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Oberaußem – Fortuna und die Braunkohle

Hier wollen wir dem interessierten Besucher unserer Webseiten detailierte Informationen über die Entstehung, die Geschichte, den Abbau und die Verwertung der "Links-Rheinischen-Braunkohle" sowie deren Einfluß auf die Entwicklung der Orte Oberaußem und Fortuna präsentieren.

Die Zusammenstellungen basieren z. T. auf bereits veröffentlichten Texten und auf persönlichen Ausarbeitungen von Ergänzungsinformationen zum Thema Braunkohle im Umfeld von Oberaußem und Fortuna.

Ulrich Reimann im Dezember 2006

 

Inhaltsverzeichnis:

1. Einführung und Allgemeines
2. Das Rheinische Braunkohlenrevier
2.1 Allgemeines
2.2 Die Entstehung der Braunkohle – wie es anfing.
3. Der Braunkohlenbergbau im Umfeldvon Oberaußem - Fortuna
3.1 Zeittafel
3.2 Braunkohlenabbau und Industrieentwicklung in unserer Gegend
4. Grube Urwelt
5. Beisselsgrube
6. Entwicklung der Grube Fortuna (Tagebau, Brikettfabrik, Kraftwerke)
6.1 von den Anfängen bis 1824
6.2 von 1824 bis 1871
6.3 von 1871 bis 1897
6.4 von 1898 bis 1902
6.5 von 1903 bis 1908
6.6 von 1909 bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges
6.7 die Zeit des I. Weltkrieges von 1914 bis 1918
6.8 von 1919 bis 1924
6.9 ab 1925
6.9.1 Die Siedlung Fortuna
6.10 Ergänzungen
7. Tagebau Fortuna - Garsdorf
7.1 Vorwort
7.2 Belegschaft
7.3 Grube Fortuna-Nord
7.4 Außenkippe Glessen
7.5 Großschaufelradbagger
7.6 Draglines
7.7 Großabsetzer
7.8 Eisenbahn
7.8.1 Zugentleerungsanlagen
7.9 Bandanlagen
7.10 Betriebsüberwachung
7.11 Tagebauentwässerung
7.12 Rekultivierung
8. Tagebau Fortuna - Bergheim
9. Brikettfabrik Fortuna-Nord
10. Nord-Südbahn und die Hambachkohlebahn
11. Kraftwerke Fortuna
12. Kraftwerk Niederaußem
12.1 Boa - Kraftwerk Niederaußem

 

 

1. Einführung und Allgemeines

Artikel in Kölnische Rundschau

Oberaußem, ein ursprünglich von der Landwirtschaft geprägter Ort, heute ein Stadtteil der Stadt Bergheim, und Fortuna erlebten ab der Mitte des 19. Jahrhunderts durch die in dieser Zeit beginnende professionelle Gewinnung und Vermarktung der benachbarten Braunkohle eine rasante Entwicklung. Dies gilt für die Orte selbst und in großem Maße auch für die Bevölkerung unserer Heimatgemeinden.

Damals lebten in unserem Dorf überwiegend Bauern, Ackersleute, Tagelöhner und wenige Handwerker. Das Ortsbild wurde bestimmt von einigen großen Gütern, kleinen Bauernhöfen und kleinen Arbeiterhäusern. Das Leben der Bevölkerung wurde von der Landwirtschaft dominiert.

Bei den Ortsgebäuden herrschten zwei Bauarten vor. Gehöfte die zum Teil aus selbst erzeugten Feldbrandziegeln errichtet waren sowie kleine Fachwerkhäuser in Lehmbauweise.

1831 hatte Oberaußem gerade mal 772 Einwohner. Mit der rasch zunehmenden Braunkohlenindustrialisierung und deren großem Bedarf an Arbeitskräften, steigerte sich auch in Oberaußem die Zahl der Bewohner rapide. 1871 waren es bereits 1.940. Heute sind es über 5.000. Die Zusammensetzung der Ortsbevölkerung hat sich völlig verändert. Ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts überwogen erstmals die in den Braunkohlenbetrieben beschäftigten Industriearbeiter, was sich fortlaufend bis in die 60ger Jahre so weiterentwickelte. Aus dem alten Bauerndorf hatte sich in kurzer Zeit fast eine Arbeitersiedlung entwickelt. Mit Zunahme der Bevölkerung änderte sich natürlich auch das Ortsbild. Immer mehr kleine Eigenheime entstanden. Nach dem 2. Weltkrieg vollzog sich diese Entwicklung noch rasanter. Viele Kriegsvertriebenen, Umsiedler aus dem Brühler Bereich und auch etliche Gastarbeiter wurden in Oberaußem heimisch. Eine von den Braunkohlenfirmen ins Leben gerufene, eigene Wohnungsbaugesellschaft, die „GSG“, verhalf vielen Oberaußemern zu Eigenheimen. Es entstanden komplette Siedlungen, mit annähernd gleichen Haustypen in unserm Ort. Gefördert wurde der Hausbau auch gezielt von den Firmen Rheinbraun und RWE, durch die Vergabe von sehr zinsgünstigen Darlehen an langjährige Mitarbeiter. Man wollte auf diese Art wohl eine Bindung der Mitarbeiter an die Unternehmen erreichen.

Zu dieser Zeit waren ca. 70 % der berufstätigen Oberaußemer Bevölkerung in den Betrieben der Braunkohlenindustrie beschäftigt. Die Gemeinde Oberaußem war bis zum Zeitpunkt der kommunalen Neuordnung wohl eine der wohlhabendsten im Altkreise Bergheim. Im Oberaußemer Ortsgebiet angesiedelte Braunkohlenbetriebe sorgten durch ihre Steuerabgaben dafür, daß man in unserem Ort sozusagen aus dem Vollen schöpfen konnte. Einige der heutigen Steuern und Abgaben wie z.B. für Müllabfuhr, Straßenreinigung u.a., kannte man damals in Oberaußem nicht. Es entstanden großzügige, des Öfteren auch von der Braunkohle reichlich finanziell unterstützte Einrichtungen wie Sportplätze, Schulgebäude, Schwimmbäder. Politisch hatte sich in Oberaußem und Fortuna, aufgrund der Bevölkerungsstruktur, nach dem Krieg eine klare Mehrheit für die Sozialdemokratie gebildet. Viele der damaligen Orts- und Kommunalpolitiker waren bei der Braunkohle beschäftigt und bekleideten dort als Gewerkschaftsmitglieder führende Funktionen in den jeweiligen Betriebsräten. Mit der Eingemeindung von Oberaußem in die Stadt Bergheim und durch die Stillegung und Weiterwanderung von Braunkohlenbetrieben in Richtung Westen, änderte sich ab den 1970gern auch die allgemeine Lage für Oberaußem gravierend. Das stark reduzierte Steuereinkommen von den Braunkohlenbetrieben machte sich im Haushalt der Stadt Bergheim und damit zwangsläufig auch für den neuen Stadtteil Oberaußem erheblich bemerkbar. Für viele der vorherigen im Ort erbrachten Gemeindeleistungen und Einrichtungen für die Ortsbevölkerung, muß man nun manchmal recht hart im Stadtrat kämpfen. Die fehlenden finanziellen Mittel in der Stadtkasse, spiegeln sich heute manchmal schon recht deutlich in unserem Orte wieder. Inzwischen ist der Anteil der in den Braunkohlenbetrieben Beschäftigten in Oberaußem stark zurückgegangen, so daß auch die Identifizierung der Bevölkerung mit der Braunkohlenindustrie nicht mehr mehrheitlich vorhanden und verwurzelt ist. Dies bedeutet gleichzeitig, daß viele Einwohner unseres Ortes heute sehr viel kritischer im Umgang mit den Braunkohlenbetrieben agieren.

Natürlich gehören zu diesen gezielten Ortsbetrachtungen auch die Informationen, die den ehemaligen Ortsteil von Oberaußem, die Bergarbeitersiedlung „Fortuna“ betreffen und mit der Braunkohle verbinden.

Ausführliche Informationen zum alten Fortuna bieten u.a. die von Joachim Mörs veröffentlichten Bücher, In Gedanken durch Fortuna gehen.

Die Keimzelle von Fortuna bestand 1861 nur aus einem Haushalt mit 5 Personen. Infolge des Aufblühens der Braunkohlenindustrie wuchs der kleine Ort rasch. 1923 hatte Fortuna bereits eine eigene Volksschule, einen Kindergarten, eine Kirche und wurde selbständige Pfarre. von der ehemaligen RAG wurde das „Casino Fortuna“ gebaut. Einige Geschäftsleute und Gewerbetreibende nahmen die Entwicklung Fortunas zum Anlaß, sich hier ebenfalls anzusiedeln. 1928 zählte man bereits 1481 Einwohner. Fortuna war bekannt für den engen Zusammenhalt der eigentlich bunt gewürfelten Bevölkerung, was sich auch in zahlreichen Gemeinschaften und Vereinen und den Festivitäten im Ort wiederspiegelte. Die Einwohner waren stolz darauf „Fortunesen“ zu sein.

Das Kapitel des Ortes Fortuna endete 1985. Der kleine Ort mußte leider dem Braunkohlenabbau im Tagebau Bergheim weichen. Das Gebiet der ehemaligen Siedlung Fortuna liegt heute auf dem Gelände des Tagebaus Bergheim. Alle Fortunesen wurden bis Ende 1985 umgesiedelt. Von den ursprünglich vorhandenen Häusern und Wohnungen waren etwa 90 Prozent werkseigen beziehungsweise werksgefördert. Sie waren zwischen 1906 und Anfang der 1920er Jahre erstellt worden. Die Glückaufstraße, die Kentener Straße und die Waldkolonie, sogenannte „Behelfsheime“, entstanden nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Fortuna konnte mit Recht als ein ausgesprochenes „Bergarbeiterdorf bezeichnet werden.

Die Kleintierhaltung besaß, wie üblich in Bergmannssiedlungen, auch in Fortuna einen hohen Stellenwert.

Von den 387 ursprünglich vorhandenen Anwesen in Fortuna befanden sich 267 im Eigentum von Rheinbraun, 77 im Eigentum der WBG und 43 im privaten Eigentum. Elf dieser 43 Anwesen waren Eigentum der Gemeinde. Insgesamt befanden sich in Fortuna 16 Handwerks- und Einzelhandeisunternehmen und zehn Gebäude für den Gemeindebedarf. Die Einwohnerzahl betrug 1963 insgesamt 1.767 Personen. Das erste Anwesen, das frei gemacht und abgebrochen wurde, war das sogenannte „Schweizer Haus“ in der Ringstraße.

Ein großer Teil der umgesiedelten Fortunabevölkerung fand in Ober- und Niederaußem eine neue Heimat. Hier ist insbesondere das Wohnprojekt für Fortunaumsiedler in der Maria-Jucharcz-Straße zu nennen.

Zur Erinnerung an den einstigen Bergarbeiterort Fortuna wurde 1984 in einer spektakulären Aktion die komplette Spitze des Kirchturmes der Barbarakirche nach Oberaußem umgesetzt. Neben der Oberaußemer Pfarrkirche hat dieses Denkmal heute einen würdigen Platz gefunden.

An Allerheiligen 1988 wurde in einer kleinen Feier in Oberaußem die Gedenktafel für die im Zweiten Weltkrieg ums Leben gekommenen Mitarbeiter der Kraftwerks Fortuna aufgestellt und geweiht. Die Gedenktafel befand sich im Verwaltungsbereich des alten Kraftwerks. Sie hat nun ihren neuen Standort auf dem Vorplatz der Oberaußemer Kirche, neben den Gedenkstelen für die in den beiden Weltkriegen gefallenen Oberaußemer.

„Herr, segne diese Gedenktafel, damit sie allen zur Mahnung wird und wir nie wieder Menschen beweinen müssen, die in bitteren Kriegen gefallen sind!“ Mit diesen Worten enthüllte der damalige Oberaußemer Pfarrer Johannes Bursy die Tafel.

Zahlreiche Ehrengäste und ehemalige „Fortunesen“ nahmen an der vom Rheinbraun-Bergmannsorchester und dem „MGV-Erholung Oberaußem“ gestalteten Feierstunde teil.

1992 ging ein weiterer langgehegter Wunsch für viele ehemaligen Bewohner von Fortuna in Erfüllung. Ein schmuckes Kapellchen, das an die Sankt-Barbara-Kirche im alten Ort Fortuna erinnern soll, wurde in Oberaußem errichtet und feierlich gesegnet.

Rund 500 Besucher waren zum Standort auf dem Oberaußemer Ernst-Reuter-Ring gekommen, um an der Feier teilzunehmen. Als handfeste Erinnerung an die frühere Kirche werden drei Altarleuchter und zwei Engelsfiguren die neue Kapelle schmücken.

Auch das Thema Braunkohle ist bei der Gestaltung der Gedenkstätte berücksichtigt worden. Das zweiflügelige Eingangstor zeigt neben den Ornamenten des Fortunaer Wasserturms auch die Barbarakirche und einen Schaufelradbagger als Symbol für die Arbeit der Menschen im Braunkohlenrevier.

Mehr zu Fortuna klick hier

 

Die enorme Bedeutung der linksrheinischen Braunkohle für unsere Heimatgemeinde, wurde um die Jahrhundertwende auch vom damaligen Hauptlehrer der Oberaußemer Volksschule, Josef Dürbaum erkannt und in seinem 1912 erschienenen Buch „Heimatkunde von Oberaußem“, sehr ausgiebig beschrieben. So schilderte er die Geschichte und Verwertung der hiesigen Braunkohle bereits so detailliert und akribisch, dass man heute noch über den damals schon vorhandenen Wissensstand zu diesem Thema staunen muß. Viele Fakten seiner Aufzeichnungen, haben trotz der inzwischen vorhandenen moderneren Gerätetechniken und Erkenntnissen in Geologie und Bergbaukunde noch heute Gültigkeit.

Mehr Informationen zu Josef Dürbaum und zu seinem o.g. Buch

 

Bevor hier nachfolgend über die hiesige Braunkohlenindustrie im Einzelnen berichtet wird, möchte der Verfasser kurz an zwei bedeutende Männern erinnern. Beide haben den für unsere Gegend und für die Orte Oberaußem und Fortuna so bedeutenden Industriezweig in dessen Anfangszeit maßgeblich mitbestimmt und mitgeformt. Es waren der Kommerzienrat Adolf Silverberg und insbesondere dessen Sohn Paul Silverberg.

Kommerzienrat Adolf Silverberg, * 1845 in Goch; † 1903 in Köln, war ein jüdischer Industrieller. Unter der Führung von Adolf Silverberg entwickelte sich im Rheinland eine moderne Braunkohlenindustrie. Für seine Verdienste erhielt er den Titel eines Kommerzienrates.

Auf seine Initiative genehmigte der Kreistag 1894 den Bau der Bergheimer Kreisbahnen. Sie dienten dem Transport von Rohbraunkohle und Briketts.

Im Jahre 1898 kaufte eine Gesellschaft unter Führung von Adolf Silverberg die Braunkohlegrube Fortuna und die Beisselsgrube auf.

Er war Mitbegründer der Gewerkschaft Fortuna, aus der 1902 die Fortuna AG entstand. Adolf Silverberg wurde deren 1. Vorstandsvorsitzender.

Nach seinem Tode 1903, wurde sein Sohn, Paul Silverberg sein Nachfolger und Generaldirektor der Fortuna AG für Braunkohlebergbau und Brikettfabrikation, aus der später die Rheinbraun entstand.

Dr. jur. Dr.- Ing. E.h. Dr. rer. pol. h.c. Paul Silverberg, * 6. Mai 1876 in Bedburg;

† 5. Oktober 1959 in Lugano, war ein deutscher Industrieller. Paul Silverberg war einer der einflussreichsten Vertreter der Montanindustrie in der Weimarer Republik.

Aufgrund seiner jüdischen Herkunft musste Paul Silverberg 1934 in die Schweiz emigrieren. Eine Rückkehr nach Deutschland lehnte Paul Silverberg ab. Bis zu seinem Tode lebte er in Lugano. Er wurde Ehrenbürger der Stadt Bedburg. Auf dem dortigen Waldfriedhof fand er im großen Familienehrengrab neben seinen Eltern die letzte Ruhe.

Umfangreichere Informationen zu Adolf und Paul Silverberg, sind in einer separaten Ausarbeitung zusammengefaßt.


Zum Thema „Rheinischer Braunkohlenbergbau“ gibt es zahlreiche schriftliche Werke. Dem an ausführlichen Details zum Thema Oberaußem-Fortuna in Verbindung mit der Braunkohle interessierten Leser, können hier einige dieser Schriftwerke ausdrücklich empfohlen werden:

  • „Unternehmen Braunkohle“ von Arno Kleinebeckel,
  • „Von Klütten und Briketts“ von Fritz Wündisch,
  • „Die Kraftwerke Fortuna“ von Detlef Witt,
  • Tagebau Fortuna-Garsdorf, von Theo Potes und Manfred Coenen,
  • „Heimatkunde von Oberaußem“, von Josef Dürbaum,
  • Sonder-Schriften und Broschüren von RWE-Power und deren einstige, beliebte Werkszeitschrift „Revier und Werk“,

 

Der Verfasser der Ausarbeitung hat auch gerne auf einige dieser Informationsquellen zurückgegriffen. So besteht ein großer Teil der nachfolgend zusammengestellten Informationen, aus Auszügen und übernommenen Originaltexten der vorgenannten, veröffentlichten Literatur. Bei der Auswahl der verwendeten Informationen wurde insbesondere auf einen direkten Bezug zu den Orten Oberaußem und Fortuna geachtet, um dem Leser die intensive Verknüpfung unserer Heimatorte mit der Braunkohle gezielt nahe zu bringen.

Da die meisten der vorgenannten Veröffentlichungen entweder vergriffen sind oder z.Zt. nicht jedem zugängig sind, können teilweise originalgetreue Textauszüge dieser Werke, innerhalb dieser Webseite aufgerufen werden. Entsprechende Querverweise und Verknüpfungs-Links zu den einzelnen Themen enthält auch diese Ausarbeitung.

Als mehr oder weniger direkt mit der Geschichte von Oberaußem und Fortuna verbunden, sind die nachfolgend einzeln genannten Braunkohlengewinnungs- und Verarbeitungsbetriebe zu sehen, die demzufolge in dieser Ausarbeitung recht intensiv behandelt werden.

  • Grube Urwelt,
  • Grube Fortuna, Tagebaue Fortuna alt, Beißelgrube, mit Brikettfabriken,
  • Tieftagebau Fortuna - Garsdorf,
  • Tagebau Bergheim,
  • Brikettfabrik Fortuna-Nord,
  • Nord-Süd-Bahn mit der Hambachkohlenbahn,
  • Kraftwerke Fortuna,
  • Kraftwerk Niederaußem,

Die übrigen Bereiche des gesamten linksrheinischen Braunkohlenreviers hatten und haben sicherlich ebenfalls einen großen Anteil bei der Entwicklung unserer engeren Heimat, sollen aber hier im Einzelnen nicht so detailliert beleuchtet werden.

 

Da im Zusammenhang mit den Braunkohlenbetrieben unserer Gegend immer wieder der Name „FORTUNA“ erscheint, nachfolgend ein wenig Informatives zu den Namensbezeichnungen im Bergbau (aus Klütten und Brikett von Fritz Wündisch ).

Vor etwa 150 Jahren, als man die Braunkohle noch für eine Art Torf hielt, holte man sie aus dem Boden, wie man Ton, Sand oder Kies gräbt. Jene alten „Turffkaulen“ hatten meist keine festen Bezeichnungen. Oft verwendete man Besitzernamen für die damals betriebenen vielen Kleingruben. Da an weit über hundert Stellen im Revier nach Braunkohle gegraben wurde, kamen so ziemlich alle bodenständigen Familiennamen auch als Grubennamen vor.

Oft trugen auch mehrere Gruben denselben Namen. In solchen Fällen fügte man zur Vermeidung von Verwechslungen dem Namen eine Lagebezeichnung bei.

Wurde die Braunkohle oberirdisch, im Kuhlenbau, gewonnen, so sprach man von einer „Kuhl“ oder „Grube“; wurde die Kohle aber unterirdisch, aus einem Tummelbau, gefördert, so sprach man von einem „Werk“. Unter einem „Werk“ jener alten Zeit darf man sich also keine große Fabrikanlage vorstellen; es waren ein paar ganz primitive, 10 bis 15 m tiefe, miteinander durch eine unverzimmerte Strecke verbundene Schächtchen, in denen vier bis sechs Mann unter Lebensgefahr arbeiteten.

Das in Grubennamen vorkommende Beiwort „Hütte“ bezeichnete einfach die Bretterhütte, die der Besitzer neben seiner Grube aufgebaut hatte, um seine Klütten vor Regen zu schützen.

Im Jahre 1812 wurde die Konzessionspflicht eingeführt. Von nun an wurden die Gruben amtlich erfasst. Jedes konzedierte Bergwerksfeld erhielt einen bestimmten Namen, der nur mit ausdrücklicher behördlicher Genehmigung geändert werden konnte. Jeder, der ab 1912 ein Bergwerksfeld „mutet“, (d. h. eine Bergbaukonzession für ein bestimmtes Gebiet beantragt), muß in seiner Mutung angeben, wie das Feld heißen soll. Es muß ein Name gewählt werden, der sich von den bereits vorhandenen Namen unterscheidet. Anfangs folgte man dem alten Brauch, die Felder nach ihren Besitzern zu nennen.

Allmählich erkannte man aber, daß neutrale Bezeichnungen zweckmäßiger sind, wenn die Grube einmal ihren Besitzer wechselt. Darum bezeichnete man viele Felder nach ihrer örtlichen Lage, z.B. das Feld „Schlenderhan“ an dem „Hagen in der Schlende“ (einem Hain in einem kleinen Tälchen).

In Erzrevieren findet man viele alte Grubennamen, aus denen Gottvertrauen und Bergmannsfrömmigkeit spricht. Im rheinischen Braunkohlenrevier gibt es nur einen Grubennamen dieser Art, das Feld „Gotteshülfe“. Gehörte das Feld einer Kirchengemeinde, so lag es nahe, es nach dem Patron zu benennen. Fromme Leute nannten ihr Feld nach ihrem Namensheiligen.

Es gab Bergwerksbesitzer, die ihrer Grube den Namen der Ehefrau gaben. Männliche Vornamen findet man selten bei Grubenbezeichnungen. Aus den Feldesnamen „Hoffnung“, „Vertrauen“ und „Zukunft“ spricht die Erwartung, reiche Schätze heben zu können. Die Freude, einen guten Fund gemacht zu haben, spiegelt sich in dem Namen „Gutglück“. Auch der Name „Fortuna“ gehört in diese Gruppe, denn Fortuna hieß die römische Glücksgöttin.

Der Niederaußemer Gutsbesitzer Johann Peter Meul nannte sein Feld in der Nähe von Oberaußem „Giersbergs Fortuna“. Sein Erfolg mit dem Gutshof und ein zufälliger Fund von Braunkohle und Eisenerz werden ihn veranlaßt haben, an Fortuna - an sein Glück - zu glauben.

Der Beiname „FORTUNA“ wurde dann auch bei allen Gruben, Brikettfabriken und Kraftwerken, die im Zusammenhang mit der Ausbeutung des Feldes „Giersbergs Fortuna“ standen verwendet. So erhielt auch die mit diesen Betrieben eng verbundene Arbeiterkolonie den Ortsnamen Fortuna.

Die Einwohner von Fortuna nannte man dementsprechend „FORTUNESEN“.

Heute sind mit Ausnahme der Brikettfabrik „Fortuna-Nord“, die meisten der einstigen, mit dem Namen Fortuna benannten Betriebe nicht mehr existent.

 

Nachwort zur Ausarbeitung

Diese Zusammenstellung der vielen Informationen über den Braunkohlen-Bergbau im direkten Umfeld von Oberaußem und dem einstigen Dorf Fortuna, beinhaltet zu einem großen Teil übernommene Originaltexte aus verschiedenen Veröffentlichungen. Die Ausarbeitung beinhaltet natürlich nicht alle vorliegenden Informationen zu dem sehr komplexen Thema. Der Verfasser ist für jeden Hinweis zur Richtigkeit des Inhaltes und für Zusatzinformationen von Zeitzeugen dankbar, die auch umgehend in die Ausarbeitung eingearbeitet werden.

 

Oberaußem im Dezember 2006, Ulrich Reimann

 

 

 

 

 

Quellen:

Informationen und zum Teil wortgetreue Texte wurden aus nachfolgend aufgeführten Veröffentlichungen übernommen:

  • „Unternehmen Braunkohle“ von Arno Kleinebeckel,
  • „Von Klütten und Briketts“ von Fritz Wündisch,
  • „Die Kraftwerke Fortuna“ von Detlef Witt,
  • „Entwicklung der Grube Fortuna“ von Heinrich Hüth,
  • „Tagebau Fortuna-Garsdorf“, von Theo Potes und Manfred Coenen,
  • „Heimatkunde von Oberaußem“, von Josef Dürbaum,
  • Sonder-Schriften und Broschüren von RWE-Power und der einstigen Werkszeitschrift „Revier und Werk“,
  • Internet, „WISOVAG“
  • Kölnische Rundschau
  • Kölner Stadtanzeiger
  • Div. Ausarbeitungen von Ulrich Reimann

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