Startseite  Oberaussem   Familien/Personen

Rektor Theodor Bondü

Am 01.05.1954 kam der 1910 geborene Theodor Bondü als Konrektor nach Oberaußem an die katholische Volksschule in der Bergheimer Straße. Er kehrte von der Schule in Fortuna zurück, wo er seit dem 1. Oktober 1948 als Lehrer tätig war. Bondü war auch in Oberaußem für sein großes Engagement im Vereinsleben von Fortuna bekannt. Bereits in den frühen 1950er Jahren führte er mit seinen älteren Schülern aus Fortuna eine spektakuläre Fahrradtour nach Oberammergau durch. Theodor Bondü setzte sein persönliches Engagement auch im Oberaussemer Ortsleben uneingeschränkt fort. Er wurde Nachfolger von Jakob Zingsheim als Rektor der Friedensschule.
In seine Amtszeit fiel die Einführung eines neuen Schulsystems in Nordrhein-Westfalen. Am 01.08.1968 erfolgte eine allgemeine Trennung in Grund- und Hauptschule. Theodor Bondü trat im Juli 1973 in den Ruhestand, blieb jedoch als Pensionist weiterhin aktiv im kulturellen Leben von Oberaußem engagiert. Ab diesem Datum wurde die Friedensschule / Fortuna Schule zu einer Gemeinschaftshauptschule. 1981 verstarb Theodor Bondü und wurde auf dem alten Friedhof in Oberaußem beigesetzt. Die Dorfgemeinschaft würdigte sein Engagement und benannte den Dorfplatz „de Dränk" ihm zu Ehren „Theodor Bondü Platz".

Hans Griese

 

 

 

Fotos zu Theodor Bondü

 

 

Der Theodor Bondü Platz
Die Gedenktafel
Grabstelle von Theodor Bondü

Von Theodor Bondü stammt die folgende Ausarbeitung zu Oberaussem.

Unser Heimatort Oberaußem

 

Es kann im Rahmen dieser Schrift nicht darum gehen, eine umfassende geschichtliche Abhandung über unseren Ort zu schreiben, weil hierzu die Möglichkeiten nicht gegeben sind.

Vielmehr soll in kurzer Form einiges über Entstehung und Entwicklung unseres Ortes niedergeschrieben werden, damit der heutigen Bevölkerung unseres Ortes und ganz besonders unserer Jugend einige wichtige Daten, Vorkommnisse und Eigenheiten bekannt gemacht, bzw. wieder ins Gedächtnis zurückgerufen werden.

Alte Heimatschriftsteller, wie der frühere Elsdorfer Rektor W, Noll und der heute noch vielen alten Oberaußemer Bürgern bekannte Hauptlehrer von Oberaußem, Josef Dürbaum haben vor 50 und 60 Jahren tief greifende Nachforschungen über die Geschichte unseres Ortes angestellt. Ihre Niederschriften sind durch die Ereignisse der Zeit aus vielen Häusern verschwunden.

Dennoch kann man hier und dort noch auf Unterlangen aus ihrer Feder stoßen. Deshalb sei es auch mir gestattet, in groben Zügen auf die Unterlagen zurückzugreifen, die jene Lehrer zu einem Teil ihrer Lebensaufgabe gemacht haben, um der Nachwelt etwas von der alten, interessanten und vielseitigen Geschichte unseres Heimatortes zu hinterlassen.

Aus vielen Hinweisen auf die Entstehung des Ortsnamens und die Entwicklung der Gehöftbezeichnungen geht hervor, dass unser Ort bereits in der ersten und zweiten Hälfte unseres Jahrtausends urkundliche Erwähnung fand. Zwar war die Schreibweise des Namens noch anders. Man schrieb und sprach damals – etwa in einer Urkunde vom 4. September 1260 – von „curia Oweshen“, und der Abt Johann von Cornelienmünster bei Aachen lässt im Jahre 1264 diese Angabe und die Überschreibung einer Hypothek auf diesen genannten Hof in „Oweshen“ beglaubigen. Der Abt löste damit die Zahlung des Zehnten ab. Diese Abgabe war damals eine Art Unterstützung der Klöster, damit der Lebensunterhalt der in den Klöstern Lebenden gesichert war.

An diese Zeit erinnern in unserem Ort noch manche baulichen Denkmäler. Es ist zum Beispiel sicher, dass mitten im alten Ort an der Fortunastraße einmal eine burgähnliche Bauanlage gestanden hat; das Haus der Fam. Geurtz ist noch auf den alten Mauerresten aufgebaut. Diese Anlage mag überhaupt erst der Ursprung für weitere Ansiedlungen ringsherum gewesen sein.

An die Verbindung zu bedeutenden Klosteranlagen der damaligen Zeit erinnern heute noch der Abts-Hof (Fortunastraße), die Abtsacker Straße und auch der Zehnthof (Kirchstraße).

Ob nun die ersten Siedlungen erst im 11. und 12. Jahrhundert hier stattgefunden haben, wird allgemein angezweifelt. Man nimmt dagegen an, dass die Gegend unseres heutigen Ortes schon zur Römerzeit von besonderer Bedeutung gewesen ist. Bedeutende Römerstraßen, die einmal durch das Erfttal von Köln nach Aachen und von Neuß her in Richtung Bergheim verliefen, brauchten gerade auf den vorliegenden Höhenzügen Sicherungen. So glaubt man, dass der wehrhafte Turm der alten Oberaussemer Kirche, die bis zum Jahre 1883 auf dem alten Friedhof in der Höhe des heutigen Friedhofkreuzes gestanden hat, eigentlich ein altes römisches Baudenkmal gewesen ist.

Als alter römischer Wachturm hatte er eine Bedeutung, da er sich ja auf der höchsten Erhebung vor der benachbarten römischen Quadriburgum (Quadrath) befand. Bedeutende Funde im Boden unseres Ortes deuten ebenso darauf hin, dass schon in der Römerzeit geschäftliches Treiben und später auch landwirtschaftliches Tun hier stattgefunden hat. Im Jahre 1898 fand ein Heinrich Robens in der Höhe der heutigen Fortunastraße im Acker eine römische Goldmünze mit der Aufschrift „ Justianus I. „. Dieser Kaiser war Herrscher über das oströmische Reich und regierte von 527 bis 565 n. Chr.. Außerdem wurden römische Töpferwaren ebenfalls in der alten Ortsmitte gefunden, die heute im Museum sind.

In der Zeit des 4. Jahrhunderts fassten die Franken, ein germanischer Volksstamm, in unserer Gegend festen Fuß und begannen mit der Siedlung und den Anfängen der Agrarwirtschaft. Wir wissen, dass 355 n. Chr. Quadriburgum (Quadrath) von germanischen Stämmen zerstört und erobert wurde. Die Franken nahmen, wie wir aus der Geschichte wissen, recht bald das Christentum an und so ist es wohl auch zu erklären, dass viele Kirchen unserer Nachbarschaft Schutzpatrone haben, die zu den ältesten christlichen Martyrern gehören. Wir in Oberaußem nennen den hl. Vinzentius, einen Diakon der ersten christlichen Jahrhunderte, unseren Pfarrpatron. Die Franken mögen hier auch die ersten Gehöfte angelegt haben, denn ein Teil der heutigen alten Hofanlagen sind noch ganz in der Form alter fränkischer Anlagen aufgebaut.

Es würde zu weit gehen, wenn man in dieser Schrift tiefergreifende Nachforschungen über die Entwicklung der einzelnen Ortsnamenänderungen und die Verhältnisse bäuerlichen Lebens und Treibens machen sollte. Immerhin wäre es ein sehr interessantes Gebiet, das über manche Zustände in der Zugehörigkeit, der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit unserer Gegend und damit auch unseres Ortes Aufschluss geben könnte.

Die Tatsache, dass in Oberaußem eine so genannte „ Mannkammer „ war, mag beweisen, wie groß die Bedeutung des Ortes im Mittelalter gewesen ist. Die Mannkammer war eine Art Verwaltungsorgan, die sich aus Schöffen ( Scheffen ) zusammensetzte. Sie waren von den Grundherren eingesetzt und hatten die Aufgabe, den Zehnten öffentlich und feierlich einzuholen und auch eine Art Gerichtsbarkeit wahrzunehmen. Da dieses Verwaltungsorgan der Abtei Cornelienmünster unterstand, musste die Mannkammer in Cornelienmünster von den Beratungen informiert sein. Berufungen wurden ebenfalls an die Mannkammer in Cornelienmünster geleitet. Über Verhandlungen und Verlauf einer solchen Tagung der Mannkammer zu Oberaußem ( Overaußheim ) liegen Berichte in den Archiven für Geschichte des Niederrheins. Sie zeigen die ehrwürdigen Jahreszahlen 1554 und 1555, 1719, 1739 und 1750.

Viele Güter waren damals im Besitze der Abtei Cornelienmünster.

Ein Bericht von 1750 erwähnt folgende Hofanlagen:

  1. Der Neuenahr-Hof ( heute unbekannt )
  2. Der Haller- oder Unterster-Hof ( heutiger Berens-Hof am Dorfplatz )
  3. Der Katzenhof ( 1822 abgebrannt, stand im Katzenbungert )
  4. Asperschlag ( heute im Besitz Rath )
  5. Der Fleurshof, dem Freiadeligen Graf v. Galen gehörend, späterer Hintzen-Hof )
  6. Der Krülls-Hof ( stand am heutigen neuen Sportplatz, Baumanns-Hof )
  7. Der Zehn-Hof mit Zehnt-Pütz ( Brunnen ) heutiger Schöniens-Hof )
  8. Der Claren-Hof stand im Winkel der Fortona- und Bergstraße ( heutige Claren-Gässchen )

Viele Klöster, Kirchen und Abteien waren in späterer Zeit noch Besitzer von Ländereien in Oberaußem. Eine Urkunde von 1795 zeigt noch auf, wem folgende Besitzungen gehörten:

Das Antoniter-Kloster in Köln ( heute Antoniter-Kirche in der Schildergasse ) besaß 24 Morgen Wald.

Kloster Bottenbroich hatte 107 Morgen Wald.

Das Cäcillia-Kloster in Köln ( heute Cäcillien-Kirche am Neumarkt ) besaß 16 Morgen Wald.

Das St. Klara-Kloster in Köln ( früher an der Severinstraße in Köln ) besaß 93 Morgen Wald.

Die Abtei Kamp am Rhein besaß hier 147 Morgen Wald.

Die Abtei Cornelienmünser bei Aachen besaß hier 510 Morgen besten Ackerland und war somit der größte Grundbesitzer in weitem Umkreis.

Das Machabäer-Kloster in Köln ( heute Machabäerstraße hinter d. Hbf. ) besaß 118 Morgen Land.

Das Kloster in Königsdorf ( heute Restbauten an der Straße nach Köln, kurz vor der Biegung nach Großkönigsdorf, Kreuzigungsgruppe ) besaß 22 Morgen Land.

Die Kirchen zu Büsdorf, Bergheim, Quadrath und Auenheim hatten außerdem hier kleineren Landbesitz.

Diese Besitz- und Rechtsverhältnisse haben sich mit dem Vordringen der Franzosen nach der Französischen Revolution geändert.

Die Verwaltungsreformen brachten auch Besitzveränderungen mit sich. Diese Vorgänge sind so verzwickt und manchmal undurchsichtig, dass man darüber ein großes Werk verfertigen könnte.

Die Ortsgeschichte von Oberaußem hat viele legendäre mündliche Überlieferungen, die jede für sich betrachtet, irgendeine ans Wahre grenzende Ausgangsstelle hat.

Von den vielen Erzählungen sei eine hier aufgezeichnet:

„Der Herzog Wilhelm von Jülich-Kleve-Burg erhielt im Jahre 1694 die Besitzungen des Pfalzgrafen bei Rhein. 1706 erhielt er die Kurrechte. Als Pfalzgraf bei Rhein wählte und kürte er den deutschen Kaiser mit. Unter diesem Kurfürsten hat sich – der Überlieferung nach - folgendes zugetragen.

In Oberaußem lebte in dieser Zeit eine mit hoher Vaterlandsliebe beseelte Jungfrau mit Namen Anna Maria Conradts. Sie ließ sich im Jahre 1695 als Infanterist bei der Armee des Kurfürsten Johann Wilhelm , Jean Wellem genannt, anwerben.

Niemand hatte eine Ahnung, dass sie seine Frau war. Sie versah ihren Dienst, der manchmal recht hart war, wie jedermann.

Im Kriege gegen die französischen Einheiten war sie genau so tapfer wie die Männer. Fünf Jahre leistete sie so treue Kriegsdienste, dass sie überall Achtung gewann. Dann aber kam die Sache ans Licht. Der Kurfürst entließ sie gnädig als Soldat mit ehrlichem Abschied.

Weiter wird von ihr berichtet, dass sie nachher eine Bekanntschaft mit einem kurfürstlichen Reiter mit Namen Buschmann hatte. Die Ehevorbereitungen waren bereits getroffen, da überlegte sich der Reitersmann seinen Schritt und wollte nun plötzlich die Erwählte nicht mehr. Diese aber schrieb sofort an ihren früheren Kurfürsten, damit dieser dem Reitersmann die Ehe befehlen sollte. Der Kurfürst leitete den Antrag an den Rittmeister von Waldenburg weiter, und dieser gab dem Reitersmann den höchstempfangenen kurfürstlichen Auftrag weiter. Er befahl ihm also zu heiraten. Dies geschah am 12. August 1701.

Ich habe gerade diese Erzählung gewählt, weil diese Niederschrift für die Festschrift zum Jubiläum des Fußballvereins gedacht ist. Das war meiner Ansicht nach ja auch eine Art Sport, allerdings alles zu seiner Zeit.

Das 19. Jahrhundert brachte nun viele Änderungen. Neben der eben schon erwähnten Grundstücks- und Besitzveränderung kamen aber die Erfindungen und manche Verwaltungsumordnungen.

Schon 1812 zogen die französischen Truppen auf dem Wege nach Russland auch durch unseren Ort und nahmen Quartier. Aus dieser so genannten „Franzosenzeit“ sind hier manche sprachliche Eigenarten in die Mundart mit übernommen worden. Die Leute mussten sich eben zu verständigen lernen und schnappten auf, was sie zu verstehen glaubten.

Als die französischen Truppen abrückten, blieben Wörter in unserer Gegend, die etwa so verwendet wurden:

Parraplü für Schirm, fnös für Herd, tschö für a Dieu – gleich mit Gott ( Aufwidersehen ), Schavue für Kohlgemüse, balbutz für Bartschneider, tabel für Tafel oder Schultasche und vieles andere. Hier sind die Wörter so wiedergegeben, wie man sie hier spricht. Die französische Schreibart ist selbstverständlich anders.

Durch die Erfindungen: Maschine, Fahrrad, Webstühle, Auto, Dampfmaschine und andere mehr wurde unser Ort zuerst nur äußerlich berührt.

In der Hauptsache waren alle Ortseinwohner Landwirte, landwirtschaftliche Arbeiter, Handwerker und einige wenige Beamte.

Man fand hier im Orte noch den Kramladen ältester Einrichtung.

Wasserleitungen und ähnliche Einrichtungen waren vollkommen unbekannt. Das Trinkwasser wurde am Dorfbrunnen geholt, es gab noch den Dorfbackofen, die Dorfschmiede, die Dorfschänke war zugleich auch Ruheplatz für die Reisenden und die Dorftränke war für die Tiere da. Der Dorffrisör gab - wie wir aus Berichten wissen – zeitweise Schulunterricht und konnte auch bei Zahnbehandlungen behilflich sein. Der Arzt musste in Bergheim geholt werden und kam dann im offenen Zweispänner angefahren.

Die Landwirte ließen ihre Erzeugnisse zur Windmühle auf der Höhe bringen und dort mahlen. Kleinere Bauern brachten ihre Erzeugnisse selbst zu den Märkten in Bedburg, Bergheim und sogar auf dem Fußwege nach Köln.

Ein alter Freund des Fußballs und Ehrenmitglied des Vereins, der vor einigen Jahren starb, Herr Wilhelm Kremer aus der Mittelstraße, genannt „Gottfridde Papp“ ist noch in seinen besten Jahren wöchentlich zu Fuß nach Köln gegangen um Eier und Butter an die Großstädter zu verkaufen. Diese Waren hatte er aber auch in der ganzen Gegend auf dem Fußwege bis nach Bedburg eingeholt.

Die Dorffeste, Kirmes, Schützenfest, Kriegerfest, Kameradschaftsfest, Gesangvereinsfest und andere gemeinsame Feste, wie Jubiläen, Hochzeiten und auch zeitweise Taufen waren Höhepunkte des menschlichen Erlebens. Das Dorf freute sich miteinander, und das ganze Dorf konnte auch miteinander trauern.

Vaterländische Begeisterung zeigte sich immer, wenn die jungen Freiwilligen einzogen. Da ging man mit, soweit man sie begleiten konnte.

Bedeutende Bürger und auch tüchtige Männer im handwerklichen Beruf hatte das Dorf viele aufzuweisen. Hier sollen nicht einzelne Namen genannt werden; aber zu ihrer Ehre muss gesagt werden, dass man von weither nach Oberaußem kam, um sich etwa Anzüge machen zu lassen oder gutes Geschirr für die Pferde zu bestellen.

Auf kulturellem Gebiete hatte Oberaußem gerade im vergangenen Jahrhundert manches zu bieten. Davon zeugen die Gründungen der großen Vereine, die heute noch bestehen.

Das sollte sich aber einmal ändern. Ich glaube, schreiben zu dürfen, dass die Einrichtung der Eisenbahnlinie und die fast gleichzeitige Erschließung der Kohlengrube die Hauptanlässe gewesen sind, dass der Ort aus einer gewissen Abgeschiedenheit an die Weltöffentlichkeit gerückt wurde.

Die Grube brachte nicht nur die vielen Monteure, Ingenieure, Techniker und Arbeiter mit Familien hierhin; es wurde eine ganz neue Siedlung in der nächsten Umgebung geschaffen. Der Ort sollte sich später Oberaußem-Fortuna nennen.

Damit kamen viele Änderungen. Mit dieser Umstellung war es aber nicht getan; die neuen Einwohner mussten sich in der neuen Umgebung zurechtfinden. Die alten Einwohner verloren vieles an alten Gewohnheiten. Der Hahn weckte nicht mehr, sondern der so genannte „Bär“ (gemeint ist die alte Sirene des Werkes ). Der Tagesablauf änderte sich radikal. Mit Neuerungen kamen auch andere Gesinnungen auf. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die alte Bevölkerung sich reserviert verhielt und die neue Bevölkerung sich nicht ganz daheim fühlte.

Das musste überbrückt und soweit als möglich abgeschafft werden. Hier konnten nur Vereine und die Schulen bedeutendes leisten.

Mit dem Zustrom junger Menschen kamen auch andere Interessen auf. Hier war die aus dem vergangenen Jahrhundert stammende Betätigung im Turnverein nicht das, was direkt übernommen werden konnte. Es kamen neue Richtungen auf. Der Radsport wurde begeistert aufgenommen. So ist es zu erklären, dass der Radsportverein in Oberaußem nach einer der ältesten seiner Art im weiten Umkreis ist.

Die Anfänge der Entwicklungen wurden jäh zerrissen, als im Jahre 1914 der Kaiser zu den Waffen rief. Die Begeisterung hatte auch alle Schichten unseres Ortes ergriffen. Spenden, Kriegsanleihen und viele persönliche Opfer wurden hier wie überall gebracht.

Wenn 1864 nur zwei Oberaußemer Bürger zu den Waffen gerufen worden waren, und wenn im Kriegsjahr 1866, 16 brave Männer dem Ruf für das Vaterland folgten, so waren es im Kriegsjahr 1870 – 71 bereits 32 Mann.

Was waren diese Zahlen gegen diejenigen des Ersten Weltkrieges. Nach amtlichen Unterlagen sind in den Jahren 1914 – 18, 182 Krieger ausgezogen. Von ihnen kehrten viele nicht heim. Durch diese lange Kriegsjahre und die nachfolgende lange Besatzungszeit, da unsere Gemeinde fast in jedem Haus Besatzungstruppen hatte, geriet alles ins Stocken. Gesellschaftliches Leben, Vereinsleben und sehr oft auch die Ausbildung der jungen Leute bliebe zurück. Eine harte Zeit begann nach diesem verlorenen Kriege. Der Kaiser hatte das Land verlassen, und die neuen Männer mussten sich erst einmal Wege ebnen und sie dann zu gehen versuchen.

Das Land geriet in eine große Inflation, deren Ausmaß wir heute kaum noch begreifen können. Ihr folgte eine Zeit der Arbeitslosigkeit und Verlassenheit. Trotzdem haben die Menschen den Glauben an eine bessere Zukunft nicht verloren.

Auch die Vereine sorgten zu ihrem Teil für neue und gute Stimmung im Volke. Der Sport hat viele damals begeistert. Darunter kam der Fußball ganz in die oberste Linie des Volkssports.

So ist es auch zu erklären, dass Oberaußem seine jungen Leute trainieren ließ und nach Niederlagen auch oft Aufstiege verzeichnen konnte. Der alten Mäzene, Trainer, Gruppenleiter, Mannschaftsführer und der alten Spieler sei hier ein ehrendes Wort gesagt.

Sie sind auch ein Stück Ortsgeschichte. Alle Vereine haben immer ein Verständnis für den Sport gehabt. Es wäre aber nicht alles so entfaltet, wenn nicht auch die Vertreter des Volkes im Gemeindeparlament nicht immer ein offenes Ohr und eine offene Hand für die Belange des Sportes gezeigt hätten. Selbst die Kirche mit ihren Vereinen der damaligen Zeit. Deutsche Jugendkraft und andere Sportverbände bemühten sich und hielten in guten Vereinen die Jugend zusammen. Sicher gab es auch oft verschiedene Meinungen innerhalb und außerhalb der Jugend. Eins hielt sie zusammen; sie waren aus der Notzeit zu diesen sportlichen Dingen gekommen und sahen dort auch den Wert.

Diese Zeit der Versuche zum Aufstieg sollte nicht länger als 15 Jahre dauern. Die Machtergreifung im Jahre 1933 durch Adolf Hitler brachte eine radikale Wendung. Es ist nicht so, als ob die körperliche Erziehung nachlassen sollte, sie sollte vom Staate her in eine ganz andere Richtung geschleust werden. Diese Zeiten haben wir noch alle erlebt. Nur die Jugend unserer Tage weiß nicht mehr viel davon.

Es ist nicht meine Aufgabe hier zu richten; ich muß aber niederschreiben, dass der zweite Weltkrieg ein Chaos heraufbeschworen hat, an dessen Folgen wir heute noch, nicht materiell so sehr, als vielmehr geistig leiden.

Wenn nach dem unwahrscheinlichen Aufstieg, den wir als zerfleischte und niedergeworfene Nation erleben durften auch in unserem Ort die Schäden fast alle wieder verwaschen und verschwunden sind, so können wir aber an die vielen Namen unserer Totentafeln am Ehrendenkmal feststellen, dass diese Männer einer besseren Zeit dienen wollten und eine Nachkommenschaft sich erwünschten, die fest im Glauben bleiben sollte, hart im Nehmen sein musste und unerschütterlich feststehen sollte in den Idealen alter deutscher Manneszucht, Ordnung und Ehrlichkeit.

Der Ruf der Alten sollte auch in Zukunft Geltung haben, an dem die Vorväter hier im Orte festhielten, den die Anhänger des alten Turnvaters Jahn in vier zu einem Kreuz geformten F fassten:

Frisch-fromm-fröhlich-frei