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Johannes Oehm, Pastor und Chronist

Ausarbeitung von Ulrich Reimann, 2021


Johannes Oehm war mit seinen über dreißig Dienstjahren in Oberaußem, einer der beliebtesten Pfarrer der Kirchengemeinde St. Vinzentius.

Da er, neben seiner seelsorgerischenTätigkeit, eine detailierte, für die Dokumentation der Ortsgeschichte bedeutsame Chronik, über die Ereignisse in Oberaußem während der NS-Zeit mit II. WK. erstellt hat, gehört Johanner Oehm ohne Zweifel in die Reihe der Ortschronisten.

 

Geboren wurde er am 29. September 1898 als Sohn der Eheleute Wilhelm Oehm und Margarete geb. Freund in Bonn. Am 13. August 1922 erhielt er in Köln die Priesterweihe durch Kardinal – Erzbischof Schulte.

1922 – 1930 Rektor in Strümp,

1930 – 1939 Kaplan an St. Agnes in Köln,

1939 – 1970 Pastor an St. Vinzentius in Oberaußem,

Am 13. August Feier des silbernen Priesterjubiläums in Oberaußem,

Gestorben am 09. Januar 1970 im Seniorenheim in Fliesteden,

 

Am 10. September 1939 wurde Pfarrer Oehm durch den damaligen Dechant des Dekanates Bergheim, Dr. Hermanns, unter großer Beteiligung der Oberaußemer Bevölkerung, bei strahlendem Sonnenschein in sein Amt eingeführt. Zuvor war er als Kaplan in der Kölner Pfarre St. Agnes tätig gewesen. Dass er dort sehr beliebt war zeigt die große Abordnung aus Köln. Bürgermeister, Dechant, Kirchenvorstand und Jungmännerverband waren nach Oberaußem angereist, um bei der Einführung ihres früheren Kaplans, übrigens einem echten Kölschen Jungen, in sein neues Amt dabei zu sein. Bereits am nächsten Tag erhielt der neue Pfarrer eine militärische Einquartierung. Am 1. September 1939 hatte ja der unselige II. Weltkrieg mit dem Einmarsch deutscher Soldaten in Polen begonnen. Der Amtsantritt von Johannes Oehm stand also unter keinem guten Stern. Im November 1939 wurde auch der Pfarrsaal mit Militär belegt. Der Krieg brachte für den neuen Pfarrer und die Bevölkerung von Oberaußem  erhebliche Auflagen und Einschränkungen mit sich. Der Angriff im Westen begann am 10. Mai 1940. Die im Pfarrhaus und in Oberaußem einquartierten Soldaten rückten ab, so das Platz für den neuen Oberaußemer Kaplan Johannes Müller geschaffen wurde, der darauf zum Pfarrer Oehm ins Pfarrhaus zog. Das Fronleichnamsfest, Christi Himmelfahrt und der Allerheiligentag waren abgeschafft und galten als Werktage. Alle Prozessionen waren aus Kriegsgründen verboten. Es gab gewaltige Einschränkungen für die Abhaltung von Gottesdiensten. Für alle Gebäude, also auch für die Kirche galt die Verdunklungsvorschrift. Trotz aller Widrigkeiten gab Pfarrer Oehm aber niemals auf. Auf seinen Vorschlag hin, erhielt die Fa. Vortmann in Recklinghausen 1941 den Auftrag eine neue Turmuhr zu fertigen und im Kirchturm einzubauen. Rechtzeitig vor Weihnachten, im Dezember 1941, wurde sie installiert und erfreute den Pfarrer und die ganze Ortsbevölkerung mit ihrem schön klingenden Schlagwerk. Am 5. September 1941 beschloß der Kirchenvorstand auf Anregung des Pfarrers den Umbau der alten Kirchenorgel, der aber wegen des Krieges nicht durchgeführt werden konnte. Zu seinem Leidwesen mußte Johannes Oehm aber auch mit ansehen, wie die beiden großen Glocken unserer Kirche zwecks kriegswichtiger Verwendung ausgebaut und am 12. Februar 1942 abtransportiert wurden. Am 23. Juni 1943 mußten noch beschlagnahmte Metallgegenstände wie Leuchter, Altarschellen und Messkännchen abgegeben werden. Es war aber erstaunlich wie der kleine schmächtige Pfarrherr allen Umstände und Widrigkeiten der Kriegszeit trotzte und zum Wohle seiner Pfarrkinder vieles, eigentlich unmögliche auf die Beine gestellt hat. Er hatte es sogar geschafft, am 24. Oktober 1943 den neuen Kölner Erzbischof Josef Frings nach Oberaußem zu holen, der in hinreißender Weise zu den Jugendlichen und deren Eltern gesprochen hat. Pfarrer Oehm hielt während der letzten Kriegsmonate die Seelsorgestunden für die Kinder und die heilige Messe, wegen der ständigen Gefahr von Luftangriffen im Luftschutzbunker unter dem Friedhof ab. Dem Militär verweigerte er sogar die Herausgabe der Schlüssel zur Kirche und zum Kirchturm, die wie er befürchtete dort eine Funkstation einrichten wollte, was sicherlich für die Kirche und für ganz Oberaußem schlimme Folgen gehabt hätte. Johannes Oehm verdankt die Gemeinde auch die Rettung des kostbaren Pfarrarchivs und der Kirchenbücher. Er hatte diese unersetzlichen Dinge an einem sicheren Ort im Pfarrhaus versteckt. Leider mußte er tatenlos mit ansehen, wie die Kirche noch in den für Oberaußem letzten Kriegstagen Ende Februar 1945 durch amerikanisches Artilleriefeuer schwer beschädigt wurde. Am 2. März 1945 war für unseren Ort der Krieg nach dem Einmarsch der Amerikaner zu Ende. Gegenüber den Amerikanern setzte Pfarrer Oehm sich vehement als Fürsprecher für die Dorfbewohner ein. Er wurde dann von den amerikanischen Offizieren zum Ortsbürgermeister bestellt. Diese Funktion bekleidete er aber nur wenige Tage. Auf seinen Vorschlag hin ernannten die Amerikaner dann Peter Hoven aus der Mittelstraße zum Ortsbürgermeister. Am 23. April 1945 eröffnete Johannes Oehm  nach Erlaubnis des Ortskommandanten wieder den 1933 von den Nazis geschlossenen kath. Kindergarten im alten Schulgebäude an der Kirchstraße. Unter Pfarrer Oehm wurde ab Mai 1947 die Kirche wieder in Ordnung gebracht, vollständig renoviert und mit einer neuen Heizungsanlage ausgestattet. Der Kirchplatz erhielt ein neues Aussehen. 1952 ließ der Pfarrer das alte Jugendheim neben dem Pfarrhaus komplett renovieren und dort u.a. eine Leihbücherei einrichten. Auf Betreiben von Johannes Oehm wurde einer seiner Herzenswünsche nach einem neuen Pfarrkindergartens erfüllt. Am 1. Mai 1956 wurde das neue Gebäude an der Jussenhöhle feierlich an die erste Leiterin, Schwester Agnella vom Kloster Bethlehem übergeben. Der lange Wunsch der Gemeinde nach einer neuen Orgel, wurde 1956 durch ihn verwirklicht. Unter Pfarrer Oehm wurde es ermöglicht, dass viele bauwillige Oberaußemer Bürger erschlossenes Kirchenland im Rahmen des Erbbaurechtes für 99 Jahre günstig pachten und bebauen konnten. 1959 sorgte Oehm für eine notwendige Ausbesserung und Neuverfugung des gesamten Kirchenmauerwerkes. Auch die Erneuerung und Ergänzung mit elektrischer Leutevorrichtung, des in den Kriegsjahren beschlagnahmten Kirchengeleutes, fand 1960 nach unermüdlichem Einsatz von Pfarrer Oehm einen erfolgreichen Abschluß. Ab 1963 ließ er farbige Kirchenfenster einsetzen. 1964 erfolgte der Neubau einer Kaplanei mit Gebäudeanbau zur Aufnahme einer Pfarrbücherei an der Kirchstraße. Für dieses Bauprojekt erfolgte der Abriß der vorher dort befindlichen alten Schulgebäude. 1964, nach dem Tode des alten Pfarrers Silvester Bacia aus dem Kloster Bethlehem und dessen Beisetzung in der Priestergruft auf dem alten Oberaußemer Friedhof, besuchte er mit dem Friedhofsbetreuer die Gruft und ordnete an, daß man durch Umsetzung der Särge dafür sorgen solle, daß er noch darin beigesetzt werden könne, was dann wohl auch erfolgt ist. Am 13. September 1964 feierte Johannes Oehm sein 25-jähriges Ortsjubiläum in Oberaußem. Es gab eine große kirchliche und eine weltliche Feier, wobei der Jubilar entsprechend beglückwünscht und geehrt wurde. Zahlreiche Festansprachen von geistlichen und zivilen Amtsträgern sowie musikalische Beiträge würdigten die verdienstvolle Arbeit des Jubilars. Die Festansprache hielt der damalige Konrektor der kath. Volksschule, Theodor Bondü. Er erinnerte dabei an einen Satz eines Kölners zum Wechsel des ehemaligen Kaplans Oehm von Köln nach Oberaußem: „Er ist zwar klein, aber wenn er den Mund auftut, ist es, als wenn ein Faß aufginge.“ 1965 sorgte der Pfarrer für einen neuen Turmhahn und ein neues Turmkreuz auf dem Kirchturm. Pfarrer Oehm war ein großer Musikfreund. Er hatte selbst eine kräftige, gut klingende Gesangstimme und setzte sich stets für seinen Kirchenchor ein. 1961 war er Mitbegründer eines erfolgreichen Oberaußemer Knabenchors. 1966 eröffnete er noch eine neue Pfarrbücherei. Johannes Oehm wurde noch zu Lebzeiten zum Ehrendechant ernannt. Ende der 1960ger Jahre ließ die Gesundheit des Pfarrers leider für jeden erkennbar, deutlich nach. So wurde am 24. Mai 1970, in feierlichem Rahmen, in der Pfarrgemeinde Oberaußem Abschied von dem äußerst beliebten Priester Johannes Oehm genommen. Am 2. Juni 1970 zog er in das Seniorenheim „Stahlsches Stift“ nach Fliesteden. Bereits nach wenigen Monaten starb er dort am 9. Januar 1971. Am 14. Januar 1971 wurde er seinem Wunsch entsprechend, noch in der alten Priestergruft auf dem Oberaußemer Friedhof, unter Teilnahme einer riesigen Menschenmenge zur letzten Ruhe beigesetzt.

 

 

Quellen:

-Chronik "100 Jahre Pfarrkirche St. Vinzentius Oberaußem", Christian Kämmerling

-Totengedenkzettel Johannes Oehm

-Textergänzungen, Fotos, Seitenlaiout: Ulrich Reimann