
- Luftbild aus Google Earth
- Sitzungsprotokoll Hauptausschuss, vom 19.1.1959
- Sitzungsprotokoll Gemeinderat Oberaußem, vom 16.2.1961
- Layout, Textüberarbeitung und neue Texte, Foto: U. Reimann 2005, 2010