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Oberaußem - Fortuna und die Braunkohle

Blick in den Tgb. Fortuna-Garsdorf

 

 

7. Der Tagebau Fortuna - Garsdorf

 

7.1 Vorworte:

 

Die Tagebautechnik des Rheinischen Reviers ist heute hochentwickelt. Zur rationellen und wirtschaftlichen Bewältigung der großen Mengen an Abraum und Kohle ist die Leistungsfähigkeit der Gerätesysteme, bestehend aus Schaufelradbaggern, Bandanlagen, Zügen und Absetzgeräten entscheidend.

Erst mit dem Einsatz großer Gewinnungsgeräte, leistungsfähiger Transporteinrichtungen und Hilfsgeräte wurden ab Mitte der 1950ger Jahre die Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Abbau der von der alten Grube Fortuna aus in Nord-West-Richtung in größeren Tiefen liegenden Kohlenflöze geschaffen.

Im August 1953 begann mit dem Baubeginn des ersten Großschaufelradbaggers bei Garsdorf für den Braunkohlenbergbau ein zukunftsweisender Zeitabschnitt. Es folgte der Aufschluß des weltweit ersten Tieftagebaues, Tagebau „Fortuna-Garsdorf“. Dieser Betrieb war jahrelang der größte und tiefste Lockergesteins-Tagebau der Welt. Rund 1,03 Milliarden Tonnen gewinnbarer Braunkohle lagerten hier und wurden bis Mai 1993 fast vollständig abgebaut. In einer etwa 44-jährigen Betriebszeit wurden im Tagebau Fortuna-Garsdorf insgesamt ca. 2.090 Mio. m³ Abraum und 1.030 Mio. t Kohle gefördert. Um diesen Tieftagebau überhaupt durchführen zu können, mußten 15.940 Mio. m³ Grundwasser abgepumpt werden.

Alle bis zum Zeitpunkt des Aufschlusses Fortuna-Garsdorf bekannten Techniken und Dimensionen, wurden bei diesem Grubenbetrieb durch wahre Superlativen ersetzt. Das gilt für die Grubenentwässerungssysteme, für die eingesetzten Fördergeräte wie Schaufelrad-Bagger, Absetzer, E-Lokomotiven, die Großraumtransportwagen, Großbandanlagen und für alle erforderlichen Hilfsgeräte.

Der Aufschluß von Fortuna-Garsdorf begann am 3. August 1955 mit der Inbetriebnahme des ersten Großschaufelradbaggers der Welt.

Rheinbraun-Gerätenummer 255, mit einer Tagesförderleistung von 100.000 m³ gewachsener Boden. Wollte man diese Fördermenge gleichmäßig auf ein Fußballfeld verteilen, so würde sich eine Aufschüttung von 10 Meter Höhe ergeben.

Hersteller Bagger 255:

Maschinenbau: Fa. Lübecker Maschinenbau Gesellschaft (LMG).

Elektroausrüstung: Fa. AEG.

Der Tagebauaufschluss mit dem Bagger 255 begann am Einschnitt der Rather Schleife, der zuvor von dem Fremdunternehmer Arthur Simon mit Löffelbaggern und Hilfsgeräten erstellt wurde.

Bereits im Mai 1956 förderte der Bagger 255 die erste Braunkohle aus dem Tieftagebau Fortuna-Garsdorf.

Für den damals nicht unumstrittenen Großtagebau mußten fünf komplette Ortschaften, mehrere Statteile und Einzelgehöfte, mit insgesamt ca. 2500 Menschen umgesiedelt werden. Auch Straßen, Wege und Eisenbahnstrecken fielen dem Tagebau zum Opfer. Als Ersatz entstanden aber neue, moderne den heutigen Verkehrsbedingungen angepasste Verkehrsbänder z.T. bereits auf ehemaligen Tagebaugelände. Als Beispiel hierfür sei an dieser Stelle die im November 1983 für den Verkehr freigegebene neue Bundesstraße B 477 zwischen Niederaußem und Bergheim genannt.

Das Abbaufeld Fortuna-Garsdorf hatte eine Gesamtgröße von 22,2 km². Das gesamte A:K-Verhältnis (A:K = Abraum zu Kohle) betrug 2:1. Der tiefste Punkt wurde mit ca. 360 m unter Gelände erreicht. Es gab einen jährlichen Abbaufortschritt um 250 – 300 m in Abbaurichtung.

Der neue Großtagebau Fortuna - Garsdorf erreichte im Jahre 1960 eine Kohlenförderung von ca. 20 Mio. t. Bereits im Jahre 1964 erwies sich Fortuna-Garsdorf mit einer Rohkohlenförderung von 27,7 Millionen t als größter Tagebau der Welt. In Fortuna-Garsdorf betrug die durchschnittliche Schichtleistung je Mann, aufgrund der neuen Großgerätetechniken 108,3 t (30,8 t SKE = Stein-Kohle-Einheit).

Die Spitzenergebnisse bei der Gesamtförderung hatte der Betrieb im Jahr 1982. Man hatte 42,7 Mio. t Rohkohle und 1o8,2 Mio. m³ Abraum gefördert. Die höchste Jahreskohleförderung erbrachte der Tagebau mit 48 Mio. t im Jahre 1979.

Am 12. Mai 1993 wurde im Tgb. Fortuna-Garsdorf mit dem Schürfkübelbagger Nr. 591 die letzte Tonne Braunkohle gewonnen. Rheinbraun-Vorstandsvorsitzender Dr. Hans-Joachim Leuschner legte den Bagger anschließend still. Am 13. Mai 1993 erfolgte mit einem festlich geschmückten Zug der Abtransport der letzten im Tgb. Fortuna-Garsdorf geförderten Kohle zum Kraftwerk Niederaußem.

Mit der Überstellung des Absetzers 755 zum Tgb. Bergheim im Jahre 1998, endete nach 43 Jahren die Bergbautätigkeit mit Großfördergeräten im Tgb. Fortuna-Garsdorf.

Heute arbeiten alle Braunkohlentagebaue des Rheinischen Reviers im Wesentlichen gemäß den in Fortuna-Garsdorf gewonnenen Erkenntnissen und Betriebserfahrungen.

 

7.2 Die Belegschaft:

 

Zum Zeitpunkt des Tagebauaufschlusses gehörten ca. 1500 Belegschafter zum neuen Tgb. Fortuna-Garsdorf. Mit der raschen Entwicklung des Tagebaues nahm auch die Belegschaft entsprechend zu. In Spitzenzeiten arbeiteten im Tagebau Fortuna-Garsdorf mehr als 2.200 Leute. 1983 waren es z.B. 2.215 (1860 Arbeiter und 355 Angestellte) Etwa 40 % der Tagebaubelegschaft wurden in den Instandhaltungs- und Reparaturbetrieben eingesetzt.

Ein großer Teil der Fortuna-Garsdorf-Mitarbeiter kam aus dem Bereich der ehemaligen Braunkohlenbetriebe um Brühl und Frechen. Viele von ihnen siedelten sich mit ihren Familien in Oberaußem an.

 

7.3 Der Tagebau Fortuna-Nord

 

Innerhalb des Abbaufeldes Fortuna-Garsdorf lag auch die ehemalige Grube Fortuna-Nord. Sie war 1940 zur Kohleversorgung der 1941 in Betrieb gegangenen Brikettfabrik Fortuna-Nord aufgeschlossen worden. In dieser Grube waren die beiden Eimerkettenbagger Nr. 190 und 192 im Einsatz. Beide Geräte wurden auch noch im neuen Tagebau Fortuna-Garsdorf eingesetzt. Mit diesen Geräten wurde von 1956 bis 1960 der Geländebereich der heutigen Kohlevorratsgräben zur Versorgung des Kraftwerks Niederaußem und der Brikettfabrik Fortuna-Nord erstellt. Der Bagger 190 wechselte 1959 zur Grube Fortuna alt. Das Gerät 192 wurde verschrottet.

In der Grube Fortuna-Nord war 1951 der erste größere Schaufelradbagger gebaut worden. Der Bagger 201 hatte eine Tagesleistung von 30.000 fm³. Nach seiner Fertigstellung war er an Oberaußem vorbei zum Tgb. Fortuna alt überstellt worden. Dort arbeitete das Gerät bis 1959. Nachdem er zurück zum Tagebau Fortuna-Garsdorf kam, arbeitete er dort an verschiedenen Einsatzorten (Kohle, Lößbetrieb) bis zum Juni 1985. Nach ca. 33 Betriebsjahren wurde der 1. Schaufelradbagger der Fortunabetriebe verschrottet. An diesen Bagger hat der Verfasser dieser Ausarbeitung recht gute Erinnerungen. Auf dem Bagger 201 sammelte er von 1962 –1966 Betriebserfahrungen als selbständiger Elektriker. Auch die damals im Bergbau und vor allem auf diesem kleineren Gerät noch herrschende gute Kameradschaft ruft manchmal bei der Rückbesinnung einige Wehmut hervor. Damals zählte der einzelne Mensch noch etwas und bei der Arbeit galt das Motto „Einer für alle und alle für Einen“.

Die Kohleversorgung der Brikettfabrik aus der Grube Fortuna-Nord, erfolgte von 1941 bis 1954 über eine schiefe Ebene mit einer Zahnrad-Lok-Förderstrecke, Spurbreite 900 mm.

Ende 1954 wurde der Förderbetrieb in der Grube Fortuna-Nord eingestellt. Man hatte etwa 9,7 Mio. m³ Abraum und 2,8 Mio. m³ Kohle gefördert.

 

7.4 Die Außenkippe Glessen:

 

Im Jahre 1954 begann am östlichen Rand von Oberaußem, die Montage des weltweit ersten Großabsetzers;

Gerätenummer: 735, Tagesleistung 100.000 m³,

Dienstgewicht ca. 3.500 t.

Hersteller Absetzer 735 mit Aufnahmegerät 809:

Maschinenbau: Fa. Krupp.

Elektroausrüstung: Fa. BEA.

Zum Absetzer gehörte das mittels Bandanlage verbundene Eimerkettenaufnahmegerät Nr. 809. Dieses Gerät arbeitete an einem östlich von Oberaußem gelegenen Kippgraben mit direktem Anschluß an die Nord-Süd-Bahn.

Die beiden Geräte gingen im Mai 1955 in Betrieb. Bis August erfolgte mit Abs. 735 die Verkippung des mit Hilfsgeräten bei der Erstellung des Tagebauaufschlußgrabens Rather Schleife geförderten Abraums. Erst mit der Aufnahme des Förderbetriebes des Baggers 255 im August 1955, erhielt der Absetzer 735 kontinuierlich Abraummaterial. Mit diesem 1. Großabsetzer des Reviers erfolgte dann in den Jahren 1955 bis April 1970, mit den gewaltigen Abraummengen aus dem Tagebau Fortuna-Garsdorf, die Herstellung der gesamten Glessener Außenkippe.

Die hier angekippten Abraum- und Rekultivierungsböden, insgesamt ca. 173 Mio. m³, wurden mittels Großraumzügen über die ab 1953 gebaute firmeneigene Nord-Süd-Bahn herangefahren.

Das oben bereits erwähnte Aufnahmegerät 809 wird sicherlich bei manch einem Oberaußemer noch unangenehme Erinnerung hervorrufen. Die beim Gerätebetrieb von der Eimerkette verursachten starken Geräusche, haben lange Zeit, vor allem nachts für so manche schlaflose Stunde gesorgt.

Der einstige Kippgrabeneinschnitt ist heute bepflanzt, er ist von der Oberaußemer Nord-Süd-Bahn-Brücke aus noch gut erkennbar.

Nach Fertigstellung und Rekultivierung der Glessener Kippe wurde das gesamte Gelände 1992 aus der Bergaufsicht entlassen und der Öffentlichkeit übergeben. Die fertige Kippe wurde in „Glessener Höhe“ umbenannt. Mit einer max. Höhe von 204 Meter über NN, bildet sie den höchsten Punkt des ehemaligen Kreises Bergheim.

Auf Initiative der Glessener St. Pankratius-Kirchengemeinde wurde ganz oben, im östlichen Böschungsbereich, ein weithin sichtbares 3,50 Meter hohes, hölzernes Gipfelkreuz aufgestellt. Die Einsegnung nahm Pfarrer Dr. Peter Schmedding vor. Viele Glessener Pfarrangehörige und Bürger der umliegenden Ortschaften nahmen an der Einweihungsfeier teil.

Heute ist die Glessener Höhe ein beliebtes Naherholungsgebiet mit ca. 330 ha. forstwirtschaftlich und 120 ha. landwirtschaftlich genutzten Bereichen sowie einem Netz von über 40 km Wander- und Reitwegen.

Auf der obersten Fläche der einstigen Hochkippe betreibt ein Amateurfunkerclub seit vielen Jahren eine Funkstation mit verschiedenen fest aufgebauten Funkantennen und einem Gebäude.

Seit 2005 steht ein weithin sichtbarer, riesiger Richtfunk-Antennengittermast der Telecom, im Bereich von Oberaußem auf der Glessener Höhe.

 

7.5 Großschaufelradbagger in Fortuna-Garsdorf:

 

Großschaufelradbagger haben sich inzwischen im Rheinischen Revier wegen ihrer kontinuierlichen, selektiv möglichen Arbeitsweise (getrennter Abbau der einzelnen Schichten wie Lös, Sand, Kies, Ton und Kohle), der hohen Beweglichkeit sowie dem niedrigen Personalbedarf als die wirtschaftlichsten Gewinnungsgeräte erwiesen.

 

Nach dem Tagebaustart mit dem ersten 100.000er Bagger Nr. 255, ging im August 1956 im Tgb. Fortuna-Garsdorf der zweite Großschaufelradbagger mit der Nr. 256 im Bereich des Aufschlussgrabens Rather-Schleife in Betrieb. Es war und blieb auch das revierweit einzige Gerät der 100.000er Klasse in Wippenbauweise. Dieser Bagger besaß nur eine mittlere Stütze und sah aus wie eine riesige Waage.

In den Jahren 1956 bis 1966 wurden im Tagebau Fortuna-Garsdorf vier weitere 100.000er Schaufelradbagger gebaut und eingesetzt (Nr. 258, 259, 260 und 262). Ab 1966 arbeiteten dann sechs 100.000er und ein 30.000er (Nr. 201) Schaufelradbagger in dem riesigen Tieftagebau. Ein 100.00er Gerät, das bei einem Gewicht von 7.600 t so schwer wie eine ältere Rheinbrücke ist, wird außer dem Wartungspersonal nur von zwei Bergleuten bedient; dem Baggerführer und dem Verladewärter. Der 70 Meter hohe und mit Beladewagen insgesamt ca. 200 m lange Bagger verbraucht beim Betrieb sämtlicher 120 Elektromotoren etwa soviel Strom wie eine Stadt mit 40.000 Einwohnern, etwa von der Größe Dürens. Der Schaufelraddurchmesser von ca. 16 m entspricht in etwa der Höhe eines fünfstöckigen Wohnhauses. Der Bagger bewegt sich auf riesigen Raupenketten, die mittels 12 Elektromotoren angetrieben werden mit einer Geschwindigkeit bis zu 600 m in der Stunde.

Die Tagesleistung eines 100.000-er Gerätes entspricht der in Handarbeit geförderten Gesamtjahresleistung aller 1848 in den damals bestehenden 38 Gruben beschäftigten 700 Arbeiter.

Seit 1957, mit dem Bagger 258, waren die Großschaufelradbagger auch erstmals im Tiefschnitt einsetzbar. Hierdurch erreichte man mit den 100.000er Baggern eine Gesamtabtragungshöhe von ca. 95 m.

 

Ab 1974 erfolgte im Tgb. Fortuna-Garsdorf der Bau von Schaufelradbaggern, Absetzern und Bandschleifenwagen, mit Tagesleistungen von 200.000 fm3 bzw. 240.000 fm3

Am 15. Januar 1976 wurde mit dem Bagger Nr. 285, Absetzer Nr. 739 mit BSW Nr. 944 im Bergbau erstmals eine Gerätegruppe mit solch unvorstellbaren Leistungsdaten eingesetzt. Ein 200.000er-Bagger ist 220 Meter lang, rund 85 Meter hoch (etwa halb so hoch wie der Kölner Dom). Er wird von 125 Elektromotoren mit einer installierten Leistung von rund 16.000 kW betrieben. Mit einem Dienstgewicht von 13.000 t ist ein solches Fördergerät schwerer als eine große Rheinbrücke; es bewegt sich auf Raupenfahrwerken mit einer max. Geschwindigkeit von 10 Metern in der Minute. Das Schaufelrad hat einen Durchmesser von 21,6 Metern (was der Höhe eines siebenstöckigen Hauses entspricht) und trägt 18 Schaufeln, von denen jede 6,6 m3 Abraum oder Kohle faßt. Zur Bedienung des Baggers sind fünf Mitarbeiter eingesetzt. Wollte man die tägliche Fördermenge eines solchen Gerätes auf einem Fußballfeld verteilen, so würde sich eine Aufschüttung von etwa 24 m Höhe ergeben.

 

Der weltweit erste 100.000er Schaufelradbagger Nr. 255, ging am 17.12.1975 nach über 20 Einsatzjahren und einer Gesamtförderung von ca. 383 Mio. m³ in Fortuna-Garsdorf außer Betrieb. Bagger 255 war das letzte Großgerät in Fortuna-Garsdorf, mit dem noch eine direkte Materialverladung in Großraum-Wagen der Züge erfolgte. Der Bagger wurde darauf zum Tgb. Garzweiler überstellt, technisch ertüchtigt und auf Bandverladung umgestellt. Heute, nach über 50 Betriebsjahren und einigen weiteren Modernisierungen der Maschinen- und Elektrotechnik, arbeitet dieser Prototyp der Großschaufelradbagger zuverlässig im Braukohlentagebau Inden.

 

7.6 Draglines:

 

Zur Gewinnung von Restkohle im Bereich der tiefsten Sohle, waren seit Anfang 1966 und März 1967 zusätzlich zwei große elektrisch betriebene Schürfkübelbagger (Draglines), Geräte-Nr. 590 und 591, im Tgb. Fortuna-Garsdorf im Einsatz. Es sind Spezialgeräte mit 65 m langem Ausleger. Sie können bis zu 42 m tief baggern und ihren gewaltigen 15 m³ fassenden Schürfkübel bis zu 23 m hoch anheben. Ihre Tagesleistung betrug je Gerät 10.500 t Braunkohle. Im Gegensatz zu seinen großen Brüdern, den auf Raupenketten fahrenden Schaufelradbaggern, bewegt sich ein solcher Dragline mittels eines Schreitwerks, bestehend aus Grundplatte, 13 m langen Schreitfüßen und einer Hydraulik. Seine Schrittlänge beträgt über zwei Meter, und er kann eine Transportgeschwindigkeit von 290 m pro Stunde erreichen. Nach der Auskohlung von Fortuna-Garsdorf, wurden die beiden Draglines in andere Betriebe umgesetzt.

 

7.7 Großabsetzer:

 

Als erster 100.000er Absetzer des Tgb. Fortuna-Garsdorf arbeitet ab 1955 das Gerät 735 auf der Glessener Kippe.

1960 lief die Kohlenförderung der alten Gruben Fortuna / Beisselsgrube und Fischbach aus. Für die Wiederverkippung dieser alten Tagebaue mit Abraum und Löß aus dem Bereich Fortuna-Garsdorf, wurden 1957 / 1958 zwei weitere 100.000er Großabsetzer (Nr. 736, 737) dort gebaut und eingesetzt. Nach Umsetzung dieser beiden Absetzer zur Innenkippe Fortuna-Garsdorf, erfolgte die Fertigstellung der Verfüllung dann von 1970 bis 1974 mit dem Absetzer 735, der zuvor die heutige „Glessener Höhe“ aufgeschüttet hatte.

Im September 1974 wechselte auch der Absetzer 735 als letztes Großgerät von Grube Fortuna alt zur Innenkippe des Tgb`s Fortuna-Garsdorf.

Den letzten m³ Abraum verkippte der 735 am 11. Juni 1980. Ab Juni 1984 erfolgte nach fast 30-jährigem Einsatz und einer Gesamtverkippung von ca. 330 Mio. m³ Abraum, die Verschrottung des ersten 100.000er Großabsetzers des Braunkohlenreviers.

 

1964 erfolgte im Tagebau Fortuna-Garsdorf der Bau eines 100.000er Absetzers (Nr. 738), der nur noch zwei Gerätebänder besaß. Das Gerät kam auf der ersten Innenkippe dieser Grube zum Einsatz. Ab diesem Zeitpunkt wurde der Tieftagebau im „Parallel-Schwenkbetrieb“ betrieben. Das bedeutet, der auf der Gewinnungsseite eines Tagebaues geförderte Abraum wird mittels Bandanlagen direkt zu Absetzergeräten im Tagebau selbst gefördert. Damit wird der Tagebau im ausgekohlten Teil direkt parallel zum Abbau wieder verfüllt. Der gesamte Tagebau wird bei dieser Betriebsweise fächerförmig um einen sogenannten Drehpunkt betrieben.

Die eingesetzten Absetzer müssen in ihrer Tagesleistung den auf der Gewinnungsseite des Tagebaues arbeitenden Schaufelradbaggern entsprechen. So werden heute auch Absetzer mit Tagesleistungen bis 240.000 fm³ betrieben. Diese Geräte wiegen bis zu 5.300 t und haben bis zu 100 Meter lange Abwurfausleger. Die Bedienungsmannschaft besteht aus fünf Mitarbeitern.

Mit der Systemleistung von 240.000 fm3/Tag bei Baggern und Absetzern ist derzeit ein Grenzwert erreicht. Es ist davon auszugehen, daß diese Anlagen noch lange den Stand der Technik repräsentieren werden.

 

7.8 Eisenbahnbetrieb:

 

Zum Abtransport des im Tagebau Fortuna-Garsdorf gewonnenen Materials (Abraum, Kohle und Lösboden) über die werkseigene, 1954 errichtete Nord-Süd-Bahn, wurden mit dem Förderbeginn des Baggers 255, ab Anfang 1955 Großraumzüge mit Spurweite 1435 mm eingesetzt. Die bis zu diesem Zeitpunkt im Bereich Grube Fortuna-Nord und Fortuna alt eingesetzte Zugtechnik, (1.000 PS-90-t-Eloks, 25-m³-Abraum- und 60-t-Kohlenwagen) mit Spurbreite 900 mm, konnte die zu fördernden Massen nicht bewältigen und wurden aufgegeben.

Als Ersatz waren spezielle E-Loks, Abraum- und Kohlewagen sowie Schienenmaterial entwickelt worden. So entstanden die bis heute eingesetzten Fahrzeuge:

  • E-Lokomotive, Typ EL 1 mit 128 t Gewicht, 6 kV / 50 Hz, 2000 PS,
  • Kohlewagen mit 110 t Fassungsvermögen,
  • Abraumwagen mit einem Fassungsvermögen von 96 m³

 

Seit 1999 sind neben ertüchtigten 128-t-Loks auch neue, mit modernster Technik ausgestattete E-Lokomotiven des Typs EL-2000 mit einem Dienstgewicht von 140 t für den Kohlentransport auf der Nord-Süd-Bahn und der Hambachbahn im Einsatz.

 

Zur Versorgung des Kraftwerkes Niederaußem und der Brikettfabrik Fortuna-Nord mit Rohkohle aus dem Tagebau Hambach erfolgte 1982 der Bau einer zweisträngigen Eisenbahnverbindung zwischen diesen Betrieben. Die Inbetriebnahme der firmeneignen „Hambachbahn“ erfolgte am 6.1.1983. Diese Bahnstrecke, mit Anschluß an die Nord-Süd-Bahn, verbindet seitdem, mit Ausnahme des Tagebaus Inden und des Kraftwerkes Weisweiler, alle Braunkohlenbetriebe des Rheinischen Reviers miteinander.

 

7.8.1 Zugentleerungsanlagen:

 

Zur Umschlagung der Hambach- und Garzweilerkohle ging im Tgb. Fortuna-Garsdorf, im Bereich der 1. Sohle (+60 Meter NN) in Nähe der Vorratsgräben, am 1.6.1987, eine weltweit einmalige Zugentleerungsanlage in Betrieb. Im April 2001 kam eine baugleiche zweite Entleerungsanlage hinzu. Die Zugentleerungsanlagen werden mit Zügen von der Nord-Süd-Bahn oder von der Hambach-Bahn kommend über die Rather Schleife erreicht. Die Züge werden auf einem Gleis über eine Zugentleerungsanlage hinweg geführt und nach der Entleerung über eine Rundfahrt wieder in die Hambach-Bahn geleitet.

Eine Zugentleerungsanlage besteht aus einer Brückenkonstruktion aus Stahl zur Lastaufnahme aus den darbüberfahrenden Kohlezügen und zwei Auffahrbrücken. Innerhalb des Stahlbaus befindet sich ca. 4,8 m unter den Fahrschienen ein 6,40 m breites Förderband. Der Trommelabstand des Bandes beträgt 41 m. Das Dienstgewicht der Gesamtanlage beträgt 925 Tonnen. Die Entleerung der 110-t-Kohlewagen erfolgt nacheinander bei fahrendem Zug (50 cm/sek. = 1,8 km/h) und laufendem Förderband (55 cm / sek.). Durch einen Knopfdruck an jedem einzelnen Kohlewagen löst das Bedienungspersonal den schlagartigen Entleerungsvorgang einzeln aus. Die Kohle fällt direkt auf das laufende, breite Förderband und wird ohne Pufferung über die nachfolgenden Bänder (Gurtbreite 3 m; Geschwindigkeit 6,5 m/sek) in die nachgeschalteten Vorratsgräben gefördert. Bei einer Zug-Entleerungszeit von etwa sechs Minuten und einer Zugwechselzeit von etwa vier Minuten beträgt die praktische Anlagenkapazität einer Zugentleerungsanlage rund 160.000 t Rohkohle je Tag.

Die Zugentleerungsanlagen ermöglichen eine zusätzliche Kohlen-Bevorratung in den Vorratsgräben des Tagebaus Fortuna/Bergheim. Bei einer ev. Störung der Hambach-Bahn können von hier aus alle an der Nord-Süd-Bahn liegenden Abnehmer versorgt werden.

 

7.9 Bandanlagen:

 

Als bahnbrechend für das gesamte Braunkohlenrevier, galt die fast vollständige Umstellung des Tagebaus Fortuna-Garsdorf, vom Zugbetrieb auf Bandanlagenbetrieb. Mit dem Vordringen der Tagebaue in größere Tiefen wurden an die Fördermittel erhöhte Anforderungen gestellt. Beim Transport des Fördergutes müssen Höhenunterschiede bewältigt werden, für die nur Bandanlagen wirtschaftlich eingesetzt werden können. Bandanlagen haben gegenüber dem Zugbetrieb erhebliche Vorteile. Man kann auf kurze Entfernungen große Höhenunterschiede überbrücken, sie ermöglichen einen kontinuierlichen Materialtransport bei höherer Förderleistung, die Bewältigung von großen Steigungen und sie sind mittels Spezialgeräten schnell de- und remontierbar. Die beim Zugbetrieb erforderliche ständige Schienenverlegung war mühsam und zeitaufwendig. Diese Knochenarbeiten erfolgten damals durch Arbeiterkolonnen a 25 Mann, die mit schweren Winden ausgerüstet waren.

Mit Ausnahme der obersten Sohle, mit dem Bagger 255, erfolgte ab Ende 1959 der gesamte Abraum- und Kohlentransport im Tgb. Fortuna-Garsdorf ausschließlich über Bandanlagen.

Aufgrund der 100.000er Großgeräte, mußten neue Bandanlagentechniken entwickelt werden. Man wählte Förderbänder aus Gummi mit Stahlseileinlagen mit einer Gurtbreite von 2,2 m. Die Geschwindigkeit der neuen bis zu 3 km langen Förderbänder betrug 5,2 m/sek (18,7 km/h). Als Antriebsmotoren kamen 6000-V-Hochspannungsschleifring-läufermotoren, mit Leistungen von 430 kW oder 630 kW zum Einsatz.

Außer beim Bagger 255 wurde die direkte Materialverladung vom Bagger in die Großraumwagen eingestellt. Nun wurden fast alle Bagger und Absetzer im Tagebau mittels eines km-langen Bandanlagennetzes miteinander verbunden. Das Herzstück der vielen Bandanlagen war der „Bandsammelpunkt“. Hier liefen fast alle zufördernden Baggerbandstrossen und alle abfördernden Bänder zu Absetzern, Zugbeladenlagen, Versorgungsbänder zur Brikettfabrik Fortuna-Nord und Kraftwerk Niederaußem zusammen. Am Bandsammelpunkt konnten die einzelnen Fördergeräte den Erfordernissen entsprechend miteinander verknüpft werden. Die erforderlichen Festlegungen und Elektroschaltungen dafür erfolgten innerhalb des eigens zu diesem Zweck errichteten Bandleitstandes auf der 60m-Sohle des Tagebaus.

Um die bei den in den 70ger Jahren eingesetzten 200.000er / 240.000er Geräten anfallenden Materialmengen transportieren zu können, mußten auch im Bereich der Bandanlagen neue Leistungsgrößen entwickelt werden. Man wählte Förderbänder mit Gurtbreiten von 3 m, die mit einer Geschwindigkeit von 7,5 m/sek betrieben wurden. Als Antriebsmotoren kamen 1.500-kW-Elektro-Schleifringläufer-Motoren zum Einsatz.

Deren Transportleistung beträgt bis zu 39.000 t/h. Im Tgb. Fortuna-Garsdorf gab es 1984 etwa 50 km Bandanlagen. Bei Rheinbraun waren es 1984 insgesamt ca. 220 km. In den Tagebauen verlegte Bandstraßen sind rückbar, d. h. sie können zum Teil mit eigens dafür konstruierten Geräten seitlich versetzt werden, wie dies im Zuge des Abbaufortschrittes notwendig ist.

Die Versetzung der mobilen Bandantriebsstationen erfolgte mittels hydraulischen Spezialschreitwerken. Ab 1976 wurden für die neuen Bandstationen der 3-m-Technik eigens zu diesem Zweck entwickelte Transportraupen eingesetzt.

Zur Verfüllung der Tagebaue Fortuna-Garsdorf, Frechen und Bergheim mit Abraum aus dem Tagebau Hambach gingen 1983 zwei Fernbandanlagen mit 2,8 m Bandbreite, 7,5 m/sek Bandgeschwindigkeit und je 14,5 km Länge in Betrieb. Hier kamen als Antriebsmotoren 6.000-V, 2.000-kW-Elektro-Schleifringläufer-Motoren zum Einsatz. Die beiden parallel verlaufenden Förderwege sind für eine Förderleistung von 240.000 m³ pro Tag ausgelegt. Über die beiden Fernbandanlagen wurden jährlich ca. 90 Mio. m³ Abraummaterial von Hambach zu den Kippen in Fortuna-Garsdorf und Bergheim gebracht. Insgesamt werden ca. 1,1 Milliarden m³ Abraum von Hambach im Bereich Fortuna-Garsdorf und 0,6 Milliarden m³ im Tagebau Bergheim verkippt.

 

7.10 Betriebsüberwachung:

 

In einem eigenen Gebäude am östlichen Tagebaurand, mit guter Sicht über den Gesamtbetrieb, erfolgte zentral die Koordinierung und Überwachung aller bergmännischen und technischen Abläufe des Gesamttagebaubetriebes. Die Betriebsüberwachung des Tagebaues Fortuna-Garsdorf war sozusagen das „Herz“ dieses größten Bergwerksbetriebes der Erde. Mit Hilfe von ständigen Telefon- und Funkverbindungen wußten die Männer, die hier ihren Dienst versahen, in jedem Augenblick wie der Betrieb läuft. Sie konnten von hier aus sehr schnell disponieren und erforderlichenfalls eingreifen um für einen reibungslosen Betrieb aller Tagebaukomponenten zu sorgen.

 

7.11 Entwässerung:

 

Um Braunkohle im Tieftagebau fördern zu können, muß der Grundwasserspiegel bis unter die tiefste geplante Sohle abgesenkt werden. Früher grub man zu diesem Zweck in manueller Arbeit Entwässerungsstollen. Diese Technik kam auch neben der heute üblichen Entwässerung mit riesigen Tauchpumpen, teilweise in den Anfangsjahren des Tgb`s Fortuna-Garsdorf zum Einsatz. Der Verfasser hat noch Anfang der 1960er Jahre selbst in solchen Entwässerungsstollen als Elektriker gearbeitet. Zur Trockenhaltung des Tagebaus Fortuna-Garsdorf wurden vor der Westseite der Grube ausgedehnte Brunnengalerien angelegt.

Die Entwässerungsbrunnen wurden bei Tiefen zwischen 50 Metern und 580 Metern mit eigenen Bohrgeräten fast ohne jede Verrohrung im Lufthebebohrverfahren erstellt. Der tiefste dieser Brunnen, mit 575 m, lag 1981 bei Glesch.

Zur Hebung des Grundwassers werden spezial entwickelte riesige Tauchmotorpumpen, mit Förderleistungen von 20 l / min bis zu 32.000 l / min eingesetzt. Die größten dieser Pumpen haben eine Länge von fast zehn Metern und sind mehr als zwölf Tonnen schwer.

Ein Teil des gehobenen Grundwassers wird für die allgemeine Wasserversorgung genutzt. Der größte Teil des in den Galerien geförderten Wassers wurde aber über die Erft abgeführt. Eine wesentliche Rolle bei der Abführung der zum Tagebauschutz geförderten Grundwassermengen spielte auch der 1957 in Betrieb genommene „Kölner Randkanal“. Mit dem Pumpwerk Horrem-Götzenkirchen konnten größere Wassermengen aus der Erft in den Randkanal geleitet werden. Hierdurch war es überhaupt nur möglich, die bei der Trockenlegung des Tgb. Fortuna-Garsdorf anfallenden Wassermassen über die Erft abzuführen. Insgesamt wurden in der Betriebszeit von Fortuna-Garsdorf mehr als 15.940 Mio. m³ Grundwasser hier gefördert.

Im Durchschnitt aller Revier-Tagebaue mußten z.B. 1984 für eine Tonne Braunkohle rund 10 Kubikmeter Grundwasser gehoben werden.

 

7.12 Rekultivierung:

 

Am 13. Mai 1993 wurde die letzte Kohle aus dem Tagebau Fortuna Garsdorf gefördert.

Insgesamt 2.220 Hektar Fläche wurden vom Tagebau in Anspruch genommen. Davon wurden 1.730 Hektar landwirtschaftlich rekultiviert, 420 Hektar wurden für Waldflächen und Feuchtgebiete beansprucht, Wasserflächen entstanden und ca. 30 Hektar wurden für Straßenbau und den Bau der Halmbachkohle-Bahn benötigt.

Bis Ende 1993 waren etwa 50 Prozent der in Anspruch genommenen Tagebauflächen schon wieder nutzbar gemacht. Heute sind auf der Wiedenfelder Höhe einige schöne Gehöfte angesiedelt, die ihre mittlerweile sehr ertragreichen Felder alle in direkter Hofnähe bewirtschaften können.

Im Bereich von Glesch über der einstigen tiefsten Stelle des Tagebaues Fortuna-Garsdorf, liegt seit 1997 ein Landschaftssee. Der See hat eine Größe von 2o Hektar mit einer umliegenden Auenlandschaft von 90 Hektar. Die größte Seetiefe beträgt etwa 25 m. Der neue See dient ausschließlich der Natur, Anglern und der Erholung von Spaziergängern. Heute heißt der See, der gemeinsam den Städten Bergheim und Bedburg gehört „Peringsmaar“

Im Gesamtrekultivierungsbereich Fortuna-Garsdorf wurde der Waldanteil gegenüber der bergbaulichen Inanspruchnahme fast verdoppelt.

2005 war der gesamte Bereich des Tagebaus Fortuna-Garsdorf vollständig rekultiviert. Ausgenommen sind ca. 2,5 km² Betriebsfläche. Dies ist der noch längere Zeit verbleibende Bereich zur Versorgung der Brikettfabrik Fortuna-Nord und des Kraftwerks Niederaußem mit Kohlevorratsgräben, Bandleitstand und mit den Zugentleerungsanlagen. Die Bandstrosse der Fernbandanlage über die noch der Abraumtransport vom Tgb. Hambach zum Tgb. Bergheim erfolgt wird nach vollständiger Verfüllung von Bergheim in die Rekultivierungsmaßnahmen einbezogen.