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Rede von Gerd Friedt im Rahmen der Gedenkfeier 70 Jahre Kristallnacht am 9. Nov. 2008 und Buchpräsentation der "Carpena Judaica" in Kerpen

 

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bei der Trauung unter Juden seit Jahrtausenden im Gebrauch ist. Der Anfang lautet: "Hare at (Heirat) me kudescheth" Du seiest mir angeheiligt. Wahrlich, eine schönere Formel des Eheversprechens ist schwerlich vorstellbar.

Sichtbar vor dem geistigen Auge und in schwacher Erinnerung werden einige wenige von Ihnen meine Damen und Herren, noch die Gesichter der ehemaligen jüdischen Kindergarten oder Schulkameraden / kameradinen wahrnehmen. Die Opfer aus der Anonymität einer Nummer zurück zuholen und ihnen ein Gesicht zu geben ist u. a. Sinn dieser Publikation.

Kerpens Juden waren eine Minderheit die Spuren hinterlassen hat. Israels Geschichte, dies meint jüdische Geschichte, auch kerpens jüdische Geschichte, ist ein Auf und Ab. Dies war und ist Aufblühen und Untergang. Dies war Aufbau und Zerstörung. Dies war Vernichtung der Zeugnisse jüdischen Daseins. Dies ist die Lehre aus Jahrtausenden: "Die Sonne geht unter um wieder auf zu gehen". Dies ward die Erschaffung der Welt, wie es die Bibel beschreibt:“ es ward Abend (ging unter) und es ward Morgen (ging auf), der erste Schöpfungstag“. Auch Kerpens Juden sind nach 1945 nie ganz aus diesem Ort verschwunden. Es gibt sie noch, die Nachkommen der Familien Leiser und Schnog.

Die erste Erwähnung von Juden auf deutschem Boden (Deutschland und Boden nicht in heutigem Sinne), finden wir nicht weit von hier, im Jahre 321 in Köln. Als man die Juden aus Köln und anderen Städten des damaligen Reiches im 15. Jahrhundert vertrieb hatte andererseits schon Kerpen Jahrhunderte bestanden und Juden dürften nicht unbekannt gewesen sein.

 

Im Jahrhundert vorher trafen wir ausserdem Juden in Bergheim, Kaster, Kirchherten, Niederembt, Stommeln und Rödingen.

Man kann diese uralte Geschichte heute nicht auf 12 Jahre NS-Zeit komprimieren. Besonders möchte ich noch darauf hinweisen, dass jüdisches Leben niemals losgelöst vom Umfeld zu sehen war und dass die Geschichte der Kerpener Juden nicht singulär zu betrachten ist. Sie ist übertragbar auf hunderte anderer Plätze und Orte. Auch dienen wir der Sache nicht wenn wir Juden heute nur als Gutmenschen darstellen. Der jüdische Philosoph, Martin Buber, prägte das Wort: „ Er ist wie Du“. Und sind und waren wir nur gut ?

Gehen wir trotzdem kurz ins 17. Jahrhundert. Wir finden eine Anzahl von Juden in Kerpen als Kläger oder Beklagte vor den Gerichtsschranken. Als herausragende Persönlichkeit nach 1630 muss „Moschele Jude von Kerpen“ betrachtet werden, der im gesamten Bergheimer Raum Handel trieb. Am Ende des 1700 Jahrhunderts werden die Gerichtsquellen in Bezug auf einen jüdischen Bevölkerungsteil dürftiger.

 

Die jetzt vorliegende Publikation behandelt:

 

1.) Die Gemeindegeschichte vom Mittelalter bis 1945.

2.) Den Friedhof mit Übersetzungen der Grabinschriften.

3.) Das Beschneidungsbuch des Isaac Kaufmann von Blatzheim. Wahrscheinlich das einzige jüdische Buch was je in Kerpen geschrieben wurde. Es stellt in Folge noch eine Besonderheit dar und ist das erste bekannte und erhaltene Beschneidungsbuch der Stadt Köln.

4.) Die Genealogien der einzelnen Familien. Einbegriffen sind Beiträge zu Brüggen, Türnich, Grefrath, Mödrath, Horrem und Sindorf.

 

Informationen über das Mittelalter, die Feudalzeit und die Judenordnungen können Sie meinem Buch entnehmen.

 

 

 

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